Drucksache - 2779/IV  

 
 
Betreff: Verordnung über die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart auf Grund der städtebaulichen Gestalt für das Gebiet Wilhelmstraße im Bezirk Mitte von Berlin gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Bezirksamt Mitte von BerlinBezirksverordnetenversammlung Mitte
   
Drucksache-Art:Vorlage zur BeschlussfassungBeschluss
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
16.06.2016 
51. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin      

Sachverhalt
Anlagen:
1. VzB vom 30.05.2016
2. Anlage Teil 1
3. Anlage Teil 2
4. Anlage Teil 3
5. Anlage 2
6. Beschluss

 

 

(Text liegt vor)


Bezirksamt Mitte von BerlinDatum:         .2016

Abt.      Tel.: 44600

 

BezirksverordnetenversammlungDrucksache Nr.

Mitte von Berlin2779/IV

Vorlage zur Beschlussfassung

über die

Verordnung über die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart auf Grund der städtebaulichen Gestalt für das Gebiet Wilhelmstraße im Bezirk Mitte von Berlin gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

a)        die städtebauliche Expertise zur Prüfung der Schutzwürdigkeit der städtebaulichen Eigenart als Voraussetzung für den Erlass der Verordnung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB r das Gebiet Wilhelmstraße (siehe Anlage 1).

 

b)        den Entwurf der Rechtsverordnung über die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart auf Grund der städtebaulichen Gestalt für das Gebiet Wilhelmstraße im Bezirk Mitte von Berlin gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Die Verordnung gilt für das in der anliegenden Karte (städtebaulichen Expertise: Karte 31) im Maßstab 1:1.000 mit einer Linie eingegrenzte Gebiet. Die Karte ist Bestandteil dieser Verordnung. Der helluntersetzte Bereich bildet den sog. Anpassungsbereich.

 

c)        die Ermittlung von rechtssicheren, gebietsbezogenen städtebaulichen Prüfkriterien für die Bearbeitung von Bauanträgen sowie die damit verbundene (externe) Beauftragung  eines Gutachtens (vertiefende Untersuchung) zur weiteren Konkretisierung und Präzisierung der Beurteilungsgrundlage von Vorhaben r das Gebiet Wilhelmstraße.

 

A)      Begründung:

 

1. Beschlussfassung politischer Gremien

Das Bezirksamt Mitte von Berlin hat in seiner Sitzung am 24.11.2015 die Aufstellung einer Verordnung über die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart auf Grund der städtebaulichen Gestalt für das Gebiet „Wilhelmstraße“ (Bezirksamtsvorlage Nr. 1367) beschlossen.

 

2. Planungsanlass und Zielsetzung der Erhaltungsverordnung

Planungsanlass

Auf Anregung der BVV wurde das Bezirksamt dazu aufgefordertr das Wohngebiet Wilhelmstraße eine Verordnung über die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart auf Grund der städtebaulichen Gestalt gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zu erlassen.

Daraufhin hat das Bezirksamt eine städtebauliche Expertise zur Prüfung der Schutzwürdigkeit der städtebaulichen Eigenart als Voraussetzung für den Erlass der Verordnung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB erarbeiten lassen.

Im Ergebnis der Prüfung der Schutzwürdigkeit des Wohngebiets Wilhelmstraße wird die städtebauliche Eigenart aufgrund der städtebaulichen Gestalt für das Gebiet begründet.

Im Gutachten heißt es:

Das Gebiet „Wilhelmstraße“, zwischen Behrenstraße und Voßstraße, dokumentiert anhand seiner Entstehungsgeschichte und als städtebauliches Ensemble die Entwicklung des Städtebaus in der DDR-Zeit und die grundsätzliche Funktionsänderung dieses Stadtraumes.

Die städtebaulichen Erhaltungsgründe für das Gebiet leiten sich aus den […] historischen und städtebaulichen Besonderheiten des Gebietes und seiner Entstehungsgeschichte ab.

Die bauzeitliche Bedeutung besteht insbesondere in der Anwendung eines vorgefertigten seriellen Gebäudetypus für die städtebauliche Struktur eines Wohngebietes in der Innenstadt und in der bedarfsgerechten Versorgung mit sozialer Infrastruktur, Läden, Gastronomie und Dienstleistungen.

Das Areal des Untersuchungsgebietes befindet sich im Zentrum der Stadt, dessen Struktur auf die barocke Planung der Friedrichstadt zurück geht und deren westliche Begrenzung der Verlauf der Wilhelmstraße war. Unweit der Straße Unter den Linden und dem Pariser Platz mit dem Brandenburger Tor befand sich über 200 Jahre an der Wilhelmstraße das Regierungsviertel des Preußischen Staates bzw. dann des Deutschen Reiches.

An diesem Ort, dessen Geschichte und Nutzung mit den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und mit den gesellschaftlichen Veränderungen nach 1949 beendet wurde, fand mit der Entscheidung, der Wilhelmstraße einen grundsätzlich anderen Charakter zu verleihen, ein prägender Wandel statt.

Die Wilhelmstraße wurde in ihrer Lage beibehalten und bildete den Ausgangspunkt für die städtebauliche und funktionelle Neugestaltung des Ortes. Gleichzeitig wurde die historische westliche Bauflucht bewusst aufgegeben und um 22 Meter verschoben, um der Wilhelmstraße den Charakter einer großgigen Promenade zu verleihen, die durch eine doppelte Baumreihe vor den Wohnbauten markiert ist. Bis dahin hatte die Wilhelmstraße zu keinem Zeitpunkt eine Bepflanzung, lediglich der Wilhelmplatz war von Bäumen umstanden. Außerdem erhielt die Promenade an der Wilhelmstraße eine platzartige Aufweitung, in Anlehnung an die ehemaligen Ehrenhöfe der Palais, die als besonderer öffentlicher Aufenthaltsort gestaltet wurde und von den Wohngebäuden eingefasst ist.

Als weiteres strukturelles Element wurde eine neue Verkehrsverbindung von der Wilhelmstraße über die Voßstraße bis zur Leipziger Straße geplant, durch die ein besonderer Bezug zu dem ehemaligen Gebäude des preußischen Landtages hergestellt werden sollte. Ausgeführt wurde diese Straße nur bis zur Voßstre.

Mit den besonderen städtebaulichen Anforderungen für die Bebauung wurde eigens für den Wohnkomplex Wilhelmstraße (Otto-Grotewohl-Straße) eine Weiterentwicklung des Plattenbautyps WBS 70 beauftragt. Die Gebäude sollten sich aus variablen Segmenten zusammensetzen, durch deren unterschiedliche Kombination verschiedene Raumbildungen erreicht werden sollten. […]

 

Keines der Quartiere sollte einen geschlossenen Blockcharakter erhalten; alle sollten sich zum Freiraum öffnen. Die Gebäude bzw. Segmente sind mit Durchgängen ausgehrt, so dass der gewünschte Übergang von der Geschäftsstraße zum Freiraum auf kurzen Wegen möglich war. […]

Mit dem Wohngebiet wurde eine 4,6 ha große Parkanlage im Bereich der ehemaligen Ministergärten geschaffen, um dem historischen Freiraum eine neue öffentliche Bedeutung zu verleihen. Dieser Park wurde durch die Planungsintentionen nach der Wiedervereinigung beseitigt und einer neuen Nutzung zugeführt.

Die Ausstattung des Wohngebietes umfasste alle erforderlichen Gemeinschaftseinrichtungen. Unmittelbar an der Wilhelmstraße (Ecke ehemaliger Wilhelmplatz) wurde eine Schule in Plattenbauweise errichtet. Dieser Schultyp wurde eigens für innerstädtische Standorte entwickelt und zeichnete sich durch eine effektive Nutzungsgliederung und Variabilität der Bauteile aus. Außerdem wurde in ein Wohnquartier eine Kindertagesstätte integriert. Für das gesamte Gebiet wurde eine Kunstkonzeption erarbeitet.“ (Vgl. hierzu städtebauliche Expertise S. 24ff.)

 

Zielsetzung

Die städtebauliche Bedeutung des seit 1984 geplanten und ab 1987 errichteten Wohngebietes besteht in der Neu-Definition des überlieferten, aber zerstörten Stadtraumes, und damit der baulich-räumlichen sowie funktionellen Aneignung des Raumes zu Wohnzwecken. Das Wohngebiet ist vor allem durch seinen Ensemblecharakter von Bedeutung, der durch die einheitlichen und wiederkehrenden Gebäudeelemente geprägt wird und zu einer prägenden Raumbildung geführt hat. Innerhalb der Entwicklung des Städtebaus in den 1980er Jahren in der DDR weist das Wohngebiet Wilhelmstraße in seiner Geschlossenheit außerordentliche Alleinstellungsmerkmale auf, die einen Schutzstatus im Sinne des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB rechtfertigen.

Auch wenn ein wesentliches Element des Ensembles, die Parkanlage auf den ehemaligen Ministergärten, nicht mehr präsent ist, ist jedoch das gestalterische Prinzip der Wohnanlage ablesbar.

Der Wohnkomplex „Wilhelmstraße“ als städtebauliches Ensemble im Kontext mit der Umgestaltung der historischen Mitte ist von besonderer stadthistorischer Bedeutung und soll deshalb vor weiteren wesentlichen und verändernden Eingriffen geschützt werden.“ (Vgl. hierzu städtebauliche Expertise S. 25.)

Der Geltungsbereich der Erhaltungsverordnung mit insgesamt 7,25 ha begründet sich aus dem Zusammenhang der städtebaulich bedeutenden und ortsbildprägenden Bebauung und umfasst folgende Grenzen (siehe hierzu Karte 31):

-          Behrenstraße 1B und 1C,

-          Cora-Berliner-Straße 2,

-          Wilhelmstraße 75-78, 84-94, 51-52, 45-47,

-          Mohrenstraße 67-69

-          Voßstraße 1, 10-12

-          An der Kolonnade 1-7, 9, 11

-          Gertrud-Kolmar-Straße 1-5, 7, 14

-          In den Ministergärten 1

-          Hannah-Arendt-Straße 1-4, 6.

 

Aus den o.g. Gründen beabsichtigt das Bezirksamt eine Verordnung über die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart auf Grund der städtebaulichen Gestalt für das Gebiet „Wilhelmstraße“ zu erlassen.

Ziel der Verordnung ist die Erhaltung des städtebaulichen Erscheinungsbildes und der Stadtgestalt aufgrund der städtebaulichen Eigenart und ihrer geschichtlichen Bedeutung im Sinne des städtebaulichen Ensembleschutzes. Dem Gutachten entsprechend soll das Gebiet in seinem räumlichen, strukturellen Aufbau und seiner Weiträumigkeit erhalten bleiben. Bauliche Ergänzungen und unkontrollierte Verdichtungen müssen sich an der Maßsblichkeit dieser Stadtstruktur messen lassen, ohne das Stadtensemble zu zerstören.

Um dieser Zielstellung gerecht zu werden, müssen für alle künftigen baulichen Maßnahmen Kriterien sowohl bezogen auf den Gebietscharakter als auch auf die Gebäude formuliert werden. Der Gebietscharakter wird vor allem durch die Raumbildung einschließlich der dazugehörenden Freiflächen sowie durch Größe und Typ der Gebäude, ihrer Stellung zum Straßenraum und zu den unbebauten Grundstücksflächen (öffentliche und private Freifchen, Vorgärten, Wohnhöfe, etc.) bestimmt. Die Prägung des Erscheinungsbildes der baulichen Anlagen begründet sich aus wiederkehrenden Gestaltungsmerkmalen der Gebäude, wie Dachformen, Materialität, Fassadengliederung, Art und Lage der Öffnungen.

Zur Ermittlung von rechtssicheren, gebietsbezogenen städtebaulichen Prüfkriterien für die Bearbeitung von Bauanträgen sowie zur weiteren Konkretisierung und Präzisierung der Beurteilungsgrundlage von Vorhaben r das Gebiet Wilhelmstraße wird zeitnah eine vertiefende Untersuchung (extern) beauftragt.

Anlagen:

-       Städtebauliche Expertise zur Prüfung der Schutzwürdigkeit der städtebaulichen Eigenart als Voraussetzung für den Erlass der Verordnung gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB für das Gebiet Wilhelmstraße, März 2016

-       Geltungsbereich der Erhaltungssatzung Wilhelmstraße: siehe städtebauliche Expertise Karte 31, Dezember 2015

-       Entwurf der Rechtsverordnung


Rechtsgrundlage:


BauGB, AGBauGB

      BezVG
 

B)    Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung 

 

  1.          Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: keine
  2.          Personalwirtschaftliche Auswirkungen: keine

 

 

Berlin, den 24.5.2016

 

 

 

 

 

 

 
 

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