Auszug - Vorstellung Kinderschutzambulanz  

 
 
25. öffentliche Sitzung des Gesundheitsausschusses
TOP: Ö 4
Gremium: Gesundheitsausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 03.05.2016 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Vivantes Klinikum Neukölln Mutter-Kind-Zentrum
Ort: Kormoranweg 45, 12351 Berlin
 
Beschluss

Anlässlich dieses Tagesordnungspunktes führt Frau Gebhardt aus, dass dieser Tagesordnungspunkt aufgenommen wurde, da im Rahmen der Vorstellung des Neuköllner Gesundheitsberichts in der vergangenen Sitzung deutlich wurde, dass in Neukölln eine hohe Säugli

 

Anlässlich dieses Tagesordnungspunktes führt Frau Gebhardt aus, dass dieser Tagesordnungspunkt aufgenommen wurde, da im Rahmen der Vorstellung des Neuköllner Gesundheitsberichts in der vergangenen Sitzung deutlich wurde, dass in Neukölln eine hohe Säuglingssterblichkeitsrate vorliegt. Sie bittet Herrn Prof. Dr. Rossi hierzu um einige erläuternde Worte zu möglichen Gründen und Hinweise zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit. Dieser informiert die Anwesenden zunächst darüber, dass die Säuglingssterblichkeit die Zahl der Todesfälle bei Kindern unter einem Lebensjahr in einem bestimmten Jahr je 1 000 Lebendgeburten ist. Die frühe Sterblichkeit bezieht sich auf den Tod von Kindern während der ersten vier Lebenswochen. Die späte Sterblichkeit bezieht sich auf die Todesfälle, die zwischen dem zweiten und dem zwölften Lebensmonat eintreten. Herr Prof. Dr. Rossi macht deutlich, dass die nordeuropäische Familienpolitik ziemlich vorbildlich ist und hier noch das ein oder andere abgeschaut werden könnte. So zeigt ein Vergleich mit Schweden und Finnland zum Beispiel, dass eine flächendeckende Versorgung durch wenige dafür aber größere Geburtskliniken gut gelingen kann.

 

Zu den statistischen Zahlen informiert Herr Prof. Dr. Rossi, dass für Neukölln hinsichtlich der Säuglingssterblichkeitsrate auch einen statistischen Effekt gibt, denn das Vivantes Krankenhaus Neukölln ist die einzige Geburtsklinik in Neukölln und betreut gezielt Risikogeburten. Hierfür ist es ausgelegt. Alle in dieser Klinik geborenen Kinder gelten damit in der Statistik als Neuköllnerinnen und Neuköllner. Die Säuglingssterblichkeit hat viele verschiedene Ursachen. So sind zum Beispiel Frühgeburten, ein geringes Geburtsgewicht und Fehlbildungen ein Risikofaktor. Aber auch die sozialen Bedingungen von Müttern und Neugeborenen, das soziale Umfeld, der individuellen Lebensstil sowie der Bildungsstand sind in diesem Zusammenhang nicht unbedeutend. Es ist daher aus Sicht vor Herrn Prof. Dr. Rossi besonders wichtig, die Frauen dazu zu bewegen die Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wahrzunehmen, um Risikosituationen frühstmöglich zu erkennen. Die Stellschrauben zur Senkung der Säuglingssterblichkeitsrate sind daher Bildung, Prävention und Rücksicht auf Schwangerschaft an sich. Er macht aber auch deutlich, dass eine politische Gesundheitsstrukturplanung wichtig ist, in der festgelegt werden sollte, welche Klinik welchen Schwerpunkt hat und das entsprechende Abrechnungsverfahren auch angepasst wird. Am Vivantes Klinikum Neukölln wurde bereits während der Planungen der Geburtsstation berücksichtigt, dass hier gezielt Risikogeburten stattfinden und gut betreut werden können. In diesem Zusammenhang informiert Herr Prof. Dr. Rossi auch über das Angebot der „Elternschule“ vor Ort. Die Elternschule richtet sich an Familien, mit Neugeborenen und Frühgeborenen Kindern, die in der Kinderklinik des Vivantes Klinikums betreut werden. Hier werden Eltern auf Ihrem Weg durch die Klinikzeit begleitet und durch hilfreiche Informationen und praktische Anleitung auf die Zeit zu Hause vorbereitet.

 

Auf Nachfrage von Frau Hall-Freiwald teilt Herr Prof. Dr. Rossi mit, dass der plötzliche Kindstod zurück gegangen ist. Dies ist unter anderem auf die Identifikation der Rückenlage des Säuglings als entscheidend zurückzuführen. Alle Eltern erhalten vor der Entlassung aus der Klinik umfangreiche Informationen zur Schlafsituation der Säuglinge.

 

Anschließend erläutert Herr Prof. Dr. Rossi auf Nachfrage von Frau Stromeier, dass häufige Ursachen für die Säuglingssterblichkeit unter anderem Frühgeburten, ein geringes Geburtsgewicht, schwere Fehlbildungen und zu spät erkannte Infektionen sind. Das fehlende Wissen um vorhandene Notfallsysteme mit ihren entsprechenden Rufnummern stellt im Übrigen ebenfalls ein Problem dar.

 

Frau Stromeier regt im Folgenden eine Elternschulung für alle werdenden Eltern an. Hierzu informiert Frau Gloeden über die Möglichkeit entsprechende Kurse an Krankenhäusern besuchen zu können, was jedoch aus der eigenen Motivation der Eltern heraus passieren muss, da diese Kurse nicht aktiv an die werdenden Eltern herangetragen werden.

 

Anschließend macht Herr BzStR Liecke auf die besondere Bedeutung der Früherkennungsuntersuchungen aufmerksam, da hier in den ersten Lebensmonaten Entwicklungsauffälligkeiten festgestellt werden können. Im vergangenen Kalenderjahr wurden 674 Familien von Neugeborenen im Rahmen von insgesamt 4.160 Hausbesuchen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes nicht erreicht. Dies ist ein sehr gutes Ergebnis, zeigt aber auch, dass 674 Kinder nicht gesehen werden. Bei den in Rede stehenden Hausbesuchen handelt es sich jedoch um ein rein freiwilliges Angebot. Die Früherkennungsuntersuchungen hingegen könnten aus seiner Sicht verbindlich mit Sanktionsmöglichkeit der Eltern bei Nichtteilnahme werden. Herr Prof. Dr. Rossi informiert in diesem Zusammenhang darüber, dass in Nordeuropa Früherkennungsuntersuchungen nicht bei einem Arzt durchgeführt werden, sondern Krankenschwestern die Familien zu Hause aufsuchen. Herr BzStR Liecke macht hierzu deutlich, dass dort auch die entsprechenden Zugänge in die Familien geregelt und ermöglicht sind. Dies gilt für Deutschland nicht.

 

Anschließend begrüßt Frau Gebhardt Herrn Prof. Saling. Dieser berichtet über die Arbeit des Erich Saling-Instituts für Perinatale Medizin e.V. Dies leistet seit Jahren einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Schwangeren-Vorsorge, insbesondere bei der Vermeidung von späten Fehlgeburten und Frühgeburten. Außerdem dient das Institut als überregionales Beratungszentrum zur Vermeidung von Frühgeburten. Er hat ein Selbstversorgungsprogramm entwickelt, dass Infektionen während der Schwangerschaft, die zu vorzeitigen Wehen, einem Blasensprung und somit zu einer Frühgeburt führen können, frühzeitig erkannt werden können. Ein großer Anteil der Frühgeburten wird nämlich durch aus der Scheide aufsteigende Infektionen verursacht. Deshalb sollte im Rahmen einer Schwangerschaft regelmäßig auf Anzeichen von Störungen der Scheidenflora oder von Infektionen geachtet werden. Während der Frauenarzt die Schwangere im Allgemeinen nur alle vier Wochen im Rahmen der üblichen Schwangeren-Vorsorge-Maßnahmen betreut, kann sich die Schwangere mit Hilfe eines Handschuhs und eines entsprechenden Teststreifens selber zu Hause etwa alle drei bis vier Tage überwachen, so dass die Chancen, Gefahren sehr viel früher zu erkennen, viel größer sind. Dieses Programm wurde bereits flächendeckend in Thüringen eingesetzt, wodurch die Säuglingssterblichkeit um 30% bis 50% gesenkt werden konnte.

 

Frau Hall-Freiwald bittet um Mitteilung, wie kostenintensiv dieses Programm für die Schwangere ist. Herr Prof. Saling erörtert hierzu, dass er jede interessierte Schwangere zunächst an ihre Krankenversicherung verweisen würde, um eine Kostenübernahme zu klären. Sollte diese nicht möglich sein, ist es für die schwangere Frau möglich, das Programm über das Institut kostengünstiger zu bekommen. Hierbei verpflichtet sie sich jedoch zu einer Rückmeldung über den Verlauf der Schwangerschaft an das Institut. Das Testprogramm für die gesamte Schwangerschaft kostet regulär rund 50,00 Euro.

 

Anschließend informiert Herr BzStR Liecke die Anwesenden darüber, dass er bereits einen gemeinsamen Brief mit Herrn Prof. Saling an alle niedergelassenen Gynäkologen im Bezirk geschrieben hat, in dem über dieses Angebot berichtet wurde. Obwohl mit diesem Schreiben auch das Angebot verknüpft war ein entsprechendes Paket zu schnüren, gab es keine einzige Rückmeldung seitens der Gynäkologen. Herr Priv.-Doz. Dr. Schlembach, Chefarzt der Geburtsmedizin, regt an, dieses Angebot über eine Schwangerschaftsapp bekannt zu machen. Herr BzStR Liecke informiert in diesem Zusammenhang darüber, dass in der gesundes- neukölln App bereits die Schwangerschaftsberatung Lydia und Hinweise zum Muttermund-Verschluss enthalten. Man muss jedoch gezielt danach suchen. Hierzu erläutert Herr Prof. Saling, dass in Fällen von sich wiederholenden Spätaborten und Frühgeburten der frühe totale Muttermund-Verschluss die effektivste Maßnahme in Form einer Prävention darstellt.

 

Hinsichtlich der Bekanntmachung des Testprogramms von Herrn Prof. Saling regen die Anwesenden an, entsprechende Informationsmaterialien im Jobcenter vorzuhalten, da dort die Schwangeren einen Mehrbedarf beantragen und somit frühzeitig angesprochen werden können. Auch Radio und Fernsehwerbung sowie die Ansprache von Apotheken werden in diesem Zusammenhang genannt.

 

Da keine weiteren Fragen vorliegen, beendet Frau Gebhardt diesen Tagesordnungspunkt.

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