Kammergericht

Kammergericht

Kammergericht

  • Haupttreppenhaus, 2014

    Haupttreppenhaus, 2014

  • Plenarsitzungssaal, 2014

    Plenarsitzungssaal, 2014

  • Deckengemälde von Albert Maennchen im Plenarsitzungssaal, 2014

    Deckengemälde von Albert Maennchen im Plenarsitzungssaal, 2014

  • Holzgetäfelter Raum im Südflügel, 2014

    Holzgetäfelter Raum im Südflügel, 2014

  • Blick in die Kuppel des Haupttreppenhauses, 2014

    Blick in die Kuppel des Haupttreppenhauses, 2014

  • Skulpturen im Haupttreppenhaus, 2014

    Skulpturen im Haupttreppenhaus, 2014

  • Nebentreppenhaus, 2014

    Nebentreppenhaus, 2014

Das Gebäude des Kammergerichts wurde 1909-13 nach den Entwürfen von Paul Thoemer (1851-1918), Rudolf Mönnich (1854-1922) und Carl Vohl (1853-1932) auf dem Gelände des früheren Botanischen Gartens errichtet.

Das Kammergericht fungiert als Oberlandesgericht des Landes Berlin und rangiert im vierstufigen Gerichtsaufbau Deutschlands über den Amtsgerichten und dem Landgericht, übergeordnet ist ihm nur der Bundesgerichtshof. 1468 erstmals urkundlich erwähnt, ist es das älteste deutsche Gericht mit ununterbrochener Tätigkeit seit seiner Gründung. Sein Name weist darauf hin, dass es einst in den Kammern des Landesfürsten seinen Sitz hatte, im Gegensatz zu anderen Gerichten, die im Freien tagten. 1735 wurde das Gericht vom Hof getrennt und zog in das Collegienhaus in der Lindenstraße. Der Name Kammergericht blieb jedoch bis heute erhalten. Ende des 19. Jahrhunderts stieg der Raumbedarf des Kammergerichts so an, dass das Collegienhaus den Platzansprüchen nicht mehr genügte. Auf Basis mehrfach überarbeiteter Entwurfszeichnungen erfolgte 1909 die Zustimmung zu einem Neubau mit 540 Räumen.

Die Hauptfront des 38-achsigen, fünfgeschossigen Neobarockbaus ist zum Kleistpark ausgerichtet und hat eine Länge von 135 Metern. Eine wichtige Sichtachse verläuft vom Hauptportal zu den Königskolonnaden (1770-80 von Carl von Gontard) auf der gegenüberliegenden Seite des Parks. Ein reich dekorierter Mittelrisalit, der aus der Gebäudeflucht hervorspringt, betont die repräsentative Front. Der Turm, der den Mittelrisaliten einst krönte, wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und musste wegen Einsturzgefahr nach Kriegsende abgerissen werden. Der Hauptzugang zum Kammergericht erfolgt über eine flache Terrasse, die sich weit in den Park schiebt. Die auf barocke Vorbilder zurückgehende Treppenhalle erschließt alle Stockwerke und verbindet alle hier mündenden Flure miteinander. Ihre kuppelartige Decke mit 17 Metern Spannweite ist üppig durch Bildhauerarbeiten in Form von Figuren und Ornamenten geschmückt. Die Flure des Kammergerichts sind mit Wandfliesen versehen, die sich etagenweise in ihrer Farbgebung unterscheiden. Über dem Hauptportal befindet sich der prunkvolle Plenarsitzungssaal, der sich über zwei Etagen erstreckt. Stuckapplikationen und Gemälde von Albert Maennchen (1873-1935) zieren die Decke des 235 Quadratmeter großen Saales.
An der Südseite des Plenarsitzungssaales schließt sich die Präsidentenwohnung an.

Die Inneneinrichtung der drei Gesellschaftsräume wurde – ganz abweichend vom preußischen Staatsbaustil – vom Direktor des Kunstgewerbemuseums Prof. Bruno Paul (1874-1968) zusammen mit seinen Schülern als Zeugnis zeitgenössischer Werkkunst realisiert. Der Plenarsitzungssaal erinnert an ein dunkles Kapitel des Gebäudes. Nach dem gescheiterten Hitlerattentat vom 20. Juli 1944 fanden hier die Schauprozesse des berüchtigten Volksgerichtshofes unter Roland Freisler statt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der geringfügig kriegsbeschädigte Bau von den Alliierten beschlagnahmt und bis 1948 als Sitz des Alliierten Kontrollrates genutzt. Als am 3. September 1971 die Botschafter der Alliierten im Plenarsitzungsaal das Viermächteabkommen unterzeichneten, schrieb derselbe Saal erneut Geschichte.

1994 begannen unter der Leitung der Architekten Ursulina Schüler-Witte und Ralf Schüler die Restaurierung, der Umbau und die Erweiterung des Gebäudes. Während man in den Fluren, Treppenhäusern und Sitzungssälen, den öffentlichen und halböffentlichen Bereichen anstrebte, den Originalzustand zu erhalten und wiederherzustellen, musste aus Kostengründen in den Verwaltungs- und Büroräumen auf eine historisch getreue Wiederherstellung verzichtet werden. Gleichzeitig wurden Spuren der Nutzung durch die Alliierten bewahrt, eine Pförtnerloge der Amerikaner oder Hinweise auf Schweinegehege der Russen. Im Zuge der Arbeiten wurden Flure und Treppenhäuser farblich wiederhergestellt und zusätzliche Fluchtwege angelegt. Neue Außenaufzüge in den Höfen und der Ausbau des Dachgeschosses folgen heutigen Nutzungsansprüchen. Die fast vollständig erhaltenen Deckengemälde des Plenarsitzungssaals wurden gereinigt, kleine Fehlstellen retuschiert. In den zerstörten Partien wurden die Motive nur in den Konturen angedeutet.

Die Möbel und Textilien der Präsidentenwohnung sind heute nicht mehr vorhanden. Freigelegt werden konnten jedoch der bauplastische Schmuck und die originale Farbfassung, die sich hinter einem weißen Dispersionsanstrich verbargen.

Heute beherbergt das Gebäude neben dem Kammergericht den Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin und die Generalstaatsanwaltschaft Berlin.

Stand: 6/2014

Zeittafel

  • 1468

    Erste urkundliche Erwähnung des Kammergerichtes, Gründung durch Friedrich II. von Brandenburg (1413-1471)

  • 1735

    Unabhängigkeit vom Hof Friedrich-Wilhelm I. (1688-1740); Umzug in das Collegienhaus in der Lindenstraße 14

  • ab 1904

    Erste Überlegungen zu einem Neubau

  • 1909-13

    Bau des heutigen Kammergerichtsgebäudes

  • 1945-48

    Sitz des Alliierten Kontrollrates für Deutschland und der Alliierten Luftsicherheitszentrale für Berlin (bis 1990)

  • 3.9.1971

    Unterzeichnung des Viermächteabkommens, das mit der Unterzeichnung des Schlussprotokolls am 3. Juni 1972 in Kraft trat

  • 1992

    Das Kammergericht übernimmt wieder das Gebäude in der Elßholzstraße am Kleistpark

Faltblatt-Impressum

  • Herausgeber: Landesdenkmalamt Berlin
  • Abbildungen:
    alle Aufnahmen – Wolfgang Bittner, Landesdenkmalamt Berlin
  • Text: quadrinom text und projekt
  • Redaktion: Gesine Sturm, Landesdenkmalamt Berlin
  • Herstellung / Gestaltung: pro.fund gmbh / © Jo Hartmann
  • Aus der Reihe: Erkennen und Erhalten in Berlin 2014, Nr. 47