Auszug - Milieuschutz - alles oder nichts?  

 
 
11. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin
TOP: Ö 9.2
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 19.10.2017 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 22:45 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
0746/V Milieuschutz - alles oder nichts?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der AfDFraktion der AfD
Verfasser:Paetz, Torno 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Wortprotokoll

Das Objekt in der Utrechterstr. 31, 13347 Berlin befindet sich unstreitig in einem Milieuschutzgebiet. Hat das Bezirksamt Kenntnis über die aktuellen Eigentumsverhältnisse des Objektes in der Utrechter Str. 31, 13347 Berlin?

2. Wenn ja, hat es in dem letzten halben Jahr einen Eigentümerwechsel gegeben?

3. Am 21.04.2016 fand eine durch die Hausverwaltung veranlasste Begehung aller Wohnungen des Objektes in der Utrechter Str. 31, 13347 Berlin, durch den Schornsteinfegermeister statt. Die Wohnungen in der Utrechter Str. 31, 13347 Berlin, besitzen weder einen Schornstein noch ähnliche bauliche Eigenschaften, die eine Begehung durch einen Schornsteinfegermeister rechtfertigen würden. Ist dem Bezirksamt dieses Vorgehen seitens der Hausverwaltung bekannt?

4. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurden die Baumaßnahmen in dem Objekt Utrechter Str. 31, 13347 Berlin, vom 03.11.2016 - 10.11.2016 durchgeführt?

5. Nach erfolgter Rücksprache mit dem Sprecher der Mieterschaft des Objektes Utrechter Str. 31, 13347, wurde den Mietern ein Informationsschreiben in die Türspalte geschoben. Das Schreiben datiert vom 13.07.2017. In dem Schreiben vom 13.07.2017 wurde der Mieterschaft zum 19.07.2017 umfangreiche Modernisierungs- und Instandssetzungsmaßnahmen angekündigt. Auf welcher rechtlichen Grundlage basiert die Ankündigung und Durchführung der angekündigten Arbeiten?

6. Die Mieter hatten einige Fragen an die in dem Schreiben vom 13.07.2017 erwähnte Fachfirma, die die Baumaßnahmen hätte durchführen sollen. Die Mieter stellten allerdings fest, dass die erwähnte Fachfirma unter der angegeben Adresse nicht auffindbar war. Inwieweit toleriert das Bezirksamt dubiose und rechtlich fragwürdige Praktiken von Baufirmen, die für die Mieterschaft nicht zu erreichen sind?

7. Mit Schreiben vom 02.08.2017 entschuldigte sich die bisherige bekannte Eigentümerin bei der Mieterschaft für das Schreiben vom 13.07.2017. Die Art und Weise und die Form der Zustellung des Schreibens vom 13.07.2017 an die Mieterschaft war angeblich nicht im Sinne der Eigentümerin. Die Eigentümerin teilte den Mietern mit, dass es angeblich nicht geplant sei, die Telefonleitungen von der Fassade in die Treppenhäuser zu verlegen. Stattdessen hat die Eigentümerin ohne Antrag die Telefonleitungen außerhalb des Gebäudes widerrechtlich unter Putz gelegt. Ist dem Bezirksamt dieser Umfang des Rechtsverstoßes bekannt?

8. Mit Schreiben vom 02.08.2017 bot die Eigentümerin der Mieterschaft wegen den in der Vergangenheit durchgeführten Baumaßnahmen an, rückwirkend ab dem 01.07.2017 die Miete um 5 % zu mindern. Die Eigentümerin hat offen eingeräumt, dass es Baumaßnahmen trotz des Milieuschutzes gegeben hat. Die Durchführung der Baumaßnahmen stellt einen Widerspruch zum Schreiben der Eigentümerin vom 02.08.2017 dar. Ist dem Bezirksamt dieser Umfang des Rechtsverstoßes bekannt?

9. Der anfragenden AfD-Fraktion liegt der E-Mail Verkehr vom 15.09.2017 - 20.09.2017 zwischen einer Mieterin der Utrechterstr. 31, 13347 Berlin und des Stadtentwicklungsamtes - Fachbereich Stadtplanung - vor. Wie rechtfertigt das Bezirksamt die Tatsache, dass die bisherige bekannte Eigentümerin, nachträglich Anträge für die Fassaden und für die Wohnung im Quergebäude, trotz Milieuschutz, stellen kann und darf?

10. In dem vorliegenden E-Mail Verkehr zwischen der Mieterin und des Stadtentwicklungsamtes - Fachbereich Stadtplanung - ist die Rede davon, dass die Baustops aufrecht erhalten bleiben, bis auch für die Fassade und für die Wohnung im Quergebäude 3. OG entsprechende Anträge gem. § 173 BauGB gestellt werden. Die Mitarbeiterin des Stadtentwicklungsamtes - Fachbereich Stadtplanung - versicherte der Mieterin, dass die Bauaufsicht die Baustelle angeblich im Auge behalten wird. Ist dem Bezirksamt bekannt, dass trotz Verhängung des Baustops Baumaßnahmen im 3. OG in der Utrechterstr. 31, 13347 Berlin durchgeführt worden sind? Auf die in der Anlage befindliche Fotoaufnahme wird Bezug genommen.

11. Im Nachhinein wurden alle gestellten Anträge der bisherigen bekannten Eigentümerin durch das Stadtentwicklungsamt - Fachbereich Stadtplanung, trotz Milieuschutz, genehmigt. Inzwischen wurden alle die in der Utrechter Str. 31, 13347 Berlin, befindlichen Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt. Wieso stellt das Bezirksamt, insbesondere das Stadtentwicklungsamt - Fachbereich Stadtplanung - der bisherigen bekannten Eigentümerin und dubiosen Baufirmen für deren Machenschaften zur Verdrängung von Mietern einen Freifahrtschein aus?

12. Ist dem Bezirksamt bekannt, ob die umgewandelten Eigentumswohnungen in dem betreffenden Objekt bereits verkauft worden sind?

 

Herr BzStR Gothe antwortet: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte AfD, sehr geehrte Damen und Herren, die Große Anfrage geht ja doch zum Teil sehr ins Detail. Damit es ein bisschen flüssiger wird, das zu beantworten, habe ich mir überlegt, dass ich das quasi in einer chronologischen Reihenfolge beantworte, nach dem Hergang der Geschehnisse und dass sich Ihnen aber trotzdem die Beantwortung der Großen Anfrage in dieser ausführlichen Form schriftlich zur Verfügung stelle. Also: Es geht um die Utrechter Straße 31. Was ist da passiert? Da gab es am Anfang der Geschichte einen Eigentümerwechsel am 23.11.2015 zu einer HAMA Berlin Realitäten GmbH mit Sitz in Berlin. Und dieser neue Eigentümer hat dann schon am Jahresanfang 2016 einen Antrag auf Teilung Abgeschlossenheitsbescheinigung gestellt. Also vor Inkrafttreten der Erhaltungsverordnung im jetzigen Milieuschutzgebiet. Und es gab dann genau zu so einem Fall, was bedeutet das eigentlich, wenn der Teilungsantrag schon gestellt worden ist und dass dann die Erhaltungsverordnung in Kraft tritt einen WBH-Beschluss, ich weiß gar nicht, was da der Teil war, aber ein WBH-Beschluss am 12.10.2016, der eben festgestellt hat, dass in einem solchen Fall diesem Antrag auf Umwandlung stattgegeben werden muss und dass das, bezogen auf das Milieuschutzgenehmigungsschreiben ist. Deshalb muss noch mir am 15.12. diese Umwandlung in Eigentumswohnungen zugestehen. Und deshalb nehme ich hier auch nicht dies, was sonst in Milieuschutzgesuchen gilt, dass man den Mietern eine 7-Jahresfrist einräumt, in der nur an die Mieter veräußert werden kann. Das ist die eine Chronologie. Die 2. Chronologie im Bezirk: Das Baugeschehen. Da fragten Sie in chronologischer Reihenfolge zunächst, was ist mit einer Schornsteinfegerbegehung zu tun hatte am 21. April 2016. Dazu ist zu sagen, dass dieser Schornsteinfegerbegehung privatrechtlich war, weil  der Eigentümer von Schornsteinfeger eine Dienstleistung haben wollte, die jetzt nicht zu den sonstigen Schornsteinfeger dringend gehört, die ordnungsrechtlich erfolgen müssen. Das war eine privatrechtliche Dienstleistung. Es gab dann Baumaßnahmen im November 2016 (3. bis 10. November 2016), von denen das Amt damals keine Kenntnis hatte. Und die auch erfolgte, bevor es überhaupt eine Realisierungsankündigung gab. Und da frage ich Sie jetzt, waren das Baumaßnahmen, die eigentlich zu genehmigen waren durch unseren Berater Milieuschutzbearbeitung? Dazu müssen wir sagen, dass das im Nachhinein natürlich sehr schwierig festzustellen ist, denn es gibt ja eine ganze Reihe von Maßnahmen, die sind genehmigungsfrei. Also, wenn man ein Waschbecken z. B. austauscht, ein altes durch ein Neues, kann das jederzeit erfolgen, dazu braucht man keinen Antrag stellen. Wenn es sich um ein zweites Waschbecken oder die Einrichtung eines zweiten Bades handelt, dann wäre es schon ein interessanter Fall dieses Milieuschutzes. Das im Nachhinein zu recherchieren von heute aus, das könnte man tun, das war aber in der Kürze der Zeit nicht machbar. Sie beschreiben nun weiter, dass es am 13.07.2017 eine Modernisierungsankündigung gab, wo gesagt wird, am 19.07 wird’s losgehen. Das ist natürlich eine Frist, die nicht in den Fristen und Baugesetzbuch entspricht. Und tatsächlich war das dann der Moment, wo die Bauaufsichten und die Mieterberatungen tätig wurden. Es war dann überhaupt der Beginn eines regen Austausches zwischen Bauherren, Mietern, Mieterberatungen und Bauaufsicht zu diesem Projekt. Es kann dann tatsächlich im August 2017 zu Baumaßnahmen ohne Genehmigungen und dort sind wir dann auch eingeschritten und haben kurzfristig einen Baustopp verhängt, der vom 6. September bis 28 September dann aufrecht erhalten wurde dieser Baustopp. In dieser Zeit wurden weitere Vorortbegehungen durch die Bauaufsicht getätigt und dann eine intensive Bauberatung mit den Bauherren, die dann im Ergebnis zu einem genehmigungsfähigen Antrag kamen und dann konnte es mit den Baumaßnahmen auch weiter gehen. So stellte es sich das dar. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Herr BV Torno (AfD) fragt nach: Sehr verehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Stadträte, liebe Kollegen, wenn Herr Gothe, vielen Dank für die Beantwortung, der Großen Anfrage der AfD-Fraktion. Es ist in der Rücksprache mit der Mieterschaft, hier möchte ich das jetzt noch mal kurz vorlesen: Welche Arbeiten dort nicht genehmigt worden sind und trotzdem durchgeführt worden sind. Auch da schließe ich noch mal meine Frage zu an. Also ich möchte das jetzt kurz rausnehmen, und zwar hatte ich zur Großen Anfrage vor allem ein Foto mitgesandt, das Frau E. noch an die Große Anfrage mit angefügt hat. Das betrifft nämlich die Wohnung im 3. OG. Dort wurden alle Wände rausgerissen, fast alle Sanitäranlagen, Stromleitungen aus Decken und Wänden. Problem hier: Im Milieuschutz müssen Grundrissveränderungen ebenfalls vom Eigentümer beim Bezirksamt beantragt und genehmigt werden. Die von Ihnen zitierte Eigentümerin HAMA tat es nicht und Ergobau schon, das hatten Sie gerade eben ausgeführt. Nur das in der Anlage beigefügte Foto, Herr Gothe, bezog sich nur nicht eben auf diesen Baustopp. Die Eigentümerin hat diesen Baustopp ignoriert. Die Baumaßnahmen wurde trotzdem durchgeführt, trotz des Baustopps. Und jetzt frage ich Sie, ja, wenn Sie quasi den Baustopp verhängen und keine Kontrolle über haben, wer dort das Haus baut, frage ich Sie jetzt noch mal konkret, ja wie wollen Sie das sicher stellen, dass die Baumaßnahme doch unterbunden werden, trotz Baustopp?
Herr BzStR Gothe antwortet: Also ein solches Detail müssten wir dann im Detail auch klären. Was mir aufgeschrieben worden ist, ist, dass es einen Baustopp gab. Das ist dann eine Reihe von Begehungen gab, im Haus, vor Ort und Beratungen mit dem Eigentümer. Es gab Mieterberatungen mit Mietern.. Deshalb gehe ich jetzt davon aus, dass das erst jetzt ermittelt worden ist. Auch ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Wenn Sie mir dieses Foto, was ich in meinen Unterlagen nicht gefunden habe, noch mal schicken mit einer Angabe, um welcher Wohnung es sich handelt, dann werde ich sie gerne noch mal nachgucken.

Herr BV Torno (AfD) fragt nach: Werter Herr Stadtrat Gothe, vielen Dank für die Informationen. Ich denke, das ist auch im Interesse der gesamten Mieterschaft in der Utrechter Straße. Und gerne können wir auch Kontakt mit der AfD-Fraktion aufnehmen. Wir sprechen natürlich auch die dazu entsprechende Mieterschaft gerne zur Verfügung. Aber ich möchte doch mal auf einen gesamten Punkt zu sprechen kommen, Herr Gothe, der mir jedoch Magenschmerzen bereitet, und zwar auf Nachfrage der Mieterschaft. Am 26.09. vor Ort im Bezirksamt, auf die dreifache Verletzung der Aufgabe Milieuschutz, ich hatte das vorhin gerade kurz zusammen gefasst, die weitere Verletzung der Aufgaben Milieuschutz, durch die von Ihnen zitierte Eigentümerin HAMA keine rechtlichen Konsequenzen für die HAMA hat oder der Mieterschaft mitgeteilt hat, dass es sich tatsächlich um Ordnungswidrigkeiten handele, für die man aber einen Bußgeld verhängen könne, aber man hätte weder das Personal noch die finanziellen Mittel, um sich auf einen Rechtsstreit mit der Eigentümerin ein zu lassen. Und ich muss Ihnen sagen, sorry, aber das geht über meine Vorstellungskraft hinaus, wie da das Bezirksamt handelt, denn es ist ja nun so, dass hier die interne Dienstanweisung solange die Chance bestehe, die Eigentümerin …und würde sich in Zukunft an die Auflagen halten, solange werden die Ordnungswidrigkeiten nicht geahnt. Und ich muss Ihnen sagen, ich wohne selber im Milieuschutz. Und wenn da mein Eigentümer kommt und sagt: Herr Torno wir möchten Sie jetzt hier raustreiben, dann kann dort der Eigentümer rechtswidrig die Baumaßnahmen durchführen, ohne eine Ahndung fürchten zu müssen vom Bezirksamt, aufgrund der personellen Mittel, also, Sie sind Herr Baustadtrat Gothe und Sie müssen natürlich Verantwortung tragen, dass, wenn es hier widerrechtliche Ordnungsmaßnahmen gibt, widerrechtliche Instandsetzungsmaßnahmen gibt, die Sie natürlich auch nachgehen und sanktionieren. Und bitte mal um Stellungnahme, wie Sie das verantworten können.

Herr Gothe antwortet: Diesen Sachverhalt, den Sie da geschildert haben, der geht ja aus der Großen Anfrage nicht hervor. Und deshalb möchte ich auch nicht stichhaltig antworten. Ich werde es auch mitnehmen.

 
 

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