Drucksache - VI-1181  

 
 
Betreff: Aufstellung einer Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) für die Wohnanlage Belforter Straße 5-8 / Straßburger Straße 33-36 / Metzer Straße 35-37 im Bezirk Pankow, Ortsteil Prenzlauer Berg
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
   
Drucksache-Art:Vorlage zur Kenntnisnahme § 15 BezVGVorlage zur Kenntnisnahme § 15 BezVG
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin Vorberatung
01.12.2010 
38. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin vertagt   
15.12.2010 
Fortsetzung der 38. Öffentlichen Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
VzK 15 BA, 38. Tagung am 01.12.2010
VzK 15 BA, 38. Tagung am 01.12.2010, Anlage

Siehe Anlage

 

 

 

 

 

 

Siehe Anlage

 

 

 

 

 

 

 

 

Bezirksamt Pankow von Berlin

- 5 -

Bezirksamt Pankow von Berlin                                                                                                                  2010

 

 

 

              An die

Bezirksverordnetenversammlung                                                                                    Drucksache-Nr.:

 

 

 

Vorlage zur Kenntnisnahme

für die Bezirksverordnetenversammlung gemäß § 15 BezVG

 

 

Betr.:

 

 

Aufstellung einer Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Baugesetzbuch (BauGB) für die Wohnanlage Belforter Straße 5-8 / Straßburger Straße 33-36 / Metzer Straße 35-37 im Bezirk Pankow, Ortsteil Prenzlauer Berg

 

 

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

Gemäß § 15 Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) wird berichtet:

 

Das Bezirksamt hat in seiner Sitzung am ……… folgende Beschlüsse gefasst:

 

I.              Für die Wohnanlage Belforter Straße 5-8 / Straßburger Straße 33-36 / Metzer Straße 35-37 im Bezirk Pankow, Ortsteil Prenzlauer Berg - begrenzt, wie aus der Anlage ersichtlich - wird eine Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart aufgestellt.

 

II.              Der Aufstellungsbeschluss wird im Amtsblatt für Berlin veröffentlicht.

 

 

Begründung

 

Bei der Wohnanlage Belforter Straße 5-8 / Straßburger Straße 33-36 / Metzer Straße 35-37 handelt es sich um eine Zeilenbebauung im Duktus der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts mit großzügigen Freiflächen im Gründerzeitgebiet Prenzlauer Berg-Kollwitzplatz.

Das Stadtgebiet in dem sich die Wohnanlage befindet, hat sich auf der Grundlage einer von James Hobrecht erarbeiteten Planung für die mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert verstärkt einsetzende Bautätigkeit in Berlin entwickelt. Der 1862 in Kraft gesetzte „Bebauungsplan für die Umgebungen Berlins“ beinhaltete ein regelmäßig konzipiertes Straßenraster, in das die alten Wege der damaligen Berliner Feldmark eingebunden waren und das ringartig um die Altstadt konzipiert wurde. In das Raster der Straßen eingeordnet waren Baublöcke und Plätze. Die Baublöcke wurden später kleinteilig parzelliert. Auf der Basis der damaligen Berliner Baupolizeiverordnungen von 1853 bzw. 1887 entstand eine dichte Bebauung mit Vorderhäusern, Seitenflügeln und Quergebäuden.

Der Baublock zwischen Kollwitzstraße, Belforter Straße, Straßburger Straße und Metzer Straße, in dem sich die o. g. Wohnanlage befindet, wies ursprünglich ebenfalls eine kleinteilige Parzellierung auf und war dementsprechend vor dem II. Weltkrieg sehr dicht in der typischen Form mit überwiegend fünfgeschossigen Miethäusern, bestehend aus Vorderhaus und Seitenflügeln, vereinzelt auch Quergebäuden bebaut.

Im Blockinnenbereich, der zu dem heute nicht mehr vorhandenen Grundstück Belforter Straße 4 gehörte, befand sich ehemals ein Brauereibetrieb (1884 Brauerei Lehmann, ab 1907 die Berliner Stadtbrauerei GmbH, ab 1917 Engelhardt-Brauerei). Nach Stilllegung, seit etwa Mitte der 1920-er Jahre bis Anfang der 60-er Jahre, waren die Kellerräume von einer Weingroßhandlung und Likörfabrik gepachtet.

 

Der betreffende Baublock war einer der wenigen im Prenzlauer Berg, der durch Kriegseinwirkungen so stark zerstört wurde, dass ein Wiederaufbau nach dem Krieg nicht erfolgte. Nur im südwestlichen Bereich des Baublocks (auf den Grundstücken Metzer Straße 38 und Kollwitzstraße 16,18) waren noch die Vorderhäuser der Vorkriegsbebauung erhalten geblieben.

Dies führte dazu, dass der östliche Teil des Baublocks an der Straßburger Straße von der Belforter Straße bis zur Metzer Straße Ende der 1950er Jahre für ein staatliches Wohnungsbauvorhaben vorbereitet und beräumt wurde. Ursprünglich geplant, waren 208 WE, ein Waschhaus, Grünanlagen und weitere Nebenanlagen sowie ein Ambulatorium und ein SB-Lebensmittelmarkt mit Nebenanlagen - Träger der Aufbaumaßnahme nach § 9 der Verordnung über den Aufbau Berlins (Aufbauverordnung) vom 18.12.1950 (VOBl. I/1950 S. 379) in Verbindung mit § 9 des Gesetzes über die Entschädigung bei Inanspruchnahme nach dem Aufbaugesetz (Entschädigungsgesetz) vom 25.04.1960 (VOBl. I/1960 S.397) war der damalige Rat des Stadtbezirks Prenzlauer Berg.

 

1961 wurden an den danach volkseigenen Grundstücken Belforter Straße 5-8 / Straß­burger Straße 33-36 / Metzer Straße 35-37 Nutzungsrechte zum Zwecke der Errichtung genossenschaftlicher Wohngebäude zu Gunsten der damaligen Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin verliehen. Die Grundstücke wurden zu einer Großparzelle vereinigt und mit drei fünfgeschossigen Gebäudezeilen mit einer Gebäudetiefe von ca. 9,8 m parallel zueinander stehend bebaut. Die Gebäudezeilen sind in Ost-West-Richtung ausgerichtet, mit Anbau an den Brandgiebel des Hauses Metzerstraße 34 in der ursprünglichen Bauflucht, zur Straßburger Straße giebelständig und an der Belforter Straße offen stehend, ohne Bezug zu den historischen Baufluchten.

Errichtet wurde auch ein Waschhaus im rückwärtigen Bereich der Grundstücke Kollwitzstraße 24, 26. Das im nordwestlichen Bereich des Baublocks geplante Ambulatorium an der Belforter Straße und eine geplante Kaufhalle an der Kollwitzstraße wurden nicht errichtet.

Ende der 1960-erJahre wurden die Grundstücke Kollwitzstraße 28, Belforter Straße 1-3 und Belforter Straße 4 für die Errichtung eines Rechenzentrums der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin in Anspruch genommen, das in den 1980er Jahren durch ein Bürogebäude (VEB Datenverarbeitungszentrum der Land-, Forst-, und Nahrungsgüterwirtschaft) an der Ecke Belforter Straße/ Kollwitzstraße ergänzt wurde. Diese und das Waschhaus wurden nach der Wende von 1989/90 abgerissen.

 

Der Baublock war in der Zeit von 1993 bis 2008 Bestandteil des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes Prenzlauer Berg-Kollwitzplatz. (9. Verordnung über die förmliche Festlegung von Sanierungsgebieten vom 21.09.1993, GVBl. S. 403).

 

Die Grundstücke an der Kollwitzstraße 22/28 und der Belforter Straße Nr. 1-2 wurden durch Wohngebäude, bestehend aus einer geschlossenen Blockrandbebauung unter Bezugnahme auf die vorherrschende Bauflucht und Struktur der Gründerzeit bebaut. Ergänzt wurde diese durch freistehende mehrgeschossige Gartenhäuser in zweiter Reihe. Die historische Bebauungsform mit Seitenflügeln wurde nicht aufgegriffen, weil diese Struktur im Baublock selbst nicht mehr vorhanden war (auch auf den drei Grundstücken mit Altbausubstanz sind nur die Vorderhäuser erhalten).

 

Im Rahmen der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme erfolgte auch eine Teilsanierung der drei Gebäudezeilen Belforter Straße 5-8, Straßburger Straße 33-36 und Metzer Straße 35-37. Eine Neuordnung bzw. bauliche Ergänzung erfolgte in diesem Rahmen nicht.

Dadurch sind die großzügigen Grünanlagen, die den Baublock zur Straßburger Straße hin öffnen und mit ihrem Baum- und Gehölzbestand in den öffentlichen Raum ausstrahlen, erhalten geblieben.

 

Die Wohnanlage wurde aufgrund der Insolvenz der ehemaligen Wohnungsbaugenossenschaft an einen Investor veräußert, der eine zusätzliche Bebauung auf dem Grundstück beabsichtigt.

Seit 5. Mai 2010 liegt ein entsprechender Vorbescheidsantrag, der einen Teilabriss der Bestandsbebauung, eine bauliche Ergänzung zwischen den Bestandsgebäuden Belforter Straße 2 und 5, eine Aufstockung der vorhandenen Gebäude um ein weiteres Geschoss und einen ausgebauten Dachraum, eine Blockrandschließung entlang der Straßburger Straße sowie großflächige Tiefgaragen im Bereich der Grünanlagen erfragt, im Bezirk vor.

Zur Steuerung einer angemessenen Nachverdichtung hatte das Bezirksamt Pankow von Berlin am 15.06.2010 den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans 3-32 gefasst (ABl. vom 02.07.2010 S. 1052) und auf dieser Grundlage mit Bescheid der Bauaufsicht vom 12.10.2010 das Vorhaben gemäß § 15 BauGB zurückgestellt.

 

Im Zuge der erfolgten - und auch nach Aufhebung des Sanierungsgebietes anhaltenden Nachverdichtung im Gebiet und damit einhergehend fortschreitender Bebauung noch vorhandener Freiräume - wird die, von der gründerzeitlichen Strenge baulich eng gefasster Straßenräume, abweichende Struktur der Zeilenbauweise mit ihren großzügigen zur Straßburger Straße offenen Freiräumen von der Öffentlichkeit zunehmend als eine besondere Qualität wahrgenommen.

Die BVV Pankow hat sich dies zu Eigen gemacht und drängt auf Maßnahmen zum Erhalt dieser Situation.

 

Die Anlage steht nicht unter Denkmalschutz. Eine Unterschutzstellung als Ensemble im Sinne des Denkmalschutzgesetzes für die Wohnanlage wird nicht in Betracht gezogen.

Daher soll alternativ zum bzw. in Kombination mit dem Bebauungsplan 3-32 die Erhaltungswürdigkeit nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB geprüft werden.

 

Für eine Unterschutzstellung der Gesamtanlage aufgrund ihrer besonderen städtebaulichen Gestalt, aber auch zur Rechtfertigung für die mit einem Erhalt der Freiräume verbundenen Eingriffe in bestehende Baurechte durch den Bebauungsplan, ist eine gutachterliche Untersuchung erforderlich.

 

Sie soll die zu erhaltenden städtebaulichen Qualitäten definieren, die Schutzwürdigkeit und die Erhaltungsziele konkretisieren.


Es soll: -              eine Bestandserfassung und -bewertung (sowohl der Bebauung als auch der städtebaulich-räumlichen Situation einschließlich des Freiraumes),

 

-              eine Einordnung der Anlage in den geschichtlichen und baulichen Kontext und da­raus resultierend eine Einschätzung der geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung der Wohnanlage,

 

-              die Herausarbeitung der wesentlichen erhaltenswerten und schützenswerten städtebaulichen Gestaltmerkmale erfolgen.

 

Auf dieser Grundlage sollen Aussagen zur Eignung / Anwendung der zur Verfügung stehenden Rechtsinstrumente getroffen und es sollen ggf. im Ergebnis des Gutachtens die bei der Beurteilung von Anträgen gem. § 172 Abs. 3 BauGB anzuwendenden Kriterien erarbeitet werden.

 

Die Verordnung zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart der Anlage zielt auf den Schutz der Stadtgestalt und die Bewahrung der Ablesbarkeit von Stadt- und Baugeschichte insbesondere der Baukultur der Nachkriegszeit ab.

 

Um Eingriffe in die zu schützende Stadtgestalt (z. B. durch Abriss) abzuwenden, ist es erforderlich, einen zusätzlichen, zeitlich unbegrenzten Genehmigungsvorbehalt für den Rückbau, die Änderung oder Nutzungsänderung und die Errichtung baulicher Anlagen im Gebiet zu haben. Dies soll mit der Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB erwirkt werden.

 

Mit dem Aufstellungsbeschluss und dessen ortsüblicher Bekanntmachung kann bereits für den Zeitraum der Erarbeitung der Erhaltungsverordnung von der Möglichkeit einer Zurückstellung von Vorhaben (insbesondere auch des Rückbaus) in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 BauGB Gebrauch gemacht werden.

 

 

Haushaltsmäßige Auswirkungen

 

Die Sachkosten für die Erarbeitung des Gutachtens zum Erlass der Rechtsverordnung werden aus dem Kapitel 4610 Titel 89339 finanziert.

 

Zusätzliche Personalkosten zur Mitarbeit und Betreuung des Gutachtens und der Erarbeitung der Erhaltungsverordnung werden durch Umverteilung der Aufgaben bei dem zur Verfügung stehenden Personal im Stadtentwicklungsamt nicht entstehen.

 

Gemäß § 173 Abs. 2 BauGB kann der Eigentümer unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen, sofern in den Fällen des § 172 Abs. 3 BauGB die Genehmigung von Vorhaben versagt wird. Auch sind § 43 Abs. 1, 4 und 5 sowie § 44 Abs. 3 und 4 BauGB entsprechend anzuwenden.

Das bedeutet, dass eine Versagung der Genehmigung gem. § 172 Abs. 3 BauGB für ansonsten planungsrechtlich zulässige Vorhaben möglicherweise zu Entschädigungsansprüchen führen könnte. Die Klärung hierzu muss dann im Rahmen der zu den jeweiligen Anträgen zu treffenden Entscheidung erfolgen.

 

 

Gleichstellungs- und gleichbehandlungsrelevante Auswirkungen

 

keine

 

 

Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung

 

keine

 

 

Kinder- und Familienverträglichkeit

 

entfällt

 

 

 

Anlage              Abgrenzung des Erhaltungsgebietes für die Wohnanlage Belforter Straße 5-8 / Straßburger Straße 33-36 / Metzer Straße 35-37 im Bezirk Pankow, Ortsteil Prenzlauer Berg

 

 

 

Matthias Köhne                                                                      Dr. Michail Nelken

Bezirksbürgermeister                                                        Bezirksstadtrat für Kultur, Wirtschaft

und Stadtentwicklung

 

 

 

 

 
 

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