Der Übergang von der stationären Krankenhausversorgung in eine weitergehende medizinische, rehabilitative oder pflegerische Versorgung stellt eine besonders kritische Phase der Behandlungs- und Versorgungskette für die betroffenen Patientinnen und Patienten dar. Um hier Versorgungslücken durch mangelnde oder unkoordinierte Anschlussbehandlungen zu vermeiden, sind Krankenhäuser nach § 39 Absatz 1a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) verpflichtet, ein effektives Entlassungsmanagement zur Unterstützung des Übergangs in die Anschlussversorgung zu gewährleisten. Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG 2015) wurde das Entlassungsmanagement umfassend reformiert. So wurden die bisher begrenzten Möglichkeiten der Krankenhäuser ausgedehnt, Nachbehandlungen zu veranlassen und Leistungen zu verordnen. Der GKV-Spitzenverband als Spitzenverband Bund der Krankenkassen und als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. wurden gesetzlich beauftragt, einen verbindlichen Rahmenvertrag über das Entlassungsmanagement zu schließen und die Anforderungen im Einzelnen zu konkretisieren. Der Rahmenvertrag Entlassungsmanagement ist zum 1. Oktober 2017 für die Krankenhäuser verbindlich geworden. Danach haben Krankenhäuser zur Gewährleistung eines nahtlosen Übergangs der Patientinnen und Patienten in die nachfolgenden Versorgungsbereiche durch die Anwendung eines geeigneten Assessments den patientenindividuellen Bedarf für die Anschlussversorgung möglichst frühzeitig zu erfassen und einen Entlassungsplan aufzustellen. Für Personengruppen mit komplexen Versorgungsbedarfen sind differenzierte Assessments und spezifische Standards vorzusehen (bspw. bei Patienten mit Einschränkungen von Mobilität und Selbstversorgung). Bei der Aufstellung des Entlassungsplans erfolgt zugleich die Prüfung der Erforderlichkeit von Anschlussmedikation, fortdauernder Arbeitsunfähigkeit und anderer verordnungs- bzw. veranlassungsfähiger Leistungen (z. B. Kurzzeitpflege, Haushaltshilfe). Sobald Bedarf für eine Unterstützung durch die Kranken- bzw. Pflegekasse festgestellt wird, nimmt das Krankenhaus rechtzeitig Kontakt auf, insbesondere bei Versorgungsbedarfen in den Bereichen Pflege (z. B. bei Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie zur Einbeziehung der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI), Häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe, Rehabilitation, Hilfsmittelversorgung, häusliche Versorgung sowie bei genehmigungspflichtigen Leistungen und im Rahmen der Übergangsversorgung (Kurzzeitpflege). Das Krankenhaus hat gemeinsam mit der Kranken- und Pflegekasse rechtzeitig vor der Entlassung die für die Umsetzung des Entlassungsplans erforderliche Versorgung zu organisieren, etwa die notwendigen Leistungserbringer zu kontaktieren (z. B. Vertragsärzte, Reha-Einrichtungen, ambulante Pflegedienste, stationäre Pflegeeinrichtungen) und für deren zeitgerechten Einsatz zu sorgen. Mit praktischen Hinweisen zum Umgang mit wohnungslosen Patientinnen und Patienten wandten sich die jeweils für Soziales sowie Gesundheit und Pflege zuständigen Senatsverwaltungen an die Berliner Krankenhausgesellschaft e. V. Darin wurde auf die Notwendigkeit einer nachhaltigen Kontinuität in der Versorgung wohnungsloser Menschen nach einem Krankenhausaufenthalt hingewiesen und eine „Kontaktliste zur Erreichbarkeit der bezirklichen sozialen Wohnhilfen für das klinische Entlassungsmanagement“ beigefügt. Die dort benannten Pankower Kontaktpersonen des Amtes für Soziales stehen den Krankenhäusern als direkte Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zur Verfügung. In Pankow gibt es vertragsgebundene und vertragsfreie Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Die vertragsgebundenen Einrichtungen unterliegen der Zuständigkeit des LAF. Die Soziale Wohnhilfe Pankow vermittelt wohnungslose Menschen ausschließlich in vertragsfreie Einrichtungen. Eine Vermittlung erfolgt an Einrichtungen, die die „Mindestanforderungen für nicht vertragsgebundene Obdachlosenunterkünfte“ erfüllen. Die Mindestanforderungen beinhalten einheitliche Mindeststandards zu folgenden Merkmalen: - Art der Räumlichkeiten
- Belegungsdichte je Zimmer
- Mindestfläche
- Ausstattung der Zimmer
- Küchenausstattung/Waschmöglichkeiten
- Sanitärräume.
Gleichfalls müssen die baulichen und brandschutzrechtlichen Genehmigungen vorliegen. Die Voraussetzungen für pflegerische Versorgungen sind nicht Bestandteil der Mindestanforderungen und zudem nicht in allen Einrichtungen gegeben. In vielen Einrichtungen besteht jedoch die Möglichkeit, einen Pflegedienst / eine Sozialstation zur ambulanten pflegerischen Versorgung vor Ort einzusetzen. Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe sind keine Pflegeeinrichtungen oder Hospize. Dennoch haben sich einige Betreiberinnen und Betreiber in anderen Berliner Bezirken (z.B. Haus Hebron, Haus Teresa usw.) ausschließlich auf den Personenkreis pflegebedürftiger Wohnungsloser spezialisiert. Im Bezirk Pankow gibt es keine diesbezüglichen Anbieter. Sollte im Einzelfall ein pflegerischer Bedarf bestehen, wird eine Verlegung in eine geeignete Einrichtung in Erwägung gezogen. In die vertragsfreien Pankower Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe werden Klientinnen und Klienten aus allen 12 Berliner Sozialen Wohnhilfen vermittelt. Eine Bedarfseinschätzung kann nur für Bürgerinnen und Bürger gegeben werden, für die der Bezirk Pankow leistungsrechtlich zuständig ist. Hier ist der Sozialdienst, der u. a. die Aufgaben der Sozialen Wohnhilfe (z. B. Vermittlung von Unterkunftsplätzen) wahrnimmt, Ansprechpartner. Der Krankenhaussozialdienst nimmt i. d. R. immer Kontakt zum Sozialdienst der Sozialen Wohnhilfe, teilweise auch zum Sozialpsychiatrischen Dienst oder der Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung, chronischen und Krebserkrankungen des Gesundheitsamtes auf, wenn die Entlassung eines wohnungslosen Patienten bevorsteht. Gemeinsam werden der künftige Verbleib und der Entlassungsort des Patienten besprochen und die Weiterbetreuung organisiert. Der Entlassungstermin ist häufig von der Verfügbarkeit eines geeigneten Unterkunftsplatzes abhängig. Aufgrund von Kapazitätsproblemen (in Wohnheimen mit Pflegemöglichkeiten) treten relativ häufig Verzögerungen auf. Im Rahmen der sich noch in der Planung befindlichen Gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung ist die Einführung von Qualitätsstandards, um eine qualitätsgesicherte und bedarfsgerechte Unterbringung aller von Wohnungslosigkeit bedrohten oder betroffenen Personen zu erreichen, beabsichtigt. In diesem Zusammenhang wird es praktisch möglich sein, eine konkrete sozialraumorientierte Bedarfsanalyse für diesen Personenkreis zu erstellen. Gegenwärtig erfolgt keine diesbezügliche statistische Erfassung im Bezirk Pankow. Eine ausreichende Versorgung mit Krankenhaussozialarbeiterinnen und Krankenhaussozialarbeitern ist durch den jeweiligen Krankenhausträger zu gewährleisten. Dies ist nicht Aufgabe des Bezirksamtes. Für das Entlassungsmanagement von seelischen behinderten obdachlosen Menschen aus dem Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee gibt es besondere Regelungen. Die betreffenden Personen sollen nach Möglichkeit in das System der Eingliederungshilfe integriert werden. Dazu werden die Teilhabeplaner informiert (per Erstkontaktbogen oder Antrag). Wenn es einen persönlichen Kontakt gegeben hat, meldet der Teilhabeplaner oder der Sozialdienst des Krankenhauses den Klienten im Steuerungsgremium Psychiatrie oder Sucht an, um eine geeignete Maßnahme bei einem geeigneten Leistungsträger zu finden. Da es bereits seit einigen Monaten kaum freie Plätze im Versorgungssystem gibt bzw. Wartelisten existieren, kann sich dieser Prozess über einen längeren Zeitraum hinziehen. Zudem gibt es eine Reihe von Klienten, für die keine geeigneten Angebote vorhanden sind (z. B. auf Grund aggressiven Verhaltens oder mangelnder Mitwirkung), wo aus fachlichen Erwägungen Alternativen geprüft werden (z. B. Obdach und begleitendes betreutes Einzelwohnen, ambulante psychiatrische Pflege und Ähnliches). Das stellt sich als systemisches Problem heraus, das nicht alleine bezirklich zu lösen ist. Die Mitarbeiterinnen vom Sozialdienst des St. Joseph-Krankenhauses Berlin-Weißensee sind sehr in den Steuerungsprozess einbezogen und entlassen niemanden in die Obdachlosigkeit, ohne zuvor Alternativen zu prüfen. Die Prüfung weiterer Clearingmöglichkeiten sowie einer mobilen ärztlichen Versorgung in den Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe fällt in die Zuständigkeit der jeweiligen Träger. Die davon betroffenen Krankenhäuser im Bezirk wurden seitens des Bezirksamtes Pankow über das Ersuchen der BVV in Kenntnis gesetzt und um Rückmeldungen gebeten. Das St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee stellte die Frage, wo die Bedarfsanalyse stattfinden soll und aus welchem Pool von Sozialarbeitern die mobile Sozialarbeit vorgesehen ist. Die Caritas-Klinik Maria Heimsuchung teilte mit, dass im Jahr 2019 in der Rettungsstelle 106 Patienten behandelt wurden, welche ohne festen Wohnsitz waren. 2019 wurden stationär 11 Patienten ohne festen Wohnsitz aufgenommen, wovon 6 gesetzlich versichert waren, ein Fall über das Sozialamt abgerechnet werden konnte und vier Fälle ausgebucht werden. Das Helios Klinikum Berlin-Buch teilte mit, dass sich das Sozialdienstteam aus Mitarbeitern der Sozialarbeit, der Pflegeüberleitung und des Wundmanagement zusammensetzt. Das Team bereitet die Krankenhausentlassung der Patienten entsprechend des Rahmenvertrages des Entlassungsmanagements vom 01.10.2017 vor. Dazu werden sukzessiv die Planstellen dem Rahmenvertrag angepasst. Währens des stationären Aufenthaltes werden die ambulante und stationäre Weiterversorgung, wie z.B. häusliche Krankenpflege, ambulante Beratungsstellen oder Unterbringung in einer stationären Einrichtung organisiert. Die Mitarbeiter des Teams sind verantwortlich für die Erstellung eines Hilfeplanes mit dem Patienten und / oder ihrer Angehörigen sowie die Organisation der Weiterversorgung nach dem stationären Aufenthalt. Auch wenn der Grundgedanke der mobilen Sozialarbeit sehr gut nachvollzogen werden kann, sieht das Helios Klinikum Berlin-Buch für ihre Klientel einen Bedarf. Bei einer Entlassung obdachloser Menschen wünscht sich das Helios Klinikum Berlin-Buch jedoch einen direkten Ansprechpartner im Sozialamt, um den Prozess der Entlassungsplanung bestmöglich und abgestimmt gestalten zu können. Die Patienten des Krankenhauses des Maßregelvollzuges werden allein durch richterlichen Beschluss entlassen. Es ist Aufgabe aller Mitarbeitenden, die Resozialisierung der Patienten bis zu deren möglichen Entlassung zu unterstützen, welche nach Fertigung ärztlicher Stellungnahmen vom Gericht zu entscheiden ist. Im örtlichen Bereich Pankow des Krankenhauses des Maßregelvollzuges werden mehrere Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern beschäftigt. Ein Einsatz von weiteren mobilen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern erscheint im Krankenhaus des Maßregelvollzuges auf Grund der komplexen Aufgabe eines Sozialdienstes und der damit verbundenen intensiven Begleitung der Patienten nicht vorstellbar. Alle Mitarbeitenden des Krankenhauses des Maßregelvollzuges sind zudem mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet und zur Anwendung des unmittelbaren Zwangs berechtigt. Auch das erscheint mit der Tätigkeit eines mobilen Dienstes schwer vereinbar. Die Evangelische Lungenklinik Johannesstift Diakonie hat nur wenige Fälle, in denen Wohnungsnotfallhilfe erforderlich ist. Bei mobilen Obdachlosen setzt sich die Klinik mit der sozialen Wohnhilfe in Verbindung. Die Unterbringung der Wohnungslosen erfolgt dann von dort aus. Aufwändigere Fälle, insbesondere Obdachlose mit Migrationshintergrund oder EU-Bürger gestalten sich in der weiterlaufenden Folgeversorgung schwieriger, insbesondere bezüglich der Kostenübernahme und der Einrichtung einer Betreuung. Derartige Fälle treten in der Evangelischen Lungenklinik aber nur vereinzelt auf. Die Klinik würde einen konkreten Ansprechpartner oder eine Clearingstelle begrüßen. Grundsätzlich stehen im Sozialamt sowie im Gesundheitsamt entsprechende Ansprechpartner*innen für den Krankenhaussozialdienst zur Verfügung, um eine Folgeversorgung zu planen und umzusetzen. Insbesondere der Sozialpsychiatrische Dienst und die Beratungsstelle für behinderte Menschen im Gesundheitsamt organisieren in Zusammenarbeit mit dem Krankenhaussozialdienst die Weiterbetreuung nach Entlassung aus dem Krankenhaus. Trotzdem hat das Bezirksamt die BVV-Drucksache und die Rückmeldungen der Krankenhäuser zum Anlass genommen, um im Rahmen der personellen Möglichkeiten hier Optimierungen zu prüfen. |