Auszug - Transparenz in der Praxis am Beispiel von Hamburg  

 
 
8. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Transparenz und Bürgerbeteiligung
TOP: Ö 6.1
Gremium: Transparenz und Bürgerbeteiligung Beschlussart: erledigt
Datum: Mo, 07.01.2013 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Keine Bandaufnahme

Herr BV Lüthke (SPD) bemerkt, dass auf der Tagesordnung nicht darauf hingewiesen

wurde, wer als Gast geladen sei.

Anschließend stellt sich Frau Franzen vor und teilt mit, das sie Juristin sei und jetzt in

Rente sei. Bis 2011 unterrichtete Sie in der Verwaltungsakademie in Berlin und auch in

Potsdam. Die arbeitete beim Landesbeauftragten für Datenschutz in Brandenburg. In

dieser Eigenschaft hatte sie mit der Einführung des Informationsfreiheitsgesetzes in

Brandenburg zu tun. Die Brandenburger hatten sich 1992 die

Informationsfreiheitsakteneinsicht in die Verfassung geschrieben. Im Laufe der Jahre gab

es deshalb ein Akteneinsichtsrechtsgesetz, welches 1997/1998 in Kraft gesetzt wurde.

Dieses Gesetz diente in Berlin als Beispielgesetz und man habe es

Informationsfreiheitsgesetz genannt.

Sie habe heute keine Unterlagen hinsichtlich des Informationsfreiheitsgesetzes

mitgebracht, aber das Transparenzgesetz der Hamburger, welches im Juli 2013 in Kraft

gesetzt wurde vorliegen. Die Hamburger haben sich dieses neue Gesetz gegeben und

gleichzeitig dafür genutzt, parallel das Informationsfreiheitsgesetz Hamburg auf zu heben.

Anschließend vermittelt sie, dass das Transparenzgesetz im Wesentlichen kein anderes

Gesetz beinhalte, als das Informationsfreiheitsgesetz. Es verschärft die Ansätze und die

Ansprüche, die die/der Bürger/-in gegenüber der Verwaltung haben kann. Die

Durchsetzung habe sich nicht geändert. Die Durchsetzung gehe dahin, dass man das

Verwaltungsgericht anrufe, wenn man eine endgültige Ablehnung seitens der Verwaltung

habe. Die Verwaltungsgerichte seien nicht üppig besetzt, so dass man mit einiger Zeit

rechnen müsse. Auch gäbe es, wie bei allen Gerichten, Eilverfahren und man sollte einen

Anwalt hinzuschalten.

Neu bei dem Transparenzgesetz sei, dass es ins Internet gelange.

Herr BV Reschke (CDU) meint, da er heute nicht auf den Tagesordnungspunkt

vorbereitet sei fragt er nach dem weiteren Zeitplan.

Der Vorsitzende, Herr Kirchner, bemerkt, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor

einiger Zeit ihn gebeten hatte, diese Thema auf die Tagesordnung zu setzen.

Herr BV Lüthke (SPD) bittet um Abstimmung hinsichtlich des Rederechts für Frau

Franzen.

Anschließend erhält Frau Franzen Rederecht.

TraBü/0009/IV Ausdruck vom: 20.12.2013

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Anschließend vermittelt Frau Franzen Auszüge aus dem Hamburgischen

Transparenzgesetz, welches am 19.96.2013 in Kraft gesetzt wurde.

Marie Luise Franzen, Juristin im Ruhestand sowie frühere Dozentin an der

Verwaltungsakademie Berlin und Mitarbeiterin des Statistischen Landesamts

Brandenburg, wurde eingeladen, um dem Ausschuss über die Vor- und Nachteile des

Hamburger Transparenzgesetzes zu berichten.

Zuletzt arbeitete Marie Luise für die Landesbeauftragte für Datenschutz in Brandenburg.

Seinerzeit wurde im Land Brandenburg ein Informationsfreiheitsgesetz als Reaktion auf

die verfassungsmäßige Festschreibung des Rechts auf Akteneinsicht in der

Landesverfassung eingeführt. Dieses diente später als Vorlage für das Berliner

Informationsfreiheitsgesetz. Auch in Hamburg existierte bis zur Einführung des

Transparenzgesetzes ein Informationsfreiheitsgesetz.

Im vergangenen Juli ist in Hamburg das neue Transparenzgesetz verabschiedet worden.

Es ist bezüglich der Ansprüche des Bürgers gegenüber der Verwaltung weitreichender als

das frühere Informationsfreiheitsgesetz. Das Prozedere der Durchsetzung dieser

Ansprüche hat sich jedoch nicht geändert, im Zweifel müssen Bürger immer noch Klage

vor dem Verwaltungsgericht erheben.

Viele praktische Hindernisse der Gewährung der Informationsfreiheit sind geblieben, z.B.

hat die Verwaltung oft Dokumente zu Sachverhalten von Interesse nicht vor Ort. Eine

Chance für den Bürger stellt die Bestimmung dar, dass alle öffentlich zugänglichen

Dokumente nun auch im Internet veröffentlicht werden müssen.

Der Zweck des Gesetzes sei die Festschreibung einer umfassenden Informationspflicht

seitens der Behörden unter Wahrung des Schutzes persönlicher Daten. Informationen

über die Verwaltungsarbeit sollen öffentlich zugänglich gemacht und verbreitet (sic!)

werden. Von breiten Zugangsmöglichkeiten versprächen sich die Macher des Gesetzes

mehr Bürgernähe und eine langfristige Verbesserung der Qualität des

Verwaltungshandelns. Der Anspruch auf einen unverzüglichen Zugang zu

Verwaltungsdokumenten sei für jede Person festgeschrieben. (Im Gegensatz zum

"Bürger" ist damit jeder gemeint, der sich in Hamburg aufhält.) Die Informations- und

Auskunftspflicht, die sich sowohl auf die Auskunft auf Nachfrage als auch auf die

Veröffentlichung von Verwaltungsdokumenten beziehe, umfasse sowohl privatrechtliche

Personen unter Aufsicht des Staates als auch alle in öffentlicher Sitzung gefassten

Beschlüsse, Verträge der Daseinsvorsorge, Aktenpläne der Behörden sowie Verträge, an

deren Veröffentlichung ein öffentliches Interesse besteht. Ebenso erstrecke sie sich auf

erteilte Baugenehmigungen und Vorbescheide. Marie Luise ergänzt, dass diese um die

Ablehnungen von Bauanträgen erweitert werden sollten, da diese sehr aufschlussreich

bezüglich der stadtplanerischen Ziele der Verwaltung sind.

Das Transparenzgesetz sehe außerdem die folgenden Ausnahmetatbestände vor: Den

Schutz personenbezogener Daten, den Schutz öffentlicher Belange sowie die Wahrung

von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Mari Luise merkt an, dass allerdings nicht

definiert sei, was unter einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu verstehen sei. Eine

Verwaltung, die nicht auskunftswillig ist, könne diesen Ausnahmetatbestand

missbrauchen. Betriebe, die einen Zuschlag für einen öffentlichen Auftrag bekommen

haben, sollten sich ihrer Ansicht nach nicht auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

berufen dürfen. Außerdem existiere ein Paragraph zum Schutz der behördlichen

Entscheidungsprozesse. So lange diese nicht abgeschlossen seien, bestehe keine

Veröffentlichungs- oder Auskunftspflicht.

Bürger hätten die Möglichkeit zur elekronischen oder mündlichen Antragsstellung.

In Berlin und Brandenburg habe der Landesbeauftragte für Datenschutz gleichzeitig die

Aufgabe des Beauftragten für das Informationsfreiheitsgesetz übernommen. Nach dem

TraBü/0009/IV Ausdruck vom: 20.12.2013

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Wissensstand der Referentin existiere in Hamburg kein Transparenzbeauftragter und

damit bisher keine direkte Überwachungsinstanz für die Umsetzung des Gesetzes.

Alle Teile der Verwaltung seien über aktuelle Vorgänge voll zu informieren. Fühlten sich

Teile der politischen Institutionen und der Verwaltung nicht berücksichtigt, stehe ihnen der

Rechtsweg offen. So könnten Abgeordnete von einer Organklage Gebrauch machen.

Diese stehe Bezirksverordneten wegen des besonderen Status der Berliner Bezirke

jedoch nicht offen. Da sich die bestehenden Informationsfreiheits- und

Transparenzgesetze an den Bürger richteten, wäre zu prüfen, inwieweit sich

Bezirksverordnete diese zu Nutze machen können.

Herr BzBm Dr. Hanke teilt mit, dass die Bezirke und auch die Bezirksverordneten nicht

das Recht haben, eine Organklage einzureichen. Die Bezirksverordneten seien

Bestandteil der Verwaltung. Es gäbe aber umfangreiche Rechte, die auch für

Bezirksverordnete, Bürgerdeputierte geregelt seien. Nach der Reform vor 2 Jahren gibt

es jetzt umfangreichere Rechte. Bezirksverordnete dürfen Akteneinsicht nehmen.

 
 

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