Drucksache - 0428/V  

 
 
Betreff: Unsere Verantwortung für Obdachlosigkeit endet nicht mit dem Ende der Kälteperiode: Ganzjährige Unterkünfte für Obdachlose bauen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Kociolek, Ochse, Kurt und die übrigen Mitglieder der Fraktion 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
   Beteiligt:Fraktion DIE LINKE
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
18.05.2017 
7. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin überwiesen   
Soziales und Gesundheit Vorberatung
13.06.2017 
8. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Jugendhilfeausschuss Vorberatung
01.06.2017 
8. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses      
Hauptausschuss Vorberatung
04.07.2017 
9. öffentliche Sitzung des Hauptausschusses ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
20.07.2017 
9. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
18.10.2018 
21. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVE-STREAM) mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
4. BE HA vom 04.07.2017
5. Beschluss vom 20.07.2017
6. VzK vom 09.10.2018
7. Anlage 1
8. Anlage 2

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von BerlinDatum:   .10.2018

Abt. Stadtentwicklung, Soziales und GesundheitTel.:44600

 

 

Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 0428/V

Mitte von Berlin

 

___________________________________________________________________

 

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme -

 

über

 

Unsere Verantwortung für Obdachlosigkeit endet nicht mit der Kälteperiode: Ganzjährige Unterkünfte für Obdachlose bauen

 

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 20.07.2017 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 0428/V):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Soziales die Anzahl ganzjähriger Unterkünfte für Obdachlose im Bezirk Mitte um mindestens 150 Plätze zu erhöhen.

Dabei soll das Bezirksamt angehalten sein, mehreren kleineren Unterkünften den Vorzug zu geben, als weniger und größeren Unterkünften. Mindestens zwei Unterkünfte sollen ausschließlich jeweils alleinstehenden Frauen bzw. Personen mit Kindern vorbehalten sein und sich insbesondere für Letztere auch in einer familienfreundlichen Raumkonzeption niederschlagen. Hierbei soll das Jugendamt eingebunden werden. Ebenso soll eine Unterkunft die Belange pflegebedürftiger Obdachloser in seiner Raumkonzeption berücksichtigen.

Bei der Konzeption der Unterkünfte sollen Träger der Wohnungslosenhilfe einbezogen werden und fachliche Standards berücksichtigt werden (z.B. Mindeststandards der BAG Wohnungslosenhilfe).

Das Bezirksamt wird gebeten, in diesem Kontext folgende Punkte zu eruieren:

        Welche Flächen im Bezirk, insb. jene aus der bezirklichen Wohnungsbaupotenzialanalyse, aber auch alle anderen, kommen für den Bau von Obdachlosenunterkünften infrage?

        Inwiefern können weitere geeignete Objekte bzw. geeignete Flächen im Bezirk durch landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, gemeinnützige Gesellschaften (z.B. die GSE) bzw. Träger (anlehnend an das Modell „Haus der Parität“) erworben und bebaut / umgebaut werden?

        Inwiefern können weitere geeignete Objekte bzw. geeignete Flächen im Bezirk durch private Immobiliengesellschaften unter der Voraussetzung erworben und bebaut / umgebaut werden, dass diese langfristig als Obdachlosenunterkunft betrieben werden und keine Nutzungsänderung in den Folgejahren erfolgt?

        Inwiefern können geeignete Flächen z.B. in Leichtbauweise bebaut werden, um schnell zu bauen?

 

Denkbar ist die Finanzierung dieser neuen ganzjährigen Unterkünfte für Obdachlose über das ISP der Senatsverwaltung für Soziales für Nicht-ASOG-gebundene Obdachlose, alternativ als ASOG-Unterkunft über das Sozialamt.

Bei der Auswahl eines Trägers sollen innovative Vorschläge besonders berücksichtigt

werden.

 

Das Bezirksamt hat am 09.10.2018 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

Die Unterbringung im Rahmen der Kältehilfe ist ganz deutlich von der in ganzjährigen Unterkünften für Obdachlose abzugrenzen. Während die Unterbringung eine einzelfallbezogene Leistung der Kosten der Unterkunft in einem geprüften sozialhilferechtlichen Bedarfsfall ist, stellt die Kältehilfe im Gegensatz dazu eine niedrigschwellige Versorgung der Bevölkerung dar. Es handelt sich ausschließlich um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr bei Kälte, die anonym ohne eine Prüfung von Bedürftigkeit durchgeführt wird.

 

Zurzeit betreut das Bezirksamt Mitte ca. 5900 Statusgewechselte zzgl. ca. 3100 sonstige Wohnungslose zum Teil mit Migrationshintergrund (Stand 30.06.2018).

 

Während die Anzahl der vom Bezirk untergebrachten statusgewandelten Personen im Zeitverlauf entgegen der bisherigen Annahme sinkt, verzeichnet die Soziale Wohnhilfe einen deutlichen Anstieg der Anzahl der Personen, die neben den Statusgewandelten ebenfalls Obdach benötigen und für deren Unterbringung das Bezirksamt Mitte nach Nr. 19 Zuständigkeitskatalog ASOG i.V.m § 3 AZG und dem Allg. Zuständigkeitskatalog (ZustKatAZG) Nr. 14 (Sozialwesen) verantwortlich ist. Wegen der Auslastung und der Verschiebung in der Nachfrage und der mangelnden Kapazitäten auf dem Wohnungsmarkt bahnt sich hier ein höherer Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten an, und zwar nicht nur für den Bezirk Mitte, sondern auch für ganz Berlin.

 

Um eine bedarfsgerechte Unterbringung und Versorgung aller von Wohnungslosigkeit bedrohten oder betroffenen Menschen sicherzustellen, hat sich der Senat in den Richtlinien der Regierungspolitik 2016-2021 unter anderem zum Ziel gesetzt, dass „die Angebote der Wohnungslosenhilfe (...) in Abstimmung mit den Bezirken gesamtstädtisch  gesteuert (werden)“.

Bereits 2016 wurde die für Soziales zuständige Senatsverwaltung vom Senat mit der Entwicklung „eines geeigneten Instrumentariums, um eine sozial ausgewogene gesamtstädtische Belegungssteuerung bei der Unterbringung von Statusgewandelten und sonstigen Wohnungslosen zu gewährleisten“ beauftragt (Senatsbeschluss S-1242/2016 vom 07.06.2016).

Diesem Auftrag folgend wurde eine Arbeitsgruppe Gesamtstädtische Steuerung (AG GStU) eingesetzt, an der Vertreterinnen und Vertreter der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, der Senatsverwaltung für Finanzen, des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten sowie Vertreterinnen und Vertreter der Bezirke teilnahmen. Im Rahmen dieser AG wurde ein Entwurf für eine Rahmenvereinbarung zwischen den beteiligten Akteuren erarbeitet. Dieser sieht vor, dass die Bezirke unberührt ihrer leistungsrechtlichen Zuständigkeit die Zuständigkeit hinsichtlich der Objektverwaltung sowie des Vertrags- und Qualitätsmanagements und im letzten Schritt auch die Akquise an die gesamtstädtische Steuerung der Unterbringung übertragen und von ihr als Serviceleistung zur Verfügung gestellt bekommen. Die Bezirke bleiben weiterhin für die individuelle Betreuung und leistungsrechtlichen Fragen für den Personenkreis, der in ihrer Zuständigkeit liegt, verantwortlich.

 

Anknüpfend an die Ergebnisse der AG GStU führt die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ein Projekt zur „Umsetzung der gesamtstädtischen Unterbringung“ durch. Während der Laufzeit des Projekts wird das bisherige System der Unterbringung aufrechterhalten.

 

 

Auch wenn es bisher noch an der Umsetzung der GStU fehlt, hat sie bereits Auswirkungen auf die bezirkliche Arbeit:

 

Der Bezirk Mitte hat im Zuge der Planungen zur GStU alle bezirkseigenen Einrichtungen auf Druck der Senatsverwaltung bereits vor längerer Zeit abgewickelt. Gleichzeitig wurden die Stellen der Ordnungsstelle, die mit der Heimleitung beauftragt war, ebenfalls abgebaut.

 

Seit Ende 2015 ist das Bezirksamt Mitte vor allem im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterbringung mehrere längerfristige Verträge mit Unterbringungs-Einrichtungen eingegangen.

Derzeit nutzt das Bezirksamt noch 11 vertragsgebundene Einrichtungen (Hostels und ähnliche Unterbringungsobjekte) zur Unterbringung (s. Anlage 1). Ihren Betreibern zahlt das Bezirksamt Mitte im Rahmen der Vorleistung und auf der Basis einer Bettenkalkulation einen Pauschalbetrag in Form eines Tagessatzes.

Im Hinblick auf die Umsetzung der gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung und das damit verbundene landesweite Belegungsmanagement, bedeuten die vertragsgebundenen Einrichtungen wegen langfristig zugesicherter Belegungsquoten und der vom Bezirk eingegangenen Vorleistungen aber ein finanzielles Risiko.

 

Da der Bezirk Mitte während der Laufzeit des Projekts „Umsetzung der GStU“ auch weiterhin für die Unterbringung nach dem bisherigen System zuständig ist, soll der sich anbahnende höhere Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten durch eine Bindung von weiteren gewerblichen Anbietern an das Bezirksamt Mitte gedeckt werden.

 

Nach eingehender Beratung und Abstimmung in der Steuerungsrunde für Geflüchtete setzt das Bezirksamt Mitte daher bis zur Umsetzung der gesamtstädtischen Steuerung bei der Bindung von gewerblichen Anbietern zur Schaffung zusätzlicher Unterbringungskapazitäten auf den Abschluss von Kooperationsvereinbarungen.

 

Dabei gehen die Betreiber eine verbindliche Kooperation mit dem Bezirk ein. Der Bezirk sagt bestimmte Belegungszahlen zu und die Anbieter verpflichten sich zur Unterbringung auf der Grundlage der vom Bezirk bestimmten Qualitätsstandards. Die Betreiber rechnen dann aber nicht mehr mit dem Bezirksamt, sondern direkt mit dem Jobcenter (JC) ab, sodass das Bezirksamt nicht in Vorleistung gehen muss. Dem Bezirk Mitte entstehen hier bis auf den Aufwand für das Vertrags- und Unterbringungsmanagement sowie die Kontrolle der Standards und Betreuung der Betreibereinrichtungen keine zusätzlichen Kosten.

 

Durch die Bindung von größeren Einrichtungen in Form von Kooperationen kann die Betreuung der Geflüchteten und anderer Wohnungsloser durch den Bezirk verbessert werden. Dies betrifft im Wesentlichen die Qualitätssicherung der Unterbringung durch Orientierung an vertraglich gesetzten Standards, aber auch die Schnittstellen zu bezirklichen Regelangeboten. Die Grundlage für die Qualitätssicherung bilden die im Januar 2018 von der Steuerungsrunde Geflüchtete Menschen in Mitte  verabschiedeten „Mindeststandards für vertraglich gebundene Hostels zur Unterbringung von geflüchteten Menschen – Bezirksamt Mitte von Berlin“, die als Anlage 2 beigefügt sind.

Insbesondere sozialraumorientierte Nachbarschaftsangebote sowie integrationsorien- tierte Maßnahmen zur sozialen, sprachlichen und strukturellen Integration wie z.B. Lots*innendienste, Familienhebammen und mobile Beratungsangebote können bedarfsorientiert und effizient gesteuert werden.

 

Kooperationsvereinbarungen mit mehreren Betreibern liegen bereits in Entwürfen vor und werden verhandelt. Die Verträge einiger bisher vertragsgebundener Einrichtungen werden nach ihrem Auslaufen bis Januar 2019 durch Kooperationsvereinbarungen ersetzt. Den Betreibern, deren dauerhafte Verträge sich immer wieder automatisch verlängern, wird gekündigt und eine Kooperation angeboten, um sie an das Bezirksamt Mitte zu binden und dabei das finanzielle Risiko gering zu halten.

 

Parallel zu den bezirkseigenen Bemühungen und dem Projekt der gesamtstädtischen Steuerung beschäftigen sich im Rahmen der Strategiekonferenz gleich mehrere Arbeitsgruppen unter Berücksichtigung der verschiedenen Zielgruppen mit der Unterbringung  von Obdachlosen, vor allem die AG 6 „Weiterentwicklung der Kältehilfe und die AG 8 „Wohnraumversorgung, Hilfe- und Unterbringungssystem“. Hier werden Überlegungen diskutiert, auch in der warmen Periode Unterkünfte mit Kältehilfestandard zur Verfügung zu stellen.

 

Informationen zu den einzelnen Arbeitsgruppen der Strategiekonferenz sind zu finden unter:

https://www.berlin.de/sen/soziales/themen/wohnungslose/strategiekonferenzen-wohnungslosenhilfe/arbeitsgruppen/

 

Die bisherigen Ergebnisse der Arbeitsgruppen sollen auf der 2. Strategiekonferenz am 10. Oktober 2018 vorgestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass diese auch in das Projekt „Umsetzung der gesamtstädtischen Steuerung“ einfließen.

 

 

 

 

A) Rechtsgrundlage:

 

§ 13 i.V. mit § 36 BezVG

 

B) Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:

 

a. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

keine
 

b. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

 

keine
 

Berlin, den      09.10.2018

 

 

Bezirksbürgermeister von DasselBezirksstadtrat Gothe

 
 

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