Drucksache - 0433/V  

 
 
Betreff: Kein Einschreiten gegen unerträglichen Lärm?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU-FraktionCDU-Fraktion
Verfasser:Hippe, Kronhagel 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin Vorberatung
19.07.2017 
11. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
Große Anfrage vom 12.07.2017
Schriftliche Beantwortung vom 29.08.2017

 

 

Das Bezirksamt wird um Auskunft gebeten:

 

  1. Was hat das Bezirksamt in den Jahren 2013 bis 2017 getan, um den Betreiber der Gaststätte „Alte Fischerhütte“ dazu zu veranlassen, den Betrieb seiner Gaststätte nur im Rahmen seiner Genehmigung zu führen?

 

  1. Wie viele Beschwerden von Anwohnern gab es seit 2013?

 

  1. Warum hat sich das Bezirksamt nicht in der Lage gesehen, im Oktober 2014 seitens des Anwalts der rmbetroffenen gestellten Antrages auf Einschreiten so rechtzeitig zu bescheiden, dass ein Klageverfahren nicht notwendig gewesen wäre und sich stattdessen dafür entschieden, dieses zu verlieren?

 

  1. Wie gedenkt das Bezirksamt nunmehr endlich tätig zu werden und die Anwohner zu schützen, ohne dass die Steglitz-Zehlendorfer auf die durchaus attraktiven Veranstaltungen der Gaststätte verzichten müssen?

 

 

 

Berlin Steglitz-Zehlendorf, den 12. Juli 2017

 

 

r die Fraktion der CDU

 

 

Hippe Kronhagel

 

 

Antwort des Bezirksamts:

 

 

Sehr geehrter Herr Rögner-Francke,

die o.g. Große Anfrage wird schriftlich wie folgt beantwortet:

Erlauben Sie bitte, dass ich zunächst auf Ihre Frage 2 antworte, weil das die Dimension der Problemlage, über die wir reden, in das richtige Licht rückt.

2. Wie viele Beschwerden von Anwohnern gab es seit 2013 (gegen den Lärm, der von der „Alten Fischerhütte ausgeht)?

Der letzte wegen Lärmbeschwerden vom Umweltamt erlassene Bußgeldbescheid im Zusammenhang mit der Alten Fischerhütte stammt aus dem Jahr 2012. In der letzten Zeit gab es zwei Anzeigen des Vertreters der Kläger in der noch anhängigen Verwaltungsstreitsache. In beiden Fällen konnte jedoch eine Ordnungswidrigkeit nicht nachgewiesen werden.

1. Was hat das Bezirksamt in den Jahren 2013 bis 2017 getan, um den Betreiber der Gaststätte „Alte Fischerhütte“ dazu zu veranlassen, den Betrieb seiner Gaststätte nur im Rahmen seiner Genehmigung zu führen?

Das Bezirksamt hat bislang die Rechtsauffassung vertreten, die Sonderveranstaltungen der Gaststätte seien (noch) von der bestehenden Gaststättenerlaubnis abgedeckt. Hintergrund hierfür ist, dass auch beim Oktoberfest, wogegen sich hauptsächlich die Beschwerden richten, das Verabreichen von Speisen und Getränken einen wesentlichen Stellenwert einnimmt.

Soweit Rechtsprechung sich mit der Frage, ab wann es sich nicht mehr um einen Gaststättenbetrieb ohne besondere Betriebseigentümlichkeit handelt, beschäftigt, ging es regelmäßig um Fälle, in denen in Gaststätten zeitweise Diskoveranstaltungen stattfinden sollten. Dies ist nach hiesiger Auffassung aber mit dem Oktoberfest nicht ohne weiteres vergleichbar, da bei Diskoveranstaltungen die Verabreichung von Speisen völlig in den Hintergrund tritt und die Musik durch das Einrichten von Tanzflächen einen sehr hohen Stellenwert bekommt.

Im Rahmen der bisherigen Rechtsauffassung des Bezirksamtes gab es deshalb für das Bezirksamt im Sinne der Fragestellung gar keinen Handlungsbedarf.

Diese Rechtsauffassung ist durch das noch nicht rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts jetzt in Frage gestellt und das führt natürlich auch zu anderen Maßnahmen.

3. Warum hat sich das Bezirksamt nicht in der Lage gesehen, im Oktober 2014 seitens des Anwalts der Lärmbetroffenen gestellten Antrages auf Einschreiten so rechtzeitig zu bescheiden, dass ein Klageverfahren nicht notwendig gewesen wäre und sich stattdessen dafür entschieden, dieses zu verlieren?

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist noch nicht rechtskräftig, da die Beigeladenen, die drei auf dem Gelände der Alten Fischerhütte ansässigen GmbH die Zulassung der Berufung beantragt haben und hierüber durch das Oberverwaltungsgericht noch nicht entschieden worden ist.

Im Übrigen hatten die Kläger mit ihrem Antrag, das Bezirksamt zu verurteilen, die Sonderveranstaltungen mit musikalischer Begleitung vollständig zu untersagen, vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg.

Auch der Hilfsantrag, der das Ziel hatte eine Beschränkung auf 10 Veranstaltungstage jährlich zu erreichen, hatte keinen Erfolg.

Das Bezirksamt wurde verpflichtet, den Antrag der Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Das Bezirksamt ist daher in dem Rechtsstreit, anders als die Fragestellung suggeriert, lediglich teilweise unterlegen. Und dies ist auch noch nicht rechtskftig.

Das Amt hatte nach Eingang des Antrags des Anwalts der Anwohner zunächst die Frage prüfen müssen, ob für die Durchführung der Veranstaltungen eine Änderung der Betriebsart notwendig ist. Hierzu wurde die Geschäftsführerin der Betreibergesellschaften der Alten Fischerhütte angeschrieben. Nachdem keine Reaktion erfolgte, wurde sie unter Hinweis auf die Folgen einer Nichterteilung der begehrten Auskünfte erneut angeschrieben. Nachdem zwischenzeitlich ihrem Rechtsanwalt Akteneinsicht gewährt wurde, haben die Betreibergesellschaften Ende April 2015 die erbetenen Auskünfte erteilt. Bevor die entsprechende gaststättenrechtliche Prüfung abgeschlossen war, wurde am 02. Juni 2015 die Klage erhoben.

Da zu erwarten war, dass für den Fall der Ablehnung des Antrags die Kläger die Klage nicht zurücknehmen oder aber im Falle eines Einschreitens die Betreibergesellschaften der Alten Fischerhütte eine Klage erheben, wurde entschieden, die Klärung innerhalb des bereits anhängigen Gerichtsverfahrens herbeizuführen. Jede andere Entscheidung hätte zu weiteren gerichtlichen Streitigkeiten geführt.

Im Januar 2017 haben die drei auf dem Gelände der Alten Fischerhütte ansässigen GmbH jeweils Änderungen der Gaststättenerlaubnisse beantragt, die die Betriebsart auf die Durchführung von Musikveranstaltungen erweitern sollen.

Wie aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts hervorgeht, wäre dies von der derzeit vorliegenden Baugenehmigung nicht gedeckt.

Zwischenzeitlich wurde festgestellt, dass neue Baugenehmigungen, wie durch den Gastwirt angekündigt, bei der Bauaufsicht nicht beantragt wurden und auch nicht erteilt werden könnten.

4. Wie gedenkt das Bezirksamt nunmehr endlich tätig zu werden und die Anwohner zu schützen, ohne dass die Steglitz-Zehlendorfer auf die durchaus attraktiven Veranstaltungen der Gaststätte verzichten müssen?

Die Veranstaltungen im derzeitigen Umfang weiter zu führen und dem Ruhebedürfnis der klagenden Anwohner gleichermaßen Rechnung zu tragen ist schlicht nicht möglich.

Hierbei ist die, einen Teil der Attraktivität der Gaststätte ausmachende, Lage am Seeufer das Hauptproblem.

Auch, wenn die Grundstücke der Beschwerdeführer zum Teil recht weit von der Gaststätte entfernt sind, kann sich der Schall über die freie Wasserfläche oder die Liegewiese nahezu ungehindert ausbreiten. Dies kann mit vertretbaren Mitteln nicht verhindert werden.

In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ist jetzt beabsichtigt, den Antrag, die Sonderveranstaltungen in der Alten Fischerhütte vollständig zu untersagen, ebenso abzulehnen wie den Hilfsantrag, die Veranstaltungen, insbesondere das Oktoberfest auf jährlich zehn Veranstaltungstage zu beschränken. Es ist jedoch beabsichtigt, dahingehend einzuschreiten, dass die bestandskräftigen Gaststättenerlaubnisse durch Auflagen zur Verbesserung des Lärmschutzes ergänzt werden. Gegenwärtig wird der genaue Inhalt der Auflagen geprüft.

Insbesondere werden Auflagen zur Verhinderung des Gästeabflusses durch die geschützte Grünanlage in Richtung Elvirasteig bei mehrtägigen Veranstaltungen durch Errichtung eines Bauzauns am Rand des Gaststättengrundstücks, die Festlegung von Zeiten, wann die Musikdarbietungen zu beenden sind und wann die letzten Gäste das Grundstück verlassen haben müssen und die Auflage während Musikdarbietungen die Fenster geschlossen zu halten, geprüft. Hierzu werden dann die Betreibergesellschaften angehört und auch den Antragstellern wird Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Die vorliegenden Anträge auf Änderung der Betriebsart der Gaststätten sollen zeitnah abgelehnt werden, da auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Veranstaltungen im Umfang von bis zu 12 Tagen jährlich bereits mit den vorliegenden Gaststättenerlaubnissen möglich sind und eine Änderung der Betriebsart eine Änderung der Nutzungsart erfordern würde, die baurechtlich nicht zulässig wäre.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Karnetzki

Bezirksstadtrat

 
 

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