Drucksache - DS/0725/VI  

 
 
Betreff: Pandemieplanung im Bezirksamt Lichtenberg von Berlin
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzBmin 
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
28.02.2008 
16. Sitzung in der VI. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
Vorlage z. Ktn. BA PDF-Dokument

Das Bezirksamt wird ersucht sich an der Internationalen Woche gegen Rassismus mit Aktionen an Lichtenberger Schulen zu beteiligen

Das Bezirksamt bittet die BVV, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

Das Bezirksamt hat die von der Koordinierungsgruppe Pandemieplanung (BA-Beschluss 212/07) vorgelegte Pandemieplanung für den Bezirk Lichtenberg (entspr. den beigefügten Anlagen) beschlossen

 

 

 

 

Emmrich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anlage 1

 

Nach einer von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz erstellten Landesplanung Pandemie gilt es als wahrscheinlich, dass es in absehbarer Zeit zu einer weltweiten Influenza-Epidemie (Pandemie) kommen wird.

 

Die vom Bezirksamt Lichtenberg mit BA-Beschluss 212/07 in der Sitzung am 18.09.2007 gegründete Koordinierungsgruppe Pandemieplanung wird daher als ständige Arbeitsgruppe aufrechterhalten. Sie wird ab sofort erweitert um ein ständiges Mitglied, der Leiterin der OE Bürgerdienste.

Je nach zu behandelnden Themen werden weitere bezirkliche Führungskräfte bzw. Mitarbeiter/innen in verantwortlicher Funktion zu den Sitzungen der Koordinierungsgruppe eingeladen.

 

Verantwortlich bei der Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der bezirklichen Pandemieplanung sowie im Pandemiefall sind ausschließlich die Leiter/innen der Abteilungen sowie die Führungskräfte mit Ergebnisverantwortung (Amtsleitungen und Leitungen von Serviceeinheiten).

 

Es besteht eine Berichtspflicht der OE Leitungen gegenüber der Koordinierungsgruppe Pandemieplanung.

 

Regelungsbefugnisse in der Planungsphase hat ausschließlich der Leiter des bezirklichen Katastrophenschutzstabes bzw. sein/e Stellvertreter/in über die vom BA eingesetzte Koordinierungsgruppe. Im Pandemiefall wird der Katastrophenschutzstabes auf Weisung der Bezirksbürgermeisterin tätig, das bedeutet, dass die Bezirksbürgermeisterin bzw. ihr Stellvertreter für den Bezirk Lichtenberg von Berlin den Pandemiefall offiziell ausruft und für beendet erklärt.

 

Um die konkreten Auswirkungen und Handlungsfelder im Pandemiefall für den Bezirk Lichtenberg (intern und extern) erkennen zu können und entsprechende Handlungsabläufe auszuarbeiten, werden den Abteilungsleitungen (Bezirksamtsmitglieder) in einem gesonderten Anschreiben (Anlage 3) Fragen gestellt, welche von diesen zeitnah zu beantworten sind.

 

Internes weiteres Verfahren

Erst nach Beantwortung der Fragen wird die Personalplanung (Definition von Schlüsselarbeitskräften und –funktionen, Dienstfreistellungen, Heimarbeit etc.) weitergeführt werden können.

 

Ebenfalls erst danach werden die Organisationsplanung (Beantwortung von Bürgeranfragen, Produkt- bzw. Leistungserbringung von Aufgaben, Abstimmung mit anderen KAT-Plänen etc.), die Kommunikationsplanungen (Info und Kommunikation mit Beschäftigten u. anderen Verwaltungen etc.) sowie die Arbeitsschutzplanungen (Abstimmung mit Betriebsarzt, Materielle Bevorratung etc.) weitergeführt werden können.

 

Über die Pandemie als solches sowie über deren Auswirkungen werden die Mitarbeiter/innen durch eine schriftliche Information der Amtsärztin informiert (Anlage 2). Diese schriftliche Information wird über die jeweils verantwortlichen Amtsleitungen geleitet, die gegen Unterschrift die Information allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bezirksverwaltung Lichtenberg zukommen lassen müssen. Gleichzeitig wird diese Information auch im Intranetangebot des BA Libg. zur Verfügung gestellt.

Zusätzlich wird es ein noch zu terminierendes Veranstaltungsangebot, durchgeführt von der Amtsärztin, geben.

 

 

 

 

Externes weiteres Verfahren

Es werden mit LogIT und dem Bürgeramt (Bürgertelefon) Verhandlungen geführt, inwieweit eine Service-Hotline (Internet und Telefon) für den Fall einer Pandemie technisch, organisatorisch und personell abgesichert eingerichtet werden kann.

 

Anlage 2  zum BA-Beschluss Nr. 017/2008 vom

 

Pandemieszenario für Lichtenberg

 

Ausgangssituation

 

Es gilt als wahrscheinlich, dass es in absehbarer Zeit zu einer erneuten weltweiten Influenza-Epidemie (Pandemie) kommen wird. Eine solche Pandemie könnte durch Veränderung des sich derzeit ausbreitenden Vogelgrippevirus A (H5N1) entstehen. Die wenigen menschlichen Infektionen mit diesem Virus wurden durch sehr engen Kontakt mit erkranktem Nutzgeflügel erworben. Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist nach Angaben der WHO bislang nicht nachgewiesen.

Jedoch ist im Rahmen weiterer Veränderungen der sich momentan ausbreitenden H5N1-Stämme eine langsame oder auch plötzlich auftretende Anpassung an den Menschen mit besserer Übertragbarkeit jederzeit möglich.

Der nächste Pandemiestamm kann sich überall auf der Welt entwickeln, jedoch halten Experten China oder den Fernen Osten als Ausgangspunkt für eine neue Pandemie am wahrscheinlichsten. Eine Einschleppung nach Deutschland wäre bei einer neuen Pandemie nicht aufzuhalten, selbst eine fast komplette Schließung der Grenzen mit Reduktion des Reiseverkehrs um 99,9% würde nach Schätzungen nur eine Verzögerung von 1-2 Monaten bewirken. Einmal in Deutschland angekommen, würde es voraussichtlich 2-3 Wochen dauern, bis Erkrankungsfälle in allen dicht besiedelten Regionen des Landes auftreten würden.

 

Sichere Angaben zum Ausmaß und der Ausbreitung einer Pandemie in Berlin sind im Voraus nicht möglich, da sie sehr stark von den Eigenschaften eines neuen Pandemievirusstammes abhängig sind. Die diesem Plan zu Grunde gelegten Schätzungen basieren auf Berechnungen des Robert Koch-Institutes (RKI) sowie amerikanischen und britischen epidemiologischen Modellen. Insgesamt ist in einem Stadtstaat wie Berlin aufgrund der engeren Besiedlung und der größeren Mobilität im Vergleich zu ländlichen Gegenden mit einer schnelleren Ausbreitung und evtl. auch höheren Erkrankungsrate zu rechnen.

 

Bei den derzeit in den Wintermonaten auftretenden menschlichen Influenzaepidemien liegt die Erkrankungsrate zwischen 5-10%. Bei einer Pandemie halten Experten eine Erkrankungsrate von 10-50% für wahrscheinlich. Eine Influenza-Pandemie würde in einer oder mehreren Wellen von ca. 2-4 Monaten Dauer Berlin erfassen. Die bei einer solchen Pandemie zu erwartenden Erkrankungs- und Todesfälle sind außer von der Erkrankungsrate auch von der Aggressivität des Pandemievirusstammes abhängig.

So würden bei einer Erkrankungsrate von 10% mit einem weniger aggressiven Virusstamm (Sterblichkeitsrate (Fatalitätsrate): 0,37%, entsprechend der Influenza-Pandemie 1958) etwa 1.250 Todesfälle in Berlin auftreten. In Lichtenberg wären das 95 Todesfälle.

Bei einer Erkrankungsrate von 50% mit einem aggressiveren Stamm (Fatalitätsrate: 2,5%, entsprechend der Pandemie 1918) wären dagegen 42.500 Todesfälle in Berlin zu erwarten. In Lichtenberg wären das 3230 Todesfälle.

 

Die Fatalitätsrate bei den wenigen humanen Erkrankungen mit H5N1 ist nach bisherigen Erkenntnissen höher und liegt derzeit bei etwa 50%. Eine derart hohe Sterberate wird bei den bisherigen Hochrechnungen nicht berücksichtigt, da sie von Experten für einen neuen Pandemievirusstamm für sehr unwahrscheinlich gehalten wird.

 

 

Auswirkungen auf das Gesundheitssystem

 

Eine Influenza-Pandemie wird selbst bei günstigen Szenarien zu erheblichen Belastungen des Gesundheitssystems sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich und in weiteren Bereichen der Gesellschaft führen.

Analog zu den Berechungen des RKI mit Bevölkerungszahlen von 2001, die auf

dem Modell von Meltzer basieren (Fluaid, www2a.cdc.gov/od/fluaid/), wird es bei

einer ersten Pandemiewelle in Berlin abhängig von der Erkrankungsrate zu

246.000 bis 863.000 zusätzlichen Arztbesuchen, 7.400 bis 24.600 zusätzlichen

Krankenhausaufenthalten und 1.970 bis 6.600 zusätzlichen Todesfällen kommen.

 

Für Lichtenberg habe ich die nachfolgenden Tabellen errechnet.

 

Die zugrundeliegenden Annahmen sind:

Zahl der Lichtenberger Bürger knapp 259.000 (1.9.2006),
entsprechend 7,6 % der Berliner Gesamtbevölkerung

 

Arztbesuche bei 50 % der Erkrankten

Hospitalisierungsrate der Erkrankten 1,45 %

Sterblichkeitsrate (Fatalitätsrate) der Erkrankten 0,37 %.

Diese Annahmen gehen auf die Erfahrungen der Hongkong-Pandemie von 1968 bis 1970 zurück.

 

 

Tab. 1:

 

Hochrechnung analog zu Annahmen des RKI für zusätzliche Belastungen des Lichtenberger Gesundheitssystems im Rahmen verschiedener Pandemieszenarien

 

 

 

Erkrankungsrate

 

 

Arztbesuche

 

 

Hospitalisierungen

 

 

Todesfälle

 

 

15 %

 

 

19.425

 

563

 

144

 

30 %

 

 

38.850

 

1.127

 

287

 

50 %

 

 

64.750

 

1.878

 

479

 

Tab. 2:

 

Zusätzliche Belastung des Lichtenberger Gesundheitssystems im Rahmen einer Pandemie

Erkrankungsrate 30 %

 

 

 

Woche

 

%

 

 

Arztbesuche

 

 

Hospitalisierungen

 

 

Todesfälle

 

1

 

0,1

39

1

0

2

 

0,2

78

2

1

3

 

0,8

311

9

2

4

 

3,1

1206

35

9

5

 

10,6

4123

119

31

6

 

21,6

8402

243

64

7

 

21,2

8247

239

63

8

 

14,3

5563

161

42

9

 

9,7

3773

109

29

10

 

7,5

2918

84

22

11

 

5,2

2023

59

15

12

 

2,6

1011

29

8

13

 

1,6

622

18

5

14

 

0,9

350

10

3

15

 

0,7

272

8

2

 

 

Bei einer angenommenen Erkrankungsrate von 30 % und der Annahme, dass in 1/3 der Fälle Risiken für einen schweren Krankheitsverlauf vorliegen, werden in Berlin mindestens 339.000 Patienten nach Meinung von Experten eine rasche Therapie mit antiviralen Mitteln benötigen.

In Lichtenberg würde das auf 25.900 Patienten zutreffen.

 

 

 

 

Alle oben genannten Berechnungen vernachlässigen den möglichen Einfluss von Therapie- und Prophylaxemaßnahmen durch antivirale Medikamente und/oder Impfungen. Diese würden voraussichtlich zu einer Verminderung der oben genannten Zahlen führen. Die Größenordung der Reduktion der Erkrankten ist schwer abzusehen und wird nach Expertenmeinung maximal 30% betragen. Therapie- und Prophylaxemaßnahmen würden wahrscheinlich zu einer Abflachung und Verbreiterung einer Pandemiewelle führen.

Ein suffizienter Impfstoff wäre voraussichtlich erst für eine 2. oder 3. Welle verfügbar.

 

 

Pandemieauswirkungen

 

Eine besondere Rolle spielt die Aufrechterhaltung einer adäquaten Gesundheitsversorgung sowie der öffentlichen Ordnung und der Infrastruktur. Essentielle Dienstleistungen wie die Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln, Energiestrukturen, die Kommunikation und Information, das Transportwesen und die innere und äußere Sicherheit sind durch pandemiebedingten Personalausfall gefährdet.

 

Die Hongkong-Pandemie von 1968 bis 1970 brachte in der ersten Welle Winter 1968 / 1969 eine Erkrankungsrate der Bevölkerung von 30 %, in der zweiten Welle Winter 1969 / 1970 von 50 % mit sich.

In der alten Bundesrepublik lag die geschätzte Gesamtmortalität (Sterblichkeit) bei 130.000. Sie betraf vorwiegend junge Erwachsene.

 

Die damaligen Auswirkungen in einigen Bundesländern waren lt. Presseberichten:

 

  • Einschränkungen bis zum Zusammenbruch des öffentlichen Verkehrs, teilweise nur Notbetrieb
  • Einschränkungen bis zum Zusammenbruch oder drastische Reduktion der Produktion
  • Einschränkungen bis zum Zusammenbruch der öffentlichen Versorgung
  • Einschränkungen bis zum Zusammenbruch der medizinischen Versorgung: Arztpraxen z.T. geschlossen, Kliniken hatten Aufnahmestopp
  • Apotheken z.T. geschlossen, Versorgungsengpässe bei Medikamenten (z.B. Antibiotika, symptomatische Mittel, Verbrauchsmaterialien)
  • Impfstoff stand gegen das neue Virus in der ersten Welle überhaupt nicht und der 2. Welle in nicht ausreichenden Mengen zur Verfügung
  • Zusammenbruch des Telefonnetzes
  • Einschränkungen bei Feuerwehr und Polizei
  • Beerdigung von Todesopfern problematisch: in West-Berlin Wartezeiten von 10 Tagen bis 4 Wochen, zeitweilig lagen ca. 1500 unbeerdigte Tote in Gewächshäusern der Friedhöfe und Klinken und in einem Tunnel der BVG
  • Die Todesopfer waren vorwiegend junge, sonst gesunde Erwachsene
  • Schulen weitgehend geschlossen.

 

 

Um ähnliche Verhältnisse wenigstens teilweise zu verhindern, sind u. a. präventive personalwirtschaftliche Maßnahmen unerlässlich.

Beispiele für eine Checkliste Personal

 

 

ja

nein

Verantwortlich/Umsetzung

Gibt es Vereinbarungen zur Mehrarbeit des betriebswichtigen Personals?

 

 

 

Gibt es Regelungen für Heimarbeitsplätze (Home Office)?

 

 

 

Gibt es Verpflichtungen für erkranktes Personal, zuhause zu bleiben?

 

 

 

Gibt es Vereinbarungen zur Kasernierung des betriebswichtigen Personals?

 

 

 

Gibt es Vorbereitungen für einen Betrieb unter Quarantänebedingungen?

 

 

 

Gibt es Vorbereitungen zur Rekrutierung zusätzlichen Personals?

 

 

 

Wurde zusätzliches / externes Personal für zeitkritische Funktionen geschult?

 

 

 

Wurden ehemalige Firmenmitarbeiter angesprochen?

 

 

 

Ist ihr jeweiliger Kompetenzrahmen abgesteckt (z.B. Vollmacht für externes Personal)?

 

 

 

 

 

In einem Workshop der Stadt Mülheim an der Ruhr unter der Moderation der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz des BBK wurden (nach der Veröffentlichung des nationalen Influenzapandemieplanes Dezember 2004) folgende Pandemieauswirkungen erörtert. Zugrundegelegt wurden wiederum die Erfahrungen aus der Hongkong-Pandemie von 1968 bis 1970.

 

 

 

Die wesentlichen Ergebnisse waren:

 

  • Die krankheitsbedingten Personalausfälle erscheinen nicht so gravierend wie zunächst befürchtet. Die Verteilung der Erkrankungsfälle ist nicht gleichmäßig über den Pandemieverlauf. In den beiden Spitzenwochen treten ca. 44 % aller Erkrankungen auf. Bei Annahme einer Krankheitsdauer von 2 Wochen fehlen in den beiden Spitzenwochen max. 10 % der Belegschaft.
    Bei einer angenommenen Krankheitsdauer von 3 Wochen fehlen ca. 18 - 20 % der Beschäftigten in den beiden Spitzenwochen.
    Zum Vergleich: in Krankenhäusern und Altenheimen fehlt z.B. in den Sommerferien urlaubsbedingt ca. ¼ der Belegschaft über eine Gesamtdauer von ca. 6 Wochen.
  • Die Zahl der zusätzlichen influenzabedingten Todesfälle im Stadtgebiet liegt auch im Maximum deutlich unter der Zahl der üblicherweise täglich auftretenden Todesfälle. Gravierende Engpässe im Bestattungswesen sind nicht zu erwarten.

 

  • Die Gesamtzahl der Krankenhauseinweisungen und v. a. die in den Spitzenwochen zu erwartenden zusätzlich aufzunehmenden 25 isolierungspflichtigen Patienten pro Tag sind in den Krankenhäusern nur durch einen Verzicht auf die Behandlung elektiver (planbarer) Krankheitsbilder und durch Umstellung auf eine fachbereichsübergreifende Versorgung zu bewältigen. Die Versorgung beatmungspflichtiger Patienten wird möglicherweise nicht im erforderlichen Umfang möglich sein.

 

  • Es ist davon auszugehen, dass die in verschiedenen Hygienerichtlinien festgeschriebenen persönlichen Schutzausrüstungsartikel nicht im erforderlichen Umfang vorhanden sein werden. Für den Bereich der Krankenhäuser und des Rettungsdienstes im Stadtgebiet wurde ein zusätzlicher Bedarf an FFP 2/FFP 3-Masken und Einmalschutzkitteln von jeweils ca. 40.000 Exemplaren hochgerechnet.

 

  • Die ambulante ärztliche Versorgung wird nur möglich sein, wenn verschiedene Facharztgruppen in die hausärztliche Versorgung integriert und die Versorgungsstrukturen komplett verändert werden. Dies geht einher mit einer Ausweitung des hausärztlichen Bereitschaftsdienst und einer Neustrukturierung des ärztlichen Notrufsystems.

 

  • Bewohnerinnen und Bewohner von Alteneinrichtungen sollen so lange wie möglich in ihrer Einrichtung verbleiben. Dies macht zum einen die Beschränkung der Versorgung auf rein pflegerische Aspekte erforderlich sowie zum anderen eine enge einrichtungsbezogene Versorgung durch einzelne niedergelassene Vertragsärzte.

 

  • In der ambulanten ärztlichen Versorgung müssen während der Pandemie die starren Regeln des Vertragsarztrechtes wesentlich verändert werden.

 

  • Die Auswirkungen einer Influenzapandemie auf Herstellung und Vertrieb von lebenswichtigen Arzneimitteln konnten von den Workshopteilnehmern nicht beurteilt werden.

 

  • Der öffentliche Personennahverkehr wird nur im Sinne eines „Sonntagsfahrplanes“ aufrecht erhalten werden können.

 

  • Die Versorgung von erkrankten hilflosen Einzelpersonen ist besonders problematisch. Hier erscheinen zum einen Organisation von Nachbarschaftshilfe notwendig sowie zum anderen die Einrichtung einer zentralen z.B. telefonisch erreichbaren Anlaufstation um Hilfe organisieren zu können.

 

  • Die Versorgung mit Wasser, Strom und Gas ist weitgehend automatisiert und erfordert nur geringe personelle Kapazitäten.

 

  • Bei gleichzeitiger Erkrankung von 30 – 50 % des Personals könnte der Betrieb sichergestellt werden. Bei Störungen im Bereich der Versorgungsnetze werden einige Mitarbeiter und im Wesentlichen in allen drei Bereichen die gleichen Tiefbauunternehmen in Anspruch genommen. Da aber in der Regel umfangreiche Instandhaltungen bzw. Neuverlegungen stattfinden, bestehen im Pandemiefall bei Beschränkung auf die Schadensbehebung ausreichende personelle Kapazitäten.

 

  • Im Bereich der Abfallentsorgung werden keine gravierenden Engpässe erwartet. Auch der erhöhte Anfall von Abfall durch Einmalartikel z.B. aus Krankenhäusern erscheint nicht problematisch.

 

  • Die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Wäsche in Krankenhäusern ist auf externe Unternehmen verlagert. Eigene Vorräte reichen für max. 2 Tage. Personelle Ressourcen bei den externen Unternehmen werden eher gering eingestuft. Von daher sind Engpässe zu erwarten.

 

  • Der Rückgriff auf ehrenamtliche Helferinnen und Helfer von Hilfsorganisationen z.B. im Bereich des Rettungs-/Sanitätsdienstes und der technischen Hilfe wird sehr wahrscheinlich nur eingeschränkt möglich sein. Es ist davon auszugehen, dass die Arbeitsgeber der Helferinnen und Helfer bei influenzabedingten Einschränkungen der eigenen personellen Ressourcen keine Freistellung der Beschäftigten erlauben werden.

 

  • Der Lebensmitteleinzelhandel ist ein sehr personalintensiver Bereich, bei dem durch Krankheitsausfälle die Bereiche der Lebensmittelherstellung, der Verteilung und auch des Vertriebes betroffen sein könnten. In den Unternehmen besteht teilweise eine vollständige Abhängigkeit von externen LKW-Transportkapazitäten. Lagermöglichkeiten in den Filialen bestehen in der Regel nicht.

 

  • Der Lebensmitteleinzelhandel ist auf einen funktionsfähigen öffentlichen Personennahverkehr angewiesen.

 

  • Öffentliche Empfehlungen, z.B. hinsichtlich der Lebensmittelbevorratung, müssten frühzeitig mit dem Einzelhandel abgestimmt werden, da eine plötzlich stark steigende Nachfrage nach einzelnen Lebensmitteln sehr rasch zu einem Ausverkauf dieser Lebensmittel führen würde.

 

  • Bei Mangel an Personal oder Waren werden die Unternehmen das Offenhalten der Filialen prüfen. Die Schließung einzelner Filialen im Stadtgebiet sollte nach Möglichkeit mit verschiedenen Anbietern koordiniert werden.

 

  • Für das Personal im Einzelhandel sind verbindliche und praktikable Empfehlungen für persönliche Schutzausrüstungen notwendig, die landesweit umsetzbar sind.

 

 

 

 

 

Aufgaben der Gesundheitsämter

 

Die Gesundheitsämter nehmen nach dem Infektionsschutzgesetz zentrale Aufgaben

wahr:

  • Aufklärung der Bevölkerung
  • Mobilisierung von medizinischem Hilfspersonal und freiwilligen Helfern
  • Verantwortung für das Meldewesen
  • Kontrolle der Absonderungsmaßnahmen von Erkrankten und Krankheitsverdächtigen
  • Unterbrechung von Infektketten durch Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen und Aussprechen von Veranstaltungsverboten
  • Festlegung und Kontrolle antiepidemischer Maßnahmen (z.B. Absonderung).

 

Zur Sicherstellung einer zeitnahen Reaktion entsprechend den fachlichen Verantwortlichkeiten des Amtsarztes gem. IfSG ist die Einrichtung einer 24 Stunden-Rufbereitschaft zu gewährleisten.

 

In der interpandemischen Phase ist die Information und fachliche Einweisung der Krisen- und Katastrophenstrukturen durch die örtlichen Gesundheitsämter besonders wichtig. Bestehende Katastrophenschutzpläne müssen entsprechend überprüft und angepasst werden.

Im Pandemiefall werden Krisenstäbe auf bezirklicher Ebene gebildet, in denen infektiologischer Sachverstand vertreten sein soll.

 

 

Bezirke

 

Die Berliner Bezirke richten bei Bedarf eigene Katastrophenstäbe ein, die sich in ihrer Struktur an den Vorgaben der „Ausführungsvorschriften über die Zusammenarbeit bei der Katastrophenvorsorge und –bekämpfung im Land Berlin (AV Kat)“ orientieren.

Der Stab gewährleistet die Sicherstellung aller im Bezirk zu lösenden Aufgaben.

Der Amtsarzt oder Vertretung ist Teil des Stabes.

Bei einer Massenimpfung der Berliner Bevölkerung ist diese Stabsorganisation um den Stabsbereich Personaleinsatz entsprechend zu erweitern.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Influenza-Pandemie

 

Checkliste für die Entwicklung eines lokalen Pandemieplans für Berliner Behörden[1]

 

 

Aufgabe

Erledigt

In Arbeit

Nicht begonnen

Planungsgrundlagen

 

 

 

e     Planungsgruppe bilden, bestehend aus Behördenleiter, Katastrophenschutzbeauftragtem, Vertretern von Personalabteilung, Arbeitsschutz, betriebsärztlichem Dienst, Pressestelle und Personalvertretung

e     Pandemiebeauftragten benennen

 

 

 

 

e     Verantwortlichkeit für Planung und Umsetzung festlegen

e     Berichtspflichten definieren

e      Regelungsbefugnisse festlegen      (z. B. wer „löst aus“, wer „hebt auf“)

 

 

 

 

e     Pandemieszenarien entwickeln und betrachten

e     Wahrscheinlicher Fall

 

 

 

 

e     Auswirkungen einer Pandemie auf das Handeln  Ihrer Einrichtung

e     Intern

e     Extern

 

 

 

 

e     Identifikation einer Notfallstruktur

 

 

 

 

Planungen „Personal“

 

 

 

 

e     Schlüsselarbeitskräfte und -funktionen identifizieren:

e     Wer und was ist für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs unverzichtbar?

e     Einweisung von weiteren Mitarbeitern in diese Aufgabenbereiche

e     Mehrfachbesetzung von Schlüsselpositionen

 

 

 

 

e     Dienstfreistellungen überlegen

e     Einheitliche Regelung sinnvoll

e     Urlaubssperren erforderlich?

 

 

 

 

e     Prüfung der Möglichkeit von Heimarbeit

 

 

 

 

 

e     Regelungen für das „Zuhausebleiben“ bzw. Verlassen des Arbeitsplatzes beim Auftreten von grippeartigen Symptomen

 

 

 

 

e     Aufklärung der Mitarbeiter über den lokalen Pandemieplan und die Schutzmaßnahmen


 

 

 

 

Aufgabe

Erledigt

In Arbeit

Nicht begonnen


Planungen „Organisation“

 

 

 

e     Vorbereitungen zur Beantwortung von Bürgeranfragen im Pandemiefall (Internetseite, Telefon)

 

 

 

 

e     Wie würde sich eine Pandemie auf die Nachfrage nach den Produkten oder Dienstleistungen der Verwaltung auswirken?

 

 

 

 

e     Schaffung der Voraussetzungen, um Besprechungen im großen Rahmen zu vermeiden

e     Wenn unvermeidbar – große Besprechungsräume

e     Telefonkonferenzen

e     E-Mail-Verkehr

 

 

 

 

e     Abstimmung der Planung mit vorhandenen Katastrophenschutzplänen

 

 

 

 

Planungen „Kommunikation“

 

 

 

 

e     Kommunikation mit Beschäftigten und anderen Verwaltungen über aktuelle Entwicklung sichern:

e     Telefonlisten von Mitarbeitern in allen geschäftskritischen Funktionen überprüfen oder erstellen.

e     Intranet / Internet-Bereich mit laufenden Informationen zum Thema (Notfallplan etc.) schaffen.

 

 

 

 

e     Einbindung von Heimarbeitscomputern

 

 

 

 

e     Dienstreisen in betroffene Gebiete verschieben

 

 

 

 

e     Mit Informationen eventuellen Panikreaktionen vorbeugen.

 

 

 

 

Planungen „Arbeitsschutz“

 

 

 

 

e     Abstimmung mit Betriebsarzt

e     Einschätzung über Notwendigkeit und Art der Arbeitsschutzmaßnahmen für Mitarbeiter

e      

 

 

 

 

e     Materielle Bevorratung

e     Nach Gefährdungsanalyse

e     Schutzmasken

e     Einmalhandschuhe

e     Händedesinfektionsmittel

 

 

 

 

e     Auflistung der Räumlichkeiten mit einer raumlufttechnischen Anlage

e     Abschaltung im Pandemiefall

 

 

 

 

 

 

Allgemeine seuchenhygienische Maßnahmen

 

Bei gehäuftem Auftreten von Influenzaerkrankungen sollen im Alltag verstärkt grundlegende hygienische Regeln beachtet werden, z.B. das Vermeiden von Anhusten und Anniesen sowie Händereichen.

Bei einer größeren Epidemie können einzelne Maßnahmen (z.B. Verbot von Großveranstaltungen) die Verbreitung des Erregers verlangsamen und damit die gesellschaftlichen und medizinischen Belastungen reduzieren.

Seuchenhygienische Maßnahmen, um die Ausbreitung einer von Mensch zu Mensch übertragbaren Infektion zu reduzieren, können unterschieden werden in Maßnahmen für die Allgemeinheit und Maßnahmen für Kranke und Kontaktpersonen.

 

 

Expositionsschutz der Bevölkerung

 

Im Fall einer beginnenden Pandemie wird die Bevölkerung durch Funk, Fernsehen, Merkblätter, Aushänge und vorbereitete Pressemitteilungen auf allgemeine Maßnahmen, die Möglichkeiten des Expositionsschutzes und einfach anzuwendende Hygieneregeln hingewiesen werden, wie u.a.

  • Möglichkeiten der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe
  • Durchführung prophylaktischer Maßnahmen
  • Einschränkungen der Bewegungsfreiheit auf Behördenanordnung
  • Empfehlung zur privaten Bevorratung von Atemschutzmasken.

 

 

Absonderung von Ansteckungsverdächtigen

 

Über gegebenenfalls erforderliche Absonderungsmaßnahmen bei einem bestehenden Infektionsverdacht mit Influenza entscheiden die Amtsärzte.

Absonderungsmaßnahmen sind nur solange angebracht, wie man noch eine Eingrenzung und damit eine Zurückdrängung der Infektion erreichen kann.

 

 

Isolierung von Kranken

 

Krankenhäuser (Aufnahmekrankenhäuser) müssen sich auf eine ordnungsgemäße Isolierungsbehandlung Erkrankter vorbereiten. Hierzu werden in Zusammenarbeit mit den Bezirken Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen geplant und durchgeführt.

Im Pandemiefall ist ein möglichst langer Verbleib der Erkrankten im Alten- und Pflegeheim anzustreben. Dabei sind alle notwendigen allgemeinen und speziellen hygienischen Anforderungen zu erfüllen.

 

 

Versammlungsverbote

 

Auf der Basis des Infektionsschutzgesetzes können Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen verboten werden, wenn dadurch die Verbreitung einer übertragbaren Krankheit verhindert werden kann. Auch eine Schließung von Kindergärten und Schulen kann je nach Situation sinnvoll sein.

 

 

Schutzausstattung, -maßnahmen

 

Für die Mitarbeiter der Gesundheitsämter ist bei der Ermittlung von Kontaktpersonen und der Festlegung von weiteren seuchenhygienischen Maßnahmen an einer Einsatzstelle das Tragen einer angemessenen persönlichen Schutzausrüstung erforderlich.

Je Bezirk sollte eine Bevorratung mit Schutzkleidung für den voraussichtlich Bedarf von mindestens acht Wochen erfolgen.

Für das Personal der Krankenhäuser sowie für Mitarbeiter der Rettungs- & Sanitätsdienste, des Krankentransports, der ambulanten Pflegedienste und sonstiger medizinischer Bereiche werden für pflegerische, ärztliche und sonstige medizinische Tätigkeiten persönliche Schutzausstattungen eingesetzt.

Der Schutz des Personals mit fünf Komponenten – hygienische Händedesinfektion, Schutzkittel, Atemschutz, Schutzbrille und Schutzhandschuhen – bietet bei einer kontinuierlichen Anwendung einen hohen Schutz. Die Anwendung von Atemschutzmasken unterliegen speziellen Regelungen. Diese sind im Internet unter www.baua.de nachzulesen.

Für eine entsprechende Vorsorge sind die jeweiligen Arbeitgeber verantwortlich.

Auch hier wird eine Bevorratung für den voraussichtlichen Bedarf für mindestens acht Wochen empfohlen. Eine staatliche Bevorratung mit Atemschutzmasken ist nicht vorgesehen.

 

 

Quellen

 

Rahmenplan Influenza-Pandemie des Landes Berlin,
Stand: 05. Mai 2006

 

Musterplan „Influenza-Pandemie“ für die Bezirke im Land Berlin,
Stand: 29. Juni 2007

 

Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
Bevölkerungsschutz 3 / 2007

 

 

 

Dr. Wein

 

 

 



[1] Hinweis: Diese Aufgabenliste dient als Planungshilfe und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie ist den lokalen Gegebenheiten und den strukturellen Besonderheiten entsprechend anzupassen.

 

 
 

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