Auszug - Suchtprävention bei Kindern und Jugendlichen im Bezirk Mitte  

 
 
41. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gesundheit
TOP: Ö 1.2
Gremium: Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 24.02.2011 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Herr Kolling vermittelt, dass ab Dezember 2005 nach einer europaweiten Ausschreibung eine Fachstelle für Suchtprävention im La

Herr Kolling vermittelt, dass es ab Dezember 2005 nach einer europaweiten Ausschreibung eine Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin in privater Trägerschaft (PAT .V.) gab. Der Verein betreibt das nach zwei weiteren Ausschreibungen. Mit der Neuorganisation der Berliner Jugendämter, der inhaltlichen Neuausrichtung, die mit der Bezirksfusion zusammen fiel, ist die explizite Aufgabenstellung Suchtprävention weg gefallen. Auf Nachfragen wurde sie in den allgemeinen Aufgabenkatalog aufgenommen. Es gab von da an und bis heute keine feste Zuständigkeit im Bereich Jugend auch sonst im Bezirksamt nicht. Die 3 fusionierten Bezirke haben zum gemeinsamen Start als Bezirksamt Mitte im Bereich Jugend die Zuständigkeit Suchtprävention verloren. Der Altbezirk Tiergarten verfügte noch über eine Restarbeitsgruppe Suchtprävention, die im Bereich Gesundheitsförderung angesiedelt war. Diese wurde für den neuen Bezirk übernommen. Anfangs wurde sie betreut. Nach Wegfall einer Stelle hat Herr Kolling als Suchthilfekoordinator dieses Arbeitsgebiet zusätzlich übernommen. Im Gesundheitsdienstgesetz sind eine Reihe von Aufgaben für seine Dienststelle – Organisationseinheit QPK – (Psychiatriekoordination) genannt. Suchtprävention taucht aber nirgends auf. Das Forum Suchtprävention setzte sich zusammen aus einigen wenigen Mitarbeitern/-innen. Es gab keinen ausdrücklichen Dienstauftrag dazu.
Die im Laufe der letzten Jahre ganz erheblich zunehmende Aufgabenverdichtung, die Einsparungen und zum Teil im Jugendamt die Neuorganisation, führten zu einem deutlichen Rückzug von einzelnen Mitgliedern bis hin zur Schließung von suchtpräventiven Einrichtungen.
Die seit 25 Jahren bei der Senatsverwaltung für Jugend angesiedelten Teams für Suchtprävention sind in die Bezirke gegangen, um dort Suchtprävention zu implementierten und etwas in Gänze zu setzen und blieben meist mehrere Jahre im Bezirk. Anschließend stellt er Projekte der Altbezirke Tiergarten und Wedding vor und gibt Erläuterungen dazu.
 

Weiterhin teilt Herr Kolling mit, dass verschiedene Versuche unternommen wurden. Man habe 2003 „Tage der Suchtprävention“ ausgerufen. Mit den Kollegen/-innen vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg habe man viele Veranstaltungen ins Leben gerufen. Damals sollte der Begriff Suchtprävention wieder ins Gespräch gebracht werden. Die Belastung war enorm hoch; man habe sich übernommen. Festzustellen war, das es eine Menge im Einzelnen gebracht habe, aber nichts Nachhaltiges. Es ist keine Kooperation entstanden, dass man es weiterführen könnte. Es war strategisch eine falsch angelegte Angelegenheit mit viel gutem Willen, aber noch ganz wenig Erfahrung. 2007 fand erst wieder eine erfolgreiche Fachtagung mit 60 Teilnehmern/-innen statt. Man hatte im Vorfeld umfangreiche Recherchen bei potenziellen Nutzern gemacht. Es wurden sämtliche Ausbildungsbetriebe im Bezirk Mitte angeschrieben (mit leider wenig Resonanz). Eine hohe Resonanz zeigte sich bei den Erziehern/-innen und bei vielen Lehrern/-innen. Hier ging es nur um die Grundlagen der Suchtprävention. Man wollte die elementaren Sachen erfahren. 2009 fand eine weitere Fachtagung im OSZ Gesundheit statt. Man hatte eine sehr anspruchsvolle und inhaltliche Veranstaltung hinbekommen. Herr Kolling bemerkt, dass es leider aus den Fachtagungen keine Nachhaltigkeit gibt. Man hoffte, dass von 50 bis 60 Teilnehmern/-innen einige übrig bleiben, die meinen, dass sie eine Zeitlang dort mitarbeiten.

 

Zum aktuellen Stand teilt Herr Kolling mit, dass 2010 eine Krise hereinbrach. Man wollte an 2009 ansetzen. Man musste nach viermonatiger Vorbereitung feststellen, dass es nicht geht. Im Herbst 2010 ist man zu der Erkenntnis gekommen, dass man etwas tun müsse und dass man das Thema Suchtprävention im Bezirk Mitte wieder in Gang setzen möchte. Idee kam auf, die Fachstelle für Suchtprävention zu nutzen. Man fragte an, ob die Fachstelle choachen könnte. Seit Januar 2011 sei man nun dabei, die Vorarbeiten zu machen. 8 Mitarbeiter/-innen arbeiten zusammen. Es konnte eine Perspektive gefunden werden.
 

Anschließend berichtet Herr Kolling, was außer dem Forum Suchtprävention im Bezirk läuft. Kafka wurde heute vorgestellt. Das Projekt Kafka habe man sehr gerne aufgenommen. Der suchtpräventive Stellenwert ist insgesamt gesehen nicht so, dass man sagen könnte, Kafka sei toll, man könne die Hände in den Schoß legen. Es wird von der Bundesdrogenbeauftragten geprüft, das Projekt auszudehnen und es dann zu evaluieren. Ein Projekt mit dem Volumen kann niemand evaluieren.
Anschließend stellt Herr Kolling das Projekt Klasse 2000 vor. Dieses Projekt wurde im Jahre 2000 vom Heidelberger Krebszentrum auf einem sehr hohen wissenschaftlichem Niveau entwickelt. Das Projekt habe sich organisatorisch abgespalten. Inhaltlich gehören sie immer noch zusammen. Das dort entwickelte pädagogische Konzept wurde von vornherein als sinnvoll betrachtet, wenn die 1. bis 4. Klasse durchgängig 4 Jahre lang Prävention durchführt. Hier gehe es um ein Stück Persönlichkeitsbildung. Dieses Projekt ist sehr anspruchsvoll und wird von Klasse 2000 wissenschaftlich begleitet, ist gut evaluiert. Die Kosten pro Klasse belaufen sich auf 220,00 € (über 4 Jahre 880,00 €/pro Klasse). Das Modell sah vor, dass die Eltern die Kosten aufbringen sollen. Herr Kolling betont, dass das in vielen Teilen des Bezirks Mitte nicht aufgehe. In diesem Zusammenhang weist Herr Kollig darauf hin, dass unter Klasse 2000 im Internet recherchiert werden kann.

Ein guter Einstieg konnte im Quartiersmanagement bemacht werden. Inzwischen gibt es keine Klasse mehr im Bezirk Mitte, wo Eltern Beiträge bezahlen. Die Beträge werden gesponsert. Derzeit befinden sich 40 Schulklassen im Programm.

Weiterhin vermittelt Herr Kolling, dass es eine Reihe von Kleinprojekten im Bezirk im Rahmen des Quartiersmanagements gäbe, insbesondere im Bereich Brunnenviertel – Aktiv gegen Drogen, wir lassen uns nicht betäuben - . Diese Miniprojekte werden aus begrenzte QM-Mittel bezahlt. Der zuständige Polizeiabschnitt spielt auch im Brunnenviertel eine wesentliche Rolle. Da die QM-Finanzierung begrenzt sei, habe man vieles probiert. Man findet für diese kleinen Projekte oftmals keine Weiterfinanzierung.

Zur Suchtprävention in Schulen teilt Herr Kolling mit, dass sie eine eigene Ressource in der Schulverwaltung sei. Herr Kolling meint, dass die Schulen im Bezirk Mitte exterritorial seien. Leider sei das auch auf fachlicher Ebene in Berlin so. Die Berliner Schulverwaltung hat ein elaborisiertes Konzept an Suchtprävention mit eigenen Fortbildungsstätten und bildet selbst pro Bezirk Suchtpräventionskoordinatoren aus. Mitte hat einen Koordinator für die Suchthilfelehrer an den Oberschulen, der in der Suchtprävention in Mitte mitarbeitet.

 

Abschließend vermittelt Herr Kolling Überlegungen. Man sei in der AG auf dem Stand, dass man bei anderen Bezirken erfolgreiche Modelle abkupfern möchte und eine Verbindlichkeit herstellen möchte. Man habe gemerkt, dass man nur mit dem guten Willen und wenn man Zeit habe, dann arbeite man dort mit, klappt es nicht. Man sei zu störanfällig. Mitte möchte eine Struktur haben. Man möchte versuchen, bezirkliche Leitlinien für die Suchtprävention zu formulieren. Man habe eine Abstufung in das landesweite Programm bei der Fachstelle begonnen, in deren Zielsetzung man sich einbinden möchte. Man möchte das auf den Bezirk herunter brechen. Man wird den Anstoß geben und man möchte auf das Bezirksamt und auf die Bezirksverordneten zugehen. Man hofft, in die bezirklichen Gesundheitsziele – Ziel 4 psychische Gesundheit – hineinzupassen. In diesem Kontext möchte man ein Statement haben, dass der Bezirk mit seinen Repräsentanten sich dazu bekennt zu einer grundsätzlichen Annahme. Organisatorisch schwebt ihm ein Gremium, mit dem der Bezirk an Suchtprävention zu tun hat (alle Ämter), vor.

 

Frau BV Schauer-Oldenburg (Grüne) bezieht sich auf die Klasse 2000 und möchte wissen, ob dieses Projekt auf einige Schulen beschränkt sei oder haben sich alle Schulen daran beteiligt. Weiterhin bemerkt sie, weil die Schulen sich heraushalten, dass sich das kritisch betrachten lässt, in wie weit sie zur Kooperation bereit sind. Herr Kolling teilt mit: Klasse 2000 kommt immer dann zustande, wenn irgendeiner die Initiative ergreift, genügend Interessenten im Kollegium oder in der Elternschaft anwirbt und dann einen Antrag stellt. Es ist kein in die schulische Suchtprävention von Landesseite integriertes Projekt. Man kann nicht sagen, dass Schulen sich sperren. Die Mehrzahl der Schulleiter/-innen, die es erlebt haben, sind davon sehr positiv angetan. Einige meinen, was soll man denn jetzt noch alles machen. Die Schulen fühlen sich permanent im Umbruch und es sei schwierig und deshalb verfolgen die Akteure von Klasse 2000 den Weg, dass sie mit denen arbeiten, die das möchten. Man gehe nicht werbend hinaus.

Frau Schauer-Oldenburg bemerkt, dass das Problem nicht immer das sei, die die wollen, sondern die, die nicht können, die es aber benötigen. Sie möchte wissen, wie man hier verfahren könnte. Sie findet das Projekt sehr gut. Anschließend spricht sie die Spielsucht an und möchte wissen, ob man das in die Suchtprävention involvieren könnte. Herr Kolling meint, dass Sucht eine Vielgestalt darstelle. Er meint, dass das Suchtmittel ein Drittel des Problems darstelle. Die anderen zwei Drittel sind die Persönlichkeit des Konsumenten oder des Süchtigen und das soziale Umfeld. Selbstverständlich werde man keine Sucht ausschließen.

Er teilt weiter mit, dass man in den nächsten Sitzungen jeweils eine Stunde für ein Thema vornehmen wird. Es gibt brisante Themen.

 

Eine weitere Frage wurde gestellt, was vom Gesundheitsausschuss gewünscht wird, um den vorsichtigen Ausblick etwas realer zu lassen und um Druck zu machen. Herr Kolling wünscht sich vom Ausschuss, dass dieses Thema wieder auf die Tagesordnung gebracht wird. Für die nächste Wahlperiode sollte dieses Thema wach gehalten werden. Er stellt sich weiter vor, dass der Fachausschuss der BVV an den Inhalt beteiligt wird. Er möchte vorab mit den Ausschussmitgliedern diskutieren und nicht überraschend irgend einen Beschluss formulieren, etwas zu tun. Weiterhin wird die Frage gestellt, ob ein eingebrachter Ausschussantrag helfen würde, ein Leitbild zu erarbeiten. Könnte man das schneller in Gang bringen. Herr Kolling meint, dass es keinen Zweck habe, etwas anzutreiben, was läuft. Man sei gerade mit einigen Kollegen/-innen bereit, das in Gang zu setzen. Er bittet in diesem Zusammenhang nicht zu schnell mit Terminsetzung zu verfahren. Man möchte bis ins späte Frühjahr 2012 soweit sein, dass man dem Bezirksamt etwas vorlegen möchte. Derzeit bittet er nur um die Aufmerksamkeit des Ausschusses.

 

BV Schauer-Oldenburg (Grüne) bezieht sich auf die finanziellen Mittel und meint, dass das im Doppelhaushalt 2012/2013 mit einfließen müsste. Herr Kolling teilt mit, dass es derzeit um kein Geld gehe. Man muss erst einmal etwas produzieren. Er stellt sich vor, wie es auch in anderen Bezirken oder in anderen Kommunen möglich ist, viele Menschen an einen Tisch zu holen; man findet viele Ideen, etwas zu finanzieren. Suchtprävention sei, wenn es gelingt, es wirklich zum Thema zu machen, ein dankbares Thema, wo Menschen gerne Geld geben. Man muss aber dieses Thema so aufbereiten und in die Öffentlichkeit bringen.

 

Herr BV Rauskolb (CDU) dankt für den Bericht. Er ist der Auffassung, wenn man den Eindruck habe, dass die Verwaltung auf einem richtigen Weg sei, muss man jetzt noch keine Beschlüsse fassen.

 

Die Vorsitzende, Frau Stein, bemerkt, dass Modedrogen sehr stark wechseln und dass nicht überall die gleichen Drogen auftreten. Weiterhin bemerkt sie, dass sich die meisten Süchte im Verborgenen entwickeln. Sie fragt, in wie weit Rückkopplungen zur Kinder- und Jugendhilfe bestehen. Könnte sich Herr Kolling vorstellen, ob man hier noch mehr kooperieren könnte. Herr Kolling teilt mit, dass sehr lange keine Kooperation mit bezirklichen Jugendamt zustande kam. Seit November 2010 habe man einen Fachbereichsleiter abgestellt, der solange da sein wird, bis eine Sozialarbeiterstelle damit besetzt sei. Spielsucht spielt im Jugendhilfeausschuss eine bedeutende Rolle. Es wurde dort nachgefragt, ein Statement abzugeben.

 

Eine Frage bezieht sich darauf, ob Herr Kolling den Eindruck habe, dass die Suchtproblematik bei Kindern und Jugendlichen zugenommen habe. Wie hat sich die Suchtprävention in den letzten 30 Jahren entwickelt. Herr Kolling teilt mit: Die Suchtprävention hat sich im Zeitlupentempo entwickelt. Es ist sehr wenig da, gemessen an den Kenntnissen und Wissensgewinnen in der Kommunikationsforschung. Es gibt immer wieder auf Bundesebene Aktionen. Millionenschwere Projekte zur Suchtprävention, die evaluiert wurden, kamen heraus. Die Ziele wurden verfehlt. Seit dem man die Fachstelle für Suchtprävention in Berlin habe, tut sich etwas. Die erste Frage beantwortet Herr Kolling wie folgt: Er sei kein Präventionsmensch, sondern ein Therapeut. Er glaubt, dass es immer dabei bleibe, dass die Lebenskrisen, die in der deutschen Kultur angelegt sind, sind immer Krisen, wo man süchtig wird. Stoffgebundene Süchte fangen nicht im Trotzalter an, aber in der Pupertät. Mit dem Aufkommen der IV-Drogen wurde eine zeitlang immer berichtet, dass die Drogenabhängigen immer jünger würden. Herr Kolling betont, dass sei Unsinn und stimme nicht. Trotzdem stelle das ein sehr ernstes Problem dar und es sei ein gesellschaftliches Problem.

 

Die Vorsitzende, Frau Stein, regt an, dass der Ausschuss sich im Mai oder Juni 2011 noch einmal mit diesem Thema auseinander setzen sollte. Dem wird so zugestimmt.

 

 


 

 
 

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