Auszug - Mieter*innenvertreibung Habersaathstraße 40-48 II: Wann wird endlich das Zweckentfremdungsverbot umgesetzt?  

 
 
32. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin - mit LIVESTREAM
TOP: Ö 10.1
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 21.11.2019 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 23:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
2141/V Mieter*innenvertreibung Habersaathstraße 40-48 II: Wann wird endlich das Zweckentfremdungsverbot umgesetzt?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenFraktion Bündnis 90/Die Grünen
Verfasser:Neugebauer, Schneider, F.Bertermann 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Wortprotokoll

 

  1. Wie ist der Verfahrensstand der Bearbeitung des Widerspruchs des Eigentümers gegen die Anordnung des Bezirksamtes zur Beseitigung des Leerstands auf eigene Kosten?

BzStaRin Frau Reiser antwortet: Liebe Anwesende, liebe Anmieter der Haberssathstraße 40-48 und sehr geehrte Herren Schneider und Bertermann. Zunächst zur Erläuterung des Verfahrensstandes. Mit den Bescheiden vom 15.02.2019 wurde der Eigentümer aufgefordert die Leerwohnungen auf eigene Kosten in einen für Wohnzwecke geeigneten Zustand wiederherzustellen und unverzüglich Wohnzwecken zuzuführen. Der Eigentümer hat hiergegen Rechtsmittel eingelegt. Über die Widersprüche gegen die Rückführungsaufforderung ist bislang nicht entschieden worden. Es sind insgesamt 80 Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht anhängig. Allesamt mit dem Ziel, die angedrohten Zwangsgeldfestsetzungen und andere Vollstreckungsmaßnahmen nicht vorzunehmen. Der Stand ist also, dass es uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich ist, Vollstreckungsmaßnahmen erfolgreich durchzusetzen.

  1. Welche Maßnahmen hat das Bezirksamt wann und mit welchem Ergebnis eingeleitet, um den jahrelangen Leerstand der ca. 90 Wohnungen endlich zu unterbinden?

BzStaRin Frau Reiser antwortet: Wie schon in der Antwort zur ersten Frage dargestellt, gibt es mehrere Verfahren. Es sind hier Rechtsschutzverfahren beim Verwaltungsgericht anhängig. Gleichzeitig haben wir Hauptsacheverfahren beim Verwaltungsgericht gegen die Ablehnung des Abrisses der genannten Gebäudeeinheiten. Die damalige Grundlager die Ablehnung des Abrisses war, dass eine zu geringe Anzahl an Wohnungen als Ersatzwohnraum errichtet werden sollten und dazu dann auch noch die geltende Obergrenze von 7,92 Euro nicht eingehalten werden sollte. Ich erwähne das, weil das Verwaltungsgericht Berlin in einem anderen Fall, in seiner Entscheidung vom 27.08.2019, diese Mietobergrenze für Ersatzwohnraum als verfassungswidrig erklärt hat. Das bringt uns natürlich auch in gewisse Schwierigkeiten. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat Berufung gegen diese Entscheidung beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Zwischenzeitlich wurde für den Fall in der Habersaathstraße vom Eigentümer Ersatzwohnraum im geplanten Neubau angeboten, der zumindest, was die Wohnungsanzahl betrifft, vergleichbar wäre. Das heißt, dass gegebenenfalls eine Genehmigung erteilt werden könnte, aber nur gegebenenfalls, denn es gibt auch noch andere Voraussetzungen, wie die Mietobergrenze. Wir müssen die Entscheidung des Gerichtes hierzu abwarten.

  1. Wann ist damit zu rechnen, dass sich der Bezirk endlich in der Lage sieht, dass Zweckentfremdungsrecht umfassend umzusetzen (z.B. durch Treuhänder), statt weiterhin dem Leerstand und damit Verfall des Gebäudes zuzusehen?

BzStaRin Frau Reiser antwortet: Grundsätzlich muss ich hierzu sagen, dass die Voraussetzung für die Einsetzung eines Treuhänders gemäß des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes liegt darin, wenn es sich erstmal um schützenswerten Wohnraum handelt und die Voraussetzung wäre die Feststellung, ob eine Wiederherstellung gefordert werden kann oder ob so gravierende Mängel vorliegen, dass das Gebäude gar nicht wieder in einen vermietbaren Zustand versetzt werden kann. Eine weitere Voraussetzung für die Einsetzung eines Treuhänders ist zudem, dass mildere Zwangsmittel, insbesondere das Zwangsgeld, nicht zum Erfolg führen, also immer von einer Eskalationsstufe zur nächsten. Bislang wurde in der Habersaathstraße zunächst ein Zwangsgeld angedroht und eben gegen dieses Zwangsgeld wurden Rechtsmittel eingelegt. Solange der Einsatz eines milderen Mittels zur Durchsetzung der Forderungen nicht bestandkräftig ist, kann ein Treuhänder nicht eingesetzt werden. Zu diesem Punkt gab es beim Verwaltungsgericht am 27.08.2019 auch eine Entscheidung, die hier mitreinspielen kann. Dort wurde entschieden, dass die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Schöneberg, in einer Problemimmobilie, das ging auch in die Öffentlichkeit als Geisterhaus, als rechtmäßig zu betrachten ist. Jedoch ist auch hier die Bestandskraft des Bescheides abzuwarten und sollten dort Rechtsmittel eingelegt werden, dann ist dieser Ausgang auch abzuwarten. Abschließend muss ich sagen, dass zunächst bestandkräftige Zwangsgeldfestsetzungen vorliegen müssen und erst dann kann über eine Treuhänderegelung nachgedacht werden und vor allem über einen geeigneten Treuhänder nachgedacht werden.

Auf Nachfrage von Herrn Bertermann (Grüne) antwortet BzStaRin Frau Reiser: Es ist tatsächlich unschön und ich würde sehr gerne eine Zeitschiene nennen können, aber das wäre reine Spekulation. Es liegt wie gesagt an den Gerichten und ich kann keinen Zeitpunkt nennen. Es wäre schön, wenn ich es könnte. Wenn ich mehr weiß, würde ich natürlich auch im Ausschuss für Bürgerdienste und Wohnen unaufgefordert berichten.

 
 

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