Auszug - Caritas Schuldnerberatung - Vorstellung der Schuldnerberatung in Mitte und Jahresbericht 2008 BE: Herr Carlo Wahrmann, Frau Monika Wächter (ca. 60 min.)
Die drei anwesenden Vertreter verteilen einleitend Unterlagen und berichten über die drei anerkannten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Mitte (Beratungsstelle der Caritas Berlin in Alt-Mitte, Beratungsstelle des Deutschen Familienverbandes in Kooperation mit dem BA Mitte in Tiergarten und der AWO in Wedding). Nachzulesen siehe verteilte Unterlagen. Herr BV Rauskolb (CDU) fragt, warum so unterschiedlich hoch
die Prokopfverschuldung in den Altbezirken Wedding, Mitte und Tiergarten sei.
Weiterhin möchte er wissen, warum die Verschuldung in Tiergarten so sehr viel
höher sei, als in Wedding. Frau Wächter teilt mit, dass das eine
Durchschnittverschuldung sei. Man kommt immer auf eine Zahl von 38 Tsd. Die
Schuldenbeträge aller zu Beratenden wird durch die Summe der Beratungen
geteilt. Frau Vollmer ergänzt, dass man den Bereich Schuldnerberatung und
Insolvenzberatung differenzieren muss. In der Insolvenzberatung ist
durchschnittlich eine höhere Überschuldungssumme vorhanden. Die Summe kann sich
von Jahr zu Jahr ändern, je nach dem, wie viel Immobilienschuldner man hat. Die
Immobilienschuldner haben eine ziemlich hohe Schuldensumme. Frau BV Schauer-Oldenburg (Grüne) fragt, ob Zahlen zur
Verfügung stehen, wie viel und in welcher Höhe Menschen mit Spielsucht
betroffen sind. Herr Wahrmann teilt mit, dass mit dem Café Beispiellos
zusammen gearbeitet wird. Es gibt einige Menschen mit Spielsucht, die aber
nicht extra gezählt wurden. Er kann nur darüber berichten, dass sie auftauchen.
Je mehr man mit den Beratungsstellen zusammen arbeitet, des so eher tritt das
Problem auf. Viele Spielsüchtige kommen nicht von selbst. Frau BV Sander (FDP) fragt nach den Erfahrungswerten, wie
lange ein Beratungszeitraum dauert. Weiterhin möchte sie über Missbrauch von
Beratungen Auskunft erhalten. Welche Maßnahmen werden dagegen ergriffen. Herr
Wahrmann teilt mit, dass ein Insolvenzverfahren ca. 6 bis 7 Jahre dauert. Frau
Wächter beantwortet die zweite Frage wie folgt: Die Berliner Arbeitsgruppe,
initiiert von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales,
Staatsanwaltschaft, Verbraucherzentrale, Verbraucherschutzverein, Industrie und
Handelskammer und die Landesarbeitsgemeinschaft der Schuldner- und
Insolvenzberatung versucht, diese Leute ausfindig zu machen, um zu schauen wie
man das unterbinden kann. Frau Wächter betont, dass das sehr schwierig sei. Es
gibt inzwischen viele Geschädigte, die zwischen 500 und 1500 € geschädigt
wurden. Für die Staatsanwaltschaft werden diese Summen nicht anerkannt.
Gewerbeämter fühlen sich nicht zuständig, weil es ein Verstoß gegen die
Rechtsberatung sei. Es wird versucht, überwiegend Einsicht durch Prävention und
durch Warnung dagegen vor zu gehen. Herr BzStR von Dassel bemerkt, dass er in der letzten
Ausschusssitzung darüber berichtete, dass es gelungen sei, dieses Thema in 4
Zeitungen unter zu bringen. Er glaubt, dass man mit viel Öffentlichkeit etwas
dazu beitragen kann. Herr BV Böttrich (Grüne) fragt, ob es außer den drei
Schuldnerberatungsstellen im Bezirk noch andere Solvente nicht betrügerisch
handelnde Beratungsmöglichkeiten gibt. Herr Wahrmann meint, dass jeder
Rechtsanwalt und jeder Steuerberater offiziell beraten darf. Man muss aber
unterscheiden, dass ein Anwalt keine Zeit hat, sich um die psychosozialen
Probleme zu kümmern. Frau Wächter ergänzt, dass die Schuldner- und
Insolvenzberatung kostenfrei sei. In Mitte sind die drei Beratungsstellen
anerkannt. Problem bei den Rechtsanwälten ist, sie sind immer kostenpflichtig. Herr Wahrmann berichtet anschließend über das JobCenter.
Weil dort Miete zu bezahlen ist, wurde aus Kostengründen nur ein Büro belegt.
Man musste mehrfach innerhalb des Gebäudes umziehen. Seit Februar 2009 ist die
Zahl der Klienten/innen gestiegen. Weiterhin berichtet er darüber, wie man
Schuldnerberatung präventiv betreiben könnte. Der Ausschuss unterstützte ihn in
seinem Anliegen, mehr finanzielle Mittel für die Beratung zu erhalten. Auch hat
sich die BVV eingesetzt, möglichst eine Stelle für die Jugendberatung
einzurichten, aber das ist leider nicht gelungen. Das Abgeordnetenhaus
bewilligte zusätzlich Mittel in Höhe von 500 Tsd. € für ganz Berlin. Ca. 60
Tsd. € sollten die Schuldner- und Insolvenzberatung Mitte erhalten.
Letztendlich stehen den drei Beratungsstellen aber nur 5169,00 € für die
präventive Beratung zur Verfügung. Die Beratungsstelle des Deutschen
Familienverbandes und die AWO haben das so gelöst, dass sie ihre Stellen
aufstocken können. Die Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas hat seit 1
½ Jahren eine Kollegin eingestellt, die in einem kleinen Lehrauftrag das Thema Schuldnerberatung
den Studenten/innen vermittelt und sie ausbildet. Über Honorarbasis wurde ein
Projekt begonnen, präventive Schuldnerberatung im Bezirk speziell in den
Schulen zu beginnen. Von den 5169,00 € wurden in diesem Jahr 4000,00 €
verbraucht. Abschließend wird den Ausschussmitgliedern ein Film über die
präventive Schuldnerberatung gezeigt. Herr Nowak berichtet über die Inhalte der Seminare, die
unterschiedlich angeboten werden, das abhängig vom Bildungs- und
Erfahrungsstand ist. Die angebotenen Seminare gehen über 90 Minuten. Es werden
auch noch kürzere Workshops in den Schulen und in den Räumen der Caritas von 40
Minuten angeboten. Schwerpunkt der Seminare ist der Videofilm, Ursachen von
Überschuldung, die erste eigene Wohnung (Schüler/innen können einen
Haushaltsplan erstellen), Versicherungen (welche sind wichtig), Rechte und
Pflichten eines Vertrages (speziell: Kreditvertrag, Dispositionsvertrag,
Kredit, Mobilfonverträge, Jamba, Internetgeschäfte und AGB´s), gerichtliches
Mahnverfahren bis zu den Vollstreckungsmethoden, Schufa (Beispiel:
Schwarzfahren), was macht man, wenn Schulden aufgelaufen sind, wo kann man
hingehen, wo bekommt man Hilfe. Die entwickelten Workshops wurden auf 45
Minuten begrenzt. Hier können Schüler/innen Schüler/innen etwas erklären. Die
Schüler/innen und Lehrer/innen sollen aktiviert und sensibilisiert werden. Man
hat festgestellt, dass die Lehrer/innen sehr wenig über Finanzkompetenz
verfügen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass alle Schüler/innen aktiv sind
und viel wissen, jedoch ist bei ihnen sehr viel ungeordnet und deshalb wird
versucht, Struktur hinein zu bringen. Die Schüler/innen durchlaufen im Seminar
einen Erkenntnisprozess, das sich so ausdrückt: Die aggressive Werbung zielt
oftmals als Abzocke. Wenn man für einen anderen einen Handyvertrag
unterschreibt, muss man selbst am Ende dafür bezahlen. Negativ wurde
festgestellt, dass einige Schüler/innen sich nicht konzentrieren können,
dadurch ist ihr Urteilsvermögen eingeschränkt. Herr Nowak denkt, dass das in
Zukunft Probleme geben wird (bei Kaufverträgen muss man abwägen und urteilen können
und hier könnten Schulden entstehen). Besonders in den Hauptschulklassen ist
wenig fundiertes Wissen vorhanden. Das liegt daran, dass von den Eltern sehr
wenig vermittelt wird. Bei einigen Lehrer/innen wurde festgestellt, dass sie
den größten Teil der Schüler/innen abgeschrieben haben. Hier muss man alle
menschlichen Gefühle ausschalten. Die Schüler/innen meinen, dass sie keine
Perspektive haben und sowieso Hartz IV erhalten und sind der Meinung, man könne
sich etwas nebenbei verdienen (eventuell „schwarz“ arbeiten). Ein hohes Maß an
Naivität ist vorhanden. Hier kommen solche Zitate wie: Ich würde die Schulden
meiner Eltern erben, das sei Ehrensache. Eine niedrige Hemmschwelle für
kriminelles Handeln sei vorhanden bzw. ich bestelle bei einem Versandhaus auf
einem anderen Namen. Das Präventionsprojekt meint, dass es nicht weniger
Überschuldungen geben wird, denn die jungen Menschen wollen ihre Bedürfnisse
befriedigen. Werbung versucht, dass man diese Bedürfnisse hat. Auch wird
Werbung immer aggressiver, es werden psychologische Strategien mit
eingeflochten, um Bedürfnisse zu wecken, die man eigentlich gar nicht hat oder
braucht. Frau BV Schauer-Oldenburg (Grüne) fragt, ob ausschließlich
nur Schulen in Mitte aufgesucht wurden und wie viel. Herr Nowak teilt mit, dass
30 Schulen in Mitte aufgesucht wurden. Die Nachfrage sei sehr hoch. Frau BD Westphal (CDU) fragt, ob der gezeigte Film in
anderen Bezirken gezeigt wurde und ob man vorhabe, den Film in die
Landeszentrale zu geben. Herr Wahrmann teilt mit, dass der Film dort angeboten
wird. Auch wird man am Wettbewerb des Präventionsnetzwerks Finanzkompetenz an
einer (alle zwei Jahre stattfindenden) Messe teilnehmen. Herr BzStR von Dassel erinnert an die nächste
Haushaltsberatung. Momentan werden 770 Tsd. € für die Schuldnerberatung
ausgegeben. Der Senat sieht die Schuldnerberatung als eine soziale Leistung an
und deshalb sollen die Bezirke einsparen. Er regt an, sich zu bemühen, das als
Pflichtaufgabe zu sehen. Das JobCenter Mitte nimmt Miete für die
Schuldnerberatung. Herr Rinner ist nicht gewillt, das sofort einzustellen,
könnte sich aber vorstellen, wenn das akute Raumproblem nicht mehr besteht, die
Miete einzustellen. Frau BV Schauer-Oldenburg (Grüne) regt an, dass die AG
Förderformel ihre Arbeit wieder aufnehmen sollte. Herr Allendorf meint, dass
die AG Förderformel erst einberufen wird, wenn bekannt ist, wie die Titel
unterlegt sind. |
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