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Tiefwerder – für Mensch und Natur

Auf seiner Website setzt sich der „Interessenverbands der Freunde Klein Venedigs e.V.“ kritisch mit den Planungen und Maßnahmen des Bezirks Spandau im LSG Tiefwerder Wiesen auseinander. Das ist das gute Recht der Bürger und wichtig, jedoch erfolgt die Auseinandersetzung von Seiten des Interessenverbands auf eine erschreckend unsachliche Art und Weise, so dass hier eine Klarstellung notwendig ist. Hier geht’s zum Faktencheck.

Historie

Dazu ist ein kurzer Blick in die Vergangenheit des Gebiets notwendig. Die Tiefwerder Wiesen wurden 1960 als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Sie stellen das letzte Überschwemmungsgebiet im Bereich der ehemaligen Spandauer Havelaue dar und bestehen aus von Gräben durchzogenen Feuchtwiesen.

In der Schutzgebietsverordnung vom 12.9.1960 ist in § 2 klar formuliert, das es dort verboten ist, Kleingärten, Wochenendsiedlungen und ähnliche Anlagen zu errichten.

Der größere Teil des Gebietes befindet sich im Besitz der öffentlichen Hand, ein kleinerer im Privatbesitz. Im Osten der Wiesen liegt unmittelbar daran angrenzend das Wasserwerk Tiefwerder, dessen Wasserschutzzone sich weit in das Gebiet hinein erstreckt. Zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung gab es im Gebiet und innerhalb der Wasserschutzzone II zahlreiche illegale, ohne Baugenehmigung errichtete Wochenendhäuser. Ein Teil dieser Wochenendhäuschen befindet sich heute immer noch auf privaten Grundstücken, die parzelliert und verpachtet sind. Zum Teil befanden sie sich auf Land im Besitz der öffentlichen Hand und wurden inzwischen gekündigt und beräumt. Die Gebäude lagen überwiegend entlang der Wasserläufe, so dass dort für die Öffentlichkeit kein Zugang zu den Gewässern mehr bestand. Noch heute sind Uferabschnitte von Haupt- und Jürgengraben vergleichbar zugebaut.

Die restlichen Wiesen selbst wurden bis ca.1970 noch landwirtschaftlich genutzt, später wurde durch das Grünflächenamt in unregelmäßigen Abständen eine Pflegemahd durchgeführt. Diese nur unregelmäßige Pflege, verbunden mit illegalen Aufschüttungen führte dazu, dass immer mehr Wiesenflächen verbuschten und so der ursprüngliche Landschaftscharakter verloren zu gehen drohte. Wege ins Gebiet als Zufahrt zu den Häuschen waren mit Bauschutt aufgeschüttet, ebenso wurden dort Parkplätze für Autos mit massiven Bauschuttaufschüttungen angelegt.

Auch die Fundamente der Wochenendhäuschen wurden auf Bauschutt errichtet, der durch die Siedler ins Gebiet gebracht wurde. Es gab keine Entsorgung. Plumpsklos im Wasserschutzgebiet, obschon nicht zulässig, waren die Regel. Müll und Gartenabfälle wurden illegal im Erlenbruch vergraben.

Es bleibt also festzuhalten, dass sich in einem Landschaftsschutzgebiet, das den Erhalt des natürlichen Landschaftsbilds und den Schutz von Tier- und Pflanzenarten zum Ziel hat und ausdrücklich auch der Erholungsnutzung durch den Menschen dienen soll, auf einem großen Teil der Fläche illegal errichtete Wochenendhäuschen Fahrwege und Parkplätze befanden. Darüber hinaus war durch unsachgemäß errichtete Toilettenanlagen und wilde Hausmüllentsorgung das Wasserschutzgebiet Tiefwerder gefährdet.

Für die Natur...

Ab dem Jahr 1987 begann das Bezirksamt Spandau damit, diese unhaltbaren Zustände zu regeln. Den Siedler auf öffentlichem Land wurde in Verhandlungen nahegelegt, ihre Parzellen zu räumen. Das Amt hatte dann die Abrisskosten und die Beseitigung des Materials übernommen. Dem kamen die meisten Siedler nach, viele von ihnen fanden neue Plätze in den Kolonien am Rande der Tiefwerder Wiesen.

Bei den Abrissarbeiten der Lauben trat zutage, welche Mengen Bauschutt etc. zur Befestigung der Grundstücke entlang der sumpfigen Wasserläufe ins Gebiet gebracht worden waren. Massive Betonierungen, Eisenkonstruktionen, Asbestplatten usw. mussten entfernt werden. In den Häuschen lagerten Farben, Haushaltschemikalien, Pestizide ohne weiteren Schutz und somit eine Gefahr für Boden und Grundwasser. Im Zuge der Sanierung wurden auch die illegalen Wege und Parkplätze entfernt.

...und für die Menschen

Um das Gebiet überhaupt für die Bevölkerung zugänglich zu machen, wurde ein Rundweg für Fußgänger und Radfahrer angelegt. Dieser besteht teilweise aus einem aufgeständerten Bohlensteg, damit er auch bei hohen Wasserständen begehbar ist. Seitdem kann jeder Fußgänger bequem und trockenen Fußes – von der Heerstraße oder vom Dorf Tiefwerder kommend – durch eine fast unbekannte Landschaft wandern, die nun zu zahlreichen Naturerlebnismöglichkeiten einlädt.

Vor dem Abriss dieser Lauben bestand also weder ein öffentlicher Zugang zu den Gewässern, noch konnte man auf diese von der Landseite einen Blick werfen, da sie von allen Seiten dicht zugebaut waren. War man mit dem Kanu auf den Gewässern unterwegs, konnte man nirgendwo anlanden, weil die Ufer voll besetzt waren. Dies hat sich jetzt grundlegend geändert, obwohl es immer noch zahlreiche illegale Lauben entlang der Ufer gibt.
An den beräumten Stellen entspricht das Landschaftsbild jetzt wieder so weit möglich dem angestrebten Zustand einer offenen Wiesenlandschaft, wie es historisch einmal war.

EU-Mittel machten es möglich

Da 1996 die zur Verfügung stehenden Mittel vor allem für die Beseitigung der Uferbefestigungen und den Abriss weiterer, zu diesem Zeitpunkt bereits unbewohnter Lauben nicht ausreichten, wurde zwischen 2011 – 2015 die Renaturierung des Gebiets mit Mitteln aus dem Umwelt-Entlastungsprogramm (UEP), die von der EU zur Verfügung gestellt wurden, fortgesetzt. Dabei wurden die noch vorhandenen massiven Uferbefestigungen und Bauschuttablagerungen im Wasserschutzgebiet entfernt und die Ufer mit Faschinen gesichert. An einigen Stellen erfolgte der Abtrag von Oberboden zur Entfernung von Neophyten. Dort wurden standortgerechte Wiesenpflanzen neu angesät. Wasserläufe wurden entschlammt und auf den Wiesen zahlreiche aufgrund mangelnder Pflege aufgekommene Gehölze, vor allem Hybridpappeln, Eschenblättriger Ahorn und Ziergehölze entfernt.

Im Jahr 2009 war bereits ein von der Naturschutzbehörde bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beauftragter Pflege und Entwicklungsplan (PEP) für das Gebiet fertig gestellt worden. Oberstes Ziel dieses Pflegeplans war die Erhaltung der offenen Wiesenlandschaft, der Schutz und die Entwicklung der dort vorkommenden seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten sowie der Erhalt des ursprünglichen Landschaftsbilds. Die stille Erholungsnutzung sollte dabei weiter möglich bleiben und entwickelt werden.

Vierbeinige Pflegeexperten

Dazu wurden Vorschläge unterbreitet, wie die Wiesen kostengünstig und naturschonend durch eine Beweidung mit Wasserbüffeln oder Extensivrindern offen gehalten werden können. Zur Pflege und Offenhaltung von Feuchtwiese ist die Beweidung eine im Naturschutz seit langem akzeptierte Methode und wird auch in Berlin auf immer mehr Flächen angewendet.
Zur Umsetzung des Pflege- und Entwicklungsplans wurden die Feuchtwiesen eingezäunt und mit dem Landschaftspflegeverband Spandau e.V. (LPV) ein Vertrag zur Beweidung der Wiesen mit Wasserbüffeln abgeschlossen. Auf der Margareteninsel erfolgt die Beweidung mit Schafen.

Die Kombination aus Naturerlebnis und Tierbeobachtung macht einen Spaziergang in den Tiefwerder Wiesen für Besucher sehr attraktiv. Deren Zahlen steigen stetig an; viele kannten das Gebiet zuvor überhaupt nicht. Entlang der Wege wurden Wegweiser zur Orientierung, Bänke aus Eichenbohlen aufgestellt und eine Aussichtsplattform errichtet. Am Hang zum Pichelswerder wurden Sichtschneisen angelegt, um die Landschaft wieder erlebbar zu machen. An mehreren Stellen, so in Tiefwerder am Hauptgraben, auf der Margareteninsel und auf den Freiheitswiesen blieben größere Wiesenflächen frei zugänglich, dort ist Kinderspiel möglich, es kann gelagert oder gepicknickt werden.

...und wenn es dem Nachbarn nicht gefällt?

Der Website der „Interessengemeinschaft der Freunde Klein Venedigs e.V.“ ist nun aber zu entnehmen, dass zumindest deren offizielle Vertreter mit dieser Entwicklung und den durchgeführten Maßnahmen nicht einverstanden sind.
Hier ist man nach wie vor der Ansicht, dass es legal wäre, in einem ausgewiesenen offiziellen Landschaftsschutzgebiet auf öffentlichen Grund und Boden, der ihnen nicht gehört, ein Wochenendhäuschen zu besitzen und zu nutzen. Sie ignorieren dabei auch, dass diese Wochenendhäuser nie eine offizielle Bau-Genehmigung hatten und lange Zeit nur geduldet wurden. Sie waren und bleiben aber Schwarzbauten. Hinzu kommen noch die zahlreichen Verstöße gegen die Wasserschutzgebietsverordnung beim Bau der Häuschen durch Einbringung von Bauschutt in die Uferbereiche, Abwässer, Abfälle etc.
Demgegenüber stehen die gesetzliche Pflicht zum Schutz von Natur und Landschaft und den Erholungsbedürfnissen der Allgemeinheit, also allen Menschen, die dort die Landschaft erleben möchten.

Hier geht´s zum Faktencheck.