Drucksache - VI-1128  

 
 
Betreff: Schutz der Bestandsmieter am Wasserturmplatz!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der SPDFraktion der SPD
   
Drucksache-Art:AntragAntrag
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin Vorberatung
07.07.2010 
35. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung federführender Ausschuss
18.08.2011 
öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung      

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
Antrag SPD, 35. BVV, 07.07.10

a

a.              Das Bezirksamt wird ersucht, sich für den Verbleib der Bestandsmieter der Wohnblöcke Belforter Straße 5-8, Metzer Straße 35-37 und Straßburger Straße 33-36 einzusetzen und durch Festsetzung einer Umstrukturierungssatzung gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB einen den sozialen Belangen Rechnung tragenden Ablauf bei der bevorstehenden städtebaulichen Umstrukturierung durchzusetzen, bei dem die folgenden Rahmenbedingungen eingehalten werden:

§ Die Mietspiegelwerte werden (ohne Berücksichtigung von Sondermerkmalen) nach der Modernisierung eingehalten.

§ In Wohnungen von Empfängern nach SBG II und SGB XII dürfen die Mietkosten nach der Modernisierung die Werte der Wohnkostenrichtlinie der genannten Leistungsempfänger nicht übersteigen.

§ In allen finanziellen und sozialen Härtefällen sind dauerhafte Lösungen zu vereinbaren, die diesen Mietern den Verbleib in ihren Wohnungen ermöglichen. Von einer sozialen Härte ist immer dann auszugehen, wenn die Brutto-Warm-Mietkosten ein Drittel des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens übersteigen. Hierzu ist die Miete in den betreffenden Fällen zu kappen.

§ Jeder Mieter kann nach Abschluss der Maßnahmen in seine Wohnung zurückkehren. Für diese werden für den Zeitraum der Sanierungsarbeiten Umsetzwohnungen bereitgestellt. Auf Wunsch der Mieter kann auch ein versetzter Umzug erfolgen. In beiden Fällen ist keine (neue oder höhere) Kaution zu erheben. Bestehende Mietverträge sind anzupassen, so dass keine Neuvermietungen erschlichen werden.

§ Bereits ausgesprochene Kündigungen oder zugestellte Modernisierungsankündigungen sind unmittelbar durch den Eigentümer zurückzunehmen.

b.              Mit dem unverzüglich vorzunehmenden Aufstellungsbeschluss über die Rechtsverordnung ist dem Eigentümer die Genehmigungspflicht sämtlicher Baumaßnahmen gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB mitzuteilen. Bei Einreichung eines Bauantrages ist eine vorläufige Untersagung von Maßnahmen gemäß § 15 Absatz 1 Nr. 2 BauGB auszusprechen. Die Entscheidung über die Zulässigkeit von Bauvorhaben ist gemäß § 15 Absatz 1 Nr. 1 BauGB für bis zu zwölf Monate auszusetzen.

c.               Gemäß § 172 Absatz 5 BauGB wird das Bezirksamt ersucht, nach Eingang eines Bauantrages einen Gebietssozialplan nach § 180 BauGB erstellen zu lassen. Dazu wird eine eigentümerunabhängige Mieterberatung mit der Erstellung des Gebietssozialplans durch das Bezirksamt beauftragt. Dabei sollen die Vergabe und die Steuerung des Prozesses zur Erstellung des Gebietssozialplans durch den Bezirk im Einvernehmen mit der BVV vorgenommen werden. Im Gebietssozialplan werden die unter Punkt a.) genannten Rahmenbedingungen umgesetzt. Die eigentümerunabhängige Mieterberatung steuert diesen Prozess und führt die dazu erforderlichen Beratungsgespräche eigenverantwortlich durch. Die Kosten für die Erstellung des Gebietssozialplans werden unter Anwendung von § 180 Absatz 3 Nr. 2 BauGB dem Eigentümer auferlegt.

d.              Die Bewohner des Quartiers sind unmittelbar nach Aufstellungsbeschluss mit einem Schreiben über die veränderte Rechtssituation und die beabsichtigte Vorgehensweise zu informieren.

e.              Das Bezirksamt wird ersucht, innerhalb des späteren Genehmigungsverfahrens darauf hinzuwirken, dass die umfangreichen Baumaßnahmen sozialverträglich und unter der geringstmöglichen Belastung der Bestandmieter durchgeführt werden.

 

Das Quartier wurde in den 1960er Jahren errichtet und hat mit den Zeilenbauten eine für den Prenzlauer Berg untypische Baustru

Das Quartier wurde in den 1960er Jahren errichtet und hat mit den Zeilenbauten eine für den Prenzlauer Berg untypische Baustruktur. Es stellt insofern eine Besonderheit dar. Die Objekte weisen aufgrund ihres Alters und problematischer Eigentumsverhältnisse einen Sanierungs- und Modernisierungsrückstand auf, so dass der Ausstattungsstandard in Teilbereichen unter dem heute ortsüblichen Niveau liegt. Daher sind in den Gebäuden noch besonders viele ältere Personen, teilweise noch die Erstbezieher, vorhanden. Diese verfügen (als Rentner) nur über vergleichsweise geringe Einkommen und können vermutlich die nach einer Modernisierung anstehenden Mieterhöhungen nicht bezahlen. Der Auszug aus der Wohnung und die Verdrängung aus dem Quartier wären die Folge. Das lehnt die BVV ab.

Bei der Untersuchung der Nachverdichtungspotenziale im Ortsteil Prenzlauer Berg wurde der Bereich als einer derjenigen erkannt, die ein erhebliches Nachverdichtungspotenzial aufweisen, da es nach § 34 BauGB zu einer gänzlich veränderten Baustruktur kommen könnte, die die Zeilenbauten durch eine Blockrandbebauung ersetzen könnte. Bei der Präsentation im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung am 25.06.2009 wurde dieses erläutert und folgender Maßen im Bild dargestellt:



Problematisch ist in diesem Falle die benachbarte Neubebauung, die nach Beräumung der Fläche nunmehr die Blockrandschließung als das Maß für die Bebaubarkeit mit vorgibt, während eine Orientierung der Neubebauung an der vorhandenen Zeilenstruktur ausblieb. Wieder einmal wird durch eine heranrückende neue Bebauung auf Art und Nutzung benachbarter Grundstücke ein erheblicher Veränderungsdruck ausgeübt. Die BVV erwartet daher künftig, dass derartige grundsätzliche städtebauliche Fragen vor Erteilung einer Baugenehmigung im zuständigen Fachausschuss erörtert werden, bei denen die Nachbarschaft eine angemessenere Berücksichtigung als bisher findet.

Schließlich wurden durch das Bezirksamt die folgenden zu vollziehenden Arbeitsschritte für den Umgang vorgestellt:

§                „Planungsziele konkretisieren

§                Geltungsbereich näher bestimmen

§                über das Erfordernis zur Aufstellung eines B-Planes entscheiden

§                Planungsschaden und Finanzierbarkeit klären“

Im Aufstellungsbeschluss des Bezirksamtes für den B-Plan 3-32 findet sich nunmehr eine andere städtebauliche Struktur wieder, die die ohnehin nach § 34 BauGB mögliche Blockrandbebauung ermöglicht, ohne dass die Bestandsgebäude gesichert werden. In den mit großen Bäumen bewachsenden Zwischenräumen ist außerdem der Bau von Tiefgaragen möglich. Die Erhaltung der vorhandenen Bebauung wurde damit durch das Bezirksamt faktisch aufgegeben, ohne dass dieses ausgeschlossen ist. Lediglich die künftig zulässige Bruttogeschossfläche soll gegenüber der Bauvoranfrage des Eigentümers reduziert werden. Die BVV stellt fest, dass es sich in diesem Sinne quasi um ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren handelt, das durch den Eigentümer zu finanzieren oder unverzüglich wieder einzustellen ist. Zugleich stellt die BVV fest, dass das Bezirksamt das gemeinsame Ziel der Vermeidung von Nachverdichtung und der Erhaltung der vorhandenen baulichen Struktur an dieser Stelle (im letzen Jahr) nicht verfolgt hat, so dass die bauliche Struktur kaum noch zu schützen sein dürfte.

Der BVV geht es nunmehr vordringlich um den Schutz der Bestandmieter, da das Bauvorhaben auf massive Umbauten, Teilabrisse sowie die umfassende Modernisierung der verbleibenden Objektteile hinausläuft. Das soll durch den bewährten Erlass einer Umstrukturierungssatzung, die Erstellung eines Gebietssozialplanes und die Zurückstellung möglicher Baugenehmigungen durchgesetzt werden.

Gleichzeitig ist es erforderlich, dass die sanierungsbedingten Belastungen während der späteren Bauarbeiten und notwendige Umzüge auf ein Mindestmaß begrenzt werden. Beides kann nur mit dem Instrument der vom Gesetzgeber zu diesem Zweck formulierten Umstrukturierungssatzung oder einer Abwendungsvereinbarung erfolgen, die entsprechende Vereinbarungen zwischen Bezirksamt und Eigentümern zum Inhalt hat. Durch die Ausweisung als Umstrukturierungsgebiet kann außerdem der Verwaltungsaufwand für verschiedene Genehmigungen im Zusammenhang gesehen werden, so dass von einem deutlich vereinfachten Verfahren ausgegangen werden kann, mit dem der Zeit- und Kostenaufwand reduziert werden kann. Gleichzeitig kann ein sozialverträgliches Verfahren für die Bestandsmieter eingeleitet werden.

Die Beauftragung einer vom Eigentümer unabhängigen Mieterberatung beugt Missverständnissen und Irritationen vor und sichert einen ordnungsgemäßen Ablauf des Sozialplanverfahrens und der baulichen Umstrukturierung. Dieses hat sich in zahlreichen Beispielen im Bezirk bereits bewährt. Gleiches gilt für das Verfassen einer Mustermodernisierungsvereinbarung.

3

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Bezirksverordnetenversammlung Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker/in Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen