Verleihung der Spandauer Ehrennadel 2015

Die Spandauer Ehrennadel wurde am 16. Dezember 2015 zum vierzehnten Mal an Personen verliehen, die sich über längere Zeit in besonderer und herausragender Weise für das Gemeinwohl im gesellschaftspolitischen Bereich in Spandau verdient gemacht haben.

Das Findungsgremium – bestehend aus Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank, seinem Stellvertreter Carsten-M. Röding, dem Bezirksverordnetenvorsteher Joachim Koza und seiner Vertreterin Gaby Schiller – hatte in diesem Jahr fünf besondere Mitbürger ausgewählt, deren Verdienste um den Bezirk Spandau mit dieser höchsten Auszeichnung des Bezirks gewürdigt werden:

Sabine zum Bruch

„Für den Sport in Siemensstadt durchs ganze Land“

Sabine zum Bruch wurde in Berlin-Kreuzberg geboren, genau da, wo heute das Rathaus steht – in der Yorckstrasse.

Die Kriegszeit war für die Familie schwer, wie für so viele andere auch. Der Vater kam in den letzten Tagen des Krieges ums Leben, so dass die Mutter das Leben mit fünf Kindern allein meistern musste. Nach einer Flucht per Boot über die Havel kam die Familie dann in Berlin-Lichtenrade bei den Großeltern unter. Sabine zum Bruch besuchte das Gymnasium zum Grauen Kloster und anschließend die höhere Handelsschule. Nach dem Schulabschluss arbeitete sie dann als Buchhalterin.

Hier in Lichtenrade lernte sie dann auch einen kurz vor dem Diplom stehenden Physikstudenten Joachim kennen, den es anschließend für die Firma AEG nach Belecke zog.
Belecke, das heute zur Gemeinde Warstein im Kreis Soest gehört, wurde damit auch zum neuen Lebensmittelpunkt für Sabine zum Bruch. Hier absolvierte sie eine Ausbildung zur Sportlehrerin und arbeitete ehrenamtlich in verschiedenen Eltern-Kind-Gruppen.

Die Familie wuchs um drei Söhne, die wie ihre Mutter mit einem Lächeln um die Lippen heute sagt „alles sture Westfalen“ sind. Im Jahr 1970 kehrte die Familie dann nach Berlin zurück, wo Herr zum Bruch Leiter der Gleichrichterfertigung bei der Firma SIEMENS wurde. Die Familie hatte sich im westdeutschen Exil zwar wohlgefühlt, dennoch war die Rückkehr nach Berlin ein wesentlicher Schritt. In erster Linie zwar für die Familie aber auch für den Bezirk Spandau und dessen sportbegeisterte Einwohnerinnen und Einwohner.

Die drei Söhne von Frau zum Bruch sind heute recht weit verstreut in der Bundesrepublik zu finden, Brieselang, Emden und Stuttgart heißen die Reiseziele, wenn die Kinder und Enkelkinder besucht werden sollen. Nachdem die zweite Generation nur aus Söhnen besteht, sind die Enkelkinder übrigens alle fünf weiblichen Geschlechts.

Die Familie zum Bruch bezog in Berlin eine Werkswohnung im Ortsteil Siemensstadt und Frau zum Bruch suchte die Möglichkeit der sportlichen Betätigung. Eine Sportgruppe des Bezirksamtes in der Schule am Halemweg war dann doch nicht recht nach dem Geschmack der Berlin-Heimkehrerin und so schloss sich bald dem sportlichen Großverein des Ortsteils an, dem SC Siemensstadt. Aus persönlichen Gründen fand Frau zum Bruch zum Gesundheitssport, ein wesentlicher Ratgeber und Begleiter war übrigens Dr. Willi Heepe, der vor allem im Bezug zum Berlin-Marathon vielen Menschen ein Begriff ist.

Frau zum Bruch wurde am 1. Februar 1972 Mitglied des SC Siemensstadt, übernahm eine Gruppe als Trainerin und wurde nur zwei Monate später bereits zur Abteilungsleiterin gewählt. Rückblickend schmunzelt sie über die Art und Weise wie sie für die Arbeit im Verein gewonnen wurde, hat sich aber seit dieser Zeit ununterbrochen engagiert.

Die Zahl der Sportgruppen, die von ihr ins Leben gerufen wurde, ist kaum zu zählen, es kamen Gymnastik- und Laufgruppen hinzu. Die Verbindung von Sport und Gesundheit blieb für Sabine zum Bruch über die Jahrzehnte der zentrale Baustein ihres Wirkens. Frau zum Bruch betreut die unterschiedlichsten Alters- und Zielgruppen des Vereins und ist weit über den Sport hinaus Ratgeberin und Freundin vieler Vereinsmitglieder.

Nachdem Ihr Ehemann seine berufliche Tätigkeit beendet hatte, zog das Ehepaar zum Bruch in das vor der Wende geerbte und nun durch die politischen Ereignisse plötzlich erreichbare Elternhaus des Mannes nach im Land Brandenburg. Die Entfernung zum Sportzentrum Siemensstadt beträgt genau 125 km. Diese Distanz hätte für viele Menschen sicher bedeutet, den Sportverein zu wechseln, doch Frau zum Bruch blieb „Ihrem SCS“ treu. Der kollektive Aufschrei im Verein war so laut, dass Frau zum Bruch zwar die Abteilungsleitung abgab, aber als Gruppenleiterin aktiv blieb. Einmal pro Woche nahm sie den Weg nach Berlin auf sich, um Ihre Gruppen weiter zu betreuen. Nicht zuletzt aufgrund dieses außergewöhnlichen Treuebekenntnisses hat sich Ihr Verein auch vor über 10 Jahre dazu entschlossen, Sabine zum Bruch die Ehrenmitgliedschaft zu verleihen.

Nach dem Tod Ihres Mannes kehrte Frau zum Bruch dann im Jahr 2010 wieder nach Berlin zurück. Der Weg zum Sportzentrum ist nun nicht mehr so weit und fast folgerichtig hat Frau zum Bruch Ihr Engagement wieder ausgeweitet.

Die Zahl der Vereinsmitglieder, die von Sabine zum Bruch im Laufe der letzten Jahrzehnte angeleitet wurden ist sicher sehr hoch und kann nicht angegeben werden. Der Bezirk Spandau möchte für dieses bemerkenswert beharrliche Wirken aber heute mit der Verleihung der Spandauer Ehrennadel DANKE sagen.

Elisabeth Kranz

„Die Mutter von Eulalia Eigensinn“

Frau Elisabeth Kranz wurde in Berlin-Dahlem geboren, kam allerdings bereits im Alter von drei Jahren nach Spandau, wo ihre Mutter als Heimleiterin der Kirchenmusikschule eine Dienstwohnung im Evangelischen Johannesstift bezog. Dort absolvierte sie auch die Grundschulzeit und besuchte dann die Carl-Friedrich-von-Siemens-Oberschule.

Frau Kranz zog mit Ihrem damaligen Ehemann und dem inzwischen geborenen Sohn, Darius nach Wien. Dort wurde 1969 Tochter Natascha geboren. 1970 kehrte die Familie nach Berlin zurück.

Nach einer Ausbildung zur Altenpflegerin arbeitete sie im Evangelischen Krankenhaus Schönow in Zehlendorf. In zweiter Ehe ist sie mit dem Theologen und Soziologen Peter Kranz verheiratet. 1978 erblickte Tochter Franziska das Licht der Welt.

Frau Kranz begann im Jahr 1980 ein Studium der Erwachsenenbildung mit dem Schwerpunkt „Familien- und Altenbildung“. Während der dreijährigen Ausbildung leitete sie bereits verschiedene Erwachsenenbildungsgruppen im „Haus der Kirche“. 1983 graduierte sie sich zur Soziotherapeutin für Angewandte Gestalttherapie und Psychodrama.

Mit der Übernahme einer Pfarrstelle in der Spandauer Neustadt durch Ihren Ehemann zog die Familie im Jahr 1987 nach Spandau. Elisabeth Kranz gründete im November 1987 gemeinsam mit Martina Winnig-Schiedel und Inge Scharf-Krüger den Verein „Beratungs- und Selbsthilfetreffpunkt Eulalia Eigensinn e.V.“ Es war das einzige Frauenprojekt in Spandau.

Schnell war eine ehemalige Drogerie am Lutherplatz angemietet. In dem kleinen Laden begann die Frauenarbeit in der Spandauer Neustadt. Die damalige Sozialstadträtin Renate Mende leistete in den Anfangsjahren ideelle Unterstützung, die Senatsverwaltung für Soziales dann auch finanzielle Unterstützung in bescheidenem Rahmen. Der Verein wurde Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband.

Die Etablierung der Frauenarbeit im Kiez war nicht immer einfach, zunächst war bisweilen die schnoddrige Berliner Formulierung „Zu den Emanzen jeh‘n wa nich‘ hin“ zu hören, doch die Arbeit zeigte schnell erste Erfolge, so dass der ursprüngliche Laden bald zu klein wurde. Die Erweiterung um ein angrenzendes Ladengeschäft fand die nun Senatsverwaltung großartig – aber zusätzliche Mittel stellte sie nicht zur Verfügung…

Drei Säulen kennzeichnen die Arbeit bei „Eulalia Eigensinn“: Es ist Treffpunkt für Frauen in der Spandauer Neustadt, es gibt viele Gruppenangebote und Einzelberatungen für Frauen in akuten Lebenskrisen.

So ergibt sich auch eine neue Definition des Begriffs Kaffee, nämlich

Kommunikation
Aktion
Für
Frauen
Eulalia
Eigensinn

Heute gibt es Selbsthilfe- und angeleitete Gruppen, Gruppen im Bereich Kreativität, Gesundheit und Psyche. Es gibt vorgeburtliche Gruppen und Mutter-Kind-Gruppen, ein Frauenfrühstück und ein Mittwochsnachmittagscafé auch für Männer. Große Bedeutung hat neben der Integrationsarbeit auch die Arbeit mit Frauen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind. Die Altersspanne der Besucherinnen reicht von vorgeburtlich bis über 80 Jahre, und es sind Frauen jeglicher Herkunft.

Über zwei Jahrzehnte war Elisabeth Kranz Sprecherin des Spandauer Frauenbeirats und Sprecherin der Stadtteilkonferenz der Neustadt. Das Wohl des Stadtteils und die Vernetzung der einzelnen Projekte und Institutionen wie Schule, Kitas, Polizei, Kirchengemeinde und Quartiersmanagement lagen ihr sehr am Herzen.

Im Laufe der Jahrzehnte blieb Frau Kranz immer ein Fixpunkt für die Spandauer Frauenarbeit. Im Herbst vergangenen Jahres ging sie in den Ruhestand und konnte die Leitung von Eulalia Eigensinn an ihre Tochter Franziska übergeben. Als Vereinsvorsitzende bleibt sie der Arbeit engstens verbunden.

Frau Kranz legt übrigens Wert darauf, dass die im Verein geleistete Arbeit nie GEGEN Männer, sondern immer nur FÜR Frauen ausgerichtet war und ist.

Spandau bedankt sich heute für das wegweisende Engagement von Frau Kranz für die Frauen der Havel- und Zitadellenstadt mit der Ehrennadel des Bezirkes.

Thorsten Lewandowski

„Torsten Abi- ein Sportler ohne Grenzen “

Herr Torsten Lewandowski ist Spandauer seit Geburt, wobei die Bewohnerinnen und Bewohner der Havelstadt selbstverständlich davon ausgehen, dass die Geburt in Spandau ohnehin die einzige Möglichkeit darstellt, diesen Status zu erlangen.

Als jüngstes von 6 Kindern wuchs er im damals stetig wachsenden neuen Stadtteil „Falkenhagener Feld“ auf, besuchte dort auch die Grund- und Oberschule. Nach dem Ende der Schulzeit absolvierte Herr Lewandowski eine dreijährige Berufsausbildung zum Koch, einem Beruf den er daran anschließend zwei Jahre lang ausübte. Die Arbeit im Schichtdienst veranlasste Herrn Lewandowski dann jedoch zum Wechsel seiner beruflichen Laufbahn. Er arbeitete für einige Jahre bei der Firma SIEMENS, ehe der dort zunehmende Personalabbau ihn dazu veranlasste, sich erneut beruflich umzuorientieren. Fortan arbeitete Herr Lewandowski als Kraftfahrer, seit 3 Jahren steuert er jetzt die „Großen Gelben“ der BVG vorzugsweise natürlich durch Spandau.

Die große Leidenschaft von Herr Lewandowski ist jedoch schon seit den Tagen seiner Jugend der Sport, genauer der Kampfsport. Im Jahr 1977 im
Alter von 13 Jahren begann er bei der Spandauer Sportschule Budokan mit dem Karate-Training. Schnell fand sich hier ein enger Freundeskreis zusammen, der gemeinsam diesen Sport ausübte. Der Anteil an Jugendlichen mit Migrationshintergrund lag übrigens bei ca. 80 %. Besonders bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich der Kern dieser ersten Trainingsgemeinschaft bis heute erhalten hat. Nach fast vier Jahrzehnten sind enge Freundschaften gewachsen, die inzwischen natürlich auch über den gemeinsam betriebenen Sport hinausgehen. Die Gruppe hat dann in Zusammenwirken mit dem Bund Deutscher Pfadfinder auch an zahlreichen Jugendbegegnungen teilgenommen. Auch Fahrten in die Türkei wurden unternommen, das Land, in dem viele der Spandauer Sportler ihre familiären Wurzeln haben.

Nachdem der Kampfsport immer mehr in kommerziellen Kampfsportschulen betreiben wurde, reifte in der Gruppe um Herrn Lewandowski der Entschluss, einen eigenen Verein zu gründen. So kam es im Jahr 1994 zur Gründung des Vereins „Shindokan e.V.“. Im neugegründeten Verein war es möglich, die Jugendarbeit nach eigenen Vorstellungen zu organisieren. Natürlich war auch der Zusammenhalt im Verein größer als im Sportstudio. Den finanziellen Grundstock lieferte der Vereinsvorsitzende. Herr Lewandowski investierte einen beträchtlichen Teil seiner Abfindung für sein berufliches Ausscheiden bei der Firma SIEMENS in den Verein. So war es möglich, geeignete Räumlichkeiten anzumieten, um den Sportbetrieb organisieren zu können. Der Verein startete in der ehemaligen Sportarena in Hakenfelde, ehe er später sein noch heute genutztes Domizil am Askanierring beziehen konnte.

Schnell etablierte sich der Verein über den rein sportlichen Bereich hinaus auch als Anlaufstelle für Jugendliche aus der Umgebung. Insbesondere Herr Lewandowski, der von türkischstämmigen Jugendlichen auch oft als Torsten Abi- übersetzt etwa großer Bruder- angesprochen wird, ist für viele Mitglieder mehr als nur Vereinsvorsitzender und Trainer, sondern auch Berater und Helfer in allen Lebenslagen.

Es ist nicht verwunderlich, dass ein kleiner Sportverein immer wieder Höhen und Tiefen durchläuft. Mit viel Engagement und viel Eigeninitiative ist es dem „harten Kern“, jenem Freundeskreis der schon seit frühester Jugend zusammenhält, aber immer wieder gelungen, das gemeinsame Projekt am Leben zu halten.

Inzwischen hat Herr Lewandowski auch zahlreiche Trainerscheine erworben und hat im Laufe der Jahre auch einige Sportler zu Meisterehren gebracht. Sein Engagement ist stadtweit anerkannt, dies wird nicht zuletzt durch die Tatsache unterstrichen, dass er seit über zehn Jahren auch die Funktion des Vizepräsidenten Leistungssport im Berliner Karate Verband ausübt.

Ein solches jahrzehntelanges Engagement wird natürlich auch durch familiäre Unterstützung erleichtert. Seine Schwester Carmen amtiert als Zweite Vorsitzende des Vereins und Schwager Lothar als Kassenwart.

Die zahlreichen Reisen in die Türkei dienten der vom Verein stets propagierten Völkerverständigung, aber auch ganz persönlich hat Herr Lewandowski dort sein privates Glück gefunden. Vor drei Jahren heiratete er sein Ehefrau Nurcan, die natürlich auch schon die Aktivitäten im Verein tatkräftig unterstützt.

Der Bezirk Spandau bedankt sich für das Engagement von Torsten Lewandowski heute mit der Verleihung der Spandauer Ehrennadel.

Prof. Rainer Nitsch

„Die Kladower Wüste beleben mit Kopf, Herz und Hand“

Rainer Nitsch wurde in Kriegszeiten als jüngstes von 4 Kindern in Königsberg geboren. Die Familie musste die Heimat verlassen und so gelangte Mutter Nitsch mit ihren Kindern über das Vogtland schließlich nach Wermelskirchen im Rheinland, der Vater konnte erst nach Kriegsende wieder zu seiner Familie zurückkehren. In der neuen Heimat wuchs Rainer Nitsch auf, machte in Remscheid sein Abitur und absolvierte anschließend ein Pädagogik-Studium in Bonn. Nach Abschluss des Studiums trat er eine erste Stelle als Lehrer in Dortmund. Rainer Nitsch gehörte zu den Pionieren des neuen Fachs „Arbeitslehre“ und engagierte sich über seine Tätigkeit als Lehrer hinaus in ganz Nordrhein-Westfalen für die neuen Lehrinhalte.
Anschließend setzte er sein Engagement in diesem Bereich am Institut für Lehrerfort- und weiterbildung in Bremen fort. Im Jahr 1976 bekam Rainer Nitsch dann die Möglichkeit an die Pädagogische Hochschule nach Berlin zu wechseln und dort eine Professur anzunehmen. Nach der Auflösung der PH wechselte Herr Professor Nitsch dann an die Technische Universität. Hier leitete er u. a. sechs Jahre lang als Geschäftsführender Direktor das Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre. Die Verbindung des „Lernens von Kopf, Herz und Hand“ ist das berufliche Thema seines Lebens geblieben. Auch nach der Versetzung in den Ruhestand engagiert sich Herr Professor Nitsch weiterhin auf diesem – seinem – Feld und ist froh darüber, nicht mehr im vorherigen Maß von bürokratischen Zwängen eingeengt zu sein…

In seiner Dortmunder Zeit lernte Herr Professor Nitsch seine Ehefrau Gerlinde kennen und lieben. Nach der Hochzeit vervollständigte Sohn Carsten die Familie, die kurz darauf nach Bremen übersiedelte. Den Schritt nach Berlin unternahm er zunächst allein, fand dann aber in Kladow das geeignete Heim für die junge Familie, die sich hier im Spandauer Süden schnell heimisch fühlte.

Schon bald engagierte sich der leidenschaftliche Pädagoge für sein unmittelbares Wohnumfeld. Herr Professor Nitsch erinnert an den früheren Kladower Pfarrer Walter Böttcher, der den Stein ins Rollen brachte, der schlussendlich zur heutigen Ehrung führt. Gemeinsames Anliegen war es, „die kulturelle Wüste in Kladow“ zu beenden. Der Ortsteil lag vor allem in Zeiten der Teilung schon geografisch „am Rande“, hatte wenig Arbeitsplätze, Geschäfte und Angebote für Menschen verschiedener Altersgruppen.

Die engagierten Bürgerinnen und Bürger Kladows gründeten den Verein „Kladower Forum“ und Professor Nitsch gehörte bereits dem ersten gewählten Vorstand im Jahr 1986 an. Die Arbeit im Verein war von Anfang an in verschiedenen Arbeitskreisen organisiert, die sich ohne Vorgaben bilden konnten. Alle Gruppen organisieren sich selbst und präsentieren ihre Arbeit 1 x jährlich in der Öffentlichkeit, sei es in Form einer Lesung, einer Ausstellung oder einer Veröffentlichung.
Zu den ältesten Arbeitskreisen zählt die „Werkstatt Geschichte“ unter Leitung von Professor Nitsch. Die Gruppe organisiert schon seit vielen Jahren die Dorfgeschichtlichen Wanderungen.

Die Feierlichkeiten anlässlich des 725. Geburtstages Kladows im Jahr 1992 wurden vom Verein maßgeblich mitgestaltet. Aus dieser Zeit stammt auch das Vorhaben, den früher im Hof des mittlerweile abgerissenen Schlosses Brüningslinden stehenden Märchenbrunnen wieder aus dem Wilmersdorfer „Exil“ nach Kladow zurückzuholen. Dieses Projekt läuft noch, ist aber auch erst knapp über 20 Jahre alt…

Im Jahr 2017 steht nun die 750-Jahrfeier Kladows an und auch hier hat der Verein bereits vor über einem Jahr die Koordination begonnen. Seien wir gespannt, worauf wir uns im übernächsten Jahr in Kladow freuen können.

Im Jahr 2000 gab der Verein auch den Anstoß dafür, über die Zukunft des Gutsparkes Neukladow nachzudenken und dieses Objekt zu erhalten und wieder für die Kladowerinnen und Kladower sowie deren Gäste zugänglich zu machen. Das Projekt ist inzwischen auf einem guten Weg.

Der Verein zählt heute ca. 275 Mitglieder in derzeit 15 Arbeitskreisen, die allesamt ihren Beitrag zum Zusammenhalt und zur Entwicklung Kladows leisten.

Seit dem Jahr 2006 ist Herr Professor Nitsch nun Vorsitzender des Vereins und noch immer einer der Ideengeber und Motoren der vielfältigen Aktivitäten des Vereins, der mit großer Eigeninitiative auch die Sanierung des ehemaligen Marzahnschen Bauernhauses und die Widmung als „Haus Kladower Forum“ in die Tat umsetzen konnte. So wurde ein Zentrum für den Ortsteil geschaffen, der heute Heimstatt für vielfältige Aktivitäten ist und zur Integration seiner Bürger beiträgt.

Das nördlich gelegene Spandau nimmt seinen südlichsten Teil heute als aktiven Ortsteil wahr, dessen Bewohnerinnen und Bewohner sich vielfältig engagieren. Für sein jahrzehntelanges Wirken wird daher dem Mann der ersten Stunde des Vereins Kladower Forum e. V. Herrn Professor Rainer Nitsch die goldene Ehrennadel des Bezirkes Spandau verliehen.

Peter Seller

„Über ein halbes Jahrhundert Einsatz für den Bürger“

Peter Seller ist ein Spandauer reinsten Havelwassers. Als Sohn eines Maschinenschlossers bei der Firma SIEMENS und einer Hausfrau erblickte er das Licht der Welt. Der Schulbesuch spielte sich in Haselhorst ab und auch die anschließende Berufsausbildung war ihm offenbar durch die Tätigkeit des Vaters bereits in die Wiege gelegt. Er absolvierte ebenfalls beim damals größten Arbeitgeber Spandaus eine Lehre zum Maschineschlosser. Später arbeitete Herr Seller dann bei der Firma Hudson, die ebenfalls in Spandau produzierte.

Nach kurzer Zeit in seinem erlernten Beruf entschied sich Herr Seller dann für einen beruflichen Neustart bei der Berliner Polizei. Nach der einjährigen Grundausbildung bei der Bereitschaftspolizei folgte der Einsatz im sogenannten „technischen Notstandszug“, der Technischen Einsatzbereitschaft der Polizei. Die in Berlin stationierte Allierten sahen diese, einer Pioniereinheit vergleichbaren, Einheit für alle drei West-Sektoren der Stadt vor. In diesem technisch geprägten Teil der Berliner Polizei versah Herr Seller, dem seine erste Berufsausbildung dabei entgegenkam, seinen Dienst bis zum Ende der 80er-Jahre. Anschließend absolvierte er dann weiter Lehrgänge und versah dann bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Jahr 2003 seinen Dienst als Kontaktbereichsbeamter im Gebiert der Spandauer Neustadt.

Natürlich hat der Ur-Spandauer Peter Seller auch seine Frau Karla in Spandau kennengelernt. Mitte der 60er-Jahre brachte ein Freund zu einem Treffen seine Schwester mit und schnell wurde aus der Schwester und dem jungen Polizisten Peter ein Paar. Im November 1968 heirateten die beiden und im Sommer 1969 komplettierte dann Tochter Simone die kleine Familie.

Neben seiner beruflichen Laufbahn zeichnet Herrn Seller aber sein darüber hinaus gehendes Engagement für die Gesellschaft aus. Als junger Bursche von 16 Jahren sah sich Peter Seller auf der Berliner Industrie-Ausstellung um. Ein Stand weckte dabei ganz besonders Interesse in ihm, nämlich der Stand des Technischen Hilfswerkes. Die Arbeit dieser Hilfsorganisation faszinierte den Bewerber und so trat Herr Seller im Oktober 1959 in das THW ein. Er engagierte sich nach seiner Grundausbildung im Bergungszug und wechselte dann 1967 in den neu aufgestellten Instandsetzungsdienst, wo ihm ebenfalls seine Ausbildung als Maschinenschlosser entgegenkam. Hinzu kamen im Laufe der Jahre eine Vielzahl weiterer Lehrgänge und Fortbildungen, die oft im Technischen Bereich angesiedelt waren.

Neben den technischen Aspekten der Arbeit im THW widmete sich Herr Seller aber auch in besonderem Maße der Jugendförderung innerhalb „seiner“ Organisation. Er gehörte zu den Gründern der THW-Helfervereinigung, die sich als Unterstützungsverein für den Ortsverband Spandau und dabei insbesondere die dortige Jugendarbeit versteht. Diesen Förderverein leitete Herr Seller viele Jahre als Vorstand. Nicht zuletzt durch diese besondere Förderung der Nachwuchsarbeit konnte der Grundstein für die Gewinnung neuer Nachwuchskräfte für die Hilfsorganisation gelegt werden.

Seit seiner Pensionierung bei der Polizei ist Herr Seller in der Fachgruppe Räumen als Fahrer für Radlader und LKW aktiv. Auch in der Trinkwassergruppe ist er nach wie vor aktiv. Auch die Jugendarbeit im Verband liegt Herrn Seller nach wie vor sehr am Herzen und wird von ihm nach Kräften weiter unterstützt.

Ein so langjähriges Engagement ist ohne Rückhalt in der Familie nicht denkbar. So gebührt unser Dank heute zwar in erster Linie Peter Seller, aber selbstverständlich auch seiner Familie, die über viele Jahre den Ehemann und Vater mit dem THW teilen mussten und dafür auch immer das nötige Verständnis mitbrachten und noch immer mitbringen.

In den nun über 55 Jahren seines Engagements im THW hat sich natürlich vieles im Laufe der Jahre verändert, doch Peter Seller betont, dass ein wichtiges Merkmal bestehen geblieben ist, nämlich die gute Kameradschaft, die über die Jahre erhalten geblieben ist.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass Herr Seller noch heute besonders an Gerhard Schulz zurückdenkt, der leider vor kurzem verstorben ist und als Gruppenführer und Zugführer über viele Jahre lang sein Mentor beim THW war.

So ehrt Spandau heute Herrn Peter Seller persönlich für über 55 Jahre Dienst im Technischen Hilfswerk mit der Spandauer Ehrennadel, aber damit zugleich auch die gesamte Organisation, die sich seit vielen Jahren für unsere Gesellschaft einsetzt. Vielen Dank an das THW und heute ein besonders herzliches Dankeschön an Peter Seller!