Sie sind als Zeugin oder Zeuge geladen - was nun?

Wenn Sie einen Brief bekommen, in dem Sie aufgefordert werden, als Zeugin oder als Zeuge zu einer Verhandlung des Landgerichts Berlin zu erscheinen, so sind Sie als Zeugin bzw. als Zeuge „geladen“. Damit kommt Ihnen eine sehr wichtige Aufgabe zu. Die Richterinnen und Richter, die über eine Strafsache zu entscheiden haben, sind auf Ihre Angaben angewiesen, um den Fall gerecht entscheiden zu können.

Bitte nehmen Sie die Ladung als Zeuge daher unbedingt ernst!

Glauben Sie nicht, dass Sie doch gar nicht gesehen und nichts beizutragen hätten. Manchmal können die kleinsten Indizien für die Überzeugung der Kammer von Schuld oder Unschuld Bedeutung haben. Oft kommt es auch gerade darauf an, dass Sie in einem bestimmten Moment nichts bemerkt haben – zum Beispiel, wenn sich jemand zu seiner Verteidigung auf ein Ereignis beruft, das Sie sicher bemerkt hätten, wenn er wirklich geschehen wäre. Nach dem derzeitigen Sachstand wird das Gericht seine Entscheidung ohne Ihre Zeugenaussage nicht treffen können. Sie erfüllen mit Ihrer Aussage eine wichtige Pflicht zur Durchsetzung des Rechts und tragen so zur Entscheidung des Gerichts bei. Dass Sie als Zeugin der als Zeuge vor Gericht erscheinen und Ihre Aussage machen, hat oft entscheidende Bedeutung dafür, ob Angeklagte eine langjährige Haftstrafe verbüßen müssen – im Vergleich dazu ist der Aufwand sicher vertretbar, im Gericht zu erscheinen und dafür eine Stunde Zeit zu „opfern“. Auch wenn Sie in dieser Sache früher schon einmal vor der Polizei, bei der Staatsanwaltschaft oder vor einem anderen Richter ausgesagt haben, ist Ihre erneute Vernehmung erforderlich. Das Gericht wird sich bemühen, Ihre Zeit so wenig wie möglich in Anspruch zu nehmen.

Im Verlauf der Hauptverhandlung können Umstände eintreten, die Ihre Vernehmung entbehrlich machen. Bitte haben Sie Verständnis. wenn das Gericht in einem solchen Fall auf Ihre Vernehmung verzichtet. Ihre Entschädigungsansprüche bleiben Ihnen erhalten.

Aufgrund der großen Bedeutung von Zeugenaussagen für die Wahrheitsfindung ist das rechtzeitige Erscheinen zu dem vom Gericht bestimmten Termin eine gesetzliche Pflicht. Sie haben also keine Wahl und müssen pünktlich – am besten einige Zeit früher – an dem Saal des Gerichts eintreffen, der in Ihrer Ladung angegeben ist.

Was müssen Sie tun, wenn Sie nicht erscheinen können?
Falls Sie zu dem Termin, zu dem Sie geladen wurden, aus zwingendem Grund auf keinen Fall erscheinen können, so teilen Sie das dem Gericht bitte sofort mit, möglichst noch am selben Tag, an dem Sie die Ladung erhalten. Die Rufnummer der Geschäftsstelle, also des „Sekretariats“ der zuständigen Kammer, finden Sie auf der Ladung. Als Entschuldigung werden jedoch wegen der großen Bedeutung der Zeugenpflicht nur wirklich zwingende Gründe akzeptiert, etwa eine schwere Krankheit oder einer bereits vor (!) der Ladung fest gebuchten Auslandsreise. Sie müssen in jedem Falle die Entscheidung des Gerichts abwarten, ob Sie abgeladen werden. Falls Sie nicht ausdrücklich abgeladen werden, müssen Sie erscheinen! Die Ladung bleibt solange wirksam, bis das Gericht sie widerruft. Sie können also den Termin nicht einfach „absagen“ und dann fernbleiben. Die Entscheidung, ob Sie kommen müssen oder nicht, liegt allein beim Gericht.

Sie müssen übrigens auch dann zum Gericht kommen, wenn Ihnen aus bestimmten Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht (etwa wegen Verwandtschaft mit einem Angeklagten) oder ein Auskunftsverweigerungsrecht (um sich nicht selbst zu belasten) zusteht. Beide Rechte können Sie nur in der Hauptverhandlung geltend machen – sie befreien nur von der Pflicht, überhaupt auszusagen oder Angaben zu einer bestimmten Frage zu machen. Erscheinen müssen Sie trotzdem!

Was geschieht, wenn Sie unerlaubt nicht erscheinen?
Sollten Sie nicht zum Termin erscheinen, ohne dass das Gericht Sie von dieser Pflicht befreit hat, müssen Sie mit empfindlichen Folgen rechnen. Das Gericht kann gegen sie ein Ordnungsgeld (in der Regeln einige hundert Euro) oder auch Ordnungshaft anordnen. Außerdem haben Sie etwaige zusätzliche Verfahrenskosten zu tragen, etwa die Reisekosten von Angeklagten und Verteidigern. Auch diese Kosten können erheblich sein. Erscheinen Sie daher unbedingt, wenn Sie geladen sind, sofern das Gericht Sie nicht wieder ablädt!

Hinweis zur Entschädigung als Zeuge oder Zeugin in Strafsachen