„Schenk mir Dein Herz, nur mir allein…“

Blütenbäume im Hochzeitspark

von Waltraud Käß

Diesen Wunsch haben wohl jede Frau und jeder Mann, wenn sie sich am Tag der Eheschließung in einem Standesamt das Ja-Wort geben. Die Liebe hat sie zusammengeführt. Und die Liebe soll dauern – bis in alle Ewigkeit. Und damit auch dieser Tag in bester Erinnerung bleibt, soll er aufregend und wunderschön werden.

Die Ansprüche für die Gestaltung dieses Tages haben sich im Laufe der Jahrzehnte sehr verändert. Reichte vor 50 Jahren noch das normale Standesamt für die feierliche Zeremonie aus, soll es heute etwas Besonderes sein. Viele Hochzeitspaare suchen sich ein maßgeschneidertes Datum aus. Der Ort der Trauung soll außergewöhnlich oder sogar extravagant sein. Immer mehr werden auch alte Hochzeitsbräuche in die Feierlichkeiten eingebunden. Die Braut muss etwas Altes und etwas Blaues, etwas Geliehenes und etwas Neues tragen.

Baumstämme werden zersägt und Reiskörner gestreut. Der Brautschleier wird zertanzt, und für die Freundinnen wirft die Braut dann endlich auch den Hochzeitsstrauß. Welche Freundin wird ihn auffangen und die nächste Braut sein?
Die Standesämter haben sich auf solche Wünsche eingestellt, und auch das Standesamt Marzahn-Hellersdorf hat für die Hochzeitszeremonie im Bezirk einige wunderschöne Orte ausgewählt. Jeder für sich bietet ein Erlebnis der besonderen Art:

Im Gutshaus/Gründerzeitmuseum der Charlotte von Mahlsdorf (alias Lothar Berfelde) können die Heiratswilligen eine romantische Hochzeitszeremonie erleben. Das Gutshaus wurde im Jahre 1815 als schlichtes, ländliches Gutshaus erbaut. Im Jahre 1869 ließen es die Brüder Lachmann zu einer spätklassizistischen Landvilla umgestalten. Im Jahre 1960 eröffnete Charlotte von Mahlsdorf mit ihren Sammlungen das Gründerzeitmuseum. Im Haus gibt es 17 komplett eingerichtete Ausstellungsräume mit Möbeln, mechanischen Musikmaschinen und anderen Gegenständen der Gründerzeit. Das Gartenzimmer mit seinem exzellenten Ambiente, dessen Freitreppe zum Garten hinaus geht, wird als Festsaal und Trauungszimmer genutzt.

In den Gärten der Welt gibt es zwei Trauungsorte. Mitten im Gelände befindet sich der Chinesische Garten, oder auch „Garten des wiedergewonnenen Mondes“ genannt. Er wurde im Jahre 2000 als Geschenk der Stadt Peking eröffnet und wirkt sehr authentisch mit seiner Architektur. Fantastisch geformte Felsen und Steine gehören zu den Besonderheiten des Geländes. Bei ihnen gilt der Grundsatz „Der Stein muss mager sein und faltig wie ein Hundertjähriger.“ Das allerdings trifft nicht auf die Hochzeitspaare zu, die sich hier im „Steinboot“, welches in den kleinen See hineinragt, das Ja-Wort geben. Dieses Bauwerk trägt den Namen „Blick auf den Mond“. Sein Vorbild ist das Marmorschiff Shi Fang, welches man im Sommerpalast in Peking bewundern kann.

Der zweite Ort befindet sich am Orientalischen Garten im „Saal der Empfänge“. Im Jahre 2005 wurde der Orientalische Garten, auch „Garten der vier Ströme“ genannt, als Bauwerk islamischer Gartenkultur mit exotischen Anpflanzungen und Wasserspielen eröffnet. Der „Saal der Empfänge“ kam zwei Jahre später dazu. Reich geschmückt mit Ornamenten sind die Wandelgänge. Der Saal duftet angenehm nach Zedernholz und durch eine große Glaskuppel in der Mitte des Raumes bricht sich das Licht. Der Blick geht hinaus in das kleine Naturparadies des Gartenhofes.

Der dritte Ort schließlich ist die Bockwindmühle in Alt-Marzahn. Sie liegt erhaben auf einem kleinen Hügel am Rande des Angerdorfes Alt-Marzahn. Bereits im Mai 1815 wurde die Mühle eingeweiht und sie ist bis heute voll funktionstüchtig. Wenn der Wind kräftig bläst, schüttet der Müller das Getreide in den Trichter. Wenn die Bremse gelöst wird, setzt sich das gewaltige Kammrad auf der Antriebswelle in Bewegung. Mit seinen Kämmen treibt es das Stockrad an, welches den oberen Mahlstein dreht.

Im Mühlenzimmer wird das Ehepaar nach dem Ja-Wort mit traditionellen Bräuchen des Müllerhandwerks überrascht. Der Müller führt u.a. noch eine symbolische „Vermehlung“ durch, die daran erinnern soll, dass die Müller im Mittelalter das Traurecht hatten.
Diese exklusiven Außenstellen des Standesamtes sind sehr begehrt und deshalb ist eine langfristige Anmeldung erforderlich.

Die Krönung bildet jedoch der „Hochzeitspark“, der einmalig in Berlin ist. Er liegt zwischen den Straßen Mehrower Allee und Raoul-Wallenberg-Straße und grenzt an den Garten der Begegnung. Mit seiner Geschichte können auch viele kleine Geschichten der Beteiligten. erzählt werden. Es gibt ein Sprichwort „Ein Mann soll ein Haus bauen, ein Kind zeugen und einen Baum pflanzen“. Nun geht nicht jeder dieser Wünsche in Erfüllung – aber einen Baum pflanzen, das war in diesem Park möglich. Bäume pflanzen ist ein altes Ritual und hat etwas mit Dauerhaftigkeit und Ewigkeit zu tun.

So entstand im Jahre 2006 die Idee, eine Brache des Wohngebietes für die Gestaltung zu nutzen. Im Jahre 2007 wurden die ersten 12 Bäume gepflanzt – zu diesem Zeitpunkt machten die Organisatoren noch Werbung im Standesamt, und sie ahnten nicht, dass sie bei 227 Bäumen die Notbremse ziehen mussten. Im April 2016 wurde der Hochzeitspark mit dem letzten Bauabschnitt vollendet.

Viele Baumarten haben hier ihren Platz gefunden:

Der Apfel gilt seit Urzeiten als das Symbol für Liebe und Fruchtbarkeit, aber auch für Sünde und Zauberkraft.
Der Berg- und Feldahorn bietet dem Volksglauben zufolge einen wirksamen Schutz gegen Hexen und Blitzschlag.
Die Bergulme ist in gewissen Regionen der Baum der Gerechtigkeit, in den USA ist sie der Baum der Freiheit.
Die Birne symbolisiert Reinheit, Gerechtigkeit, Schutz, Fruchtbarkeit und Wachstum.
Die Esche ist in einigen Ländern das Symbol für eine glückliche Ehe.
Die Hainbuche gilt als Symbol für Mut, Standfestigkeit, Widerstandsfähigkeit und Gerechtigkeit. Sie verkörpert Lebendigkeit und Frische.
Die Schwedische Mehlbeere symbolisiert Ausdauer, Zähigkeit und Durchhaltevermögen.
Die Sommer- und Winterlinde kann ca. 1000 Jahre alt werden. Sie symbolisiert ehrliche Liebe, Güte, Gastfreundschaft und Bescheidenheit.
Die Sumpf-, Stiel- und Traubeneiche steht für Energie, Standfestigkeit, Kraft, Weisheit und sogar Unsterblichkeit.
Die Trauben- und Vogelkirsche gilt als Attribut der Liebe und Leidenschaft, und sie ist ein Symbol für Partnerschaft.
Der Weißdorn soll Freude schenken und Trübsinn vertreiben. Man sagt ihm auch schützende und Unheil abwehrende Eigenschaften nach.

Gepflanzt wurden diese 227 Bäume aber nicht nur aus Anlass einer Hochzeit. Im Park stehen auch Geburtstagsbäume und Trauerbäume. Es gibt prägende Gestaltungselemente an den Eingängen und im Park selbst. So wurden z.B. bei der Pflasterung eines Bauabschnitts Bruchstücke alter Betonplatten zu Rosen zusammengesetzt und in die neuen Wege wurden rote Herzen eingelassen.
Da der Platz begrenzt ist, musste die Bebauung leider nun abgeschlossen werden – allerdings ist die Nachfrage nach wie vor sehr hoch. Vielleicht finden sich irgendwann und irgendwo in Berlin freie Flächen, die diese Tradition weiterführen können.

Eine sehr schöne Idee wurde hier in die Tat umgesetzt. Der Park ist auch ein Platz zum Verweilen für die Anwohner– vielleicht für die Ewigkeit. Und dann stehen diese Bäume groß und ausladend und erzählen den folgenden Generationen die Geschichte ihrer Pflanzung.

Wer ab und zu den Park besucht, muss aber auch feststellen, dass es Menschen gibt, die nicht sehr achtungsvoll mit der Natur und den Anlagen umgehen. Das ist bedauerlich – tut aber der Schönheit dieses kleinen Parks keinen Abbruch.
(Die Sachinformationen zum Hochzeitspark entstammen der Publikation „Wo Bäume Geschichten erzählen- Hochzeitspark Marzahn-Hellersdorf/Quartiersmanagement Mehrower Allee).