Drucksache - 0070/V
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Dem Bezirksamt wird empfohlen, sich gegenüber dem Senat für folgende Maßnahmen einzusetzen:
Begründung: Das Palais am Festungsgraben hinter der Neuen Wache gehört zur Reihe der Prachtbauten am Boulevard Unter den Linden und ist mit seiner zurückgenommenen Noblesse eines der repräsentativsten Bauwerke in der historischen Mitte Berlins. Das architektonische Juwel - eines der wenigen original erhaltenen Gebäude aus dem 18. Jahrhundert - hat in der Geschichte Berlins und Deutschlands eine herausragende Rolle gespielt: Als Amtssitz des Reichsfreiherrn vom und zum Stein gingen von hier die Preußischen Staatsreformen und damit der Ursprung des deutschen Beamtenwesens aus; nach dem Krieg war es nach erster Instandsetzung 1947 das "Haus der Kultur der Sowjetunion" und von 1950 bis 1990 das Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft. Aufgrund seiner baulichen und geschichtlichen Bedeutung, seiner Lage und seiner historischen Säle hat das Palais am Festungsgraben das Potential, ein hervorragendes Zentrum hauptstädtischen öffentlichen Lebens zu werden. Unverständlicherweise ist es aber das einzige Gebäude im historischen Zentrum Berlins, für das noch keine dauerhafte Nutzung gefunden wurde und das weit unter seinem Wert und seiner stadtgeschichtlichen Bedeutung profillos vor sich hindämmert. Seit vielen Jahren hat der Senat die Situation des Palais ignoriert, seine Bedeutung und sein Potential verkannt und versäumt, eine geeignete Nutzung für dieses Haus zu finden. Statt sich in den Koalitionsverhandlungen um eine geeignete Lösung zu bemühen - wie es im Fall der Alten Münze ohne weiteres gelungen ist -, soll nun das Haus auf Jahre hinaus als Ausweichquartier für andere landeseigene Liegenschaften missbraucht werden, die Sanierungsbedarf angemeldet haben. Dafür wurde langjährigen Mietern, die sich für das Gemeinwohl und gerade auch für das Palais einsetzen, in letzter Minute gekündigt. Der Zustand der Konzeptionslosigkeit für das Palais am Festungsgraben droht ein weiteres Mal auf unbestimmte Zeit verlängert zu werden.
Zahlreiche Büroräume sind so weit heruntergekommen, dass sie heute in einem nicht nutzbaren Zustand sind. Der populären Tadschikischen Teestube wurde gekündigt, statt ihr einen geordneten Weiterbetrieb zu ermöglichen. Die historischen Säle (Marmor-, Schinkel-, Eichen-, Blauer-, Roter- und Gelbersaal) - einzigartig im Zentrum Berlins - werden nur noch wenige Male im Jahr vermietet, wodurch dem Land Berlin erhebliche Einnahmen entgehen. Zudem werden im Haus krass unterschiedliche Mieten verlangt: Einige Mieter genießen eine erhebliche Vorzugsbehandlung - darunter auch kommerzielle Firmen. All dies ist bekannt, passiert ist bisher jedoch nichts. Seit nunmehr zwei Jahren liegt der Vorschlag vor, dieses repräsentative Gebäude im politischen und kulturellen Zentrum Berlins zu einem Haus für die Vereinten Nationen zu profilieren. Hier soll ein öffentliches Kontakt- und Veranstaltungszentrum entstehen, in dem über die Arbeit der Vereinten Nationen und ihrer Unterorganisationen informiert und diskutiert wird; hier können auch hohe UN-Repräsentanten während ihrer Berlin-Aufenthalte öffentliche Vorträge halten und sich der Diskussion stellen. So kann in Zeiten internationaler Krisen im Dialog mit den Bürgern und der Zivilgesellschaft die Arbeit der Weltorganisation vermittelt und u.a. ein Kompetenzzentrum für die Agenda 2030 und die Weltentwicklungsziele geschaffen werden, die auch von Deutschland und Berlin umgesetzt werden müssen. Soeben gingen die Weltkonferenz der Bürgermeister, der UN-Siedlungsgipfel und die Klimakonferenz von Marrakesch zu Ende - alle drei von eminenter Bedeutung für unsere Stadt. Wäre es nicht sinnvoll, die Ergebnisse solcher Konferenzen in Berlin öffentlich zu diskutieren, und zwar an einer Stelle, an der dies auch politisch wirksam ist? Zugleich würde so auch ein dringend benötigter Dialogpartner für das Humboldtforum entstehen, aber auch für die Humboldt-Universität, die Staatlichen Museen und das Auswärtige Amt. Statt jedoch diese Initiative aus der Berliner Bürgerschaft aufzugreifen, die von einer großen Zahl namhafter Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Kultur unterstützt wird und die Bedeutung Berlins als politisches Zentrum Deutschlands und internationale Metropole erheblich aufwerten würde, hat der Senat aus unerklärlichen Gründen zu diesem Vorschlag bisher geschwiegen. Nun besteht die große Gefahr, eine große Chance für Berlin und für das Palais am Festungsgraben zu verspielen.
Siehe hierzu den Offenen Brief (dessen Forderungen und Argumente übernommen wurden): http://www.dgvn.de/meldung/palais-am-festungsgraben-ein-haus-fuer-die-vereinten-nationen/ Siehe auch: Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin Mitte: Drucksache - 2756/IV - Palais am Festungsgraben - gute Nutzung für Berlin in der Welt
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