Drucksache - 1031/V  

 
 
Betreff: Endlich Lösungen für den Kiez um die Kurfürstenstraße
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der SPDBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Matischok, Fischer 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
   Beteiligt:Fraktion der CDU
   Fraktion der FDP
   Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
22.02.2018 
15. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
24.01.2019 
24. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVE-STREAM) mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
3. Austausch Antrag SPD, Grüne, CDU, FDP vom 20.02.2018
4. Beschluss vom 22.02.2018
5. VzK ZB vom 15.01.2019
5. Anlage

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

(Text siehe Rückseite)

 


Bezirksamt Mitte von BerlinDatum:15.01.2019

Ordnung, Personal und FinanzenTel.:32200

Bezirksbürgermeister

BezirksverordnetenversammlungDrucksache Nr.: 1031/V

Mitte von Berlin


Vorlage -zur Kenntnisnahme-

über

„Endlich Lösungen für den Kiez um die Kurfürstenstraße“

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 22.02.2018 folgende Anregung an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 1031/V)

 

„Das Bezirksamt wird ersucht, in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, einen zeitnah umsetzbaren Maßnahmenkatalog für Verbesserungen der Situation in dem von den Begleiterscheinungen der Prostitution geprägten Kiez rund um die Kurfürstenstraße und den dazugehörigen Straßenstrich zu erarbeiten. Neben den Vorschlägen aus dem Stadtteil-Forum Tiergarten Süd vom Januar sollen auch die Vorschläge, Erfahrungen und Lösungsansätze aus Tempelhof-Schöneberg, u.a. aus dem Projekt „Nachbarschaft und Straßenprostitution“ berücksichtigt werden. Eine Zusammenarbeit mit dem Senat und dem Runden Tisch Prostitution sollen ebenfalls angestrebt werden.
Alle diesbezüglichen Vorschläge sollen ergebnisoffen geprüft werden und, soweit sich eine Umsetzbarkeit schwierig gestaltet, Umsetzungsalternativen im Sinne der jeweiligen Zielrichtung erarbeitet werden. Dieser Maßnahmenkatalog soll vor Verabschiedung als Vorlage zur Kenntnisnahme mit den Ausschüssen der Bezirksverordnetenversammlung als gemeinsame Sondersitzung der Ausschüsse UNVG, WAOG, Soziale Stadt und dem Hauptausschuss beraten werden. Dafür ist auch die Durchführung einer gemeinsamen Sitzung mit Mitgliedern der BVV Tempelhof-Schöneberg anzustreben.
Das Bezirksamt soll neben den Erkenntnissen aus bisherigen Maßnahmen der Bürger*Innenbeteiligung auch auf die Erfahrungen und Kenntnisse der Anwohner*innen, der Anlieger, der im Kiez aktiven Träger sowie Vertreter*innen des Straßenstrichs zurückgreifen, um ein gutes und konfliktfreies Zusammenleben aller Beteiligten zu ermöglichen. Entsprechend sind alle diese Akteure zu o.g. Sondersitzung einzuladen. Eventuell notwendige bauliche Maßnahmen sollen mit ausreichenden finanziellen Mitteln untersetzt werden.
Eine Beratung des Maßnahmenkatalogs vor Ende April ist anzustreben.“

 

Das Bezirksamt hat am 15.01.2019 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Zwischenbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

Das Bezirksamt bedauert, dass zwar in einer Vielzahl von Diskussionen mit der Bezirksverordnetenversammlung und der Öffentlichkeit der Arbeitsstand zur Kurfürstenstraße berichtet wurde, jedoch bisher auf die Vorlage einer Vorlage zur Kenntnisnahme verzichtet wurde.

 

Daher wird mit der vorliegenden Information der gesamte bisherige Informationsstand einschließlich der Anfang 2018 durchgeführten Umfrage dargestellt.

Ziel dieser Vorlage zur Kenntnisnahme ist die Darstellung eines vollständigen Sachstands und die Verständigung über weitere Vorschläge für das weitere Vorgehen in den nächsten Monaten. Wir stellen hier die Aktivitäten dar, die das Bezirksamt Mitte, oft gemeinsam mit dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg seit durchgeführt hat und weiterhin durchführt.

 

Die Vorlage ist in diesem Sinne in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung, Gleichstellung und Europa der Bezirksverordnetenversammlung am26.11.2018 als Diskussionsgrundlage eingebracht und auf der Grundlage der Diskussion angepasst worden.

Die Vorlage enthält den Anhang „Liste der Maßnahmen, zur Verminderung der Begleiterscheinungen des Straßenstriches“ seit 2005. Wir haben uns bemüht eine vollständige Auflistung zu erstellen.

 

 

1. Ausgangslage Ende 2017/Anfang 2018

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat mit dem Beschluss über den Bezirkshaushaltsplan 2018/2019 jeweils 100.000 eingestellt. Der Sperrvermerk lautet:

 

„Im Haushaltsjahr 2018 und 2019 sind jeweils 100.000 Euro gesperrt. Die Freigabe durch den Hauptausschuss der BVV erfolgt unter der Bedingung der Vorlage eines umsetzbaren Konzeptes für die Einführung des Platzmanagements im Bereich Kurfürstenstraße.“

 

Aus mehreren bürgerschaftlichen Gremien, die sich teilweise nur zur Beschäftigung mit dem Thema Prostitution gegründet haben, liegt eine Vielzahl von Bestandsaufnahmen und Maßnahmenvorschlägen vor, die nur teilweise übereinstimmen.

Angesichts der großen Summe, die die Bezirksverordnetenversammlung zur Verfügung gestellt haben, hielt das Bezirksamt eine vollständige Bestandsaufnahme der möglichen Problembereiche im südlichen Teil der Bezirksregion für erforderlich.

 

2. Bevölkerungsbefragung in Tiergarten-Süd

 

Im Ergebnis wurde eine Befragung der Bevölkerung ab 16 Jahren im Bereich zwischen Lützowplatz, Landwehrkanal und der Bezirksgrenze zu Tempelhof-Schöneberg und Friedrichshain-Kreuzberg durchgeführt. Die Bevölkerungsbefragung der gesamten gemeldeten Wohnbevölkerung diente dazu, die Einstellung und Prioritäten der Bevölkerung in die Diskussion einzubringen. Auch die Menschen, die sich bisher nicht an den öffentlichen Diskussionen oder bürgerschaftlichen Arbeitsgruppen beteiligt haben, sollten Ideen und Anregungen in die Diskussion eingebracht werden können.

 

2.1 Durchführung der Befragung

 

In der Zeit vom 01. bis 26. Februar 2018  waren 6.960 Bewohnerinnen und Bewohner in Tiergarten-Süd aufgerufen, sich an einer Befragung zur Situation im Kurfürstenkiez zu beteiligen.

 

Die Befragten leben zwischen Lützowplatz und Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße im Westen und der Bezirksgrenze an der Flottwellstaße im Osten und zwischen Landwehrkanal (Schöneberger Ufer) und der Bezirksgrenze an der Kurfürstenstraße im Süden.

Befragt wurden alle Personen über 16 Jahren unabhängig von der Staatsangehörigkeit und damit auch der Wahlberechtigung zum Deutschen Bundestag oder der Bezirksverordnetenversammlung, die jüngsten Befragten waren damit 16 Jahre alt, die älteste Befragte im Gebiet 107 Jahre.

 

An die Befragten wurde mit einem personalisierten Anschreiben von Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel ein Fragebogen versandt. Dieser war mit einem personalisierten Online-Code versehen. Damit konnten sich die Befragten entweder online oder handschriftlich auf dem Fragebogen an der Befragung beteiligen. Der Fragebogen konnte bei der Stadtteilbibliothek Tiergarten-Süd in der Lützowstraße abgegeben werden, so dass mit der Beteiligung an der Umfrage keinerlei Kosten verbunden waren.

 

672 der persönlichen Briefe mit dem Fragebogen konnten nicht zugestellt werden. Dies entspricht einem Anteil von 9,7 Prozent.

Zum Vergleich waren Informationen zu den Berlin-Wahlen 2017 recherchiert worden: Danach hatte Berlin-Mitte insgesamt 204.769 Wahlberechtigte, nach Rückmeldung der Landeswahlleiterin waren dort 15.698 Wahlbenachrichtigungen nicht zustellbar. Dies entspricht ca. 7,66  Prozent der versendeten Benachrichtigungen.

 

Einzelne Nachfragen von Bürger_innen zu nicht zugestellten Fragebögen wurden durch die erneute Zusendung des zurückgesandten Fragebogens befriedigt.

 

2.2 Entwicklung des Fragebogens

 

Der Fragebogen wurde im Oktober und November 2017 durch Herrn M. Döring, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management der Universität Potsdam gemeinsam mit dem Bezirksamt Mitte entwickelt.

 

Im Rahmen des politischen Abstimmungsprozesses wurde der Fragebogen sowohl der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (Fachausschuss: Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung und Gleichstellung) als auch dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg vor der Durchführung der Befragung zur Verfügung gestellt und in einzelnen Bereichen entsprechend verändert.

 

2.3 Einhaltung des Datenschutzes

 

Jeder Fragebogen wurde mit einem Online-Code und hinsichtlich der Reihenfolge der erfragten Störungen bzw. der Bewertung der vorgesehenen Maßnahmen mit einer veränderten Reihenfolge versehen.

 

Der Online-Code dient dazu, dass eine Beteiligung auch auf der Homepage der Universität Potsdam möglich war. Dabei wurde dieser Online-Code zu keinem Zeitpunkt mit den Personen- und Adressdaten verknüpft. Das personalisierte Anschreiben und der mit dem Code versehene Fragebogen wurden erst in dem Augenblick des Kuvertierens zusammengebracht. Diese Informationen sind nicht notiert worden und können nicht nachvollzogen werden. Damit wurde die Anonymität der Befragten sichergestellt.

 

 

3. Ergebnisüberblick

 

3.1 Die Befragungsergebnisse sind repräsentativ

 

Insgesamt haben sich 1.112 Personen an der Befragung beteiligt. Einige weitere Fragebögen gingen erheblich nach dem Ende des Befragungszeitraums beim Bezirksamt Mitte ein und konnten nicht mehr berücksichtigt werden. Bei 6.960 angeschriebenen Personen und davon 672 nicht zustellbaren Briefen ergibt sich damit eine Beteiligung von 17,7 Prozent.

Zehn Datensätze aus der Online-Befragung enthalten keine Eingaben, sie wurden bei der weiteren Auswertung nicht berücksichtigt.

 

Die Verteilung der Befragten hinsichtlich der Merkmale Geschlecht, Straße und „Migrationshintergrund“ entspricht der Verteilung in der Gesamtgruppe, daher kann davon ausgegangen werden, dass die getroffenen Aussagen repräsentativ sind:

 

Sowohl bei den Anwohnenden als auch bei den Antwortenden gibt es mehr Männer als Frauen. In der Gruppe der Befragten sind 54,0 Prozent Männer und 46 Prozent Frauen gemeldet. Bei den Antwortenden geben 51,7 Prozent an, männlich zu sein, 45,7 Prozent sind weiblich, 1,7 Prozent haben „Keine Angaben“ angekreuzt und 0,8 Prozent machten keine Angaben.

 

Auch hinsichtlich des Migrationshintergrunds sind die Antwortenden repräsentativ für den Kiez. Es wurden zwei Fragen gestellt, die sich auf die Migrationsgeschichte der Befragten bezogen. So wurde gefragt, inwieweit die deutsche Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Geburt oder später erworben wurde. Weiterhin wurde erfragt, inwieweit die Eltern im Ausland geboren wurden. Dies stellt eine deutlich vereinfachte Frage im Vergleich zur Definition des Migrationshintergrunds nach § 2 des Partizipations- und Integrationsgesetz des Landes Berlin dar.

 

Das Bezirksregionenprofil Tiergarten-Süd aus dem Jahr 2016 gibt für insgesamt 13.938 Einwohner_innen in der Bezirksregion einen Anteil von 43,5 Prozent Deutsche ohne Migrationhintergrund an, weiterhin 21,0 Prozent Deutsche mit Migrationshintergrund und 35,5 Prozent Ausländer_innen. Hinsichtlich der Verteilung zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund ist die Befragung damit repräsentativ, bei einer Verschiebung innerhalb der Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund zugunsten der Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit.

 

3.2 Identifikation mit dem Kurfürsten-Kiez

 

Während die Befragung hinsichtlich der soziodemographischen Daten und der Verteilung auf die Straßen repräsentativ ist, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Befragten sehr mit dem Kiez identifizieren und sich mehrheitlich Menschen beteiligt haben, die seit vielen Jahren im Kiez leben. Dagegen kann eine geringere Beteiligung von Menschen unterstellt werden, die kürzer im Kiez wohnen.

3.3 Großes Wohlfühlen im Kiez – aber kein Kiez, wo man den Tag verbringt

 

Mit der Wohndauer und der Altersstruktur der Antwortenden könnte daher im Zusammenhang stehen, dass insgesamt 80 Prozent der Befragten der Aussage „Ich fühle mich wohl in meiner Wohnung/meinem Haus“ entweder voll und ganz oder überwiegend zustimmen.

Ebenfalls über 50 Prozent stimmen der Aussage „Ich fühle mich wohl in meiner Nachbarschaft/meinem Kiez“ überwiegend oder voll und ganz zu, dies ist also ein deutlich niedrigerer Wert.

 

Noch stärker fällt die Zustimmung zu der Aussage „Außerhalb meiner Wohnung verbringe ich den größten Teil meiner Freizeit“ dahinter zurück. Weniger als zehn Prozent stimmen dieser Aussage voll und ganz zu. Insgesamt teilen weniger als 20 Prozent der Befragten diese Aussage überwiegend.

Es kann vermutet werden, dass in anderen Teilen von Mitte diese Aussage vollkommen anders bewertet wird und ein wesentlich größerer Teil der Menschen ihre Freizeit auch in ihrer unmittelbaren Wohnumgebung verbringen.

 

3.4 Kein Umzugswunsch bei den Befragten

 

Die vermutete Identifikation der Befragten mit dem Kurfürstenkiez zeigt sich am deutlichsten in der Frage, ob sie konkret einen Umzug planen.

Auch wenn ein veränderter Wohnungsmarkt in der letzten Zeit sicher viele Umzugswünsche auf die lange Bank geschoben hat, sind rund 56 Prozent der Befragten sicher, dass sie „gar nicht“ umziehen wollen.

Das entspricht einer hohen Zufriedenheit einer langjährigen Bevölkerung mit „ihrem“ Kiez, in dem sie wohnen und wohnen bleiben wollen und gibt auch ihren Wünschen nach Veränderungen einen notwendigen Nachdruck.

 

3.5 Sauberkeit und Sicherheit als wichtigste Wünsche für die Befragten

 

Um die persönlichen Prioritäten der Anwohnenden hinsichtlich des Kurfürstenkiez kennenzulernen, wurde erfragt, welche Gründe es für einen Umzug geben könnte.

Insgesamt wurden dazu neun Optionen angeboten, die eine Umzugsmotivation begründen könnten. Dabei wurden sowohl unmittelbare Belange der Wohnung (günstiger, besser) oder andere externe Faktoren (familiäre oder berufliche Gründe) erfragt.

Fast alle Faktoren erreichten geringfügig abweichende Mittelwerte zwischen 2,4 und 2,6; lediglich die „Sauberere Nachbarschaft“ (3,1) und die „sicherere Nachbarschaft“ (3,0) erreichten deutlich höhere Werte und sind für die Menschen in Tiergarten Süd bedeutend.

 

3.6 Polarisierung bei der Prostitution

 

Eine Besonderheit bei der Befragung stellt die hohe Polarisierung der Antworten hinsichtlich der Prostitution dar. Hier muss vermutet werden, dass die Bewertung der Prostitution nach der langen Geschichte im Kiez und den intensiven Diskussionen alleine in den vergangenen zehn Jahren die Antworten beeinflusst.

 

Stellt man die Antworten zu den Störfaktoren „Müll“ und „öffentlicher Vollzug von Geschlechtsverkehr“ einander gegenüber, wird deutlich, dass nur bei den prostitutionsbezogenen Störungen fast genauso viele Menschen sich nicht gestört fühlen, wie sich auf der anderen Seite gestört fühlen.

 

3.7 Wovon fühlen sich die Anwohner_innen im Kurfürsten-Kiez gestört?

 

Insgesamt wurden zwölf Störfaktoren ausgewählt, von denen drei unmittelbar mit Prostitution im Zusammenhang stehen. Dagegen sind Lärm, Baustellen, Bettelei oder Müll typische Probleme, die auch in vielen anderen Bereichen der Stadt feststellbar sind.

Diese Störfaktoren konnten jeweils auf einer fünfstufigen Skala zwischen „gar nicht“ über „teils/teils“ bis zu „voll und ganz“ bewertet werden.

Wichtigste Störfaktoren sind „öffentlicher Vollzug von Geschlechtsverkehr“ (35,3 Prozent), Müll (33,7 Prozent), Fäkalien (29,2 Prozent) und Ansprache durch Sexarbeitende (29 Prozent).

Bei den beiden genannten Störfaktoren, die im Zusammenhang mit Prostitution stehen, geben jeweils rund 30 Prozent an, dass sie sich „gar nicht“ gestört fühlen. Damit ergibt sich eine klare Polarisierung bei dieser Beantwortung.

 

3.8 Zwischen 22 Uhr und Mitternacht fühlen sich 60 Prozent der Anwohnenden gestört

 

Die Befragten konnten jeweils Zeitfenster auswählen, zu denen sie sich gestört fühlten. Diese Zeitfenster umfassten zwischen zwei und sechs Stunden und orientierten sich an den Belangen insbesondere von Kindern und Jugendlichen.

So werden die stärksten Störungen zwischen 22 Uhr und Mitternacht wahrgenommen, in diesem Zeitraum geben 59 Prozent an, dass sie sich gestört fühlen. Auch zwischen 20 und 22 Uhr fühlen sich 49 Prozent gestört.

Jeweils rund 40 Prozent geben an, dass sie sich zwischen 16 und 20 Uhr bzw. Mitternacht und 6 Uhr morgens gestört fühlen.

Das deutlich niedrigere Gefühl, gestört zu werden, das die Befragten tagsüber berichten, wird darauf zurückgeführt, dass die meisten Befragten sich tagsüber nicht im Gebiet aufhalten.

 

3.9 Welche Maßnahmen halten die Anwohner_innen im Kurzfürsten-Kiez für wünschenswert?

 

Rund 60 Prozent der Befragten stimmen den Aussagen „Festlegen eines Gebietes, in dem Prostitution auf der Straße verboten ist“ (59,0 Prozent) sowie „Kontrolle der Sexarbeitenden“ (57,0 Prozent) voll und ganz zu.

Etwa 50 Prozent stimmen voll und ganz den Aussagen „Festlegen von Zeiten, zu denen Prostitution auf der Straße verboten ist“ (52,6 Prozent), „Feste Orte für die Straßenprostitution schaffen“ (50,8 Prozent) und „Mehr Präsenz der Polizei“ (48,8 Prozent) zu.

 

Die genaue Ausrichtung der Wünsche, wie Orte und Zeiten festgelegt werden sollen, wird teilweise aus den Vorschlägen der Befragten deutlich, stellt aber ein sehr großes Spektrum möglicher Maßnahmen dar. So kann die Festlegung eines Gebietes beispielsweise die Berücksichtigung von Kinder- und Jugendeinrichtungen oder aus der Sicht der Antwortenden die Ausweisung eines berlinweiten Sperrgebietes bedeuten, für das es in Berlin derzeit keine Rechtsgrundlage gibt.

Eindeutig abgelehnt wurde „Mehr Aussprache zwischen Sexarbeitenden und Anwohnenden“ (14,2 Prozent für voll und ganz), eine Ursache könnte sein, dass sich mehrere Projekte in der Vergangenheit darauf konzentriert hatten, ohne eine Verbesserung der Gesamtsituation spürbar wurde. 

 

4. Einzelauswertungen verschiedener Teilnehmendengruppen

 

Die nachfolgend präsentierten Auswertungen wurden in der Vergangenheit noch nicht öffentlich präsentiert, waren jedoch Gegenstand der Überlegungen des Bezirksamtes.

 

4.1 Einzelauswertung der Gruppen Anwohnende mit Migrationsgeschichte und Anwohnende ohne Migrationshintergrund

 

Für diese Einzelauswertung wurden die Daten anhand der Fragen zur Staatsbürgerschaft der Teilnehmenden, sowie des Geburtsortes der Eltern, aufgeschlüsselt. So werden hier jeweils die Gruppe ohne Migrationshintergrund und die Gruppe mit Migrationsgeschichte betrachtet.

 

Als ohne Migrationshintergrund (kein MgH) wird ein Umfrageteilnehmer eingestuft, wenn angegeben wird, dass die deutsche Staatsbürgerschaft seit der Geburt besessen wird, sowie die Eltern ebenfalls in Deutschland geboren wurden. Dies trifft auf 484 Teilnehmende zu.

Als Menschen mit Migrationsgeschichte (MgG.) werden alle Personen gezählt, die entweder keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen (122 Teilnehmende), diese später erworben haben (396) oder diese besitzen, aber deren Eltern in einem anderen Land geboren wurden (52). Zusammengenommen werden also 570 Teilnehmende in diese Kategorie eingeordnet.

 

4.1.1 Soziodemographische Merkmale

Ein Drittel der Teilnehmer ohne Migrationshintergrund ist zwischen 46 und 60 Jahren alt (33 Prozent), die anderen beiden stark vertretenen Altersgruppen sind die der 26 bis 35-jährigen, sowie der 36 bis 45-jährigen (beide 23 Prozent). Die Geschlechterverteilung ergibt eine stärkere Beteiligung männlicher Teilnehmer (57 Prozent).

 

Signifikante Unterschiede bei der Aufschlüsselung der eigenen Kinder nach Altersgruppen lassen sich vor allem bei Eltern mit 13- bis 18-jährigen Kindern feststellen: Eltern mit Migrationsgeschichte geben fast doppelt so häufig an, Kinder in dieser Altersgruppe zu haben (7 Prozent im Gegensatz zu 4 Prozent ohne Migrationshintergrund). Noch deutlicher ist dieser Unterschied bei Enkelkindern unter 18, die öfter zu Besuch kommen. Über ein Zehntel der Befragten mit Migrationsgeschichte gibt an, Großeltern zu sein (11 Prozent), während dieser Wert bei den Teilnehmenden ohne Migrationshintergrund nur bei 5 Prozent liegt.

 

4.1.2 Wohlfühlen im Kiez

Fast 90 Prozent der Teilnehmenden ohne Migrationshintergrund leben schon über zwei Jahre im Kiez (2-5 Jahre: 36 Prozent; 5-10 Jahre: 22 Prozent; länger als 10 Jahre: 30 Prozent), bei den Menschen mit Migrationsgeschichte sind die ebenfalls knapp 90 Prozent (2-5 Jahre: 23 Prozent; 5-10 Jahre: 17 Prozent). Besonders hervorzuheben ist wohl, dass nahezu die Hälfte der Anwohnenden dieser Gruppe länger als 10 Jahre in Tiergarten Süd wohnt (47 Prozent).

 

Egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, jeweils über die Hälfte der Antwortenden möchten in ihrem Kiez wohnen bleiben. Jedoch ist eine leicht schwächere Polarisierung bei den Menschen mit Migrationsgeschichte erkennen. Während nahezu 60 Prozent „gar nicht“ planen wegzuziehen (58 Prozent), sagt immerhin fast ein Zehntel (9 Prozent), dass sie sich einen Umzug „voll und ganz“ wünschen. Bei den Anwohnenden ohne Migrationshintergrund antworten die Hälfte (52 Prozent), dass sie „gar nicht“ wegziehen möchten, aber dafür auch fast ein Fünftel, dass sie eher nicht wegziehen wollen (19 Prozent), wobei der Wert für eine „voll und ganz“-Zustimmung nur bei 5 Prozent liegt.

 

4.1.3 Wertigkeiten des Wohnens (Gründe für das Wegziehen)

Auf die Frage, welche Gründe ausschlaggebend für ein Wegziehen aus dem Kiez wären, ähneln sich die Antworten beider Gruppen bei vielen Antwortmöglichkeiten, wie z.B. bei günstigerem oder besserem Wohnraum oder auch einer grüneren Umgebung, bei denen ca. ein Drittel der jeweiligen Gruppe sagt, dass dies „gar nicht“ ausschlaggebend sei.

Die Anwohnenden mit Migrationsgeschichte würden allerdings eher eine „bessere Nachbarschaft“ als Grund für das eigene Wegziehen sehen: Über 40 Prozent antworten hier mit „eher ja“ oder „voll und ganz“ (kumuliert 41 Prozent), im Gegensatz zu nur knapp über einem Drittel, die dies „gar nicht“ oder „eher nein“ als Grund für den eigenen Umzug sehen (35 Prozent). Bei den Teilnehmenden ohne Migrationshintergrund ist dies fast genau umgedreht. Nur ein Drittel sagt „eher ja“ oder „voll und ganz“ (33 Prozent); dementgegen stehen fast die Hälfte der Antworten, die „gar nicht“ oder „eher nein“ sagen (45 Prozent).

 

Sowohl bei dem Item „sauberere Nachbarschaft“, als auch bei „sicherere Nachbarschaft“ ist die Zustimmung bei Anwohnenden mit Migrationsgeschichte erkennbar höher.

Die Items „berufliche Gründe“ und „familiäre Gründe“ werden hingegen von Anwohnenden mit Migrationsgeschichte eher deutlicher abgelehnt, als von Menschen ohne Migrationshintergrund.

 

4.1.4 Störfaktoren

Werden die Antworten zu den Items, die im unmittelbaren Zusammenhang mit Sexarbeitenden stehen, ausgewertet, wird ersichtlich, dass Anwohnende mit Migrationsgeschichte sich durch diese stärker gestört fühlen.

 

Durch „Ansprache durch Sexarbeitende“ fühlt sich immerhin ein Drittel der Menschen mit Migrationsgeschichte „voll und ganz“ gestört (35 Prozent), aber nur ein Viertel der Teilnehmenden ohne Migrationsgeschichte (24 Prozent) sieht dies auch so.

 

Eine noch stärkere Diskrepanz lässt sich bei dem Item „öffentlicher Vollzug von Geschlechtsverkehr“ feststellen. „Voll und ganz“ fühlen sich 43 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund gestört, aber nur 28 Prozent der Anwohnenden ohne Migrationsgeschichte.

 

Nicht ganz so stark, aber doch immer noch erkennbar fällt dieser Unterschied bei der Bewertung des Störfaktors „Gewalt gegen Sexarbeitende“ aus: Über ein Drittel ohne Migrationshintergrund fühlt sich hier „gar nicht“ gestört (37 Prozent), während dieser Wert bei Menschen mit Migrationsgeschichte nur bei knapp über einem Viertel liegt (27 Prozent).

 

Außerdem ist ein genereller Trend zur Polarisierung erkennbar, vergleicht man die Antworten der beiden untersuchten Gruppen zu den abgefragten Störfaktoren. Bei jedem einzelnen Störfaktor ist die „voll und ganz“-Zustimmung bei den Teilnehmenden mit Migrationsgeschichte höher. Zusätzlich zu den oben genannten kann hier besonders auf „Müll“ (um 7 Prozent höher) und „Drogen“ (um 10 Prozent höher) hingewiesen werden.

 

Bei den Störzeiten kann kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. Das eigene Störempfinden beschreiben beide Gruppen zu den gleichen Zeiten ähnlich. Besonders hoch sind die Werte von 20 bis 22 Uhr (beide Gruppen ca. 50 Prozent) und 22 bis 0 Uhr (beide ca. 60 Prozent). Einzige kleinere Ausnahme ist das Zeitfenster von 0 bis 6 Uhr: Fast die Hälfte der Befragten ohne Migrationshintergrund fühlen sich gestört (46 Prozent), während nur unter 40 Prozent der Migranten sich nachts gestört fühlen (38 Prozent).

 

4.1.5 Bewertung der Maßnahmen

Ähnlich den Störfaktoren zeigt auch die Auswertung der Antworten zu den vorgeschlagenen Maßnahmen jeweils eine stärkere (oder zumindest gleich hohe) Zustimmung der Gruppe der Menschen mit Migrationsgeschichte.

Passend zum stärkeren Gefühl der Störung durch mit der Sexarbeit unmittelbar zusammenhängende Faktoren, zeigt sich dies vor allem in der besonders starken Zustimmung zu Sperrgebieten und -zeiten für Prostitution.

Bei der Maßnahme Sperrgebiet liegt die „voll und ganz“-Zustimmung bei über zwei Dritteln (68 Prozent) und damit 15 Prozentpunkte höher als die der Gruppe ohne Migrationshintergrund (53 Prozent). Mit 14 Prozentpunkten ist dieser Abstand bei der Maßnahme Sperrzeiten nur unmerklich geringer (62 Prozent im Vergleich zu 48 Prozent).

 

Etwas geringer, aber doch noch sichtbar ist diese Diskrepanz bei den Maßnahmen „Feste Orte für Straßenprostitution schaffen“ und „Kontrollen der Sexarbeitenden“, bei denen der Unterschied jeweils um die 10 Prozentpunkte beträgt. Besonders deutlich wird die „voll und ganz“-Zustimmung zu mehr Kontrollen, die in der Gruppe der Migrant_innen bei zwei Dritteln liegt (65 Prozent). Bei der Schaffung fester Orte ist diese ebenfalls bei weit über der Hälfte (58 Prozent).

 

Ähnliche hohe Unterschiede (ca. 10 Prozentpunkte bei „voll und ganz“) sind bei den Maßnahmen „Schließdienste für Spielplätze“ und „Mehr Beleuchtung auf Plätzen und um Häuser“ feststellbar, wobei die allgemeine Zustimmung von beiden Gruppen sich hier eher bei der Hälfte der Teilnehmer einpendelt bzw. unter 50 Prozent bleibt.

 

Wenn es um staatliche Institutionen geht, nähern sich beide Gruppen in ihren Meinungen noch etwas stärker an: Fast die Hälfte der Gruppe mit Migrationsgeschichte (49 Prozent) wünscht sich „voll und ganz“ eine stärkere Präsenz des Ordnungsamtes im Gegensatz zu immerhin über 40 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund (41 Prozent).

Noch dichter liegen die beiden Gruppen zusammen bei der Frage, ob mehr Präsenz der Polizei als Maßnahme gewünscht ist. Knapp unter der Hälfte der Nicht-Migranten stimmt hier „voll und ganz“ zu (47 Prozent) und knapp über der Hälfte der Teilnehmenden mit Migrationsgeschichte (54 Prozent).

 

4.1.6 Zusammenfassung

Zur Erfassung einer Migrationsgeschichte der Befragten wurde nach einer erst nach der Geburt erworbenen deutschen Staatsangehörigkeit und der Herkunft der Eltern aus dem Ausland gefragt. Die hierdurch identifizierte Gruppe der Befragten ist tendenziell älter als die Befragten ohne Migrationshintergrund und hat zu einem höheren Anteil Kinder.

Diese Gruppe empfindet bewertet Störungen stärker und befürwortet in der Folge in einem höheren Anteil die vorgeschlagenen Maßnahmen. Dies kann auch im Zusammenhang mit der Verteilung im Gebiet liegen.

 

 

4.2 Einzelauswertung der Gruppen Eltern und Kinderlose

 

Wenn die in der Umfrage gesammelten Daten anhand der Frage, ob Teilnehmende mit Kindern oder ohne Kinder leben, aufgeschlüsselt werden, ist es möglich eine Einordnung in die zwei in dieser Auswertung betrachteten Gruppen vorzunehmen.

Somit geben 753 Befragte an, keine Kinder im Haushalt zu haben und 259 Teilnehmende erklären, dass eines oder mehrere Kinder in ihrem Haushalt wohnen.

 

4.2.1 Soziodemographische Merkmale

Wie zu erwarten ist der größte Teil der Eltern zwischen 36 und 45 (38 Prozent), sowie 46 und 60 (ebenfalls 38 Prozent) Jahren alt, wobei die Kinderlosen eher jünger (26-35 Jahre: 22 Prozent) oder älter (46-60 Jahre: 30 Prozent und 61-75 Jahre: 19 Prozent) sind.

Die geschlechtsspezifische Aufteilung der beiden Gruppen verhält sich entgegengesetzt. Während die Umfrageteilnehmer ohne Kinder zu 55 Prozent männlich sind, liegt der Anteil der weiblichen Teilnehmerinnen bei den Eltern bei 53 Prozent. Die Unterschiede der beiden Gruppen hinsichtlich einer vorhandenen Migrationsgeschichte sind nicht signifikant.

 

4.2.2 Wohlfühlen im Kiez

Trotz der eher negativ ausfallenden Ergebnisse der vorherigen Frage, gibt über ein Viertel der Befragten mit Kindern an (insgesamt 27 Prozent antworten mit „eher ja“ oder „voll und ganz“), den größten Teil ihrer Freizeit im Kiez zu verbringen (der Anteil liegt bei Teilnehmenden ohne Kinder nur bei unter 15 Prozent). Hier liegt die Vermutung nahe, dass sich vor allem Eltern mit kleineren Kindern eher selten die Möglichkeit bietet, den Kiez zu verlassen (praktische, zeitliche oder monetäre Gründe werden angenommen).

 

Auch auf der Frage, ob Befragte planen wegzuziehen, antwortet der überwiegende Teil der Befragten gruppenunabhängig mit „gar nicht“ (56 Prozent der Kinderlosen und 51 Prozent der Eltern).

 

4.2.3 Wertigkeiten des Wohnens (Gründe für das Wegziehen)

Wenn den Anwohnenden die Frage gestellt wird, aus welchen Gründen sie wegziehen würden, gibt es bei verschiedenen Items Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Am stärksten schlägt sich dies bei dem Wunsch nach einer „sichereren Nachbarschaft“ nieder (über 60 Prozent mit Kindern geben „eher ja“ oder „voll und ganz“ an, ohne Kinder liegt dieser Wert nur bei knapp 45 Prozent). Ebenfalls sind Diskrepanzen bei „saubererer Nachbarschaft“ (15 Prozent höhere Zustimmung bei Menschen mit Kindern), „familiäre Gründe“ (13 Prozent) und „besserer Nachbarschaft“ (12 Prozent) vorhanden.

 

4.2.4 Störfaktoren

Teilnehmende mit Kindern fühlen sich im Vergleich zu Beantwortenden ohne Kinder besonders viel stärker durch Fäkalien gestört (16 Prozent mehr geben an, sich „voll und ganz“ durch den Faktor gestört zu fühlen) und erst danach durch den öffentlichen Vollzug von Geschlechtsverkehr (14,5 Prozent mehr).

Weitere nennenswerte Unterschiede der Ausprägung „voll und ganz“, bei denen eine erhöhte Zustimmung von Eltern festgestellt werden kann, sind die Störfaktoren Drogen (12 Prozent Unterschied), Gewalt gegen Sexarbeitende (10 Prozent) und Müll (9 Prozent).

 

4.2.5 Störung durch Prostitution

Zieht man zusätzlich die zwei Items, die die Prostitution besonders betreffen, zusammen (also „Ansprache durch Sexarbeitende“ und „öffentlicher Vollzug von Geschlechtsverkehr“) und wertet aus, welche Umfrageteilnehmende sich von beiden entweder „gar nicht“ gestört fühlen (= keine Störung durch Prostitution) oder aber sich von beiden „voll und ganz“ gestört fühlen (= starke Störung durch Prostitution), ist ein deutlicherer Unterschied feststellbar.

Von den Teilnehmenden ohne Kinder fühlen sich über ein Fünftel (21,4 Prozent) überhaupt nicht von Prostitution gestört, weniger als ein Fünftel (17,9 Prozent) hingegen geben eine starke Störung durch Prostitution an. Bei den Personen mit Kindern im Haushalt stellt sich das Ergebnis anders dar: Von den Teilnehmenden mit Kindern fühlen sich weit weniger als ein Fünftel (16,2 Prozent) überhaupt nicht von Prostitution gestört, aber fast ein Drittel (29 Prozent) gibt eine starke Störung durch Prostitution an.

 

4.2.6 Maßnahmen

Betrachtet man die Reaktionen auf in der Umfrage vorgeschlagene Maßnahmen, kann sowohl bei den Items „Schließdienste für Spielplätze“, als auch „Durchfahrtsverbote für Straßen“ eine starke Polarisierung der Antworten bei Menschen ohne Kinder festgestellt werden. Die Abweichung zwischen dem prozentualen Anteil der beiden Antworten „voll und ganz“ und „gar nicht“ an den jeweiligen Enden des Skala ist bei der kinderlosen Gruppe in beiden Fällen nicht größer als 7 Prozent. Bei den Menschen mit Kindern sprechen sich im Kontrast dazu jeweils allein fast die Hälfte „voll und ganz“ für diese beiden Maßnahmen aus (je 48 bzw. 49 Prozent).

 

Mehr Grünflächen werden mit knapp einem Drittel (30 Prozent) „voll und ganz“ unabhängig von eigenen Kindern gewünscht.

Haben Teilnehmende selbst keine Kinder, wünschen sich nur knapp über die Hälfte „voll und ganz“ ein Sperrgebiet für Straßenprostitution (55 Prozent), während ein Fünftel (22 Prozent)  diesen Vorschlag komplett ablehnt („gar nicht“). Die Antworten fallen hier also bei der Gruppe der Kinderlosen deutlich polarisiert aus.

Wenn Teilnehmende jedoch angeben, selbst Kinder zu haben, stimmen fast drei Viertel (70 Prozent) „voll und ganz“ dem Festlegen eines Sperrgebietes für Straßenprostitution zu, während nur 15 Prozent dies „gar nicht“ wünschen. Ein ähnlicher Unterschied in der Polarisierung der Stimmen ist beim Thema der Festlegung von Sperrzeiten feststellbar.

 

Homogener sind beide Gruppen jedoch, wenn es um mehr Präsenz von staatlichen Institutionen geht. Einer verstärkten Präsenz des Ordnungsamts wird mit sehr ähnlichen Prozentsätzen zugestimmt („voll und ganz“ mit je knapp über 42 Prozent). Ähnlich gleich verteilt ist dies bei dem Wunsch nach mehr Präsenz der Polizei.

Unabhängig von eigenen Kindern wünscht sich die Bevölkerung im Kiez also eine noch stärkere Präsenz von Polizei und Ordnungsamt.

 

4.2.7 Zusammenfassung

Zusammenfassend ist hier also festzustellen, dass Eltern, obwohl das eigene Wohlfühlempfinden eher gering scheint, einen großen Teil der Freizeit im Kiez verbringen und nur in den seltensten Fällen ein Plan besteht wegzuziehen. Obwohl sich Kinderlose nur bedingt wohler fühlen und die eigene Freizeit eher nicht im Kiez verbringen, plant auch diese Gruppe durchschnittlich auf jeden Fall in der Nachbarschaft wohnen zu bleiben.

 

Es wird anhand der Befragungsergebnisse eindeutig ein Zusammenhang der Einstellung zur Straßenprostitution mit dem Zusammenwohnen mit eigenen Kindern im Haushalt deutlich.

Dies zeigt sich auch bei der Einschätzung von Maßnahmen, da Personen mit Kindern räumliche Einschränkungen der Straßenprostitution wesentlich stärker befürworten.

 

5. Ergebnisse der Gewerbebefragung

 

5.1 Zur Durchführung

 

Im Dezember 2017 wurde an zwei Terminen eine Befragung von Gewerbetreibenden im Kurfürstenkiez durchgeführt. Bei der ersten Befragung  wurden Mitarbeitende in 17 Geschäften befragt, die hauptsächlich westlich der Potsdamer Straße gelegen sind und somit auch unmittelbar die Auswirkungen der Straßenprostitution wahrnehmen. Bei der zweiten Befragung wurden 10 Geschäftsinhaber_innen befragt, die sich größtenteils östlich der Potsdamer Straße im Bereich der vermuteten „Vollzugszone“ befinden.

(Insgesamt wurden 29 Gewerbetreibende befragt, vier weitere verweigerten das Gespräch grundsätzlich, zwei weitere konnten aufgrund von sprachlicher Barriere oder Zeitgründen nicht antworten.)

 

Die Befragung erfolgte durch Beschäftigte des Bezirksamtes als mündliches Interview, das sich der Gesprächssituation und der Gesprächsbereitschaft der Befragten anpasste.

Für die Befragung war ein Interviewleitfaden erarbeitet worden, der gleichzeitig als Pretest für die spätere Bevölkerungsbefragung diente.

 

5.2 Ergebnisse der Befragung

 

Die Ergebnisse der Befragung lieferten wichtige Anhaltspunkte für die zu dem Zeitpunkt vorbereitete Bevölkerungsbefragung. Auf eine gesonderte Veröffentlichung der Ergebnisse wurde bisher verzichtet, daher sollen die Aussagen nur stichwortartig wiedergegeben werden:

 

5.2.1 Standortzufriedenheit und Wegzugneigung

Die Fragen zur Zufriedenheit mit dem Standort des eigenen Gewerbes sowie einem möglichen Wegzug beantworteten die Teilnehmenden sehr unterschiedlich. So waren fünf der Befragten mit ihren Standorten sehr unzufrieden und weitere fünf Teilnehmende dachten bereits über eine Verlegung des Standortes nach.

 

Gründe für die Verlegung waren meist eine erwartete bessere Sauberkeit und höhere Kaufkraft der Kunden. Von denen, die in Erwägung zogen, den Standort zu verlegen, benannten vier die Ansprache durch Sexarbeitende als größten Störfaktor für Kunden und forderten als Maßnahme eine Verbotszone.

 

Auf der anderen Seite waren zehn Befragte höchst zufrieden, und zehn weitere sehr zufrieden mit ihren Standorten.

 

5.2.2 Störfaktoren für Kund_innen

Am häufigsten wurde die Ansprache durch Sexarbeitende benannt, dicht gefolgt von Müll (insbesondere Rückstände vom Vollzug) und Baustellen. Ungefähr gleich oft wurde aber auch darauf hingewiesen, dass die Gewerbetreibenden keine Störung für Ihre Kund_innen ausmachen können bzw. Ihnen keine Beschwerden bekannt sind.

Störfaktoren für Gewerbetreibende:

 

Für die Gewerbetreibenden ist der herumliegende Müll der größte Störfaktor, gefolgt von Baustellen und der Ansprache durch Sexarbeitende. Obwohl viele Gewerbetreibende keine Störfaktoren für die eigenen Kund*innen sehen, fällt es ihnen leichter, Faktoren für eine persönliche Störung zu benennen. So gibt bei der Frage „Wodurch fühlen Sie sich am meisten gestört“ im Gegensatz zu den Störfaktoren für Kunden nur ein kleiner Teil an, von „nichts“ gestört zu werden.

 

5.2.3 Maßnahmen

Nur 18 Befragte befanden Maßnahmen überhaupt für notwendig. U.a., weil östlich der Potsdamer Straße vor allem Baustellen wahrgenommen werden, „gegen die man ja nichts machen kann“. Von den 18 Teilnehmenden, die sich verschiedene Maßnahmen wünschten, fanden 8 Personen eine Verbotszone für Straßenprostitution am wichtigsten. Insgesamt wurde  eine Verbotszone zwölf Mal gewünscht.

 

Noch öfter wurde mehr Polizeipräsenz gefordert (14 Mal). Im Gespräch wurde dies konkretisiert und mehr Präsenz am Abend und in der Nacht gefordert. Verschiedene Gewerbetreibende äußerten außerdem, dass die Polizei schon präsenter geworden sei, was sie persönlich begrüßten, ein weiterer Teilnehmer wünscht sich hingegen, dass der Kontaktbeamte noch öfter vorbeikommt.

 

Weiterhin ist die Maßnahme der besseren Beleuchtung von Häusern und Plätzen zu nennen, die insgesamt 8 Mal gefordert wurde.

 

5.2.4 Weitere Anregungen aus der Gewerbebefragung

In mehreren Gesprächen wurde angedeutet, dass der Strich an sich nicht stören würde, sondern vor allem die Zuhälter, gegen die vorgegangen werden sollte. Es wird angemerkt, dass eine Möglichkeit wäre, die Rückzugsorte der Zuhälter einzuschränken (oft Autos/Parkplätze an der Kurfürstenstraße) oder entsprechende Cafés öfter zu kontrollieren bzw. im Extremfall zu schließen.

 

Ein weiteres Problem stellt der Parkplatzmangel dar, der auch durch die Baustellen verursacht wird. In diesem Zusammenhang wurde der Wunsch geäußert, dass Dienstkräfte des Ordnungsamtes neben dem Verwarnen von Falschparkern auch andere Ordungsverstöße ahnden.

 

 

6. Präsentation und Diskussion der Befragungsergebnisse

 

Die Ergebnisse der Befragung wurden ab Anfang April detailliert ausgewertet und bewertet. Dabei war dem Bezirksamt die Einbeziehung der Öffentlichkeit, der örtlichen Bevölkerung und insbesondere der Bezirksverordnetenversammlung wichtig.

 

Die erste Präsentation der Ergebnisse erfolgte dabei gegenüber dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg, um gemeinsam die Ergebnisse zu bewerten. Dabei wurde von beiden Seiten hervorgehoben, dass die Ergebnisse über bisherige Projekte beispielsweise der Quartiersmanagementgebiete hinausgehen.

 

Am 09. April 2018 wurden die Ergebnisse der Presse am Nachmittag und in einer Informationsveranstaltung am Abend der Öffentlichkeit vor Ort vorgestellt. Mit dieser Reihenfolge soll erreicht werden, dass die Anwohnenden im Mittelpunkt einer eigenen Veranstaltung stehen, und deren Anliegen und Anmerkungen im Fokus stehen.

Es sind weiterhin Gesprächstermine mit dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg zur frühzeitigen Information verabredet worden.

 

Auch mit den bürgerschaftlichen Gruppen, die sich mit dem Thema Prostitution beschäftigen, mit Betroffenen und ehrenamtlich Engagierten sind nach Vorliegen der Ergebnisse der Befragung im April, Mai und Juni umfangreiche Gespräche geführt worden. Die Zielsetzung war, möglichst viele Sichtweisen in die Interpretation der Ergebnisse einfließen zu lassen.

 

Am 23. April 2018 wurde in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung, Gleichstellung und Europa der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin das Ergebnis dieser Untersuchung und der Gespräche mit den Grundzügen des Konzeptes für das „Platzmanagement Kurfürstenstraße“ vorgestellt.

 

 

7. Diskussionsprozess zum Thema in Tiergarten-Süd

 

7.1 Zusammenarbeit mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg

 

Mit dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg findet eine langjährige, stabile Zusammenarbeit statt, die auch in den vergangenen Monaten intensiviert wurde.

 

So wurden die Befragungsergebnisse zunächst mit der Bezirksbürgermeisterin Schöttler besprochen, bevor eine öffentliche Vorstellung und Bewertung durch den Bezirksbürgermeister erfolgte. Hierdurch soll erreicht werden, dass die Bezirke nicht nur an einem Strang, sondern auch in eine Richtung ziehen.

 

Beide Bezirke sind in den Runden Tisch Sexarbeit einbezogen, als dritter Bezirk wurde durch Beschluss des Rates der Bürgermeister der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf benannt, um gemeinsam mit dem Senat und weiteren Personen die politischen Festlegungen der Landesebene umzusetzen.

 

7.1.1 Arbeitsgruppe Prostitution und Soziales

Seit über 10 Jahren gibt es eine enge Zusammenarbeit des Bezirksamtes Mitte sowie des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg von Berlin in der Arbeitsgruppe Prostitution und Soziales. Dort waren die beiden angrenzende Quartiersmanagement-Gebiete vertreten.

Nach der Verstetigung des Quartiersmanagements Tiergarten-Süd wirkt daran weiterhin das Quartiersmanagement Schöneberger Norden mit. Weiterhin werden die Vertretungen der sozialen Träger vor Ort, das Zentrum für sexuelle Gesundheit und bei Bedarf weitere Fachkräfte einbezogen.

 

In der Arbeitsgruppe wurden stets alle Maßnahmen der beiden Quartiersmanagement-Gebiete hinsichtlich der Straßenprostitution miteinander abgestimmt. Die Arbeitsgruppe besteht fort und plant gemeinsam Projekte und Maßnahmen.

 

Der Eindruck, es könnten parallele Arbeitsgruppen tagen, ist falsch. Hier findet eine enge Verzahnung seit Jahren statt, die das Bezirksamt Mitte von Berlin fortführen will. Die Arbeitsgruppe tagt nach Bedarf etwa drei- bis viermal im Jahr.

 

Im Jahr 2018 wurden insbesondere folgende Themen besprochen:

        Vollzugsorte hinter der Apostelkirche und den sich daraus ergebenden Verschmutzungen;

        Fäkalien in Treppenhäusern;

        Rückschnitt von Büschen;

        Probleme mit religiösen Vereinen;

        Aktuelle Umsetzung des ProstSchG;

        Unterschiedliche Handhabung des ProstSchG durch die Polizei. (Daraus ergab sich eine Beschwerde der beiden Bezirksämter an die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung);

        Bericht der Arbeit der Mittwochsinitiative;

        Bericht des „Olga – Psychosoziale Betreuung für subsituierte Frauen in Mitte“ (Träger: Notdienst für Suchtmittelgefährdete und abhängige Berlin e.V.) zum Sachstand des Nachbarschaftsprojektes;

        Vorstellung der Anmeldestelle für das Prostituiertenschutzgesetz des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg (regionalisierte Aufgabe für alle Bezirke) durch den Leiter ;

        Bericht zum Thema verstärkten Heroinkonsums bei Prostituierten durch das „Olga – Psychosoziale Betreuung für subsituierte Frauen in Mitte“.

        Information über die Planungen und später die Ergebnisse der Befragung der Anwohnenden durch das Bezirksamt Mitte.

        Zunehmende Gewalt gegen Trans* auf dem Strich.

 

7.1.2 QM-Projekt „Nachbarschaft und Prostitution“

In das Projekt des Notdienstes „Nachbarschaft und Prostitution“, das durch das Quartiersmanagement Schöneberger Norden finanziert wird, war das Bezirksamt Mitte von Beginn an beteiligt und umfassend informiert.

Das Bezirksamt Mitte ist durch die Gleichstellungsbeauftragte im Projektbeirat als ständiges Mitglied aufgenommen worden.

Zum Projektstand wird unter den Maßnahmen unter 9. Informiert.

 

 

7.2 Runder Tisch Sexarbeit

 

Das Bezirksamt begrüßt die Einrichtung des Runden Tisches Sexarbeit. Der Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte hatte bereits vor rund 8 Jahren die zuständige Senatsverwaltung aufgefordert, einen Runden Tisch Sexarbeit einzurichten, da es sich bei dem Thema Straßenstrich und Prostitution um ein Berliner Thema handelt, das sich bezirklich niederschlägt.

 

Das Bezirksamt Mitte hat sich mit Themenvorschlägen für Runden Tisch eingebracht. Neben den Aspekten des Kurfürstenkiezes geht es um die Frage der Genehmigungsfähigkeit von Bordellen nach ProstSchG im Widerspruch zum Baurecht. Zudem hat das Bezirksamt die Einrichtung einer Berliner Ombudsstelle vorgeschlagen, bei der Sexarbeiter_innen sich über problematische Arbeitsbedingungen und anderen Fragen beschweren können.

 

Der Runde Tisch Sexarbeit wurde am 17.9.2018 einberufen. Vertreten sind die Bezirksämter Tempelhof-Schöneberg und Mitte, die besonders wegen der Frage der Straßenprostitution einbezogen wurden sowie das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf wegen einer vermutlich hohen Anzahl an Wohnungsbordellen.

 

Seitens des Senats sind die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, die Senatsverwaltung für Inneres und Sport sowie die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe einbezogen. Eröffnet wurde die erste Sitzung mit einem Grußwort von Senatorin Dilek Kolat.

 

Hinzu kommen die Zentren sexuelle Gesundheit, zwei Vertreterinnen der Landesarbeitsgemeinschaft der Gleichstellungsbeauftragte, LKA 42, weiterhin als Träger Subway von Hilfe für Jungs e.V., Frauentreff Olga, Transsexworks von TransInterQueer. Es wurden drei Sexarbeiter_innen sowie als Vertreter von Prostitutionsstätten der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen, der Bundesverband sexuelle Dienstleistungen und Bordelbetreiber_innen einbezogen. Bedauerlicherweise ist es nicht gelungen, Frauen des Straßenstriches bisher zu beteiligen.

 

In der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung und im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg sind jeweils eine Mitarbeiterin zur Koordination des Runden Tisches neu eingestellt worden.

 

Der Runde Tisch soll befristet tagen und bis Ende 2019 einen Maßnahmenkatalog erarbeitet haben. Es wurde ein Entwurf zum Selbstverständnis des Runden Tisches vorgelegt, das in der Dezembersitzung verabschiedet werden soll. Die Arbeit soll in der großen Runde erfolgen, zu weiteren Themen sind Unterarbeitsgruppen geplant.

 

Das Bezirksamt hatte sowohl im Vorfeld als auch in der ersten Sitzung des Runden Tisches darauf gedrungen, das Thema Straßenprostitution stärker zu gewichten, da zwar nur eine absolute Minderheit der Sexarbeitenden „auf der Straße“ arbeitet, die Probleme und die Problemwahrnehmung sich aber eindeutig auf diesen Bereich der Sexarbeit fokussiert. Dieser Sichtweise hat sich der Runde Tisch nicht angeschlossen, so dass Anwohnende im Gegensatz zu Sexarbeitenden oder Bordellbetreibenden auch nicht am Runden Tisch teilnehmen sollen. Kriminelle Strukturen im Bereich der Sexarbeit wie Zuhälterei sollen in einer vom Runden Tisch unabhängigen Arbeitsgruppe „Menschenhandel“ thematisiert werden. Thema der Sitzung des Runden Tisches ist im Dezember Gesundheit.

 

 

 

7.3 Einbeziehung der Anwohnenden

 

Im Rahmen der Einbeziehung der Anwohnenden muss zwischen verschiedenen Ebenen unterschieden werden. Das Bezirksamt hat die Stadtteilkoordination Tiergarten-Süd eingerichtet. Weiterhin hat sich im Zuge der Verstetigung des Quartiersmanagements Tiergarten-Süd ein Quartiersrat konstituiert, mit dem vielfältige Kommunikation seitens des Bezirksamtes stattfindet.

 

Im Zusammenhang mit der Arbeit in Tiergarten-Süd hat sich das Bezirksamt darauf konzentriert, einerseits die bestehenden bürgerschaftlichen Zusammenschlüsse in die Kommunikation einzubeziehen, andererseits Kommunikationsangebote an alle Anwohnenden zu machen.

 

 

7.3.1 Gespräche mit den Arbeitsgruppen der Anwohnenden

In der Nachbarschaft haben sich zwei Arbeitsgruppen gebildet: der „AK gegen den Strich“ und die „Arbeitsgruppe Sexarbeit und Nachbarschaft“, die teilweise personelle Überschneidungen aufweisen.

 

Mit beiden Arbeitsgruppen haben verschiedene Gespräche stattgefunden, bei denen beide ihre Vorschläge und Wünsche unterbreiteten. Ein Teil der Vorschläge liegt nicht in der bezirklichen Kompetenz, darüber hinaus widersprechen sich die Vorschläge teilweise.

So ist die Frage nach Sperrgebieten, Sperrzeiten und anderen Regulierungen keine bezirkliche Aufgabe. Das Bezirksamt bemüht sich, die aus der Verfassung von Berlin, dem Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz und dem Bezirksverwaltungsgesetz folgenden Handlungsoptionen zu verdeutlichen und gleichzeitig die Diskussion auf Landesebene zu den nur dort zu lösenden Fragen voranzutreiben.

 

 

7.3.2 Anwohnerversammlung

Eine Anwohnerversammlung zur Befragung hat am 09.04.2018 stattgefunden, auf der die Ergebnisse ausführlich vorgestellt wurden. Die Diskussion spiegelt dabei die Befragungsergebnisse wieder, machte aber viele der Ergebnisse auch an praktischen Beispielen aus der Situation von rund 80 Anwohnenden noch einmal sehr deutlich.

 

Die häufigsten dort mündlich vorgetragenen Beschwerden beziehen sich auf Müll, Fäkalien, Ansprache durch die Sexarbeitenden und öffentlicher Geschlechtsverkehr. Besonders störend wurde von den Diskussionsteilnehmer_innen der Lärm zwischen 22 und 24 Uhr geschildert.

 

 

8. Beratungen der Bezirksverordnetenversammlung

 

Die Ergebnisse dieser Diskussion flossen in das endgültige Konzept ein, das am 08.05.2018 dem Hauptausschuss der BVV mit der Bitte um Freigabe der Mittel vorgelegt wurde.

 

Der Hauptausschuss der Bezirksverordnetenversammlung hat in der Folge die auf Drs. 1323/V abschließend im Hauptausschuss beratene und beschlossene Festlegung getroffen:

 

„Der gesperrte Betrag in Höhe von 100.000 Euro für ein Platzmanagement „Kurfürstenstraße“ im Titel 3300/68432 wird in erster Tranche im Umfang von 40.000 Euro in 2018 und 25.000 Euro in 2019 zur Verwendung im Rahmen des beiliegenden „Maßnahmenpaketes Kurfürstenstraße I“ freigegeben. Dieser Maßnahmenplan ist ein erster Schritt zur Verbesserung der Situation vor Ort und wird im Laufe des Beratungsprozesses um weitere Maßnahmenpakete ergänzt.

 

Die Freigabe der Mittel ist an folgende Punkte gebunden:

 

        Der auf Drs. 1031/V („Endlich Lösungen für den Kiez um die Kurfürstenstraße“) beschriebene Beratungsprozess wird umgehend eingeleitet und von Seiten des Bezirksamts aktiv unterstützt und vorangetrieben. Die geforderte Vorlage zur Kenntnisnahme wird noch vor der Sommerpause der BVV vorgelegt.

        Die Bezirksverordnetenversammlung wird regelmäßig im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung, Gleichstellung und Europa sowie Gesundheit/Soziales über die laufenden Projekte und Maßnahmen informiert.

        Die Wohnbevölkerung wird, beginnend in den Jahren 2018 und 2019, im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen und Gesprächen mit dem Stadtteilforum Tiergarten Süd in die Planungen und Auswertung der Ergebnisse durch das Bezirksamt einbezogen. Die erste öffentliche Veranstaltung findet im Herbst 2018 statt.

        Alle im Rahmen der Bürger*innenbefragung eingegangenen Vorschläge und Anregungen werden durch das Bezirksamt dokumentiert und geprüft bzw. an die zuständigen Stellen (z.B. Hauptverwaltung, Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg u.a.) weitergeleitet. Die Ergebnisse der Prüfung und die Antworten werden dokumentiert. Den in dem Zusammenhang eingegangenen Beschwerden wird systematisch nachgegangen. Eine öffentliche Dokumentation, in einer anonymisierten Variante unter Einhaltung des Datenschutzes wird geprüft. Eine Zusammenfassung der eingegangenen Vorschläge und Anregungen wird der BVV mit Vorlage zur Kenntnisnahme mitgeteilt.

        Das Bezirksamt wird dem Hauptausschuss nach eingehender Beratung möglicher weiterer Maßnahmen weitere Vorlagen zur (Teil-)Entsperrung unter Darlegung der beabsichtigten weiteren Schritte vorlegen.

        Das Bezirksamt wird der Bezirksverordnetenversammlung zu den Beratungen über den Bezirkshaushaltsplan 2020/2021 einen Sachstandsbericht zuleiten und Vorschläge für eine Fortführung der bisherigen Anstrengungen zuleiten.

 

Mittelverwendung:

 

Nr.

Erläuterung

Betrag 2018

Betrag 2019

1.

Verbesserung der Sauberkeit im öffentlichen Raum sowie der hygienischen Situation der Sexarbeitenden durch das Aufstellen von mobilen Toiletten

25.000 €

-

2.

Spiegelung des QM-Projekts aus Tempelhof-Schöneberg und Entwicklung von Piktogrammen und Abstandsgeboten

15.000 €

25.000€

3

Erarbeitung eins Konzeptes für ein Platz- und Konfliktmanagement durch das Bezirksamt

-

-

 

Erläuterung zu den Punkten 1. bis 3.:

 

Zu 1. Bei der Verbesserung der Sauberkeit im öffentlichen Raum sowie der hygienischen Situation der Sexarbeitenden sind vorrangig zu berücksichtigen:

Das Bezirksamt wird ersucht sich beim Senat für die Errichtung von zwei neuen Standorten für City-Toiletten einzusetzen, davon eine am Magdeburger Platz und in Absprache mit dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg eine weitere vor der Apostelkirche. So lange die neuen City-Toiletten noch nicht installiert sind, setzt sich das Bezirksamt für mobile Lösungen ein, die bedarfsgerecht den Erfordernissen nach angepasst werden sollen. Dabei sind mobile Varianten mit einem Zutritt durch Bezahlung analog der City-Toiletten zu wählen. Die Auswahl der Toiletten ist so zu treffen, dass diese sicher vor Vandalismus sind und bei Bedarf versetzt werden können.

Im Hinblick auf die mögliche Vorziehung der Maßnahme im Toilettenkonzept und zwecks der Erprobung werden zunächst 25.000€ für das Jahr 2018 freigegeben. Die Kosten für zwei mobilen Toiletten betragen laut Kostenvoranschlag für ein Jahr 23.400 Euro. Die aktuellen Standorte haben sich bewährt. Zu prüfen ist jedoch, ob die Toilette am Magdeburger Platz an einer anderen Stelle am Magdeburger Platz stehen kann. Das Bezirksamt Mitte wird auf der Unterarbeitsgruppe Straßenprostitution, die dem Berliner Runden Tisch Sexarbeit zuarbeitet, die schnellere Einrichtung mindestens zweier City-Toiletten einfordern.

 

Zu 2. Spiegelung des QM-Projekts aus Tempelhof-Schöneberg und Entwicklung von Piktogrammen und Abstandsgeboten:

Zur Durchsetzung des Abstandsgebots vor Einrichtungen, die primär von Kindern und Jugendlichen genutzt werden, wird das Bezirksamt ersucht, die Bereiche im öffentlichen Raum kenntlich zu machen, vor denen Ansprache und Anbahnungsaktivitäten im Kontext der Straßensexarbeit nicht stattfinden soll. Anlehnend an das Projekt aus dem QM Schöneberger Norden, soll mit Akteur*innen aus dem Kiez, den Sexarbeitenden sowie den Träger*innen von Einrichtungen, ein Beteiligungsprojekt durchgeführt werden. Dieses hat zum Ziel, Piktogramme zu entwickeln, die vor Einrichtungen angebracht werden sollen, die primär von Kindern und Jugendlichen genutzt werden. Dies dient dem Zweck,  die Sichtbarkeit und Akzeptanz des Abstandsgebots zu erreichen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Abstandsgebote in ihrer räumlichen Ausdehnung angemessen, nachvollziehbar und sichtbar eingerichtet werden. Der Frauentreff Olga hat auftragsgemäß Piktogramme entwickelt, die Einrichtungen symobilisieren, z.B. eine Schule oder ein Spielplatz. Die Piktogramme werden Anfang 2019 auf die entsprechenen Stellen aufgesprüht. Sie sind kein Hinweis auf ein Abstandsgebot. Dieses ist derzeit rechtlich nicht durchsetzbar. Der Senator für Justiz erwartet zuerst ein Gerichtsurteil, bevor das Land Berlin eine Meterzahl festlegt.

 

Zu 3. Das Bezirksamt wird ersucht eine Konzeption für ein Platz- und Konfliktmanagement zu entwickeln. Hierfür ist zunächst ein Anforderungsprofil durch das Bezirksamt zu entwickeln, dass mit der AG-Straßenprostitution und dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg abzustimmen ist.

Hierbei sind insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen und zu prüfen:

a)      Einrichtung eines Platzdienstes mit Sozialarbeiter*innen / Streetworker*, die als Ansprechpartner*innen und vor allem in einer vermittelnden Funktion präsent sind. Dabei steht die Umsetzung der vereinbarten Regeln im Vordergrund (Zum Beispiel: Keine Kundenansprache im entsprechend ausgewiesenen Bereich vor Kitas und Schulen, keine Drogen, keine Vermüllung).

b)      Aufsuchende nachbarschaftsorientierte Sozialarbeit als Schnittstelle zwischen bestehenden Hilfeeinrichtungen und Ordnungsamt.

c)      Einbeziehung des Präventionsbeauftragten, der Gleichstellungsbeauftragten, relevanter Fachämter, Träger*innen (z.B. Olga e.V.) und Anwohner*inneninitiativen (z.B. Stadtteilforum Tiergarten Süd).

 

Sobald die Konzeption und das Anforderungsprofil erstellt ist, ist unter Berücksichtigung des Beschlusses Drs. 1031/V und sich evtl. daraus ergebender Maßnahmen, eine Freigabe weiterer Mittel durch den Hauptausschuss anzustreben.“

 

Dem Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung, Gleichstellung und Europa ist in allen Sitzungen wahlweise im Rahmen der Tagesordnung oder in den Mitteilungen des Bezirksamtes aus dem aktuellen Geschehen und der Umsetzung zu berichten.

 

 

9. Berücksichtigung der Vorschläge des Stadtteilforums und der Vorschläge, Erfahrungen und Lösungsansätze aus Tempelhof-Schöneberg

 

Weder die in der Befragung noch die von den Akteuren in diesem Jahr im Kiez geäußerten Problembeschreibungen und Verbesserungsvorschläge sind gänzlich neu. Bereits  in der Mitteilung zur Kenntnisnahme des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg mit der Drs. 0687/XIX zu Umsetzungsmöglichkeiten der Ergebnisse der Bürgerausstellung "Nachbarschaft und Prostitution" vom 18.6. 2014 sind die Themen Sauberkeit, Lärm, Fahrzeugverkehr, Handlungsoptionen von Ordnungsamt und Polizei, gesundheitliche und soziale Angebote und Aufklärung und Information und dadurch mehr gegenseitige Toleranz und Respekt im Alltag thematisiert und entsprechende Lösungsmöglichkeiten diskutiert worden. Die negative Einschätzung der Bezirksämter Tempelhof-Schöneberg und Mitte zu vielen der von den Anwohnenden geäußerten Verbesserungsvorschläge ist Teil ihrer zunehmenden Frustration.

 

Mit den unter 10. nachfolgend ausführlich beschriebenen bereits umgesetzten oder in der Umsetzung befindlichen Maßnahmen werden die wesentlichen Anregungen der Bürger und Bürgerinnen aufgegriffen.

 

Dies betrifft

  • die Errichtung von zunächst zwei Toiletten – ein vom Stadtteilforum Tiergarten Süd vorgeschlagener dritter Standort „Am Karlsbad“ soll nach positiver Evaluation der ersten beiden Standorte geprüft werden
  • die Definition, Ausweisung und Kenntlichmachung von Bereichen, in denen keine Sexarbeit angeboten werden darf
  • die bessere Aufklärung der Sexarbeitenden bezüglich Hilfeangeboten, einzuhaltenden Regeln und Verhaltensweisen sowie
  • die kontinuierliche Information und Einbeziehung der Anwohnenden.

 

Des Weiteren prüft das Bezirksamt aktuell, ob es im Rahmen der Mittel für die Saubere Stadt durch eine Zuwendung an einen Beschäftigungsträger kontinuierliche Reinigungsleistungen zusätzlich zu den Reinigungsleistungen des bezirklichen Straßen- und Grünflächenamtes sowie der täglichen Einsätze der Berliner Straßenreinigung initiieren kann. Die vielfach gewünschten zusätzlichen Abfallbehälter erscheinen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zielführend, da diese in der Regel nicht ausgelastet sind. Zudem bleibt zu hoffen, dass auch die beiden mobilen Toiletten nicht nur die Fäkalienbelastung, sondern auch die normale Verschmutzung der öffentlichen Flächen deutlich vermindern.  

 

Ungelöst sind nach wie vor viele verkehrliche Anliegen der Anwohnenden. Neben der in der Vergangenheit geforderten, aber von Tempelhof-Schöneberg abgelehnten Einbahnstraßenregelung für die Frobenstraße betrifft dies ein Durchfahrtsverbot für die Genthiner Straße, die Sperrung der Stichstraße am Magdeburger Platz sowie eine konsequente Ahndung von Verstößen gegen das Durchfahrverbot in der Lützowstraße ab 20.00 Uhr.

 

Selbst eine zeitlich eingeschränkte Schließung der öffentlichen Stichstraße am Magdeburger Platz wird von der Unteren Straßenverkehrsbehörde des Bezirks für nicht zulässig erachtet wird - unabhängig von der technischen Realisierbarkeit und praktischen Durchsetzbarkeit. Gleiches gilt für die Genthiner Straße.

 

Das Durchfahrverbot sowohl auf Schöneberger Seite als auch auf Seite von Mitte wird laut Aussage der Polizei in einer zu den ordnungs- und sicherheitsrelevanten Fragen im Kurfürstenkiez im Frühsommer einberufenen Gesprächsrunde regelmäßig kontrolliert und geahndet. Laut Polizei wird das Einfahrverbot für Nicht-Anlieger aber sogar missachtet, wenn sich die Polizeikräfte direkt neben dem Durchfahrtsverbotsschild postieren. Die Motivlage für die Einfahrt in den Kurfürstenkiez scheint – nach Aussage der Polizei – alle weiteren Wahrnehmungsfelder drastisch einzuschränken. Gleichwohl wird das Bezirksamt in seiner für den Dezember terminierten Besprechungsrunde mit der Direktion 3 dieses Thema erneut ansprechen und dabei auch die Möglichkeit von beleuchteten Verkehrsschildern erörtern.  (Hier ist mir der aktuelle  Stand nicht bekannt?)

 

Die Anwendung und Kontrolle der Reglungen des Prostituiertenschutzgesetzes ist dagegen durch die fehlende Regelung auf Landesebene immer noch offen – trotz vielfacher Appelle der Bezirke, hier endlich klare Regelungen zu schaffen. Das Bezirksamt ist wie auch die anderen Bezirke der Auffassung, dass diese Kontrollen nur durch die Polizei und nicht durch das Ordnungsamt erfolgen können – auch um eine unterschiedliche Zuständigkeit in Tages- und Nachtstunden zu verhindern bzw. polizeiliche Ermittlungen nicht durch parallele Kontrolltätigkeiten des Ordnungsamtes zu gefährden. Das ProstSchG regelt u.a. die Anmeldepflicht für Prostituierte, die Teilnahme an einem Beratungsgespräch und die Ausgabe einer Anmeldebescheinigung. Zudem regelt das Gesetz die Erlaubnisse eines Prostiutionsgewerbes und Veranstaltungen. Kontrollen hier können sich also nur auf das Mitführen der Anmeldebescheinigung beziehen. Das heißt, dass ein höherer Kontrollrhythmus evtl. Verstöße gegen das ProstSchG feststellt, jedoch dadurch keine Verbesserung der negativen Begleiterscheinungen zu erwarten sind.

 

 

10. Zum aktuellen Sachstand

 

10.1 Sanitäre Grundversorgung der Prostituierten und Verringerung der Fäkalien im öffentlichen Raum

 

Sowohl in der Befragung als auch aus einer Vielzahl von Schreiben und Anliegen wurde die Frage der Fäkalien im öffentlichen Raum thematisiert. Dabei geht das Bezirksamt davon aus, dass die Situation der Prostituierten dazu führt, dass die öffentlichen Toiletten im Gebiet im Rahmen der Arbeit auf der Straße nicht aufgesucht werden (können). Zudem gibt es in diesem Gebiet insgesamt zu wenige öffentliche Toiletten.

 

In der Folge wurde im Rahmen eines Vergabeverfahrens ein Anbieter ausgewählt, mit dem bis zum Ende des Jahres 2018 zunächst in einer Pilotphase Erfahrungen mit zwei Toilettenstandorten gesammelt werden sollen. Zielsetzung der Pilotphase ist insbesondere, auf kurzfristig auftretende Störungen reagieren zu können, ohne dass die Kosten für den Bezirk außer Kontrolle geraten. Aufgrund der gewonnenen Erfahrungen wird dann ein erneutes Vergabeverfahren für das Jahr 2019 durchgeführt, um bei einer guten Akzeptanz der Toilette bei den Benutzer_innen die Belastungen der Anwohnenden zu reduzieren und damit zu einer Verringerung der Konflikte beizutragen.

 

Die Toilette an der Ecke Genthiner Straße/Magdeburger Platz im öffentlichen Straßenland wurde am 12.09.2018 aufgestellt. Bereits am gleichen Tag wurde die Toilette sehr gut angenommen. Es sind bis jetzt keine Beschädigungen zu verzeichnen und ein unsachgemäßer Umgang wurde nicht berichtet.

Obwohl der Bezirk Tempelhof-Schöneberg im aktuellen Doppelhaushaltsplan 2018/2019 über keine Mittel für die Aufstellung einer Toilette verfügt, konnte durch die gute und vertrauensvolle Kooperation erreicht werden, dass eine Toilette auf Schöneberger Seite an der 12-Apostel-Kirche am 19. November 2018 aufgestellt wurde. Auch hier sind die ersten Erfahrungen positiv. Nach Angaben des Toilettenbetreibers werden die Toiletten pro Woche ca. 250 Mal benutzt.

 

 

10.2 Einbeziehung der Wohnbevölkerung bei umgesetzten und geplanten Maßnahmen

 

Eine weitere Anwohnerversammlung zu aktuellen Sachständen und Ausblick wurde am 12. Dezember 2018 durchgeführt, an der auch der Träger Olga und der zuständige Präventionsbeauftragte der Polizei teilnahm. Die Mehrzahl der Teilnehmenden zeigten sich unzufrieden, da erste Erfolge nicht sichtbar genug sind. Umstritten war, ob die Nutzung der beiden Toiletten von ca. 250 mal in der Woche das Gebiet von der Fäkalienverschmutzung entlastet oder den Kurfürstenkiez weiter als Prostitutionsort verfestigt. Des Weiteren wurde auf die problematische Beleuchtungssituation hingewiesen. Besonders unzufrieden zeigten sich die Anwohnenden mit der mangelnden Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes.  Die Anwohnenden sind auch häufig unzufrieden mit der Reinigungshäufigkeit der BSR. Die Kurfürstenstraße selbst wird 7 mal in der Woche gereinigt. Andere Straßen 5 mal die Woche.

 

 

10.3 Gemeinsame Sondersitzung des Hauptausschusses mit dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Verkehr und Grünflächen, dem Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung, Gleichstellung und Europa sowie dem Ausschuss für Soziale Stadt (Quartiersmanagement, Transparenz und Bürgerbeteiligung, Sozialräumliche Planungskoordination) gemeinsam mit den entsprechenden Ausschüssen der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg

 

Das Bezirksamt geht davon aus, dass die Organisation der Ausschussarbeit und damit auch die Einberufung einer gemeinsamen Sitzung der genannten Ausschüsse der BVV obliegt und dass diese eine entsprechende Einladung aussprechen wird. Das Bezirksamt steht für eine gemeinsamen Sitzung der vier Ausschüsse der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin gemeinsam mit einer noch entsprechend dem Zuschnitt der Ausschüsse der dortigen Bezirksverordnetenversammlung festzulegenden Anzahl von Ausschüssen aus Tempelhof-Schöneberg jederzeit zur Verfügung.

 

 

10.4 Spiegelung des QM-Projektes aus Tempelhof-Schöneberg und Entwicklung von Piktogrammen und Abstandsgebot

 

Trotz der frühen Mittelbindung hat der Notdienst für Suchtmittelgefährdete und –abhängige Berlin e.V., der Träger von „Olga – Psychosoziale Betreuung für substituierte Frauen in Berlin-Mitte“ erst am 13.09.2018 den notwendigen Antrag auf Gewährung der Zuwendung für die Ausweitung des Projektes aus Tempelhof-Schöneberg gestellt.

 

Inhalt des Projektes aus dem Zuwendungsantrag ist unter anderem die „Erstellung von Piktrogrammschablonen, Ermittlung des Bedarfs bei den Kinder- und Jugendeinrichtungen, Anbringen und regelmäßiges Erneuern der Piktogramme gemeinsam mit den Sexarbeiterinnen*“, weiterhin „Verstärkte Streetwork in den späten Abendstunden und tagsüber“

 

Dafür ist vorgesehen, im Jahr 2018 zwei und im Jahr 2019 sechs Veranstaltungen durchzuführen. Weiterhin soll im Jahr 2018 der Kontaktaufbau zu allen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche im Kiez sowie im Jahr 2019 mindestens acht Schulungsveranstaltungen stattfinden. Kontinuierlich soll dabei ein Kontakt zu mindestens acht Einrichtungen für Kinder und Jugendliche im Rahmen der Integration der Einrichtungen in die Netzwerkarbeit bestehen.

 

Der 15-monatige Projektzeitraum konnte zum 01.10.2018 beginnen, nachdem der Zuwendungsbescheid mit Datum vom 21.09.2018 erlassen wurde.

 

Für die Unterstützung der unter 9.1 dargestellten Toilette wurde das Projekt mit folgender Auflage versehen:

„Als ersten Schritt stellen Sie einfache Regeln zur Nutzung der Eco-Toilette auf und bringen die entsprechenden Piktogramme und die Nutzungsordnung an. Als Muster geben wir die Regeln und Piktogramme vom Leopoldplatz mit. Wichtig ist zudem ein Piktogramm, das die Nutzung nur durch eine Person symbolisiert.“

 

Das Bezirksamt Mitte hat am 13.12.2018 einen ersten Umsetzungsbericht Anfang Dezember erhalten. Dort wurde die Arbeit der Träger an den Piktogrammen vorgestellt, die auf den Gehwegen aufgebracht werden sollen. Diese sollen Ort markieren, in den sich Kinder aufhalten und vor denen die Frauen nicht während der Öffnungszeiten stehen sollen.

Weiterhin wurde mit den sozialen Einrichtungen von Tiergarten Süd Kontakt aufgenommen, damit diese die aus ihrer Sicht notwendigen Schutzzonen definieren.

 

Im Rahmen der verstärkten Betreuung der Sexarbeiten erwartet das Bezirksamt auch hinsichtlich des Verhaltens, insbesondere des Lärms in den Abend- und Nachtstunden eine größere Sensibilität der Sexarbeitenden, auch wenn die starke Fluktuation unter den Sexarbeitenden und die teilweise dominierenden Abhängigkeiten zu den Männern im Hintergrund die Ausbildung eines allgemein praktizierten Verhaltenskonsens erschweren. Auch die Frage, ob Aktion(en) im öffentlichen Straßenraum in der Lage wären, die Haltung der Freier zum billigen Sex wenn möglich sogar intelligent und witzig zu hinterfragen, kann im Zusammenwirken des Trägers und den Sexarbeitenden geprüft werden.

 

 

10.5 Entwicklung eines Platz- und Konfliktmanagement an der Kurfürstenstraße

 

Das Bezirksamt hat nach dem verzögerten Start der Ausweitung des Schöneberger Nachbarschaftsprojektes intensiv die Möglichkeiten eines zusätzlichen Platz- und Konfliktmanagement an der Kurfürstenstraße geprüft. In Gesprächen mit dem Träger Olga und der Organisation Neustart, den zuständigen Abschnitten der Berliner Polizei sowie anliegenden Gewerbetreibenden und Institutionen wurde der Bedarf eines solchen Platz- und Konfliktmanagement erörtert. Alle vor Ort tätigen oder wohnenden Akteure haben den Bedarf an einem weiteren Akteur im Kiez bestritten und die Befürchtung geäußert, dass es zu Doppelstrukturen und Doppelaktivitäten kommt. Priorität sollte die Stärkung vorhandener Strukturen haben.

 

Im Zusammenhang mit der Forderung eines Runden Tisches für die Probleme rund um den Weinbergsweg hat das Bezirksamt in der Sitzung des zuständigen Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung, Gleichstellung und Europa am 22.10.2018 auf die Notwendigkeit einer personellen Stärkung der Präventionsbereiches hingewiesen. Kernpunkt des Vorschlages war die Erweiterung der Präventionsstelle um eine weitere volle Stelle einer Sozialarbeiterin bzw. eines Sozialarbeiters mit einem besonderen Fokus auf der Situation in Tiergarten-Süd.

 

Hintergrund der Überlegungen sind die besonderen Herausforderungen der Koordinierung zwischen zwei Bezirken, die Mitarbeit in den bestehenden Strukturen und die Koordination mit der engagierten Anwohnerschaft. Gleichzeitig kann damit eine Ausweitung der Arbeit gegenüber der Bürgerschaft in diesem entscheidenden Bereich gelingen.

 

Auf der Grundlage der Ausschussberatungen und der Rückmeldungen der Bezirksverordnetenversammlung wurde in der Nachfolge ein Anforderungsprofil entwickelt, das dieser Vorlage beigefügt ist. (Anlage 2). Das Auswahlverfahren fand am 18. Januar 2019 statt.

 

Das Bezirksamt erwartet, dass es durch die Einrichtung einer solchen Präventionsstelle gelingt, gemeinsam mit den Anwohnenden, den spezifischen Hilfeeinrichtungen und wenn möglich auch den Sexarbeitenden auch für kleinteilige Verbesserungsvorschläge - wie z.B. die Verbesserung der Beleuchtung in Nebenstraßen und einzelnen anderen Flächen - ein Verfahren zur Überprüfung ihrer Wirkung und ihrer Umsetzbarkeit und nachfolgend ihrer Realisierung zu entwickeln. Solche Verfahren bedürfen Strukturen vor Ort wie z.B. eines Runden Tisches und können ohne personelle Absicherung keine nachhaltigen Erfolge erreichen.

 

11. Weitere Berichterstattung

 

Das Bezirksamt wird der Bezirksverordnetenversammlung kontinuierlich im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Ordnung, Gleichstellung und Europa berichten.

 

In der Sitzung des Hauptausschusses am 4. Dezember 2018 hatte der Hauptausschuss Mittel für die weitere Finanzierung der Toiletten sowie die Organisation von Anwohnendenversammlungen für das Jahr 2019 freigegeben. Dem Vorschlag, aus den von der BVV zur Verfügung gestellten Mitteln auch die Stellen einer/eines weiteren Beschäftigten im Präventionsbereiches zu finanzieren, wurde abgelehnt. In Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort wird daher in den kommenden Wochen geprüft werden, wie die noch zur Verfügung stehenden Mittel zielgerichtet eingesetzt werden können. Zu den Haushaltsberatungen 2020/2021 wird unter Berücksichtigung der bis dato gewonnenen Erkenntnisse ein weiterer Zwischenbericht mit Empfehlungen zu Art und Umfang der Fortführung der begonnenen Maßnahmen ab 2020 vorgelegt werden.

 

Die Einbeziehung der Bevölkerung wird durch mindestens eine Anwohnendenversammlung im Sommer 2019 sowie im Rahmen eines Runden Tisches und über Veröffentlichungen des Bezirksamtes erfolgen.

 

 

A)    Rechtsgrundlage:

§§ 36 in Verbindung mit § 13 Bezirksverwaltungsgesetz

B)    Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung 

  1. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

Die benötigten Haushaltsmittel stehen in 3300/68432 für die Jahre 2018 und 2019 zur Verfügung.

Weitere Festlegungen sind im Rahmen der Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2020/2021 möglich.

  1. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

Keine

Berlin, den 15.01.2019

Bezirksbürgermeister von Dassel

 
 

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