"Eine Zeile - eine Meinung": Bücher, die es nicht auf die Liste der Schwebenden Bücher geschafft haben (von Kerstin Morgenstern)

Veranstaltung Schwebende Bücher im Foyer
Buch mit gefalteten Blättern im Hintergrund

Elena Ferrante: Zufällige Erfindungen

Zum Lesen, Innehalten, Nachdenken, mit wunderschönen Illustrationen.

Elena Ferrante hat ein literarisches Spiel gespielt. Sie hat sich ein Jahr lang, Woche für Woche, vom britischen Guardian eine Liste mit allen erdenklichen Themen schicken lassen, sie hat sich dann eines ausgesucht und spontan darüber geschrieben.

Zufällige Erfindungen versammelt die 52 erstaunlichen Kolumnen, die auf diese Weise entstanden sind: Es geht um erste Liebe, um Klimawandel, es geht darum, wie misslich es ist, fotografiert zu werden, was es bedeutet, wenn die eigenen Bücher verfilmt werden, es geht um die Frage, warum man Partys eigentlich immer als Letzte verlässt – und ob es eine Formel für Lebensglück gibt.

Elena Ferrante ist »eine der größten Romanschriftstellerinnen unserer Zeit« (New York Times), und sie beherrscht auch die kurzen Formen meisterhaft. Zufällige Erfindungen, das sind suggestive Stücke voller Witz, Hintersinn und beiläufiger Erleuchtungen – wunderbar illustriert von Andrea Ucini.
(Beschreibung: Hugendubel)

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Wladimir Kaminer: Der verlorene Sommer

Wahrlich: unerschütterlicher Humor, nicht überraschend, aber wohltuend.

Mit unerschütterlichem Humor blickt Wladimir Kaminer auf die Monate, die unser Leben veränderten.Frühjahr 2020. Die Menschen erwachten aus dem Winterschlaf, blinzelten in die Sonne und ahnten nicht, was auf sie zukam. Im fernen China hatte angeblich ein erkältetes Gürteltier auf eine kranke Fledermaus geniest – ein Virus war geboren, das die Welt lahmlegte. Doch es konnte weder der Neugier noch dem Humor von Wladimir Kaminer etwas anhaben. Trotz Lockdown, Mundschutz und Fassbier-Verbot fand er überall Geschichten, die bewiesen: Das Leben ging weiter! Wenn auch jeden Tag ein bisschen anders als zuvor. Mit Witz und Herz beobachtete er den Alltag von uns Coronauten und die allmähliche Veränderung unserer Realität …Wladimir Kaminer und sein Blick auf die Corona-Welt.
(Beschreibung: Hugendubel)

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Mareike Krügel: Schwester

Einfühlsame Geschichte, traurig und trotzdem humorvoll, gut lesbar, mir fehlte der letzte „Kick“.

Zwei Schwestern, zwei Leben. Ein Unfall stellt die entscheidende Frage: Welches ist das richtige?

Julia lässt sich aufs Sofa ihrer Schwester fallen. Sie hat nicht allzu oft darauf gesessen, viel zu selten eigentlich. Wo ist sie in letzter Zeit gewesen, warum haben Lone und sie sich nicht viel öfter getroffen? – Die Antworten auf diese Fragen muss sie allein finden. Lone liegt nach einem Unfall im Koma, und Iulia ist gezwungen, einige ihrer Aufgaben als Hebamme zu übernehmen. Sie beginnt nachzudenken, über ihre Familie und die Männer, über Vertrauen und die gemeinsamen Erlebnisse – nicht zuletzt auch über das Leben, das sie selbst seit Jahren führt: als Frau des Pastors und Angestellte in einer Sparkasse.

»Schwester« erzählt von dem schmerzlichen Abgleich zweier Leben und einer Heldin, die zunächst tastend, dann immer entschlossener ihren Weg sucht.
(Beschreibung: Hugendubel)

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Maria Kuznetsova: Oksana, es reicht!

Sehr interessanter Debütroman, hat mir gut gefallen.

Die so urkomische wie berührende Geschichte einer mutigen und liebenswert rotzigen (Anti-)Heldin.

Gainesville, Florida: Schon mit acht will Oksana Schriftstellerin werden. Die Mutter steht der Zukunft ihrer Tochter leidenschaftslos gegenüber, sie wünscht sich nur, Oksana würde sich endlich einmal angemessen benehmen. Mit ihrer Großmutter als Vorbild, einer fröhlichen Erotomanin, mit der sich Oksana in der kleinen Wohnung ein Zimmer teilt, ist das jedoch gar nicht so einfach. Oksanas Vater – in der Ukraine angesehener Physiker, in den Staaten einfacher Angestellter – hat seine Träume längst aufgegeben, doch Oksana lässt sich nicht entmutigen. Sie findet heraus, was es heißt, als junge ukrainisch-jüdische Immigrantin in Amerika zu leben, verliebt sich hoffnungslos in einen Highschool-Coach, schlägt sich durch ein alkoholfahnenvernebeltes Studium an der Duke-Universität und landet für einige Zeit bei einem Start-up-Unternehmen im Silicon Valley. Bedingungslos unterstützt wird sie dabei von ihrer Großmutter, die sie ermutigt, jede Chance zu nutzen, die sich ihr in ihrem neuen Leben bietet. Und das tut Oksana. Ohne Rücksicht auf Verluste.

In Episoden schildert Oksana ihre Geschichte und die ihrer aus Kiew stammenden Familie, die erst noch richtig in Amerika ankommen muss. Dabei lernt sie – oft genug auf die harte Tour -, dass das Leben im Allgemeinen und das als Immigrantin im Besonderen nicht leicht ist und man sich oft genug einfach nehmen muss, was man haben will.
(Beschreibung: Hugendubel)

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Monika Maron: Was ist eigentlich los?

Stoff zum Diskutieren und Streiten!

Zum 80. Geburtstag von Monika Maron am 3. Juni 2021: Ausgewählte Essays aus vier Jahrzehnten von einer großen Schriftstellerin, die immer schon zu aktuellen Debatten und gesellschaftspolitischen Themen Stellung bezog und die sich nie vereinnahmen ließ. Poetisch, elegant, humorvoll und unerschrocken.
(Beschreibung: Hugendubel)

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Bianca Nawrath: Iss das jetzt, wenn du mich liebst

Eine humorvolle und doch tiefgründige Familienkomödie, die mir sehr gut gefallen hat.

Die junge Berlinerin Kinga will heiraten. Und zwar ihren Freund Mahmut, mit dem sie bereits seit einigen Jahren Wohnung und Weltansichten teilt. Alles könnte perfekt sein – wäre da nicht die liebe Familie. Denn Kingas Eltern kommen aus Polen, und in der Heiligen Dreifaltigkeit aus Kirche, Wodka und Gulasch ist kein Platz für einen muslimischen Schwiegersohn. Kurzerhand wird der unerwünschte Anhang zum Kennenlernen zu einer Familienhochzeit in der alten Heimat eingeladen – und da sorgt nicht nur Omas Flaki für Magenschmerzen.
Mit großer Leichtigkeit und präzisem Blick für Details schreibt Bianca Nawrath über das Aufwachsen im Nachwende-Berlin, über Großstadtliebe und Familienbande und streift dabei im Vorbeigehen die Themen Heimat und Herkunft.
(Beschreibung: Hugendubel)

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Anna Prizkau: Fast ein neues Leben

Ein autobiographischer Episodenroman, prägnant, eigenwillig, interessant.

Eine Familie kommt aus ihrem alten Land nach Deutschland. Dort passiert Unvorstellbares und Unverständliches – zumindest für die Tochter der Einwanderer. Sie, die Ich-Erzählerin, wächst auf im neuen Land, doch die Geschichten über das alte lassen sie nicht los. Sie wird erwachsen in dem Gefühl, immer eine Fremde zu bleiben, niemals dazuzugehören. Später wird aus ihr eine Theaterautorin; erfolglos, arbeitslos, aber voller Hoffnung.
In diesen atmosphärisch feinen Erzählungen, die zusammen einen kleinen, dichten Roman der Fremdheit und der Sehnsucht ergeben, begegnet die Erzählerin dem neuen Leben, der neuen Sprache, den neuen Menschen: Martha, die vielleicht töten muss, um zu besitzen. Marcel, den alle Mädchen küssen wollen. Samiha und Olcay aus dem türkischen Viertel, die eine unerklärliche Todesangst vor dem Fahrstuhl in ihrem Hochhaus haben. Sie trifft den Chef ihrer Mutter, der mehr will als nur eine gute Angestellte, den sadistischen Mann vom Arbeitsamt und Frank, das Männermodel, das seine Haare hochtoupiert trägt.
Als Kind schämt sie sich noch für ihre Eltern und dafür, dass man bereits am »Hallo« ihres Vaters erkennt, dass er kein Deutscher ist. Später, als junge Frau, bringt ihr die Sprache ihres alten Landes, im falschen Moment und vor den falschen Leuten gesprochen, geprellte Rippen und eine aufgeplatzte Lippe ein. Denn neben der neuen, rätselhaften Freundlichkeit, bleiernen Höflichkeit und warmen Distanziertheit, mit der das fremde Mädchen, das später eine fremde Frau ist, sich konfrontiert sieht, muss sie auch immer wieder Schläge einstecken – aus bekannten Mündern und von unbekannten Fäusten. Doch sie schlägt zurück: nicht nur mit ihren Lügen, sondern auch mit ihren Träumen.
Anna Prizkau erzählt in Fast ein neues Leben vom neuen Land, das Deutschland ist, von den Fremden und den Verlorenen, auch denen, die hier geboren wurden.
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Till Raether: Bin ich schon depressiv, oder ist das noch das Leben?

Offen, ehrlich, einfühlsam.

Depression kann alle treffen, und oft ist sie schwer zu erkennen. Till Raether war in seinem Leben oft traurig und erschöpft – immer wieder, über Wochen. Und ebenso oft stellte er sich die Frage, ob das nun eine Depression sei, oder ob ihn einfach nur das normale, graue Leben beutelte. In seinem Buch erzählt Till Raether offen über eine Krankheit, mit der er seit vielen Jahren lebt und die er häufig mit großem Energieaufwand zu überspielen versuchte. Er schreibt über seine Jagd nach Anerkennung, seine Hilflosigkeit und Überforderung und den dauernden Gedanken, dass er sich doch einfach nur zusammenreißen müsste – und über den Zusammenbruch. Ein ehrliches, warmes Buch über eine Lebenssituation, die vielen Menschen vertraut ist.
(Beschreibung: Hugendubel)

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Andrea Sawatzki: Woanders ist es auch nicht ruhiger

Ich freue mich auf die Verfilmung – das Buch war mir zu seicht und nicht so lustig wie erhofft.

Ein bisschen Luftveränderung hat noch niemandem geschadet!

Gundula ist außer sich! Warum erfährt sie immer als Letzte von allem? Dabei handelt es sich um keine Kleinigkeit, denn ihr Göttergatte Gerald hat beschlossen, ihr schönes Haus im Rotkehlchenweg zu verkaufen, um raus aufs Land zu ziehen. Jotwehdeh. Und zwar mit der ganzen Familie, inklusive beider Großmütter und der reizenden Schwägerin Rose. Eins ist schnell klar – wegziehen ist einfach. In der Provinz anzukommen aber ganz und gar nicht …

In »Woanders ist es auch nicht ruhiger« verschlägt es die Bundschuhs in die Provinz – Andrea Sawatzki verwandelt diesen Tapetenwechsel in eine hinreißende Familienkomödie.
(Beschreibung: Hugendubel)

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Leïla Slimani: All das zu verlieren

Nüchtern, kühl, aber spannend – nichts für romantische Lesestunden.

Kann man sich zu seinem Glück zwingen? Prix Goncourt-Preisträgerin Leïla Slimani erzählt von der Zerrissenheit einer Frau und schafft eine »moderne Madame Bovary« (Libération). Nach außen hin führt Adèle ein Leben, dem es an nichts fehlt. Sie arbeitet für eine Pariser Tageszeitung, ist unabhängig. Mit ihrem Ehemann, einem Chirurgen, und ihrem kleinen Sohn lebt sie in einem schicken Viertel, ganz in der Nähe von Montmartre. Sie reisen, sie fahren übers Wochenende ans Meer. Dennoch macht Adèle dieses Leben nicht glücklich. Gelangweilt eilt sie durch die grauen Straßen, trifft sich mit Männern, hat Sex mit Fremden. Sie weiß, dass ihr die Kontrolle entgleitet. Sie weiß, dass sie ihre Familie verlieren könnte. Trotzdem setzt sie alles aufs Spiel.
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Alexandra Stahl: Männer ohne Möbel

Interessantes Debüt – aber wohl eher für jüngere Menschen

»Männer ohne Möbel« heißt dieses Buch, weil die Männer in Ellies Leben Angst vor richtigen Restaurants haben und Erdbeermilch trinken und auf Matratzen ohne Bettgestell schlafen. Es könnte aber auch »Zwischen uns ist alles gut« heißen, wie Alvaro sagt, der esoterische Argentinier, der Ellie ohne Erklärung nach einem halben Jahr verlässt. Oder
»In Italien ist das nicht anders«? Weil auch in Italien, einer Kneipe am Neuköllner Landwehrkanal, alle nur Liebe wollen, egal ob sie sich für Marlon Brando halten oder ihrem Bier von einer Frau erzählen, von der sonst keiner glaubt, dass es sie gibt. Und Ellie? Besucht unter dem Titel »Mein Happy End bin ich!« einen Schreibkurs an der Volkshochschule. Dort lernt sie sich als Romanfigur zu betrachten und macht aus ihrem Leben ein Lieblingsbuch. Es endet in Italien, im richtigen – und mit einer Überraschung.
Irgendwo zwischen Fleabag und Loriot, zwischen Herr Lehmann und Herr der Ringe erzählt dieses Buch mit Tempo und Lakonie von der Liebe in Zeiten von Codes und offenen Türen, von Lebensfreude-Duschgels und Tastentelefonen. Ein Buch für jede Young Fun Person – und für alle anderen noch viel mehr.
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Gisela Steineckert: Langsame Entfernung

Eine schöne Sammlung, für die man sich Muße nehmen sollte.

Gedanken, Gedichte und Voraussichten.
Nein, eine Bilanz ist ihre Sache nicht, aber einen Rückblick gönnt sich Gisela Steineckert. Und ihre treuen Leser wissen um den Anlass, den 90. Geburtstag der Schriftstellerin. Besser aber wäre zu sagen, sie wagt diesen Rückblick. Denn der Versuchung, nur die Erfahrungen der Harmonie zu konservieren und vergangene Konflikte auszusparen oder kleinzureden, erliegt sie nicht. Sie ringt dem Gedächtnis ab, »was uns zu Leid und Lachen widerfahren ist. Da mischt sich vergangene Bitternis mit der wilden Wurzel Hoffnung und die langweilige Einsicht mit gebrochenen Versprechen, auf die wir uns einst mit uns selber geeinigt haben«. Die tiefsten Wünsche, die bewegendsten Erinnerungen, die schönsten Augenblicke, die peinlichsten Momente, die kleinen Ziele und die großen Träume – nichts Menschliches ist Gisela Steineckert fremd und keine ihrer an- und aufrührenden Erinnerungen geht an ihren Lesern vorbei. Sie findet stets den Punkt, an dem der Leser herausgefordert wird, sodass ein anregender Dialog entsteht. Egal, ob sie über Männer, Frauen, Familie, die Liebe oder das Alter reflektiert oder sich zu politischen Ereignissen und zur Geschichte ihrer Stadt, ihres Landes verhält. In allem lebt Kampfesmut und Mitgefühl, Solidarität und Hoffnung.
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Ljudmila Ulitzkaja: Eine Seuche in der Stadt

Eine Groteske voll von schwarzem Humor, geschrieben 1978 – spannend! Tipp!

“Ein sarkastisch makabres Loblied auf den sowjetischen Geheimdienst, der die Ausbreitung der Pest verhindert – und dabei offenbart, wie allumfassend er bereits die Gesellschaft vergiftet hat.” Ingo Schulze

Moskau 1939. Rudolf Iwanowitsch Mayer berichtet über den Stand der Entwicklung eines Impfstoffs gegen die Pest. Niemand ahnt, dass der Forscher selbst infiziert ist. Aber am Abend wird er ins Krankenhaus gebracht. Diagnose: Lungenpest. Das Krankenhaus wird unter Quarantäne gestellt, wer mit ihm Kontakt hatte, zu Hause abgeholt. In der Zeit des Großen Terrors fürchtet jeder, in Stalins Folterkeller zu kommen. Oberst Pawljuk erschießt sich, als der schwarze Wagen vor seiner Tür hält, eine Frau verrät ihren Mann an den Geheimdienst … Was geschieht, wenn eine Epidemie auf eine paralysierte Gesellschaft trifft? Scharfsichtig und mit großer Empathie beobachtet Ljudmila Ulitzkaja die Reaktionen der Menschen.
(Beschreibung: Hugendubel)

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