Grüne Woche-Besucher testeten Geschmack von morgen

Das Nationale Folkore-Ensemble des Partnerlandes Bulgarien eröffnete die Grüne Woche 2018

Ursula A. Kolbe

So international war die diesjährige Internationale Grüne Woche in den Messehallen unter dem Berliner Funkturm in ihrer ganzen 92jährigen Geschichte noch nie. Auf der Leistungsschau der Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau präsentierten 1.660 Aussteller aus 66 Ländern den rund 400.000 Besuchern ihre Produkte und aktuellen Trends dieses bedeutsamen Wirtschaftszweiges.

Mit dabei waren wieder Japan, Russland, Schweden und die Slowakische Republik. Erstmals stellte Katar seine Erzeugnisse vor. Messechef Dr. Christian Göke nannte die Grüne Woche einen Hit in den Messe-Charts und bezeichnete sie als das bedeutendste agrarpolitische Event und wahren Verkaufsschlager für das Publikum.

Ernährungsindustrie erwartet Rekordumsatz

Mit fast 600.000 Beschäftigten in rund 6.000 Betrieben ist die Ernährungsindustrie der drittgrößte Industriezweig Deutschlands. Er versorgt jeden Tag 82 Millionen Verbraucher mit hochwertigen und bezahlbaren Lebensmitteln. Nach ersten Schätzungen konnte der Umsatz um 5,7 Prozent auf 181 Milliarden Euro gesteigert werden. Das beachtliche Wachstum im Inland von 5,1 Prozent wurde im Export sogar noch überschritten.

Der Export war auch 2017 der Wachstumsmotor der Branche. Die Exportquote beträgt 33 Prozent. Um diese Wachstumschancen zu sichern, braucht unser Land eine handlungsfähige und stabile Bundesregierung, erklärte Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE).Erforderlich sei ein branchengerechtes Marktumfeld, das Planungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit fördere. Die Branche erlebe einen Wandel mit innovativen Ideen. Die Politik sollte dieses Potential fördern.

Finger in die Wunde: „Nahrungsmittel werden teils unter Wert verkauft“

Das Interesse an regionalen Produkten wächst immer mehr. Diesmal „verschlug“ es mich u. a. in die Länderschau von Nordrhein-Westfalen. Es ist das drittgrößte Agrarland Deutschlands und jeder achte Arbeitsplatz direkt mit der Agrarbranche verbunden. Die Land- und Ernährungswirtschaft bietet rund 800.000 Menschen Arbeit. Somit gehört die Branche zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen und größten Arbeitsgebern im Land Nordrhein-Westfalen.

Ein optischer Vergleich: Zwei Drittel der Fläche wird land- und forstwirtschaftlich genutzt. Das entspricht der Gesamtfläche von Schleswig-Holstein, das 15.000 Quadratkilometer umfasst. Zu Recht hatte die Agrar- und Verbrauchsschutzministerin Christine Schulze Föcking bei der Eröffnung der NRW-Präsentation mehr Wertschätzung für Lebensmittel und die Leistungen der Land- und Ernährungswirtschaft mit Blick auf den Lebensmitteleinzelhandel und die Verbraucher eingefordert und gemahnt, der Verschwendung Einhalt zu gebieten.

Es gehe um „Wertschätzung für diejenigen, die mitten in der Nacht aufstehen, um die Lebensmittel zu erzeugen. Wertschätzung aber insbesondere auch für die Lebensmittel selbst, gerade in Zeiten und Regionen des Überflusses. Primäre Gemeinschaftsaufgabe ist es, die Verschwendung und das Wegwerfen von Lebensmitteln einzudämmen“.

Eine Schlüsselfunktion sieht die Ministerin, die zum Jahreswechsel den Vorsitz der Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern übernommen hat, in der Preispolitik des Einzelhandels. Leider werden die Nahrungsmittel als Lockangebote oft unter Wert verkauft. Lebensmittel müssten ihren Preis wert sein und die Landwirte mit ihrem Einkommen auskommen.

Und natürlich lud die NRW-Ministerin alle Besucher ein, die angebotenen über 100 Produkte ihres Landes auch selbst zu kosten. Spezialitäten wie das Rheinische Rübenkraut, der Walbecker Spargel vom Niederrhein, der Reibekuchen aus dem Sauerland oder der Käse aus dem Bergischen Land stehen für Genuss und Heimatgefühl, die Vielfältigkeit und Leistungsstärke der Regionen. Und ich weiß jetzt, was die Flönz ist, eine jederzeit schmackhafte Blutwurst aus dem Rheinland. Guten Appetit!

„Aroma der Sonne“ aus dem Partnerland Bulgarien

Sonne, Meer, nette Gastgeber, günstige Preise –Bulgarien steht als Reiseland hoch im Kurs. Das ist Bulgarien, auch Perle des Balkans genannt. Und kürzlich in Berlin als Partnerland der Grünen Woche im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Und seit Januar auch an der Spitze der EU-Ratspräsidentschaft.

Das „Aroma der Sonne“ strahlte als Motto über die Bandbreite der Spezialitäten von über 60 Unternehmen, Landwirten und Vertreter von Institutionen, die ihre Leistungsfähigkeit, Kultur, Tradition und Handwerk präsentierten. Den Hauptakzent setzte natürlich der Duft der Rosen, ist doch das Land am Schwarzen Meer berühmt für seinen Exportschlager, das Rosenöl. Rund 200 km östlich von Sofia liegt denn auch das Tal der Rosen, in dem die Duftrosen wachsen.

Bulgarien ist auch berühmt für seine Obst- und Gemüsespezialitäten. An den Ständen gab es kaum ein Durchkommen, die Restaurantplätze waren heiß begehrt. Wer wollte nicht die Spezialitäten probieren. Allein der Schopska-Salat, ein Muss mit seinen Tomaten, Paprikaschoten, Zwiebeln, Gurken und darauf der unverzichtbare geriebene Salzlakenkäse.

Nicht minder begehrt waren die Molkereiprodukte, allen voran der Joghurt, dem nachgesagt wird, dass man dank ihm sehr alt wird. Wissenschaftlich ist erwiesen, dass der „Lactobazillus bulgaricus“, ein Bakterium, das nur in dieser geographischen Region vorkommt, sehr gesundheitsfördernd ist. Eine lange Tradition hat ebenso die Weinkultur. Sie reicht bis in die Zeit der Thraker zurück, die im fünften bis dritten Jahrhundert v. Chr. in weiten Teilen des Landes lebten. Der Andrang war groß. Und die Liste all der Spezialitäten lang.

Blumen, Blumen, Blumen…

1.000 gute Gründe zogen die Liebhaber von Pflanzen in die Blumenhalle. Gründe, seinen Lieben, einem Mitmenschen, auch sich selbst mit Blumen und Pflanzen eine Freude zu bereiten, die eigenen vier Wände, den Kleingarten gemütlicher zu gestalten. Auch im Januar blühende Wunder auf der beliebten Agrarmesse zu erleben, war das Anliegen der Blumenhalle, initiiert in diesem Jahr von der Erzeugergenossenschaft Landgard, Deutschlands führender Vermarktungsorganisation im Gartenbau. Sie hatte die Initiative “Blumen – 1.000 gute Gründe“ ins Leben gerufen.

Ja, Blumen sind eine Quelle der Vielfalt. Und das Interesse ihrer Besucher an den Frühlingsblühern, den kreativen floristischen Arrangements, den ideenreichen Mit-Mach-Stationen für Jung und Alt, Workshops, Urban-Gardening-Projekten für ein modernes grünes Stadtbild widerspiegelte das beeindruckend.

Bei einer kurzen Führung mit dem 36jährigen Gärtnermeister Tristan Heinen-Bizjak, Produktionsgärtnerei am Niederrhein Kerken, wurde seine Begeisterung deutlich, bei Groß und Klein Interesse und Freude an Blumen und Pflanzen, an der Natur überhaupt, zu wecken. Dass er selbst 1.000 gute Gründe hat, auch seine Familie, sein Umfeld mit einzubeziehen, schien am Ende selbstverständlich.

Die Botschaft der Landgard-Mitglieder auch während der Messetage lautete, als Experten und Blumenfans gern Informationen und Ideen rund um Blumen, Balkon, Garten und Terrasse zu liefern: www.1000gutegruende.de; www.landgard.de

So schmeckt die Zukunft!

Insektenburger, Cold Brew Kaffee aus der Dose oder Acai-Limonade – Superfoods, alternative Proteinquellen und innovative Rezepturen: Die Trends von heute geben einen Vorgeschmack auf die Ernährung von morgen. Am Stand des Bundesentwicklungsministeriums und des internationalen Instituts für Insektenforschung in Nairobi konnte man sich über Heuschrecken, Würmer und Co. informieren. Die zukunftsträchtigen Nahrungsmittel sollen doch helfen, den Eiweißbedarf der wachsenden Weltbevölkerung zu decken.

Das ist schon heute bei einer Weltbevölkerung von gut 7,5 Milliarden Menschen schwierig. Die Fischreserven sind endlich, die Massentierhaltung verbraucht viele Ressourcen. Im Jahre 2050 werden fast 10 Milliarden Menschen auf unserem Kontinent leben.

Hierzulande werden wir mit Traditionen brechen müssen. Bisher waren ja auch Insekten in verarbeiteten Lebensmitteln verboten. Seit dem 1. Januar nun ist in Deutschland eine überarbeitete Novel-Food-Verordnung in Kraft, nach der Lebensmittel mit Insektenzutaten zugelassen werden können. Sie werden nämlich eher nicht als ganze Tiere verspeist, sondern zu Mehl verarbeitet.

So ein Burger, der aus dem Mehl gerösteter Buffalowürmer hergestellt wird.
Kleine Häppchen junger innovativer Unternehmer konnten schon beim Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde sowie der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie unter dem Slogan „Wie schmeckt die Zukunft?“ verkostet werden.

HIPPOLOGICA eröffnete Pferdesportsaison des Jahres

Das regional größte Hallenreitsportevent Berlins wird künftig nicht den Abschluss der Pferdesportsaison am Jahresende markieren, sondern war in diesem Jahr erstmalig unter dem Dach der Grünen Woche der glänzende Auftakt am Jahresbeginn. Damit knüpfte die Messe wieder an die Jahrzehnte währende Tradition eines Reit- und Springturniers an.

Das Programm umfasste vier Disziplinen: von Spring- und Dressurreiten über Voltigieren bis hin zum Fahrsport. Im Verband zur Förderung des ländlichen Raumes in der Region Berlin – Brandenburg e. V. gibt es seit Jahren den Arbeitskreis „Brandenburger Pferdehöfe“, der größte Zusammenschluss von Pferdebetrieben in der Region. Sein aktueller Katalog ist Kompass für alle Pferdefreunde. Träger ist der Verband pro agro.

Die Palette ist inzwischen sehr breit. Sie umfasst neben Reiten und Fahren für Anfänger und Profis, Pferdezucht und Pferdesport zum Beispiel auch die Herstellung von Produkten auf der Grundlage von Stutenmilch, therapeutische Angebote mit dem Pferd oder auch den Einsatz von Pferden in der Land- und Forstwirtschaft. Ein Schwerpunkt sind jährlich aktuelle Empfehlungen für Wanderreittouren – gerade Brandenburg mit seinen leichten Böden, seiner flachen Topografie, seiner Weite ist dafür geeignet. Und liegt vor der Haustür Berlins.

Und auch dies: 16.400 Mitglieder sind in insgesamt 465 Reitsportvereinen des Landesverbands Pferdesport Berlin-Brandenburg e. V. organisiert. Die durch den Verband betreuten 191 Pferdebetriebe beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit der Pensionspferdehaltung, dem Reit- und Ausbildungsbetrieb sowie dem Tourismus.

Rund 3.600 Pferdezüchter werden durch den Pferdezuchtverband Brandenburg-Anhalt e. V. züchterisch betreut – über 4.000 Zuchttiere aus 54 Rassen. Davon sind 2.000 Zuchttiere in Berlin und Brandenburg in die Zuchtbücher eingetragen. Das deutsche Sportpferd ist mit 2.350 Zuchttieren die Hauptpopulation des Verbandes.

Die Stiftung Brandenburgisches Haupt- und Landgestüt Neustadt (Dosse) gehört zu den größten und schönsten Gestütsanlagen Deutschlands und ist das Zentrum der Pferdezucht in Brandenburg. Es ist auch engagierter Ausbildungsbetrieb und durch die Zusammenarbeit mit Universitäten darüber hinaus Wissenschaftsstandort.

Ebenso bietet Neustadt Reitkurse oder Kutschfahrten an. In diesem Zusammenhang sei noch vermerkt, dass sich Pferdesport und -zucht und die damit verbundenen Dienstleistungen zu einem wichtigen Einkommenszweig entwickelt haben. Sie bieten gerade in den von Berlin fernen Landesteilen attraktive Arbeitsplätze. Mehr als 12.000 Menschen verdienen in Berlin und Brandenburg ihren Lebensunterhalt direkt und indirekt damit.