Drucksache - DS/0054/VIII  

 
 
Betreff: Situation Amphibien im Bezirk Lichtenberg
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzStR Stadt 
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
19.01.2017 
4. Sitzung in der VIII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
VzK PDF-Dokument

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

Amphibien gehören weltweit zu den am stärksten gefährdeten Wirbeltieren. Das ist auch in Berlin leider nicht anders. Durch Klimaänderungen, die z.B.  in einer überdurchschnittlich langen Trockenphase mit geringen Niederschlägen sichtbar und messbar werden, sind Amphibien jetzt besonders stark betroffen.

 

Im Bezirk Lichtenberg befindet sich ein Schwerpunkt der Berliner Amphibienvorkommen im Norden des Bezirkes. In den Naturschutzgebieten Malchower Aue, Wartenberger- / Falkenberger Luch und Falkenberger Rieselfelder konnten über einen langen Zeitraum außerordentlich individuenreiche Amphibienbestände nachgewiesen werden. Bei Arten wie Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) und Wechselkröte (Bufo viridis) wurden Individuenzahlen ermittelt, die in Deutschland nur von wenigen Populationen übertroffen wurden.

 

Seit 2013 muss ein starker Rückgang der Bestände verzeichnet werden. Belegt wird er durch die Untersuchungen der Stiftung Naturschutz Berlin und die Ergebnisse der vom Bezirksamt Lichtenberg, Umwelt- und Naturschutzamt seit 2013 beauftragten Gutachten zu Ermittlung der Amphibienbestände sowie durch die Berichte der Lichtenberger Naturschutzwacht.

 

Im Gebiet um den Malchower See / Malchower Aue und Margaretenhöhe konnten 2015 und 2016 nur einzelne Tiere nachgewiesen werden. Im Feuchtgebiet des Berls an der Zingster Straße wurden 2000 noch etwa 10000 Amphibien in 8 Arten gezählt, 2016 waren es noch 30 Tiere in 5 Arten.

 

Auch im Naturschutzgebiet Wartenberger- / Falkenberger Luch wurden nur wenige Tiere ermittelt. Das trifft ebenso für das Naturschutzgebiet Falkenberger Rieselfelder zu, wo 2016 weniger als 100 adulte Amphibien erfasst worden sind.

 

Im Landschaftsschutzgebiet Falkenberger Krugwiesen wurden keine Amphibien nachgewiesen.

 

Innerstädtisch gibt es noch im Landschaftspark Herzberge größere Bestände von Amphibien. Hier wurden 2015 und 2016 zwar keine Erhebungen durchgeführt, aber die wenigen Sichtbeobachtungen belegen auch hier einen starken Rückgang. (Ausnahme: Im Randbereich hat sich abweichend davon in 2016 die Wechselkröte (Bufo viridis) erfolgreich mit hohen Zahlen an Jungtieren fortgepflanzt.) Von den Arten sind insbesondere der Kammmolch (Triturus cristatus) die Rotbauchunke (Bombina bombina), die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus), der Moorfrosch (Rana arvalis) und der Grasfrosch (Rana temporaria) betroffen. Geht die Entwicklung in den nächsten Jahren so weiter, dann muss vom Aussterben dieser Arten im Bezirk Lichtenberg ausgegangen werden. Eine Zuwanderung aus Brandenburg und den Nachbarbezirken erscheint aufgrund des fehlenden Biotopverbundes eher unwahrscheinlich zu sein, zumal auch dort die Amphibienbestände eingebrochen sind.

 

Nach den Untersuchungen der Stiftung Naturschutz Berlin 2016 insbesondere in den Berliner Schutzgebieten und den Mitteilungen von Experten aus Brandenburg und Sachsen / Anhalt gibt es auch in anderen Bundesländern einen regional erheblichen Rückgang der Amphibien.

 

Die Ursachen für den starken Rückgang der Amphibien müssen vor allem im Klimawandel gesucht werden. Seit 2013 gibt es anhaltende Niederschlagsdefizite vor allem im Nordosten Berlins. Zahlreiche Gewässer sind völlig ausgetrocknet oder weisen so wenig Wasser auf, dass sie für die Vermehrung der an das Wasser gebundenen Amphibien ungeeignet sind. Oft vertrocknen Laich und Larven. Wenn es während der Wanderung zum Laichplatz zu trocken ist, wie es in den vergangenen Jahren der Fall war, dann kommen viele Tiere erst gar nicht am Laichplatz an. Temperaturschwankungen im Winter führen dazu, dass die Tiere zu früh loswandern und bei späteren Frosteinbrüchen erfrieren. Und ob das alles nicht schon genug wäre, fressen an den Laichplätzen Waschbären oder andere Prädatoren adulte Tiere in großer Zahl. Ob Krankheiten (z.B. der Chytridpilz) eine Rolle spielen, ist nicht bekannt.

 

Da es in Berlin keine wissenschaftliche Einrichtung gibt, die sich mit der Entwicklung der einheimischen Amphibien befasst, sind die Naturschutzbehörden hier auf sich allein gestellt.

 

Das Umwelt- und Naturschutzamt Lichtenberg hat seit Beginn der Trockenphase Gewässer im Landschaftspark Herzberge mit Brunnen versehen oder mit Trinkwasser aufgefüllt, wenn es die Situation erforderte. Zwar konnte hier der Rückgang der Amphibien auch nicht aufgehalten werden, aber hier ist z.T. die örtliche Waschbärenpopulation maßgeblich am Rückgang beteiligt. Zwischen 2013 – 2015 wurden durch Waschbären mehrere hundert Erdkröten getötet und gefressen. Die Regulierung des Wasserstandes soll 2017 verstärkt fortgesetzt werden.

 

Bei der Neuanlage von Gewässern wurde seit etwa 10 Jahren der Klimawandel bereits berücksichtigt, so dass die Neuen Priesterkuten sowie der Annen- und Schälingspfuhl ausreichend Wasser führen.

 

In einer Gemeinschaftsaktion wurde mit dem Umwelt- und Naturschutzamt Marzahn – Hellersdorf und dem Technischen Hilfswerk der seit 2013 ausgetrocknete Teich in der Kleingartenanlage Friedrichsfelde - Nord mit Trinkwasser befüllt. Das rettete die Population des Kammmolches (Triturus cistatus), der sich hier 2016 wieder in hoher Zahl fortpflanzen konnte.

 

Mit finanzieller Unterstützung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz wird gegenwärtig der DEKRA – Pfuhl im Malchower Auenpark saniert, der vor seiner Austrocknung ein wichtiger Laichplatz für Moorfrösche (Rana arvalis) und Wechselkröten (Bufo viridis) war.

 

Im nächsten Jahr sind weitere Kleinwindräder an Pfuhlen mit Beweidung vorgesehen. Damit wird das Tränken des Weideviehs erleichtert und das überschüssige Wasser geht in die Gewässer, um in Trockenphasen einen Mindestwasserspiegel zu sichern, der den Amphibien das Überleben ermöglicht.

 

Amphibienschutzzäune an Straßen sind nicht mehr vorgesehen – es wandern vorläufig keine Amphibien und damit entfällt ihre Gefährdung.

 

 

 
 

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