Museumspark-Flair mit Geschichte und Zukunft

Blick auf die Schachtofenbatterie

Blick auf die Schachtofenbatterie

von Ursula A. Kolbe

Kalksandstein – auch weißes Gold genannt. Rüdersdorf bei Berlin verdankt ihm seine Bekanntheit. Und der erste Tourismus – Dialog Berlin führte seine Teilnehmer hierher ins Freie, in den größten Museumspark für Industriegeschichte. Der Gastgeber Prof. Dr. Frank Schaal, Geschäftsführer der Museums- und Kultur GmbH Rüdersdorf, richtete dabei den Blick auf die Geschichte, Gewinnung und Verarbeitung von Kalksandstein an diesem Ort.

Der Rüdersdorfer Kalkberg ist das größte Kalksandsteinvorkommen in Norddeutschland. Als Werkstein und als Branntkalk oder zu Zement verarbeitet, war er neben den Ziegeln aus der Mark Brandenburg der wichtigste Baustoff für die Metropole Berlin. Das Brandenburger Tor, Schloss Sanssouci in Potsdam, Berliner Olympiastadion und viele weitere bedeutende Bauwerke in Berlin und Brandenburg stehen für Kalkstein aus Rüdersdorf. Und das seit über 750 Jahren. Zu der Zeit fing man an, den Kalkstein zu brechen und zu brennen; spätestens seit dem 17. Jahrhundert galt Rüdersdorf als der Baustofflieferant für Berlin. Bis heute ist der Tagebau aktiv, und das Zementwerk exportiert den Zement europaweit.

Einblicke in technische Bauwerke

Der Rundgang mit Prof. Dr. Schaal durch den 17 ha großen Museumspark bei runden 30 Grad Celsius zu ehemaligen Transport- und Produktionsanlagen forderte einige Schweißtropfen, die aber viele interessante historische Einblicke in diese Kalksteinwelt schmelzen ließen, ist er doch das einzige in dieser Vielfalt erhaltene historische Kalk- und Bergwerk.

Alle technischen Bauwerke, die nach Entwürfen berühmter Baumeister wie Schinkel errichtet wurden, bilden ein einzigartiges architektonisches Ensemble. Es gehört zu den bedeutendsten Industrie-Denkmälern Deutschlands. So informiert eine Ausstellungshalle umfassend über Kalksteinvorkommen und –nutzung, die Geologie, Mineralogie und Fossilienkunde von Rüdersdorf.

Die Kalkscheune z. B., ein ehemaliges Lager für den gebrannten Kalk mit Grundmauern aus dem Jahre 1665, ist zur Museumsgastronomie umgestaltet worden. Das Dachgeschoss, einstmals Wohnung des Kalkbrennmeisters, wird über das Rüdersdorfer Standesamt als romantischer Eheschließungsraum genutzt.

Als wir vor dem Portal des Bülowkanals standen, ahnten wir, dass die Steinbrüche über mehrere Kanalbauten mit dem Wasserstraßennetz Spree-Havel verbunden sind. Dieser Tunnel ist ein an die Revolutionsarchitektur von Johann Gottlieb Schlaetzer angelehntes geschaffenes Portal. So existiert noch der Heinitzkanal als Vorgänger des Bülowkanals. Er beherbergt heute die Vereinsräume des Rüdersdorfer Bergbauvereins.

Als wir am restaurierten Seilscheibenpfeiler vorbeikamen, erfuhren wir, dass 1872 der Heinitzbruch mit den Gleisen der Ostbahn verbunden wurde und im Steinbruch ein Schrägaufzug angelegt, über den normalspurige Eisenbahnwagen und spezielle Werkswagen in den Bruch gebracht und beladen wieder hinaufgezogen wurden. Der Antrieb der Seilwinden erfolgte durch eine Dampfmaschine von 130 PS Leistung. Mit Flutung des Heinitzbruches 1914 endete der Betrieb dieser Anlage.

In der „Kathedrale des Kalks“ dann, eine imponierende Schachtofenanlage, die von 1874 bis 1967 für die Branntkalkherstellung genutzt wurde, fühlte ich mich dann in eine andere Welt versetzt. Kein Wunder, dass dieser Museumsteil auch als Filmkulisse beliebt ist. Er ist zudem Ausstellungsobjekt und Veranstaltungsraum. Ursprünglich bestand die Anlage aus 18 Brennöfen des Rumfordschen Bautyps, von denen sechs in einer Reihe und zwölf in Doppelreihe angeordnet sind. Es gibt ebenso den Kranpark und einen Museumszoo samt kleinem Streichelzoo.

Auf Fossiliensuche

Wollen Sie 240 Millionen Jahre alte Kalksteine anfassen und nach Fossilien suchen? Dann auf zur geologischen Führung. Nach ein wenig Theorie im „Haus der Steine“ geht es mit dem Land Rover zur Sammelstelle im Tagebau, wo man spannende Funde machen kann. Übrigens wurde hier der Nothosaurus gefunden, besser gesagt – ein Skelett, heute im Berliner Naturkundemuseum zu bewundern.

Die Gebäude, Anlagen und Freiflächen sind für jeden Besucher frei zugänglich und geben viel Raum für Kunst & Kultur, für Exkursionen, Seminare & Workshops, für Feiern und Geselligkeit. Darüber hinaus auch attraktive Ferienprogramme für Groß und Klein. Infos & Buchungen über Angebote: Tel.: 033638 / 799797; kasse@museumspark.de