Drucksache - 2308/IV  

 
 
Betreff: Urban Gardening im Bezirk Mitte stärken
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Briest, Urbatsch Fraktion der SPD Matischok 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
   Beteiligt:Fraktion der SPD
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
15.10.2015 
43. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
14.07.2016 
52. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin      

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag vom 06.10.2015
2. Änderungsantrag vom 15.10.2015
3. Beschluss
4. VzK vom 30.06.2016

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

 

(Text siehe Rückseite)

 

 

 


Bezirksamt Mitte von BerlinDatum.06.2016

Abteilung Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und OrdnungTel: 44600

 

 

 

BezirksverordnetenversammlungDrucksache Nr.

Mitte von Berlin2308/IV

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Vorlage - zur Kenntnisnahme -

 

über

 

Urban Gardening im Bezirk Mitte stärken

 

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 15.10.2015 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 2308/IV):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, zur Unterstützung des Urban Gardening im Bezirk Mitte folgende Maßnahmen umzusetzen:

 

-          Verzicht auf jegliche Räumung von bepflanzten Baumscheiben o.ä. von Amts wegen bzw. Erteilung entsprechender Bescheide an AnwohnerInnen, sofern nicht nachweislich in erheblichem Maße für andere VerkehrsteilnehmerInnen gefährdet ist (Moratorium).

-          Erarbeitung eines Handouts, was bei der Bepflanzung von Baumscheiben o.ä. durch AnwohnerInnen zu beachten ist (Pflanzarten, Zäune / integrierte Sitzbank, Bewässerungszyklus).

-          Prüfung, inwiefern aus Mitteln des Begrünungsprogramms für die Aktiven Stadtzentren Müller- und Turmstraße kleinteilige Aktionen im Rahmen des Urban Gardening in den Förderkulissen bezuschusst werden können.

-          Erarbeitung eines Mustervertrages mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zur Pflege von Baumscheiben, sofern Mittel aus dem Begrünungsprogramm diesbezüglich verausgabt werden.

-          Prüfung, auch welchen weiteren bezirks- bzw. landeseigenen Grundstücken mit Wasseranschluss zumindest temporär durch AnwohnerInnen mobile Gärten angelegt werden können. (Siehe Himmelbeet) und Bekanntgabe per PE an diesbezüglich interessierte AnwohnerInnen.

-          Aktive Bewerbung von Urban Gardening durch die Verwaltung gegenüber der EinwohnerInnen des Bezirks Mitte.

 

 

Das Bezirksamt hat am 14.06.2016 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.

 

Den Forderungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der BVV kann allein aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht und der daraus resultierenden (haftungs-) rechtlichen Gründen nicht entsprochen werden:

 

Die Verkehrssicherungspflicht ist Ausdruck des Rechtsgedankens, dass derjenige, der Gefahren schafft, dafür Sorge zu tragen hat, dass Dritten aus diesen Gefahren kein Schaden erwächst. Wer (durch die Widmung einer Fläche) einen öffentlichen Verkehr zulässt oder eröffnet, muss für dessen Sicherheit sorgen.

Nach geläuterter Erkenntnis liegt eine solche Gefahrenlage nicht erst dann vor, wenn ohne ein Handeln der Straßenverkehrsbehörde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zusätz-liche Schadensfälle zu erwarten wären. Es reicht vielmehr aus, dass eine entsprechende kon-krete Gefahr besteht, die sich aus den besonderen örtlichen Verhältnissen ergibt (BVerwG, Urteil vom 23. 9. 2010 - 3 C 37/09 - NJW 2011, 246).


-2-

(DS 2308/IV)

 

Im Fall der bepflanzten Baumscheiben sind die Gefahren ausgehend von unsachgemäßen Be-pflanzungen und Einfassungen hinreichend bekannt und minutiös dokumentiert.

Es greifen die Bestimmungen des § 7 des Berliner Straßengesetzes:

„Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der öffentlichen Straßen zusammenhängenden Aufgaben, auch die Bestimmung der Art, des Umfangs und des Zeitpunkts der Herstellung. Die öffentlichen Straßen sind im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Trägers der Straßenbaulast so zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern, zu verbessern oder zu ändern, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen. Dabei sind auch die Funktion der Straße als Aufenthaltsort, das Stadtbild und die Belange des Denkmal- und Umweltschutzes, der im Straßenverkehr besonders gefährdeten Personen sowie von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Der Träger der Straßenbaulast hat im Falle eines nicht verkehrssicheren Zu-stands der Straße zu veranlassen, dass bis zur Wiederherstellung des verkehrssicheren Zu-stands durch Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Er hat ferner für eine alsbaldige Wiederherstellung des verkehrssicheren Zustands der Straße zu sorgen“.

 

Es stellt sich in diesem Zusammenhang nicht nur die Frage der Schadensersatzpflicht, sondern auch die nach der Strafrechtlichen Relevanz:

„Für die Praxis der Verwaltung …[…]. heißt das, das die Frage der objektiven Pflichtverletzung und der (ggfs. sachverständig überprüften) Ursächlichkeit dieser Pflichtverletzung für den Erfolg den Schwerpunkt der strafrechtlichen Prüfung bilden.

Die für die strafrechtliche Haftung bei Unterlassungsdelikten zusätzlich bedeutsame Garanten-pflicht setzt voraus, dass der Täter rechtlich für das Ausbleiben des Erfolgs einzustehen hat. Die unter diesem Aspekt mglw. eine strafrechtliche Überprüfung auslösenden Sorgfaltspflichtverletzungen sind:

Verletzung der

  • Den Straßenverkehrsbehörden obliegenden Verkehrsregelungspflicht (Amtspflicht gem. § 45 Abs. 3 StVO, deren Verletzung die zivilrechtliche Amtshaftung des Verwaltungsträgers auszulösen vermag)
  • Den Straßenbaubehörden …[…]… obliegenden Verkehrssicherungspflicht.

Staatsanwaltschaft Mosbach Stand: IX 2015, OStA Heering

 

Im Ergebnis fertigt das Fachamt in jedem Fall einen Entscheidungsvermerk, um über den unver-züglichen Handlungsdruck im Sinne der Gefahrenabwehr zu befinden.

 

Ein Handlungserfordernis ist im Einzelfall dringend geboten.

Die mit der DS 2308/IV erhobenen Forderungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Mitte von Berlin, nämlich die „Verzicht auf jegliche Räumung von bepflanzten Baumscheiben“, geht darüber weit hinaus und stellt in der Folge eine unzulässige Mitverwaltung dar:

Die Bezirksverordnetenversammlung kann nach dem Bezirksverwaltungsgesetz in eigener Zu-ständigkeit Entscheidungen treffen (§ 12 Abs. 2 BezVG), an das Bezirksamt Empfehlungen oder Ersuchen richten (§ 13 BezVG) sowie die Geschäftsführung des Bezirksamtes kontrollieren.

 

Auch wenn im vorliegenden Fall bereits vorausgehende Erörterungen in den  Fachausschüssen erfolgten, ist eine generelle Mitwirkung der Bezirksverordnetenversammlung im Verwaltungsvoll-zug des Bezirksamtes ausgeschlossen und wäre eine unzulässige Mitverwaltung.

Dies betrifft insbesondere Einzelverwaltungsverfahren (Musil/Kirchner, Das Recht der Berliner Verwaltung, 2. Auflage, Rn 286).

 

Unstreitig steht der BVV ein Kontrollrecht gegenüber dem Bezirksamt zu.

Dieses darf jedoch nicht in eine Mitverwaltung umschlagen, was der Fall wäre, wenn Mitglieder

der BVV im Vorfeld an Verwaltungsentscheidungen mitwirken. Die BVV ist zu informieren, aber nicht an der Einzel-Entscheidung der (Fach-)Verwaltung zu beteiligen!

 

Soweit die BVV vorbeugend tätig werden will, tut sie dies nach § 12 Abs. 1 BezVG, indem sie die Grundlinien der Verwaltungspolitik im Rahmen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften be-stimmt und nicht indem sie an Einzelfällen mitwirkt. Diese Grundlinien werden u.a. durch An-regung allgemeiner Ziele bestimmt.

 

 

-3-

(DS 2308/IV)

 

Es gibt einen vom Straßen- und Grünflächenamt herausgegebenen Flyer über die Möglichkeiten der Baumscheibenbegrünung. Darin wird detailliert beschrieben, wie und unter welchen Voraus-setzungen Baumscheiben begrünt werden können.

 

Für die Fördergebiete AZ Turmstraße gibt es ein Begrünungsprogramm und für das AZ Müller-straße wird es ein Begrünungsprogramm geben. Das Begrünungsprogramm im AZ Müllerstraße befindet sich in der Vorbereitung. Mit der Durchführung des Begrünungsprogramms in diesen Fördergebieten wird der BA-Beschluss Drucksache Nr. 1608/IV vom 20.11.2014 „Klima schützen, nachbarschaftlichen Zusammenhalt stärken: Hofbegrünungsprogramm in den Aktiven Stadtzen-tren Müller- und Turmstraße“ umgesetzt.

 

Das Begrünungsprogramm im Aktiven Zentrum und Sanierungsgebiet Turmstraße hat folgende Ausrichtung: Gegenstand des Begrünungsprogramms für das Fördergebiet Turmstraße sind die Begrünung und Gestaltung von Höfen, Vorgärten, Baulücken, Brachen, Brandwänden und an Private überlassene öffentliche Flächen sowie die damit verbundenen Ausstattungen mit fest montierten Gegenständen wie z.B. Sitzgelegenheiten und Hochbeete. Diese Maßnahmen sind förderfähig. Die Förderfähigkeit beginnt ab 500 €. Die Entsiegelung wasserundurchlässiger Flächen hat Priorität. Die Durchführung des Begrünungsprogramms ist an eine Antragstellung, z.B. durch private Eigentümer und an eine fachliche Beratung durch Landschaftsarchitekten gebunden.

 

Die Ausrichtung des Begrünungsprogramm für das Fördergebiet Turmstraße entspricht nicht den Intentionen eines Urban Gardening mit kleinteiligen Aktionen, wie z.B. der Pflege vom Baum-scheiben. Der Einstieg der Förderfähigkeit von Maßnahmen ab 500 € wird mit der Pflege von Baumscheiben nicht erreicht werden. Der Aufwand in der Durchführung des Begrünungspro-gramms mit Antragstellung und fachlicher Beratung durch Landschaftsarchitekten ist um ein vielfaches höher als die Durchführung von kleinteiligen Aktionen des Urban Gardening. Aus dem Begrünungsprogramm für das Fördergebiet Turmstraße können keine Projekte des Urban Gardening bezuschusst werden.

 

Die Vorbereitung und der Aufbau des Begrünungsprogramms im AZ Müllerstraße orientiert sich an dem des AZ Turmstraße, so dass zukünftig keine kleinteiligen Aktionen des Urban Gardening im Fördergebiet Müllerstraße bezuschusst werden können.

 

Mit Schreiben vom 06.04.2016 teilt die zuständige Bezirksstadträtin mit:

 

„ Ich und auch das Umwelt- und Naturschutzamt teilen Ihre grundsätzlichen Bedenken bezüglich der Geeignetheit der Bewirtschaftung von Flächen, die insbesondere auch durch Verkehrs-emissionen einer starken Luftbelastung ausgesetzt sind. Des Weiteren raten wir grundsätzlich auch von der Einbeziehung oder Nutzung von ehemaligen Bahngeländen ab. Hier sind die Schadstoffrisiken generell so groß bzw. könnten durch erheblichen Aufwand gebannt werden.

 

Darüber hinaus sind wir der fachlichen Ansicht, dass Urban Gardening nur ausnahmeweise in öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen stattfinden sollte. Solche Flächen können nur auf Grundlage von Entwicklungskonzepten für öffentliche Grünanlagen, die nach wie vor in erster Linie den Interessen der Allgemeinheit verpflichtet sind, ermittelt werden, dieses auch unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes“.

 

A) Rechtsgrundlage:       § 13  i.V. mit § 36 Bez.VG

 

B) Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

 

a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: keine

b) Personalwirtschaftliche Ausgaben: keine

 

Berlin,                   

 

 

 

Bezirksbürgermeister Dr. HankeBezirksstadtrat Spallek

 

 
 

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