Lübars

Bauernhof Lübars

Weite Felder, üppige Wiesen und Koppeln, auf denen die Mähnen der Pferde unbändig im Winde wehen. Willkommen in Lübars, Berlins ältestem Dorf. Mit direktem Blick ins Brandenburger Land steckt hier in jedem Atemzug Natur pur. Bei diesem ursprünglichen Leben ist es kaum vorstellbar, dass man in knapp 30 Autominuten mitten auf der Friedrichstraße ist. Doch hier liebt man mehr die echten Pferdestärken und die ländlichen Werte. So hat Lübars einen alten Dorfkern, Reiterhöfe, Stallungen, funktionierende Bauernhöfe und Handwerksbetriebe. Doch vor allem gibt es hier eines: eine sehr ruhige Wohnlage. Hühner, Schafe und Pferde zum Anfassen haben Lübars zum begehrten Ort der Erholung gemacht.

Entspannen kann man sich hier allenthalben. So im Freizeit- und Erholungspark Lübars mit seinen Liege- und Spielwiesen und ausgedehnten Reit-, Wander- und Radwegen. Und das Strandbad lädt mit seinem sehr klaren Wasser zum Schwimmen und Planschen ein.
Übrigens: Lübars liegt am schon beschriebenen Fließtal. Vielleicht ist es für Sie ja auch der Beginn eines naturnahen Lebens.

Umgeben von Feldern und Wiesen ist Lübars das letzte noch weitgehend erhaltene Dorf Berlins. Es ist von Blankenfelde im Bezirk Pankow über die Blankenfelder Chaussee, von Westen über den Zabel-Krüger-Damm (Bus 222) oder von Süden über die Quickborner Straße zu erreichen. Bahnen fahren hier nicht. Will man zu Fuß gehen, so bietet sich ein schöner Wanderweg an, der von Alt-Hermsdorf nur wenige Meter vom Heimatmuseum entfernt am kleinen und großen Tonstich immer am Rand des Landschaftsschutzgebietes Tegeler Fließ entlang bis zur Veltheimstraße führt.

Dort biegt man, von Hermsdorf kommend, rechts ab und überquert auf dem Naturlehrpfad – einer aus Holzbalken gefertigten Brücke – das Fließ und gelangt von dort nach einem etwa 20 minütigen Spaziergang über die Fließwiesen an Pferdekoppeln vorbei zum Dorf Lübars. Alle, die gern eine größere Tour unternehmen wollen, können sie in Tegel an der Mündung des Tegeler Fließes beginnen und gelangen über Tegel und Waidmannslust parallel zum Fließ nach Alt-Hermsdorf und setzen dort die Wanderung wie oben beschrieben fort.

Ein kleiner Rundgang durch Alt-Lübars lohnt sich. Wenn man die enge Dorfeinfahrt passiert hat, kann man einen Blick auf die Stuckfassade des Wohnhauses Nr. 5 von 1878 werfen, die den ortstypischen Rechteckhof zur Straße abschließt. Beim Weitergehen öffnet sich nun das Rechteckangerdorf von Lübars. In dem Haus Nr.6 praktizierte jahrelang der wahrscheinlich letzte Landarzt der Großstadt, der “Do-Do” (Dorf-Doktor) Friedrich Rathenow. In den sechziger Jahren wurde er durch seinen Privatzoo und vor allem durch den zahmen Kaiseradler “Yank” stadtbekannt. Die Familie Rathenow ist seit Jahrhunderten im Dorf ansässig. Im Haus Alt-Lübars Nr.8 befindet sich der “Dorfkrug”, der 1996 sein 100jähriges Bestehen feierte. Die älteste urkundliche Erwähnung des Kruges geht auf das Landbuch Kaiser Karls IV. (1375) zurück. Man sollte sich hier eine Verschnaufpause bei einer guten Mahlzeit gönnen. lm dem Gasthaus angegliederten “Labsaal”, dem ehemaligen Tanzsaal des Dorfkruges, wird heute durch den Verein “Natur und Kultur” am Wochenende und an Abenden ein anspruchsvolles Kulturprogramm mit Klezmermusik, Theateraufführungen und Musikveranstaltungen angeboten. Der etwas nach hinten versetzte, rechts sich anschließende Hof Alt-Lübars Nr. 9 aus dem Jahre 1890 fällt durch die schöne Stuckfassade des Wohnhauses auf.

Die Dorfkirche von Lübars wurde drei Jahre nach dem Brand von 1790 an der Stelle des Vorgängerbaus aus Fachwerk errichtet. Sie besteht aus einem schlichten RechtecksaaI und einem angebauten Westturm mit einem vierseitigen Pyramidendach. Die Außenseite der Dorfkirche ist durch glatte und gequaderte Lisenen gegliedert. Kruzifix, Altarleuchten und eine Eichentruhe stammen aus älteren Zeiten. Der barocke Kanzelaltar war 1739 von Friedrich Wilhelm I. ursprünglich der Gertraudenkirche am Spittelmarkt gestiftet worden. Nach dem Abriss der Kirche gelangte er in den Betsaal des St. Gertraudenstifts in Berlin – Kreuzberg. Nach dem Umbau des Stifts in ein Krankenhaus wurde der Altar auf dem Dachboden deponiert, wo er sich fast 70 Jahre befand. Nach der Renovierung der Lübarser Kirche in den Jahren 1954 bis 1956 gelangte er hierher.

Vor der Dorfkirche befindet sich auf dem Anger der Dorffriedhof. Die letzten Beerdigungen erfolgten hier 1932; einige Grabsteine tragen die Namen weiterer Bauernfamilien des Dorfes: Qualitz, Kühne, Zabel -Krüger. Auch der Förster Bondick liegt hier begraben, der um 1875 den Ortsteil Waidmannslust auf ehemals Lübarser Bauernland gegründet hatte.

Hinter der Kirche liegt die Dorfschule (1906); auch sie hat, wie die Kirche, Vorgängerbauten gehabt. 1744 wird der erste “Schneider, Küster und Lehrer” Michael Schulze urkundlich erwähnt. Noch heute wird der Bauerngarten der alten Dorfschule betreut. Direkt hinter der Dorfschule liegt das Spritzenhaus mit einem angefügten Steigeturm. Lübars hat bis auf den heutigen Tag noch eine der letzten freiwilligen Feuerwehren Berlins.

Schräg gegenüber dem ehemaligen Schulhaus an der Ausfahrt in Richtung Blankenfelde liegt auf dem Grundstück Alt-Lübars 15 der Kräuterhof, wo man die gärtnerische Arbeit einer Behindertengruppe beobachten und frische Kräuter oder andere landwirtschaftliche Produkte erwerben kann.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Dorfes befindet sich das ehemalige Schäferhaus (Alt-Lübars 20), wo sich bis in die achtziger Jahre das weit über die Lübarser Grenzen hinaus bekannte Gasthaus “Zum lustigen Finken” befand. Das Restaurant wurde um die Jahrhundertwende von Studenten bei ihren Wanderungen in der Umgebung Berlins entdeckt. Sie machten es zu ihrem Treffpunkt, da die Burschenschaftier wegen der großen Entfernung bis zur nächsten Polizeistation hier ungehindert ihre verbotenen Fechtkämpfe austragen konnten. Ein runder Stammtisch mit zahllosen Einritzungen, der sich hier bis zur Schließung des Lokals befand und heute in dem Lokal “Fließtal-Reithalle” am Zabel-Krüger-Damm – einige Meter von Alt-Lübars entfernt – bewundert werden kann, erinnert noch an diese Zeiten.

Neben dem Hof Alt-Lübars Nr. 21, der 1844 erbaut worden ist, befindet sich das letzte reetgedeckte Haus des Dorfes, ein ehemaliges Hirtenhaus, das dem Besucher heute den Eindruck vermittelt, wie die Kossäten- und Büdnerhäuser des 18. und frühen 19. Jahrhunderts ausgesehen haben könnten.

Das Haus Alt-Lübars Nr.25 wurde 1882 erbaut und hat eine neoklassizistische Stuckfassade, die in ähnlicher Form bei den Häusern Alt-Lübars Nr. 23, Nr.9 und Nr.5 zu beobachten waren. Hier befand sich schon seit Jahrhunderten der Lehnschulzenhof. Der letzte Lehnschulze Zabel-Krüger übte dieses Amt bis 1874 aus; bis 1892 war er dann Gemeindevorsteher von Lübars. Der Zabel-Krüger-Damm, der von Waidmannslust nach Lübars führt, wurde nach ihm benannt.
Am engen westlichen Dorfeingang liegt – man kann meistens einen Blick durch das geöffnete Tor werfen – der Reiterhof Kühne/Sironski (Alt-Lübars Nr.27). Besonders sehenswert ist hier die alte Lehmfachwerkscheune auf der linken Hofseite. Als Verbandsvorsitzender kümmerte sich Joachim Kühne, dessen Familie seit Generationen in Lübars ansässig ist, einige Jahrzehnte lang um die Belange der Berliner Landwirte.

Lübars ist nicht nur das einzige erhalten gebliebene Dorf innerhalb der Stadtgrenzen Berlins, sondern auch das älteste Dorf des Bezirkes Reinickendorf. Aus dem Jahre 1247 stammt die erste urkundliche Erwähnung, in der die Markgrafen Johann und Otto dem Spandauer Benediktinerinnenkloster die “Beuth”, den Honigertrag der Wildbienen aus Lübars, überlassen.
Die erste Erweiterung des Dorfes erfolgte 1850, als Lübarser Bauernsöhne und zugezogene Handwerker die Siedlung “Vogtland” vor dem eigentlichen Dorf gegründet hatten. Die alten Flurnamen von Lübars leben heute noch in einigen Straßennamen weiter, wie z. B. Am Vierrutenberg, lm Vogtland, Am Wiesenende oder auch die Rollberge.

Auf Grund der Tonvorkommen wurde in Lübars nach 1840 die Kühnsche Ziegelei am heutigen Zehntwerderweg und 1854 eine große Ziegelei an der Benekendorffstraße, dem einstigen Hermsdorfer Weg, gegründet. Letztere war bis 1924 in Betrieb. Sie besaß einen großen Ringofen, dessen Turm im Jahre 1932 gesprengt wurde. Die Ziegelei lieferte einst Baustoffe für die schnell wachsende Stadt. An sie erinnern heute der Ziegeleisee, an dem sich das Freibad Lübars befindet, und Straßennamen wie z. B. Tonstich-, Ziegelei- und Mergelweg. In der Benekendorffstraße 115 befindet sich heute noch ein Gebäude, das zu der alten Lübarser Ziegelei gehörte. Von der Kühnschen Ziegelei, die bereits im 19. Jahrhundert ihre Produktion einstellte, existieren keine Spuren mehr.

Nach der Eingemeindung 1920 in die Großstadt Berlin entstanden verschiedene Siedlungen wie z. B. 1921 die Kriegsheimstätten-Siedlung am Zabel-Krüger-Damm oder 1935 die AEG-Siedlung auf dem Kienwerder. Wegen der abgeschnittenen Lage nach dem Mauerbau 1961 und der wirtschaftlichen Umstrukturierung von Landwirtschaft auf Pferdehaltung und Reitsport, konnte sich das historische Dorfensemble von Lübars weitgehend bis heute erhalten. Lübars ist das einzige Berliner Dorf, in dem es noch bäuerliche Familienbetriebe gibt.

Die Urkunden, in denen die Abgaben der Untertanen gegenüber dem Landesherren festgelegt wurden, belegen, dass Landwirtschaft und Handwerk einst die Haupterwerbszweige der Bevölkerung bildeten. Interessant in Lübars ist, dass sich Bauernhöfe über Generationen in einer Familie erhalten haben. So tauchen z. B. in dem ersten Einwohnerverzeichnis von Lübars von 1590 Familiennamen wie Neuendorf, Rathenow und Rabe auf, die sich bis in unser jetziges Jahrhundert bzw. bis in die Gegenwart erhalten haben, so dass die NS-Machthaber 1934 Lübars als “Musterdorf” im Sinne des damaligen Erbhofgesetzes betrachteten.

Nach dem Rundgang durch das alte Dorf lohnt auf jeden Fall ein Spaziergang über die feuchten Fließtalwiesen. Nach schweren anhaltenden Regengüssen im Herbst und Frühwinter 1974/75 verwandelte sich das Fließtal in einen großen See – ein Naturphänomen – das sich vor der Regulierung des Tegeler Fließes häufig ereignete.

Wenn man am Westausgang des Dorfes den Weg entlang schreitet, der zwischen Pferdekoppeln und Wiesen zum Eichwerdersteig führt, erblickt man im Nordosten den Höhenrücken des Kindelgebietes in Glienicke mit einem schönen abwechslungsreichen Panorama. Bei Lübars ist das Fließ nur ein Wiesenbach, der mäandrierend die Wiesen und Moore durchfließt. Im Tegeler Fließ findet man 17 von insgesamt 29 Berliner Fischarten, neben dem Hauptfisch, der Plötze, vor allem Karpfen, Schlei, Hecht, Aal und Zander.

Eine weitere Sehenswürdigkeit wird dem Besucher östlich von Lübars geboten. Am Schildower Weg, der durch die sogenannten Flachmoorwiesen führt, stößt man einige hundert Meter vom Dorf entfernt auf die letzte freisprudelnde Quelle Berlins, die “Osterquelle”. An einer Schichtgrenze zwischen Lehm und Kies ergießt sich die Quelle mit sieben Litern pro Sekunde und einer Durchschnittstemperatur von neun Grad Celsius. Bereits in den “Historischen Beschreibungen der Chur und Mark Brandenburg” von 1751 wird die Quelle erwähnt.

Die Landschaft rund um Lübars zeichnet sich durch eine artenreiche Tierwelt aus. Es gibt hier z. B. über 70 Brutvogelarten, über 50 Durchzügler und Gäste, über 30 Libellen- und Mückenarten, über 15 Fischarten und über zehn Vertreter von Amphibien und Reptilien. In Lübars findet man Blindschleichen, Ringelnattern, Waldeidechsen, Zauneidechsen, Erdkröten, Grasfrösche, Moorfrösche, Teichfrösche und Wechselkröten.

Südlich von Lübars, über die Quickborner Straße zu erreichen, wurde in den achtziger Jahren der Freizeit- und Erholungspark Lübars eröffnet. Das Gelände war ursprünglich eine Mülldeponie, die direkt an der Berliner Mauer lag, der heutigen Bezirksgrenze zwischen Reinickendorf und Pankow. Die Deponie wurde nach dem damaligen .“Müllabkommen” mit der DDR geschlossen und ab 1975 in einen Freizeit- und Erholungspark umgewandelt. Das Zentrum bildet heute ein Müllberg mit 35 Metern Höhe, auf dem man im Winter Ski fahren oder rodeln kann. Vom Gipfel hat man eine herrliche Aussicht in die Fließtallandschaft und über Felder und Wiesen nach Blankenfelde, Rosenthal und Schildow. Im Süden und Südwesten des Müllberges erstreckt sich das Märkische Viertel. Neben Liege- und Spielwiesen besitzt der Park ein ausgedehntes Wander-, Reit- und Radwegenetz.

1984 wurde direkt am Rand des Freizeit- und Erholungsparks die Jugendfarm Lübars in der Alten Fasanerie eröffnet. Unter Leitung des damaligen Gartenbauamtes Reinickendorf (heute: Natur- und Grünflächenamt) entstand im Norden der Stadt ein ganz normaler Bauernhof, in dem der Besucher (Kinder, Jugendliche und Erwachsene) eingeladen wird, den bäuerlichen Alltag mitzuerleben. Zu der Jugendfarm gehören Stallungen und Weiden für Tiere, Arbeitsräume, in denen man das Spinnen, Weben, Töpfern, die Imkerei und andere alte Handwerkstechniken erlernen kann, ein selbstgemauerter Steinofen zum Brotbacken und eine rustikal eingerichtete Tenne, in der man bei gutem Bier zünftig speisen kann. Von seiten der Jugendförderung des Bezirksamtes Reinickendorf werden mehrere Feste pro Jahr mit Ständen von privaten Gruppen, Initiativen und Vereinen mit kulinarischen Genüssen und kulturellem Angebot veranstaltet.

Für Schulklassen besteht die Möglichkeit, nach Anmeldung auch an Führungen teilzunehmen. Speziell für Grundschulklassen und Kindertagesstätten werden Kurse, insbesondere im Fach Biologie, über die Beobachtung von Verhaltensweisen bei Tieren, Fortpflanzung der Tiere, Unterschiede zwischen Zoo- und Haustieren, Anpassung von Vögeln, Körperbau von Säugetieren und Vögeln usw. dargelegt. Die Jugendfarm Lübars (Quickborner Straße, Alte Fasanerie) ist über S- und U-Bahn Wittenau mit dem Bus 124 bis zur Endstation zu erreichen.