Mischwaldprogramm

Eine Jahrhundertaufgabe für das grüne Berlin ist unter besonderer Berücksichtigung der Klimaprognosen die Bewältigung der historisch-ökologischen Erblast der Kiefernära und die Wiederherstellung der Zukunftsfähigkeit der Berliner Wälder in den kommenden Jahrzehnten. Ziel ist die Umgestaltung der naturfernen, instabilen einschichtigen Kiefernbestände zu stabilen Laubmischwäldern mit deutlich verbesserter Grundwasserspende unter konsequenter Weiterentwicklung der naturnahen Waldbewirtschaftung.

Fast ein Fünftel Berlins ist bewaldet. Die Berliner Wälder innerhalb und außerhalb der Landesgrenzen werden seit Anfang der 1990er Jahre naturgemäß bewirtschaftet und sind seit 2002 nach FSC® (Forest Stewardship Council®) und Naturland zertifiziert.

Einschichtiger, naturferner Kiefernreinbestand

Die Berliner Forsten haben bereits vor drei Jahrzehnten mit dem Umbau kieferndominierter Bestände zu Mischwäldern begonnen. Dieser Umbau folgt dem Prinzip der natürlichen Verjüngung. Er setzt hauptsächlich auf die Selbstaussaat der Laubbäume mit unterstützender Pflege der heranwachsenden Bestandesschicht. Wo dies aufgrund fehlender Mutterbäume nicht möglich ist, erfolgt die Einbringung der Jungbäume durch Pflanzung oder Saat.

Dieser Waldumbau muss als Investition in die Zukunft für die nachfolgenden Generationen jedoch zeitlich forciert werden. Bei einem Zeithorizont von 50 Jahren, in dem der Waldumbau auf ungefähr der Hälfte der Berliner Waldfläche und somit auf ca. 15.000 ha erforderlich ist, beträgt der jährliche Waldumbaubedarf 300 ha, (zum Vergleich: Die Flächengröße des Tempelhofer Feldes beträgt 386 ha).

Waldbearbeitung mit Rückepferden

Seit Beginn der Umsetzung des Mischwaldprogramms von 2012 bis 2020 entstanden:

  • 1.887 ha Mischwald (siehe Karte unten: Mischwaldprogramm 2012 bis 2020), somit über 200 ha pro Jahr
  • mit insgesamt fast 3.0 Millionen jungen, standortheimischen Laubbäumen wie Eichen, Buchen, Hainbuchen, Winterlinden, Ulmen, etc.

Die Verjüngungs- und Waldumbauaktivitäten und somit die Entwicklung von naturnahen Mischwäldern stellt vor dem Hintergrund der Klimaprognosen eine wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge Berlins dar. Um den angestrebten jährlich Waldumbau auf 300 ha zu erreichen, sollen und müssen die Maßnahmen noch weiter intensiviert werden.

Beim Waldumbau der einschichtigen Kiefernbestände mit jungen Laubbäumen genießen die alten Kiefernbestände besonderen Vorrang. Sie werden durch Insekten und Pilze wie den Kiefernbaumschwamm, sowie Trockenheit, Sturm und Frost in ihrem Waldgefüge zunehmend destabilisiert und müssen in den kommenden Jahrzehnten verstärkt mit heimischen Laubbaumarten wie Eiche, Linde, Ulme, Birke, Buche etc. unterbaut werden. Die Lücken der verlichtenden Kiefernaltbestände werden dann durch die heranwachsenden Laubbäume gefüllt. Mischwald entsteht.

Kiefernaltholz mit Buchen-Voranbau

Neben den Altbeständen benötigen zudem die mittelalten Kiefernbestände waldbauliche Impulse zur Mischwaldentwicklung. Notwendig ist dies, um der weiteren Ausbreitung der nordamerikanischen Traubenkirsche, Prunus serotina, durch einen vorausgehenden Mischwaldaufbau zu begegnen und so ihre ökologische Nische mit unseren heimischen Baumarten im Vorfeld zu besetzen. Die Spätblühende Traubenkirsche stellt, neben dem Wildverbiß durch Reh-, Dam-, und Rotwild, eines der größten waldbaulichen Probleme des gesamten Kiefernflachlandgürtels von den Niederlanden bis Polen dar.

Harvestereinsatz

Ein Effekt des Waldumbaus ist ein verbesserter Wasserhaushalt. Unter Laubbäumen kann außerhalb der Vegetationszeit mehr Niederschlag den Waldboden erreichen und somit als Grundwasserspende versickern als unter Nadelbäumen. Ein Beispiel, wie die in Berlin praktizierte naturgemäße Waldbewirtschaftung zur Anpassung an den Klimawandel beiträgt.

Ziel muss es sein, das Niederschlagswasser im Raum zu halten, damit neben klimawirksamen Kühlungseffekten durch Verdunstung auch eine Verzögerung des Abflusses zur Stabilisierung des Niedrigwasserabflusses in den Gewässern entstehen kann. Da Berlin sein Trinkwasser nicht importiert, sondern stadtnah aus dem Grundwasser gewinnt, ist die Rückhaltung und Versickerung der Niederschläge über Wald eine wesentliche Voraussetzung für die Qualität und Quantität des Trinkwassers. Waldlandschaften, welche die Selbstreinigungskraft der Gewässer erhöhen, die Rückhaltung und Zwischenspeicherung fördern und die Grundwasseranreicherung steigern, werden im Klimawandel einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfahren. Die Stadtwälder leisten schon heute einen wichtigen Beitrag zur Trinkwasserversorgung.

  • Karte „Die Berliner Wälder – Schwerpunkte des ökologischen Waldumbaus“

    PDF-Dokument (4.9 MB) - Stand: 6. Auflage 2023