Uganda – eine Runde rum, Teil 4

Ein Berggorilla im Regenwald

von Rays E. Tannthe

Zur Erinnerung – Teil 1 bis 3 handelte vom Beginn der Rundreise durch Uganda bis zu den Erlebnissen im Murchison und Queen Elizabeth Nationalpark. Nun geht die Reise weiter:

Überraschung im Bett! Eine echte Wärmflasche, so wie früher bei meiner Oma. Die Wärme hielt bis morgens. Das war auch keine Kunst, wir mussten schließlich sehr früh aufstehen. Die Berge waren in dichtem Nebel gehüllt, wie sollen wir die Gorillaaas finden?

Zum Briefing gab es einen letzten Check: Hat auch keiner Highheels an, stecken die Hosenbeine in den Strümpfen (aufgrund angriffslustiger Ameisen, die sofort unter das Hosenbein klettern), sind die Obi-Handschuhe griffbereit? Hat jeder genug Wasser dabei und einen Stock? Oh wie peinlich, ein Spazierstock. Er hatte am Griff einen geschnitzten Gorilla. Wenigstens was.

Letzte Warnungen: auf die bewaffneten Ranger hören, dem Silberrücken bei schlechter Laune nicht in die Augen, sondern demütig zum Boden schauen. Die Spurensucher waren unterwegs, sie gaben die Route durch und los ging’s.

Viele Dorfleute wollten unsere Rucksäcke schleppen, sie wurden streng eingeteilt. Alle sollen der Reihe nach drankommen für den Top Tagesverdienst von 20$. Unsere Trekking Gruppe: Zwei junge britische Mädels, eine zähe ältere Dame aus Kalifornien, ein Arztehepaar aus München (gut zu wissen) und ein Jurist aus Berlin Friedrichshain (man kann nie wissen). Und wir. Ach, die ersten Kilometer waren ein Kinderspiel, alle gingen munter die Uganda-Tierlisten durch. Das änderte sich schnell, als es sehr lange stramm bergauf ging, über liegende Baumstämme kletternd, Bäche überquerend, mit der Machete durch den sehr dichten Dschungel schlagend. Man fiel hin, blieb in Stacheln stecken, bekam im Bach nasse Füße.

Unser Träger Benson war topfit und hielt uns fest, wo er nur konnte.
Alle schnauften wie Dampflokomotiven. Strapazen ohne Ende. Das Eine stand fest: Ab sofort nur noch Zoo. Plötzlich stoppten die Ranger, drei Meter entfernt saß im Dickicht ein dicker großer Silberrücken! Er knabberte an Blättern und Zweigen, alles was in Reichweite war. Für uns interessierte er sich nicht die Bohne. Die Gorillagruppe war nicht dicht beieinander, sondern am Abhang verteilt. Die ersten guten Aufnahmen waren im Kasten.

Können wir jetzt bitte wieder nach Hause gehen? Nein, es ging weiter bergauf. Sieh da, ein 7 Monate junger Gorilla und Pausenclown turnte munter umher. Er verfehlte beim Klettern einige Zweige, schätzte die Festigkeit der Äste falsch ein und stürzte samt Ast ab. Es war ein großer Spaß. Wir lachten zu laut, seine Gorilla Mama saß im Dickicht und knurrte uns an. Kleine Warnung. Nach einer Stunde ging es zurück zur Basisstation. Jeder bekam namentlich und unter Applaus ein Gorilla-Trekking-Zertifikat überreicht. Sehr nett gemacht.

So, nun heißt es Eindrücke verarbeiten. Stattdessen wurde mir auf der Rückfahrt übel, in der Lodge kam Durchfall hinzu. Der Chef ordnete Tabletten, Hühnerbrühe, Schwarztee, zwei Wärmflasche und Bettruhe an. Er brachte mir Bettlektüre vorbei und schaute nach dem Rechten. Wie rührend. Der Münchener Arzt drohte, seine Hammermedikamente zu holen, falls es nichts wird. Nach 12 Stunden Schlaf ging es mir besser. Was für ein Lodge-Service: Die Gorilla Sachen incl. Wanderschuhe, die so aussahen wie nach einer Schulhofrauferei im Schlamm, waren blitzblank. Lange schlafen lohnt sich manchmal.

Andere Gäste erzählten von ihrem Gorilla Erlebnis. Der Silberrücken griff zum iPhone eines Besuchers. Beide ließen es nicht los und es kam zum iPhone Tauziehen. Wem wollte der Gorilla eine Nachricht senden?
Auf der langen ruckeligen Jeepfahrt zum letzten Nationalpark Mburo betonte Paul, sobald ein dezentes Stöhnen kam: „Wir wären hier nicht im Urlaub sondern auf Reisen.“ Unterwegs erfuhren wir, dass er sich in der Nähe von Kampala seit knapp 4 Jahren ein Haus baut. Die Banken verlangen 26 % Zinsen für einen Hauskredit. Er ist nicht bereit, diese unverschämten Zinsen zu zahlen und baut so Stück für Stück weiter, sobald er Geld verdient hat. Als Tourguide erwitschaftet er ein ganz gutes Einkommen.

Zum Boxenstopp trafen wir Barbara, die ältere Dame aus Kalifornien wieder. Es gab ein unvermeidliches, überschwängliches, amerikanisches Hallo-Gejubel und sie berichtete von ihrem Gorilla-Trekking Muskelkater. Tatsächlich, auch unsere Oberschenkel sind deutlicher als sonst zu spüren. Abends in der Mihingo Lodge stießen wir mit Paul auf seinen 34. Geburtstag an.

Eine kurze Mburo Nationalpark Tierliste:
  • Ankole Langhornrinder, von denen möchte man keinesfalls aufgespießt werden
  • Steppenzebras, Topis, Büffel, Warzenschweine, Grüne Meerkatzen, Schafe, Ziegen

Punkt 7:00 Uhr streiften wir mit einem jungen Ranger incl. Maschinenpistole durch die Steppenlandschaft des Mburo Nationalparks. Es gibt einen Löwen, rund 50 Leoparden, 18.000 Zebras, genauso viele Impalas und weitere Antilopen. Genug Futter für die Miezekatzen. Die Parkleitung hat den Plan, für den einsamen Löwen einige Weibchen zu importieren. Doch die Dorfbewohner am Rand des Parks sind strikt dagegen. Sie fürchten um den Bestand ihrer Ankole Langhornrinder (die mit den Riesenhörnern). Rinder sind schließlich eine leichtere Beute als ein Impala, das olympiaverdächtig 5m hoch und 8-10m weit springen kann. Die schlauen Impalas lernten, dass sie nachts in der Mitte des Parkzentrums unter den Rangern viel sicherer vor Leoparden und Löwen übernachten können. Wenn das keine Evolution ist. Jeden Abend 19 Uhr liegt die große Herde vor der Tür.

Trotzdem wir sehr leise durch den Busch schlichen, warnten sich die Tiere gegenseitig. Wir, die gefährlichsten Raubtiere der Welt, waren schließlich unterwegs. Plötzlich gab es einen spektakulären Warzenschweinchenmännchenkampf, der Schwächere zog leicht verletzt ab. Immer diese Rivalitäten, können sie das nicht ausdiskutieren…

Der deutsche Besitzer der Mihingo Lodge stammt vermutlich aus Thüringen. Zumindest sieht die burgähnliche Anlage danach aus. Ohne Steckdose im Zimmer, ach was, die Burgfräuleins hatten damals auch keine, da muss man durch.
Der Barkeeper lernte selbstständig aus dem Wörterbuch deutsch, er wollte es endlich anwenden, zeigte auf die Bar und sprach: “Hier Kneipe”. Wir gingen am Abend noch einige interessante Vokabeln mit ihm durch.

Die Tierliste:
  • Zebras, beide Seiten haben unterschiedliche Muster
  • Warzenschweine, drollige Zwergmangusten
  • Klippspringer (sie sehen aus als hätten sie Stilettos an)
  • Wasserböcke, Meerkatzen, Topi, Büffel, Butler Adler, Impalas, Buschböcke
  • Elend Antilope (größte Antilope Afrikas, ca. 900kg)
  • grauer Hornbill, Kingfischer, Hadada Ibis, Weißrückengeier, Rotkehlfrankolin, Schopffrankolin, Oribi, Anubis Pavian, Trauerkibitz

Wir verließen das Ankole Königreich und bereisten das Buganda Königreich (das klingt nach Gebrüder Grimm). Und wir wechselten von der Südseite der Erdkugel auf die Nordseite. Am Äquator gab es ein spannendes Waschbecken Experiment. Auf der Nordseite dreht sich das Wasser im Abfluss im Uhrzeigersinn, auf der Südseite entgegengesetzt. Auf dem Null Breitengrad gibt es gar keine Drehung. Das Wasser fließt direkt nach unten ab. Mit Blüte. Auf dem Null Breitengrad ist man 3% leichter. Das überflüssige Gewicht erledigte ich bereits effektiv und längerfristig mittels „Magen-Darm-Trakt-Überfunktion“ am Gorilla Tag.

Unterwegs rief Pauls Schwester an und kündigte an, die Oma besuchen zu wollen. Natürlich nicht ohne Geld. Paul, der familiäre Großverdiener (das Klischee: er arbeitet mit reichen Europäern), hielt am nächsten Mobile Money Shop und überwies ein paar tausend ugandische Schilling. Er erzählte, seine traditionell gestimmte Oma drängt ihn häufig, endlich Kinder zu bekommen. Aber er ist ja noch gar nicht verheiratet. Seine Freundin arbeitet als ugandische Botschaftsangestellte in Südafrika und er bezeichnet sie als Karrierefrau. Eine Familie planmäßig zu gründen, ist irgendwie schwierig. Nach uns unternimmt Paul die nächste Uganda Rundreise, diesmal mit einer geballte Ladung, 10 Deutsche zugleich. Er hofft, dass kein Ornithologe dabei ist, der an jedem Vogel anhalten lässt. Das gäbe regelmäßig Stress mit dem Rest der Mannschaft, die lieber Löwen oder Leoparden sichten wollen.

Wir kamen zum Viktoriasee. Früher gab es 500 verschiedene Arten von Buntbarschen, bis die Engländer während der Kolonialzeit den Nilbarsch im See aussetzten. Dieser Raubfisch vernichtete radikal die Artenvielfalt. 70 % aller Fische im Victoriasee sind ausschließlich Nilbarsche (bekannt als Victoriasee Barsche). Am Ufer in Entebbe, gleich neben dem Botanischen Garten (in dem Jonny Weißmüller als Tarzan herumturnte), stiegen in ein Speedboot um. Wir sausten in Affengeschwindigkeit zu einer Insel. Wie Hiddensee. Nur Baden ist im See verboten, es gibt Krokodile. Dafür grasen Schafe vor der Tür.

Die Rundreise ging zu Ende. Unser subjektiver Eindruck im Schnelldurchlauf Uganda:
  • die Menschen sind offen, unkompliziert, hilfsbereit und fröhlich (muss am schönen Wetter liegen)
  • Uganda ist ein aufstrebendes Land, Baustellen wohin man schaut (besonders viele Straßen und christliche Kirchen)
  • der Tourismus ist noch nicht so professionalisiert, wie z.B. in Tansania
  • das hat Vorteile, Land und Tiere werden unverfälscht und ohne Einschränkungen erlebt
  • Nachteile sind das nicht ganz stimmige Preis-Leistungsverhältnis
  • Uganda ist ein immergrünes, üppiges und fruchtbares Land
  • die Früchte (Bananen, Ananas, Mango, Avocado, Tomaten usw.) duften und haben den vollen ursprünglichen Geschmack
  • als Tourist sollte man nicht zu zimperlich sein aufgrund huckeliger staubiger Pisten, abenteuerlicher Unterwegstoiletten, kleinerer Insekten
  • in Uganda darf man keinen Badeurlaub erwarten (und Pools sind nichts für Pingelige)
  • man ist hier richtig, wenn man Berggorillas treffen will und die Strapazen in Kauf nimmt und
  • wenn man schönes Wetter mag, es aber nicht zu heiß haben möchte

Fazit: Ein interessantes schönes Land!