Drucksache - 2225/V
Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:
(Text siehe Rückseite) Bezirksamt Mitte von Berlin Datum: 25.06.2020 Stadtentwicklung, Soziales und Gesundheit Tel.: 44600
Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 2225/V Mitte von Berlin
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Vorlage - zur Kenntnisnahme -
über
EU-Bürger*innen haben Anspruch auf Unterbringung nach ASOG
Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:
Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 28.05.2020 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 2225/V):
Das Bezirksamt wird ersucht, zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit bei Anträgen von EUBürger*innen auf eine menschenwürdige Unterbringung bzw. eine menschenwürdige Wohnung diese ab sofort nach ASOG unterzubringen und dabei das Urteil des Landessozialgerichts vom 11.7.2019 zugrunde zu legen und einzuhalten. Leitsatz 1 dieses Urteils (Aktenzeichen L 15 SO 181/18) besagt: „Unionsbürger ohne objektiv bestehendes materielles Aufenthaltsrecht haben so lange Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, wie die Ausländerbehörde gegen sie keine bestandskräftige und weiterhin wirksame Ausweisungsverfügung erlassen hat, die mit einem Einreise- und Aufenthaltsverbot verknüpft ist.“ Das Bezirksamt wird aufgefordert, dazu kurzfristig eine Klarstellung der dazu erforderlichen Finanzierung beim Senat herbeizuführen.
Das Bezirksamt hat am .06.2020 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:
In der Drucksache 2225/V werden mit der Bezugnahme auf das Urteil des Landessozialgerichts vom 11.07.2019 (AZ: L 15 SO 181/18) zwei Rechtskreise miteinander vermischt, die unabhängig voneinander zu betrachten sind: die Unterbringung von EU-Bürger*innen und die Gewährung von Überbrückungsleistungen für EU-Bürger*innen. Überbrückungsleistungen werden nach § 23 Abs. 3/3a SGB XII gewährt. Nähere Vorgehensweisen dazu ergeben sich aus dem Rundschreiben Soz Nr. 04/2017 über Leistungen nach dem SGB XII für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger und deren Familienangehörige sowie aufenthaltsrechtlich gleichgestellte Personen aus der Schweiz und aus den Staaten des Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) Norwegen, Liechtenstein und Island mit Änderungen vom 12. November 2019 (https://www.berlin.de/sen/soziales/service/berliner-sozialrecht/kategorie/rundschreiben/2017_04-613035.php). Im Rahmen der Corona-Pandemie folgt das Amt für Soziales gegenwärtig der Empfehlung der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales und gewährt Unionsbürger*innen auf Antrag Überbrückungsleistungen bei akuter Mittellosigkeit. Die Leistungen werden zunächst bis 30.06.2020 gewährt. Im Normalfall werden die Überbrückungsleistungen (Geldleistungen) nach dem Gesetz für einen Monat gewährt, um den EU-Bürger*innen die Möglichkeit der Vorbereitung ihrer Aus-/Rückreise in das Heimatland zu gewähren. Das oben genannte Urteil des Landessozialgerichts beinhaltet, dass die Überbrückungsleistungen im besonderen Härtefall (wie schwerwiegender Krankheit, Schwangerschaft, etc.) über einen Monat hinaus gewährt werden können. Dagegen ist das Rechtsmittel der Revision beim Bundessozialgericht in Kassel anhängig, um zu klären, ob diese Ausweitung noch verfassungskonform ist, weil das Sozialrecht diese Ausweitung gerade nicht vorsieht.
Davon weiterhin völlig unabhängig zu betrachten ist die Unterbringung von EU-Bürger*in-nen. Die Bezirksämter sind gemäß § 2 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG Bln) i. V. m. Nr. 19 Zuständigkeitskatalog des ASOG Bln verantwortlich für die Ordnungsaufgaben bei Obdachlosigkeit, soweit keine Zuständigkeit für Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Ausländerinnen und Ausländer beim Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) besteht. Diese Ordnungsaufgabe der Bezirksämter gehört gemäß Nr. 19 Zuständigkeitskatalog des ASOG Bln zum Gebiet des Sozialwesens. Die Unterbringung nach §17 ASOG fällt damit in die Zuständigkeit der Sozialen Wohnhilfe des Amtes für Soziales Mitte und wird auch in dem bereits oben genannten Rundschreiben Nr. 04/2017 mit Änderungen vom 12.11.2019 näher geregelt. Am Ende des Abschnitt II 7. a dieses Rundschreibens wird dazu unabhängig von einer Rückkehroption ins Heimatland und damit von der Gewährung von Überbrückungsleistungen nach § 23 SGB XII für die Ordnungsrechtliche Unterbringung nach dem ASOG Folgendes bestimmt: „Personen, die obdachlos sind oder denen die Obdachlosigkeit droht und diesen Umstand nicht aus eigenen Kräften und Mitteln in zumutbarer Weise und Zeit abwenden können, haben – unabhängig von dem Bestehen eines Anspruchs auf Überbrückungsleistungen (mit oder ohne Vorliegen eines Härtefalls) oder sonstiger sozialhilferechtlicher Ansprüche – einen ordnungsrechtlichen Unterbringungsanspruch nach dem Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz – ASOG Bln). Dies gilt ebenso für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger. Auf eine Rückkehroption in das Herkunftsland kommt es nicht an.“
Damit erfolgt die Unterbringung ausschließlich nach den Voraussetzungen des §17 ASOG, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder eine spezifizierte akute Gefahr für die körperliche Unversehrtheit einer Person besteht. Diese Praxis führte im Zeitraum vom 16.03.2019 bis 02.06.2019 und in dem entsprechenden Vergleichszeitraum im Jahr 2020 zu folgenden Erstunterbringungen nach ASOG:
Bei einer ordnungsbehördlichen Unterbringung nach dem ASOG besteht allerdings kein Anspruch auf Vermittlung einer Wohnung. Die Unterkunft muss lediglich geeignet sein, eine akute Gefahr von der Person abzuwenden, was durch die Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft gewährleistet ist.
A) Rechtsgrundlage:
§ 13 i.V. mit § 36 BezVG
B) Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:
a. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:
keine b. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:
keine
Berlin, den 25.06.2020
Bezirksbürgermeister von Dassel Bezirksstadtrat Gothe
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