Auszug - Aktueller Stand Zweckentfremdung (Fortsetzung)  

 
 
28. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Bürgerdienste
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Soziales und Bürgerdienste Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 14.05.2019 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:10 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Neukölln, Wetzlar-Zimmer, 2. Etage, Raum A203
Ort: Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
 
Beschluss


Die Vorsitzende leitet den Tagesordnungspunkt - unter Hinweis auf die bereits begonnene Vorstellung der neuen Regelungen in der Novembersitzung des Ausschusses - kurz ein und übergibt das Wort an Herrn Kalusa.

 

Herr Kalusa bedankt sich für die Einladung, um das vielfältige Thema Zweckentfremdung weiter vorstellen zu können. Das Wohnungsamt erhält hierzu viele Informationen aus der Bevölkerung, zumeist jedoch keine konkreten, so dass umfangreiche Ermittlungen erforderlich werden. Herr Hinz wird hierzu gleich mit eingehen.

 

Dieser gibt zunächst einen kleinen Rückblick auf die Sitzung im November, auf der es primär um die Problematik der Ferienwohnungen ging. Im heutigen Bericht geht es vorrangig um das Thema Leerstand. Hierzu erläutert er zunächst, was darunter zu verstehen ist. Demnach besteht nach gewisser Zeit (3 Monate) dann Leerstand, wenn eine Wohnung tatsächlich und rechtlich (kein bestehender Mietvertrag und keine Eigennutzung durch den Eigentümer) leer ist. Da die meisten Hinweise auf möglichen Leerstand überwiegend nur eine Anschrift ohne genauere Angaben enthalten, sind leerstehende Wohnungen in der Regel nur durch eine Vor-Ort-Besichtigung festzustellen. Sofern sich dies daraus nicht ermitteln lässt, fordert das Wohnungsamt alle Mietverträge für das Objekt an.

 

Die Vorsitzende möchte wissen, weshalb so viele Wohnungen leer stehen und welche Möglichkeiten die Verwaltung hat, dem entgegenzuwirken. Die konkreten Ursachen für längeren Leerstand sind der Verwaltung meistens nicht bekannt. Das Wohnungsamt verfügt über keinen Außendienst, so dass es erst aktiv werden kann, wenn Hinweise eingehen. Grundsätzlich dürfen Wohnungen bis zu 12 Monate leer stehen, wenn sie saniert werden. Oftmals ist es bei den Prüfungen jedoch schwierig, festzustellen, ab wann bei einer Wohnung der Leerstand tatsächlich begonnen hat. Herr Kalusa ergänzt, dass für die Prüfungen erschwerend weitere Faktoren hinzukommen, z.B. Eigentümer*in mit Sitz im Ausland, Vorhaltung als Umsetzwohnung, aktuell gute Auftragslage im Handwerk sowie auch die baurechtliche Entscheidung, ob die Baumaßnahme wie beabsichtigt/beantragt genehmigt werden kann.

 

Herr Babilon spricht das vorhandene Personal an. Natürlich kann mehr bearbeitet werden, wenn es für die Aufgaben mehr Personal gäbe, wie Herr Kalusa kurz erläutert. Zur Nachfrage, wie viel Personal benötigt werden würde, zieht Herr Kalusa einen Vergleich aus den 90er Jahren heran, als es in Berlin bereits schon einmal eine Verordnung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum gegeben hatte. Seinerzeit waren damit 15 Mitarbeiter*innen beschäftigt, heute sind es lediglich fünf.

 

Herr Atashgahi fragt, ob die Eigentümer*innen auch dann noch einen Antrag auf Leerstand stellen können, wenn bereits von Amtswegen ermittelt wird. Dies wird durch Herr Hinz bestätigt und stellt den leider üblichen Verlauf dar. Eigentümer*innen werden im Rahmen eines Amtsverfahrens zur Stellungnahme aufgefordert und geben sodann an, dass Baumaßnahmen zur Instandsetzung/Sanierung durchgeführt werden/werden sollen, was den Leerstand für 12 Monate rechtfertigt. Ggf. wird auch noch ein Genehmigungsantrag bei Überschreiten dieses Zeitraums oder für Umsetzwohnungen gestellt. Das Hauptproblem bei Leerstand ist neben den bereits erwähnten Faktoren oftmals auch die alte Bausubstanz, dabei - insbesondere bei großen Wohneinheiten – dann auch die erforderlichen Asbestsanierungen, wie Herr Kalusa anfügt. Zusammenfassend sind die Genehmigungsverfahren dadurch insgesamt sehr zeitaufwändig. Durch die Arbeit des Zweckentfremdungsbereichs werden aber auch bisher leer stehende Wohnungen wieder der Vermietung zugeführt. Das Gesetz ist für Sicherstellung der Wohnraumversorgung grundsätzlich recht gut geeignet, wie Herr Kalusa erläutert, hinsichtlich der Regelungen zur Abrissgenehmigung aber verbesserungsfähig.

 

Diese Fälle haben seit Inkrafttreten der Änderungen im Zweckentfremdungsverbotsgesetz (Ergänzung: und des vierten Gesetzes zur Änderung der Bauordnung am 20.04.2018) deutlich zugenommen und betreffen alle Wohnhäuser, insbesondere aber kleine Wohneinheiten (z.B. Einfamilienhäuser im Süden Neuköllns). Durch eine Änderung in der Bauordnung im vergangenen Jahr wird für das Abreißen von Wohnraum auch eine Genehmigung der Bauaufsicht (BWA) benötigt. Schon im Zweckentfremdungsverbotsgesetz wurde festgelegt, dass Wohnhäuser nicht mehr einfach abgerissen werden dürfen.

 

Herr Hinz erläutert die Problematik hier beispielhaft, wonach der beabsichtigte Neubau von Eigenheimen an der Stelle von alten Einfamilienhäusern den Abriss - und damit die Vernichtung von Wohnraum - des alten Hauses erfordert. Das ist zwar genehmigungsfähig, weil für den alten Wohnraum, der beim Abriss vernichtet wird, neuer Wohnraum geschaffen werden soll, aber dieser ist als Ersatzwohnraum nur dann anzuerkennen, wenn er wenigstens ebenso groß ist wie der alte Wohnraum.

 

Die Entstehung des neuen Wohnraums muss dabei abgesichert werden. Hierzu muss vor der Erteilung der Abrissgenehmigung die Baugenehmigung für den Neubau und für diesen vorher eine abgesicherte Finanzierung nachgewiesen werden und es muss weiterhin sichergestellt werden, dass der Ersatzwohnraum, wenn er nicht selbst genutzt wird, nur zu einem Mietpreis bis zu der in der Zweckentfremdungsverbotsverordnung festgelegten Höchstgrenze (Ergänzung: derzeit 7,92 €/m² nettokalt) vermietet wird.

 

Das Gesetz räumt hier kein Ermessen ein. Die AV sieht hierzu die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch zugunsten des Landes Berlin vor. Wenn die Wohnfläche des Neubaus zudem kleiner ausfällt als zuvor vorhanden, werden Ausgleichszahlungen fällig. Zudem soll bis zur Fertigstellung des Ersatzwohnraums eine Ausgleichszahlung für den abgerissenen Wohnraum festgesetzt aber die Fälligkeit vorläufig ausgesetzt werden. Bei Fertigstellung des Ersatzwohnraums wird die Ausgleichszahlung wieder aufgehoben. Die AV schreibt vor, dass bis dahin für das Aussetzen der Pflicht zur Ausgleichszahlung von der/m Antragsteller*in eine Sicherheit, etwa in der Form eines Grundpfandrechts, zu stellen ist. Durch Gesetz und AV werden für das gesamte Verfahren komplexe Vorgaben gemacht, was die Betroffenen aber auch die Verwaltung vor nicht unerhebliche Herausforderungen stellt, da die Prüfung aller erforderlichen Unterlagen zeitintensiv ist. Die Bau- und Wohnungsaufsicht wird durch den Zweckentfremdungsbereich möglichst frühzeitig über die eigenen Prüfungsergebnisse informiert, da diese über die Bau- und die Abrissgenehmigung zu entscheiden hat.

 

Frau Gloeden möchte wissen, wie viel Zeit die Verfahren bis zu einer Entscheidung durchschnittlich benötigen. Herr Hinz gibt dazu an, dass der Zeitraum etwa fünf bis sechs Monate beträgt, derzeit werden Anträge aus Dezember 2018 abschließend bearbeitet. Die Höhe der Ausgleichszahlungen beläuft sich auf bis zu 2.400 €/m2 wie Herr Hinz auf Nachfrage erläutert.

 

Mehrere Bezirke haben im Rahmen der Erörterungen der Senatsverwaltung und der Bezirksämter sowie der Stellungnahme zum Entwurf des zweiten Änderungsgesetzes des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes bereits gefordert, dass diese Regelungen zumindest für Einfamilienhäuser nicht angewendet werden müssen. Das ist im Gesetzgebungsverfahren nicht berücksichtigt worden. Der Ausschuss nimmt die Darstellung des durch die gesetzlichen Grundlagen vorgeschriebenen Verwaltungshandelns mit Kopfschütteln zur Kenntnis.

 

Herr Rahmann möchte wissen, welche Fälle bei der Vielzahl möglicher Konstellationen in der Zweckentfremdung die meiste Häufigkeit aufweisen. Diese liegen nach Aussage von Herrn Hinz weiterhin im Bereich der Ferienwohnungen/beabsichtigten gewerblichen Nutzungen, aber auch der Leerstand von Wohnraum und die soeben dargestellte Situation von Abrissanträgen binden viele Kapazitäten. Herr Rahmann fragt hierbei nach, wie sich die Situation bei den Ferienwohnungen seit Vorstellung der Thematik in der Ausschusssitzung im November entwickelt hat, da insbesondere Nordneukölln noch immer ein Hotspot für Ferienwohnungen ist. Herr Hinz muss an dieser Stelle auf die geringe Zahl an Mitarbeiter*innen verweisen, wodurch dies nicht tagtäglich im Fokus stehen kann. Gleichwohl ist die Beobachtung, dass die Mehrzahl an angebotenen Ferienwohnungen noch immer ohne Registrierungsnummer oder sogar mit einer fiktiv erstellten Registrierungsnummer inseriert wird.

 

Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen bedankt sich die Vorsitzende für den ausführlichen Bericht zum Stand der Zweckentfremdung und schließt den Tagesordnungspunkt.


 
 

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