Drucksache - 1756/XIX  

 
 
Betreff: Auftrittsverbot für Zirkusse mit Wildtieren
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:GALBzStR Machulik
Verfasser:BzStR Machulik 
Drucksache-Art:AntragVorlage - zur Kenntnisnahme -
   Beteiligt:BzBm Kleebank
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Entscheidung
24.02.2016 
Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Spandau von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung als Schlussbericht
16.03.2016 
Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Spandau von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Antrag GAL v. 15.02.2016
Vorl. z.K. v. 07.03.2016

Das Bezirksamt hat den Antrag geprüft und ist zu folgendem Ergebnis gekommen.

 

Zunächst ist festzustellen, dass o.g. Antrag in der vorliegenden Form zu allgemein gehalten ist, da er sich pauschal auf alle Zirkusse bezieht, die Wildtiere besitzen. Ein solches Auftrittsverbot würde sich selbst bei großgig ausgelegter Faktenlage nicht durchsetzen lassen. Der Antrag wäre also zu präzisieren, vorzugsweise auf die Wildtiere beschränkt, zu denen der Bundesrat im Rahmen der Initiative zum Wildtierverbot bereits festgestellt hat, dass das Mitführen und Halten unter Bedingungen reisender Zirkusunternehmen die Tiere schwer belastet und Haltungsansprüchen keine Rechnung getragen werden kann (BR-Drucks. 565/11: Affen, Elefanten, Großren, Giraffen, Nashörner und Flusspferde). Denkbar wäre auch noch eine Erweiterung auf solche Tiere, für die nach den BMEL-Zirkusleitlinien eine art- und verhaltensgerechte Unterbringung für nicht realisierbar gehalten wird (Tümmler, Delfine, Greifvögel, Flamingos, Pinguine, Wölfe, möglicherweise auch Robben).

 

Festzustellen ist auch, dass eine Gastspieluntersagung nicht auf Grundlage des  Tierschutzgesetzes erfolgen kann. Anordnungen nach dem Tierschutzgesetz, dazu gehören auch Haltungsuntersagungen oder Auftrittsverbote für einen Zirkus, sind immer an einen konkreten Adressaten zu richten und bedürfen im Vorfeld der Feststellung konkreter, entsprechend schwerwiegender Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen. Zudem ist hier zu berücksichtigen, dass ein Zirkus der Erteilung einer sog. § 11- Erlaubnis bedarf, um überhaupt Tiere zur Schau stellen zu dürfen. Hat ein Zirkus diese Erlaubnis durch die zuständige Behörde seines Stammquartiers, darf er nach geltendem Recht die in dieser Erlaubnis gelisteten Tiere mitführen und auch zur Schau stellen. Die Veterinäraufsicht ist verpflichtet, nach objektiv nachvollziehbaren Kriterien eine Überprüfung der Haltungsbedingungen z.B. unter Anwendung der Zirkusleitlinie, vorzunehmen. Ergibt diese Überprüfung vor Ort keine Beanstandungen, ist die Aufgabe der Veterinäraufsicht damit abgeschlossen.

 

Aus genannten Gründen ist, wie auch die vorliegende Rechtsprechung zeigt, das Vergabeverfahren von Standorten für Zirkusse, ob mit oder ohne Wildtierschauen, ausschließlich in der Hand der für den jeweiligen Platz zuständigen Verwaltung. Im Einzelfall könnte sich diese zur Überprüfung der Zuverlässigkeit und Rechtskonformität der Zirkusbetreiber in Bezug auf die Einhaltung des Tierschutzes an die Veterinärbehörde wenden und das Ergebnis in eine Entscheidung einfließen lassen. Nach hiesiger Kenntnis basieren alle Fälle der Nutzungsuntersagung eines Platzes für ein Zirkusgastspiel ausschließlich auf der politischen Entscheidung der jeweiligen Vertreter der Kommunen, die  Veterinäraufsicht hatte nie direkten Einfluss auf die Platzvergabe.

 

Zudem müsste geprüft werden, ob ein solches Auftrittsverbot, sollte es denn beschlossen werden, auch auf Plätze anwendbar ist, die nicht der Verwaltung der öffentlichen Hand unterliegen.

 

Als kritisch ist ebenfalls der mit solchen Auftrittsverboten einhergehende Vorwurf anzusehen, es handele sich um einen Eingriff in die Berufsfreiheit, da damit das berufliche Tätigwerden des/der betreffenden Zirkusse eingeschränkt oder gar ausgeschlossen wird. Die  Landesbeauftragte für Tierschutz Baden-Württemberg argumentiert in der aktuellen Stellungnahme vom Juli 2015 "Zirkusse mit Wildtieren in kommunalen öffentlichen Einrichtungen - Empfehlung für rechtskonforme Beschlüsse zur Nutzung kommunaler Einrichtungen", es sei nicht erforderlich, dass die beabsichtigte Nutzung eines Platzes durch z.B. ein Zirkusgastspiel nachweislich rechtswidrig ist, jedoch ".sse eine solche Nutzungsuntersagung gem. Art. 12 Abs. 1 GG vernünftigen Gemeinwohlerwägungen entsprechen und den Anforderungen des Verhältnismäßigkeit Grundsatzes genügen." Dazu würde es genügen, dass entsprechende sachliche Gründe vorliegen und diese lägen mindestens dann vor, wenn sich das Verbot auf die vom Bundesrat in seiner Drucksache genannten Tiere bezieht. Nachzulesen unter:

https://mlr.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mlr/intern/dateien/PDFs/SLT/15_07_10_Zirkusse_mit_Wildtieren_in_kommunalen_oeffentlichen_Einrichtungen.pdf

 

Es kann davon ausgegangen werden, dass betroffene Zirkusunternehmen entsprechend gerichtlich vorgehen werden.

Nach aktuellen Pressemitteilungen vom Februar dieses Jahres hat sich die Landesregierung Hessen erneut mit einer Initiative zum Wildtierverbot für Zirkusse an die Bundesregierung gewandt. 

 

Berlin-Spandau, den 7. rz 2016

Das Bezirksamt

 

 

 

 

 

Kleebank              Machulik

Bezirksbürgermeister              Bezirksstadtrat


 

 
 

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