Drucksache - 1314/III  

 
 
Betreff: Die Würde des Menschen ist unantastbar
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Soziales und BürgerdiensteBezirksamt Mitte von Berlin
   
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
18.06.2009 
26. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
16.09.2010 
38. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin vertagt   
18.11.2010 
39. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Dringlichkeitsantrag vom 10.06.2009
2. Beschluss vom 18.06.2009
3. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 01.09.2010

Das Bezirksamt Mitte wird ersucht, sich bei der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales dafür einzusetzen, dass

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin

16. 08.2010

Abt. Soziales und Bürgerdienste

(918) 42662

 

 

Bezirksverordnetenversammlung

Mitte von Berlin

                                 Drucksache Nr. 1314/ III


 

 

 

 

 

Vorlage – zur Kenntnisnahme  –

 

über  „Die Würde des Menschen ist unantastbar“

 

 

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 18.06.2009 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 1314/III):

 

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

„Das Bezirksamt wird ersucht, sich bei der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales dafür einzusetzen, dass § 8 des Referentenentwurfs vom 08.01.2009 zum Wohnteilhabegesetz – WtG unter Maßgabe der folgenden Hinweise – geändert wird:

 

1.       In § 8 Abs. 1 WtG soll eine Formulierung aufgenommen werden, wonach gesetzlich             zu verankern ist, dass alle Einrichtungsträger zwingend verpflichtet auf die Wahl und            somit die Bildung eines Bewohnerbeirates hinzuwirken.

 

2.       Im § 8 Abs. WtG soll der Umfang des wählbaren Personenkreises erweitert werden.
Dieser soll erweitert werden um fachkundige Personen, die im Rahmen ihres nachberuflichen Engagements eine Aufgabe im Bewohnerbeirat übernehmen wollen. Durch die Erweiterung dieses Personenkreises kommen für die Wahrnehmung der anspruchsvollen Tätigkeit mehr Menschen in Betracht. Dem Träger ist freigestellt, in welcher Form er diesen Personenkreis anspricht, z. B. Rundschreiben an Bewohner und Angehörige mit einem Hinweis auf den zu erweiternden Personenkreis und/oder durch Aushänge (Einrichtungen und Bürgerämter) und Aufrufe in Bezirkszeitungen.

 

3.       § 8 Abs. 7 WtG, wonach Bewohnerbeiräte einen Anspruch auf angemessene Schulungen und Fortbildungen haben, soll ergänzt werden. Durch den Einrichtungsträger muss eine kontinuierliche Schulung sichergestellt werden, die es den ehrenamtlich Tätigen ermöglicht, ihre umfassenden Aufgaben nach dem WtG wahrnehmen zu können.“

 

 

Das Bezirksamt hat am 24.08.2010  beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

Das Wohnteilhabegesetz war bereits am 20.03.09 Tagesordnungspunkt auf der Bezirksstadträtesitzung Soziales bei der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Das Bezirksamt hatte die in diesem Rahmen eingeräumte Möglichkeit für eine Stellungnahme genutzt. Die Stellungnahme lies allerdings das im von der BVV am 18. Juni 2009 beschlossenen Antrag thematisierte Anliegen unberücksichtigt. Leider gab es nach dem 20.03.09 von der Senatsverwaltung weder eine Rückmeldung zu den von den Bezirken eingereichten Stellungnahmen noch die Möglichkeit zu einer weiterführenden Erörterung des Themas.

Das Bezirksamt hielt es daher auch hinsichtlich des Ersuchens der BVV für zweckmäßig, die offizielle Erörterung im Rat der Bürgermeister abzuwarten, um diese in das Gesetzgebungsverfahren einzuspeisen.

 

Das Wohnteilhabegesetz (WTG)  (RdB-Vorlage R-628/2009) wurde dem RdB zu seiner Sitzung am 22.10.09 zur Beratung zugeleitet. Der RdB hat die Vorlage in seinen Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Gleichstellung und Migration zur Beratung überwiesen. Das Bezirksamt hat dem Ausschuss gegenüber analog der Drucksache 1314/III Stellung genommen.

 

Der Ausschuss hat seinerseits die 12 bezirklichen Stellungnahmen zum WTG der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales zur Stellungnahme zugeleitet. Herr Staatssekretär Fritsch ist mit Schreiben vom 18.12.2009 an den Ausschussvorsitzenden ausführlich inhaltlich auf die Anmerkungen der Bezirke eingegangen.

 

Daraus sei zum Anliegen der BVV Mitte zitiert:

 

„Nach § 9 Absatz 1 WTG können die Bewohnerinnen und Bewohner einer stationären  Einrichtung einen Bewohnerbeirat wählen; der Anwendungsbereich wurde auf Hinweis der Normprüfungsstelle auch auf teilstationäre Einrichtungen, Kurzeiteinrichtungen und Hospize ausgedehnt. Ob die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtungen hiervon Gebrauch machen, bleibt ihnen überlassen. Eine Einschränkung auf vollstationäre Einrichtungen – wie im alten Heimgesetz vorgesehen - wäre eine Einschränkung der Persönlichkeits- und Freiheitsrechte der Bewohner der anderen Einrichtungstypen. Umgekehrt kann auch niemand zu einer Wahl gezwungen werden; daher bleibt es im Rahmen des § 9 bei der „Kann“- Vorschrift.

 

Der Einrichtungsträger hat die Arbeit des Beirats zu unterstützen; das impliziert bei vollstationären Einrichtungen, dass er sich für die Durchführung der Wahl einsetzt und bei der Bewohnerschaft dafür wirbt. Bei den anderen Einrichtungstypen, v. a. bei Hospizen, wurde ebenfalls die Möglichkeit, Beiräte zu wählen, eingeführt; hier sollte jedoch ein Hinweis auf diese Möglichkeit genügen. Erfahrungsgemäß wird in den neu aufgenommenen Einrichtungen vermutlich kein Gebrauch davon gemacht werden. Nach § 9 Absatz 7 WTG hat der Einrichtungsträger insbesondere die durch die Tätigkeit des Beirats entstehenden, angemessenen Kosten zu übernehmen, die ihn in die Lage versetzen, seine Tätigkeit für die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung auszuüben. Dazu gehören Auslagen, z. B. Fahrkosten, Kosten für Schulungen und  Fortbildungen, wenn nötig, auch die Kosten für einen Rechtsbeistand. Einrichtungsträger und Beirat sollen sich hierüber am besten vorab einigen. Diese Regelung galt im Wesentlichen auch schon nach dem alten Heimrecht (nach § 21 HeimmwV) und wurde jetzt ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen. Nach Mitteilung der Heimaufsicht sind bei der Kostenübernahme durch die Träger kaum Probleme bekannt geworden.“

 

Anlässlich der Anhörung zum Wohnteilhabegesetz im Abgeordnetenhaus am 21.01.2010 wandte sich der zuständige Bezirksstadtrat per E-Mail an die fachpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen:

 

„Zur Anhörung zum Entwurf zum Gesetz über Selbstbestimmung und Teilhabe in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen (Wohnteilhabegesetz - WTG) am kommenden Donnerstag, dem 21. Januar, erlaube ich mir mich an Sie zu wenden. Insgesamt begrüßt das Bezirksamt Mitte ausdrücklich die Formulierung dieses Gesetzes und ist der Auffassung, dass der vorliegende Entwurf eine gute Grundlage bietet, um Qualität und Selbstbestimmung in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen zu sichern und zu fördern.

 

 

 

Die Bezirksverordnetenversammlung Berlin Mitte hatte sich bereits im Juni 2009 in die Debatte eingebracht und das Bezirksamt aufgefordert, sich gegenüber der  zuständigen Senatsverwaltung und dem Gesetzgeber zugunsten einer stärkeren Mitwirkung der Bewohner und Bewohnerinnen zu verwenden. Über den Rat der Bürgermeister ist dies erfolgt, die Mitwirkungsrechte wurden präziser beschrieben und ihre aktive Wahrnehmung erleichtert. Allerdings sieht das Bezirksamt auch in der nun vorliegenden Fassung des entsprechenden Paragraphen noch Raum für Verbesserungen und präzisere Formulierungen. Ich erlaube mir, Ihnen diese nachfolgend aufzuzeigen und würde mich freuen, wenn Sie sich im weiteren Verfahren diesbezüglich verwenden könnten. Über eine dementsprechende Mitteilung würde ich mich sehr freuen.


 § 9 Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner in stationären Einrichtungen

 

(1)   In stationären Einrichtungen können die Bewohnerinnen und Bewohner einen Be-

wohnerbeirat wählen.

 

Die Senatsverwaltung geht davon aus, dass niemand gezwungen werden kann, einen Bewohnerbeirat zu wählen. Dies ist selbstverständlich richtig, allerdings vermittelt die Formulierung "können" nicht die Intension, dass die Schaffung von Bewohnerbeiräten erklärtes Ziel des Landes ist. Eine aktive Aufforderung an die Einrichtungsträger, die Schaffung von Bewohnerbeiräten zu befördern, wohnt dieser Formulierung nicht inne. Ich empfehle daher den Begriff "können" durch den Begriff "sollen" zu ersetzen, um dem Wunsch des Landes ausreichend Nachdruck zu verleihen und von vornherein klarzustellen, dass die Schaffung von Bewohnerbeiräten keine "Gnadenakte" der Einrichtungsträger sind, sondern, dass diese darauf hinzuwirken haben. 

 

(7) Der Einrichtungsträger hat die Tätigkeit des Bewohnerbeirates zu unterstützen. Er     trägt die für die Tätigkeit des Bewohnerbeirates entstehenden angemessenen Kosten.

 

Auch diese Formulierung ist meines Erachtens nicht ausreichend konkret. Bewohnerbeiräte bedürfen in einem angemessenen Umfang Schulungen und Fortbildungen, damit es auch ehrenamtlich Tätigen möglich ist, ihre Tätigkeit verantwortungsvoll wahrzunehmen und den umfassenden Aufgaben des neuen Gesetzes zu entsprechen. Um unnötige Auseinandersetzungen in der Kostenfrage zu minimieren, schlage ich daher vor, den zweiten Satz im Absatz 7 wie folgt zu formulieren: "Er trägt die für die Tätigkeit und die notwendigen Fortbildungen und Schulungen des Bewohnerbeirates entstehenden angemessenen Kosten."

 

Diese Änderungen würden die Beteiligungsrechte der Bewohnerinnen und Bewohner stärken und die Intension der BVV Mitte von Berlin vollständig aufnehmen.“

 

Verschiedene Parlamentarier haben sich für diese Anregung bedankt und zugesagt, die genannten Ergänzungen bzw. Präzisierungen in die weitere Debatte einzuspeisen.

 

Das „Gesetz über Selbstbestimmung und Teilhabe in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen (Wohnteilhabegesetz WTG)“ ist inzwischen vom Abgeordnetenhaus beschlossen  und am 01.07.2010 in Kraft getreten.

 

Die entsprechenden Anregungen wurden im Wortlaut nicht in den Gesetzestext übernommen. Im § 9 Abs. 1 und 2 „Mitwirkung der Bewohnerinnen und Bewohner in stationären Einrichtungen“ ist es bei einer „kann-Formulierung“ geblieben. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es einer Entscheidung der Bewohnerinnen und Bewohner bedarf, einen Beirat zu gründen.

 

In § 9 Abs. 7  geht der Gesetzgeber davon aus, dass durch die Formulierung „der Einrichtungsträger hat die Tätigkeit des Bewohnerbeirates zu unterstützen. Er trägt die für die Tätigkeit ... entstehenden angemessenen Kosten“ der Einrichtungsträger zur Finanzierung nicht nur der regulären Tätigkeit des Beirates verpflichtet ist, sondern auch zur Finanzierung von Schulungen und Fortbildungen. Näheres wird in den noch zu veröffentlichenden Verordnungen (Vgl. Heimmitwirkungsverordnung vom  19.07.1976  § 2) zu konkretisieren sein.

 


Insgesamt bleibt aber festzuhalten, dass das neue Wohnteilhabegesetz ein wesentlicher und wichtiger Fortschritt gegenüber dem bis dahin geltenden ordnungsrechtlichen Teil des „Bundes“ - Heimgesetzes ist. Das BVV-Anliegen ist zwar nicht vollständig, aber doch weitgehend aufgenommen worden. 

 

 

Rechtsgrundlage

 

§ 13 i.V. mit 36 BezVG

 

 

Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

 

a)               Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: keine

             

b)               Personalwirtschaftliche Auswirkungen:  keine

             

 

 

Berlin, ....................

 

 

 

 

 

Dr. Hanke                                                                                                                              von Dassel

Bezirksbürgermeister                                                                                 Bezirksstadtrat

 

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Sitzungsteilnehmer Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen