Verleihung der Bürgermedaille des Bezirkes Treptow-Köpenick von Berlin 2004

Bürgermedaille 2004

Am 16. Januar 2004 wurde im Rahmen des Neujahrsempfanges des Bezirksbürgermeisters und des Bezirksverordnetenvorstehers Treptow-Köpenick die Bürgermedaille des Bezirkes Treptow-Köpenick von Berlin zum ersten Mal verliehen.
Die Medaille wurde an sieben ausgewählte Bürgerinnen und Bürger unseres Bezirkes überreicht, die durch ihr überdurchschnittliches Engagement den Bezirk stark bereicherten.

Frau Ursula Eichelberger

Frau Ursula Eichelberger ist das, was man völlig zu Recht als eine „Hanna-Dampf-in-allen-Gassen“ bezeichnen muss. Sie ist uns allen in vielen Funktionen bekannt.
Zum einen ist sie Mitbegründerin und Herausgeberin der Zweimonatszeitschrift „Herbst-Blatt Treptow&Köpenick“. Dieses Blatt wird zwar professionell, aber von Frau Eichelberger und allen ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern ausschließlich ehrenamtlich gemacht. Das betrifft sowohl die Texte als auch die Einwerbung von Anzeigen und noch dazu den Vertrieb. Das Blatt wird im kommenden Sommer zum 50. Mal erscheinen.
Frau Eichelberger wird in diesem Jahr noch ein Jubiläum feiern, und zwar auch ein ehrenamtliches. Regelmäßig Freitags probt in der Seniorenfreizeiteinrichtung Britzer Straße das Seniorenkabarett „Die Immergrünen“. Hier muss niemandem verraten werden, wer da regelmäßig dabei ist. „Die Immergrünen“ und mit ihnen Frau Eichelberger feiern in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen.
Damit noch nicht genug. Dass Frau Eichelberger die Karpfenjule, das Treptower Gegenüber zum Hauptmann von Köpenick verkörpert, ist vielen bekannt. Aber Frau Eichelberger ist auch die geistige Urheberin der Karpfenjule, die es im Gegensatz zum Hauptmann ja nie wirklich gegeben hat. Oder vielleicht doch? Immerhin steht ihre Skulptur vor dem Treptower Rathaus ebenso wie die des Hauptmanns vor diesem.
Ich bin sicher, dass Frau Eichelberger einverstanden ist, dass ihr die Bürgermedaille 2004 auch stellvertretend für ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter überreicht wird.

Frau Ursula Höft

Frau Höfts Engagement war es zu verdanken, dass auf einem ehemaligen Kasernengelände ein Seniorenwohnhaus und eine Begegnungsstätte für Jung und Alt entstand. In diesem heutigen Nachbarschaftszentrum Hessenwinkel leitet Frau Höft eine Gruppe von ehrenamtlichen Mitarbeitern, die diverse freie Seniorengruppen gegründet haben, und die sie in ihrer Zirkeltätigkeit anleitet. Kinder und Jugendliche, u.a. auch der angrenzenden Aussiedlerwohnheime, kommen regelmäßig zu den angebotenen Puppentheatervorführungen und Musikveranstaltungen. Frau Höft wirbt mit ihrem Engagement für ein gutes Miteinander zwischen der Bevölkerung der angrenzenden Ortsteile, den neu zugezogenen Bürgern aus Osteuropa und den zeitweise hier lebenden Kriegsflüchtlingen. Frau Höft ist Mitbegründerin des Bürgervereins Hessenwinkel. Sie engagiert sich für Umweltschutz, Bebauungspläne, seniorenfreundliche Busfahrpläne und die Gestaltung der Infrastruktur. Die von ihr jährlich organisierten Integrations- und Kinderfeste sind wichtige Begegnungen zwischen der einheimischen Bevölkerung, den Aussiedlern und den Kriegsflüchtlingen, die sehr zum gegenseitigen Verständnis beitragen. Diese umfangreiche ehrenamtliche Arbeit leistet Frau Höft seit langer Zeit. Für sich selbst ist sie bescheiden und zurückhaltend.

Frau Astrid Scheel

Frau Astrid Scheel hat sich seit der Wendezeit ununterbrochen im öffentlichen Raum engagiert. Sie war Mitglied der ersten frei gewählten Bezirksverordnetenversammlung von Treptow. Und sie setzte sich mit ihrer Erfahrung als Bauingenieurin in der Betroffenenvertretung des Sanierungsgebietes Niederschöneweide insbesondere für die Belange von Frauen und Kindern ein.
Vor allem aber ist sie eine der zehn Frauen, die am 17. Mai 1991 im Figurentheater Grashüpfer den Verein offensiv ’91 gründeten. Die Berufstätigkeit von Frauen als Grundlage für ein unabhängiges Leben liegt dem Verein seit seiner Gründung am Herzen. Zwei der drei Projekte aus der Gründungsphase sind in veränderter Form immer noch “am Leben”. Viele weitere sind hinzugekommen. Von der Frauenzufluchtswohnung und Beratungsprojekten über die Kinder- und Jugendarbeit, die Schuldner- und Insolvenzberatung, die Förderung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im zweiten als auch im ersten Arbeitsmarkt bis hin zur Trägerschaft des jetzigen Treptower Figurentheaters reicht die Palette des für unsere Ortsteile maßgeschneiderten Leistungsangebots. Relativ neu hinzugekommen ist die Agentur für bürgerschaftliches Engagement.
Frau Scheel war und ist als Projektmanagerin von Offensiv 91 an dieser Entwicklung maßgeblich beteiligt. Sie ist jetzt das dienstälteste Mitglied dieses erfolgreichen, am Gemeinwesen orientierten Vereins.

Herr Bernhard Buley

Seit etwa einem Jahr arbeitet das Niederschöneweider Ratz-Fatz in eigener Verantwortung. Aber schon viel länger dabei ist Herr Bernhard Buley. So lange schon, dass eigentlich keiner mehr so recht weiß, ob er nicht doch eines der Gründungsmitglieder ist. Darauf kommt es auch gar nicht so sehr an, gilt er doch als das Urgestein des Ratz-Fatz schlechthin und ist stellvertretender Vorsitzender des Vereins.
Das beschreibt aber noch keineswegs, was er dort so alles tut und treibt. Er leitet zwei Theatergruppen und spielt in einer weiteren selber mit. Er kann zuhören und ist gern gesehener Gesprächspartner bei Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren. Er kümmert sich um die Kontinuität der Verwaltungsarbeit und schreibt nebenher noch an einem Theaterstück. Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rühmen sein unerschütterliches Geschick im Umgang mit Künstlern wie Behörden.
Und sie sagen, er sei eben immer da und ansprechbar für jeden. Ich vermute mal, so ein Mann wird sich an Diskussionen über 38- oder 42-Stunden-Wochen kaum beteiligen können. Vielleicht das einzige Thema, für das er keinen rechten Sinn hat.

Herr Günter Butzke

Herr Günter Butzke besitzt heute mehr als 60 Patente, von denen 24 weltweit anerkannt sind und den Namen unseres Bezirks in aller Herren Länder tragen.
Herr Butzke ist aber nicht nur durch seinen umtriebigen unternehmerischen und Forschergeist, sondern auch für sein ausgeprägtes soziales Engagement bekannt.
Als junger Diplom-Physiker sammelte er ab 1963 erste berufliche Erfahrungen als Entwicklungsingenieur für optoelektronische Halbleiterbauelemente im damaligen Werk für Fernsehelektronik. Über mehrere berufliche Stationen wurde Herr Butzke in diesem Betrieb Direktor für Technik. Als Ende 1991 seinen Mitarbeitern die Kündigung drohte, engagierte er sich vehement für den Erhalt vieler Arbeitsplätze am Standort Köpenick und ermunterte seine damals leitenden Angestellten, Ausgründungen in die Marktwirtschaft zu wagen. Viele von ihnen haben dies mit seinem Rat erfolgreich getan.
Er selbst tat sich mit seinem Kollegen Professor Schimko zusammen und gründete die BOS, die Berlin Oberspree Sondermaschinenbau GmbH. Hier engagiert er sich unermüdlich für den Facharbeiter- und Ingenieurnachwuchs. Er hält die Türen seines Unternehmens offen für Schüler und Studenten zur Berufsfindung und zum Absolvieren von Ingenieurpraktika.
Herr Butzke ist zudem im Allgemeinen Verband der Wirtschaft für Berlin und Brandenburg im Vorstandsrat tätig und nimmt dort aktiv Einfluss auf Entwicklungen in dieser Wirtschaftsregion. Er wird geschätzt und anerkannt als jemand, der sein umfassendes Wissen zur Verfügung stellt und ist ein kritischer und konstruktiver Gesprächspartner sowohl in der Politikberatung als auch in zahlreichen bilateralen Kontakten.
Darüber hinaus engagiert er sich auch für Künstler aus Köpenick. Bereits zum 11. Mal lädt das Unternehmen zur Vernissage in die hausinterne Galerie ein, bei denen sie die Möglichkeit haben, ihre Arbeiten einem größeren Kreis von Unternehmern und Geschäftspartnern der BOS GmbH vorstellen zu können.

Herr Werner Philipp

Den zahlreichen Freunden das Wassersports in unserer Region braucht man es nicht mehr zu sagen. Herr Werner Philipp „ist“ das Wassersportmuseum Grünau. Dessen Entwicklung zu einer überregional ausstrahlenden und gefragten Institution unseres Bezirkes ist eng mit dem Namen Werner Philipp verbunden.
Es ist dem langjährigen Engagement und der akribischen Forschungsarbeit Herrn Philipps zu verdanken, dass die Geschichte der Rudervereine Grünaus, darunter auch das Schicksal vieler jüdischer Rudervereine, wissenschaftlich aufgearbeitet und öffentlichkeitswirksam umgesetzt werden konnte. Herr Philipp leistet damit nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung der Bezirksgeschichte Treptow-Köpenicks, sondern dokumentiert damit auch die Entwicklung des Ruder- und Wassersports in der Region Berlin-Brandenburg.
Die in zahlreichen Veröffentlichungen und Ausstellungen präsentierten Ergebnisse dieser Arbeit werden sowohl in Fachkreisen als auch vom breiten Publikum hoch geschätzt. Das Wirken von Herrn Philipp hat dazu beigetragen, dass die Geschichte des Wassersports in Grünau sich in der öffentlichen Wahrnehmung nicht auf einige wenige Großereignisse – heute heißt das events – wie etwa die Olympischen Spiele 1936 beschränkt.
Herr Philipp steht aber auch für etwas, das gar nicht mehr da ist. Das ist das Deutsche Sportdenkmal, das seit 1898 am 1000-Meter-Punkt der Regattastrecke stand, bis es 1973 als politisch unerwünscht abgerissen wurde. Herr Philipp gilt als ein Motor der Wiederaufbaupläne. Natürlich will er nicht das vom Kaiser Wilhelm wiederhaben. Aber er will die sportlichen Traditionen vor der Vergessenheit bewahren.

Herr Jochen Schümann

Herr Jochen Schümann ist der erfolgreichste Segler aller Zeiten. Drei Goldmedaillen und eine Silbermedaille bei Olympia, die Auszeichnung zum “World-Sailer 1996” und schließlich der Gewinn des America‘s Cup bilden die Spitze seiner Erfolge. Der Anfang aber lag in der Schule in der Köpenicker Freiheit, im Werkunterricht. Dort baute er im Winter im Unterrichtsfach “Werken” Optimisten. Damit durfte er im Frühjahr segeln.
Fortan wurde der Müggelsee sein zweites Zuhause. Tausende von Stunden hat er in den folgenden Jahrzehnten auf ihm verbracht. Nach nur einem Jahr Training errang er 1966 seinen ersten Titel: Berliner Meister im Optimist. Zehn Jahre später wurde er zum ersten Mal Olympiasieger.
1996, nach dem Olympiasieg in Savannah, hat die Crew Schümann, Flach, Jäkel in zwölf Jahren gemeinsamen Segelns jedes Jahr eine Medaillenplatzierung bei Welt- oder Europameisterschaften bzw. Olympischen Spielen errungen. Was viele übersehen: Nicht nur eine einmalige Bilanz im Segelsport, sondern im Hochleistungssport überhaupt – weltweit!
1989 hatte sich auch für Jochen Schümann diese Welt geändert. Die neue Zeit lässt den eher bodenständigen Berliner in die Fremde ziehen. Schließlich wird er Sportdirektor von “Aero-Sails” und zieht nach Penzberg.
Zu Jochen Schümann gehört aber auch, daß er noch nie mit dem Gedanken
gespielt hat, wegen verlockender Angebote besser situierter Vereine etwa den YachtClub Berlin-Grünau zu verlassen, obwohl es die nicht nur einmal gab.
Die ihn kennen, schätzen seine Geradlinigkeit, seine Bescheidenheit und Offenheit. Wir schätzen darüber hinaus sein öffentliches Bekenntnis, ein Berliner, ein Köpenicker zu sein und zu bleiben. Sein Vorbild ist für viele in unserer Region ein Ansporn. Und damit hat er bleibende Verdienste um seinen Heimatbezirk in der Welt erworben und ihn würdig vertreten.