Villa Borsig

Villa Borsig

Villa Borsig

Reiherwerder in Reinickendorf, Ortsteil Tegel
Bauzeit / -Geschichte: “Kleine Villa” 1905 von Erich Blunck, 1911-1913 von Eugen Schmohl und Alfred Salinger
Bauherr: Ernst von Borsig

Zwischen 1946 und 1951 residierten in der Villa Borsig der Oberkommandierende der französischen Truppen in Deutschland und der Hohe Kommissar André François-Poncet.

Die Gebrüder Paul Ernst und Conrad August Albert von Borsig – die Enkel des Industriepioniers Johann Friedrich August Borsig (1804-1854) – erwarben 1898 von der Familie von Humboldt den zum Gut Tegel gehörenden Inselbesitz Reiherwerder, um auf der Halbinsel im Tegeler See ein neues repräsentatives Anwesen der traditionsreichen Berliner Unternehmerfamilie als Ersatz für die 1849 nach Plänen von Heinrich Strack erbaute und heute nicht mehr existierende Villa in Moabit zu errichten. Zu den ersten Baulichkeiten, die auf dem Gelände ausgeführt wurden, zählte die sogenannte Kleine Villa bzw. das Gartenhaus von Erich Blunck, wohl 1905. Östlich davon planten von 1908-1910 Alfred Salinger und Eugen Schmohl, eine der erfolgreichsten Berliner Architektensozietäten ihrer Zeit, eine schlossartigen Villa. Die äußerst repräsentative Dreiflügelanlage mit Mittelpavillon und geschwungenen Laubengängen auf der Gartenseite ist zwischen 1911 und 1913 ausgeführt worden und verweist auf Potsdam-Sanssouci und den Adelsstand, in den die Borsigs 1909 durch Kaiser Wilhelm II. erhoben wurden.

Die zweigeschossige, mit einem Mansarddach gedeckte Villa liegt in einem Park, der 1913 nach Anweisungen Ernst von Borsigs, eines Liebhabers der Gartenkunst, durch die Gartenarchitekten Körner und Brodersen angelegt wurde. In unmittelbarer Nähe des Hauses entstand eine an barocken Gärten orientierte Anlage mit Parterre und verschiedenen, geometrisch gefassten Kompartimenten wie der Zufahrt, dem Rosarium und der Gärtnerei. Der zum See führende Teil der Halbinsel geht in einen Landschaftspark über, der, von der Terrasse aus betrachtet, als Auenwiese bis zum Ufer reicht.

Nach dem Tod Ernst von Borsigs wurde das Anwesen 1937 an das Reichsfinanzministerium verkauft, das darin bis 1945 die Reichsfinanzakademie unterbrachte. Nach Kriegsende wurde die Villa von 1946 bis 1951 zur Residenz des Oberkommandierenden der französischen Truppen in Deutschland und Sitz des Hohen Kommissars André François-Poncet. Danach diente das repräsentative Landhaus vorübergehend auch als Gästehaus der Stadt Berlin und der Bundesrepublik Deutschland. Ab 1959 wurde es Sitz der Deutschen Stiftung für Internationale Entwicklung. Seit 2005 dient die Anlage als Gästehaus und Aus- und Fortbildungsstätte des Auswärtigen Amtes.

Die Villa Borsig gehört zu den herausragenden Beispielen großbürgerlicher Wohnkultur der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und war Wohnsitz einer der wohlhabendsten Industriellenfamilien Deutschlands. In Bibliothek, Vortragssaal, Salon und Speisesaal des Erdgeschosses hat sich die ursprüngliche Ausstattung in Form von Holzvertäfelung, Wandschränken, Wandgliederungen, Kamin und Kassettendecke erhalten. Im Obergeschoss sind in den ehemaligen Privaträumen zwei Bäder mit den historischen Fliesen erhalten sowie Einbauschränke, Wand- und Deckengliederungen.