Drucksache - DS/0725/VI
Das Bezirksamt bittet die BVV, Folgendes zur Kenntnis zu
nehmen: Das
Bezirksamt hat die von der Koordinierungsgruppe Pandemieplanung (BA-Beschluss
212/07) vorgelegte Pandemieplanung für den Bezirk Lichtenberg (entspr. den
beigefügten Anlagen) beschlossen Emmrich Anlage 1 Nach einer
von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz
erstellten Landesplanung Pandemie gilt es als wahrscheinlich, dass es in
absehbarer Zeit zu einer weltweiten Influenza-Epidemie (Pandemie) kommen wird. Die vom
Bezirksamt Lichtenberg mit BA-Beschluss 212/07 in der Sitzung am 18.09.2007
gegründete Koordinierungsgruppe Pandemieplanung wird daher als ständige
Arbeitsgruppe aufrechterhalten. Sie wird ab sofort erweitert um ein ständiges
Mitglied, der Leiterin der OE Bürgerdienste. Je nach zu
behandelnden Themen werden weitere bezirkliche Führungskräfte bzw.
Mitarbeiter/innen in verantwortlicher Funktion zu den Sitzungen der
Koordinierungsgruppe eingeladen. Verantwortlich
bei der Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen der bezirklichen Pandemieplanung
sowie im Pandemiefall sind ausschließlich die Leiter/innen der Abteilungen
sowie die Führungskräfte mit Ergebnisverantwortung (Amtsleitungen und Leitungen
von Serviceeinheiten). Es besteht
eine Berichtspflicht der OE Leitungen gegenüber der Koordinierungsgruppe
Pandemieplanung. Regelungsbefugnisse
in der Planungsphase hat ausschließlich der Leiter des bezirklichen Katastrophenschutzstabes
bzw. sein/e Stellvertreter/in über die vom BA eingesetzte Koordinierungsgruppe.
Im Pandemiefall wird der Katastrophenschutzstabes auf Weisung der
Bezirksbürgermeisterin tätig, das bedeutet, dass die Bezirksbürgermeisterin
bzw. ihr Stellvertreter für den Bezirk Lichtenberg von Berlin den Pandemiefall
offiziell ausruft und für beendet erklärt. Um die
konkreten Auswirkungen und Handlungsfelder im Pandemiefall für den Bezirk
Lichtenberg (intern und extern) erkennen zu können und entsprechende
Handlungsabläufe auszuarbeiten, werden den Abteilungsleitungen
(Bezirksamtsmitglieder) in einem gesonderten Anschreiben (Anlage 3)
Fragen gestellt, welche von diesen zeitnah zu beantworten sind. Internes weiteres Verfahren Erst nach
Beantwortung der Fragen wird die Personalplanung (Definition von
Schlüsselarbeitskräften und –funktionen, Dienstfreistellungen, Heimarbeit
etc.) weitergeführt werden können. Ebenfalls
erst danach werden die Organisationsplanung (Beantwortung von
Bürgeranfragen, Produkt- bzw. Leistungserbringung von Aufgaben, Abstimmung mit
anderen KAT-Plänen etc.), die Kommunikationsplanungen (Info und
Kommunikation mit Beschäftigten u. anderen Verwaltungen etc.) sowie die Arbeitsschutzplanungen
(Abstimmung mit Betriebsarzt, Materielle Bevorratung etc.) weitergeführt werden
können. Über die
Pandemie als solches sowie über deren Auswirkungen werden die Mitarbeiter/innen
durch eine schriftliche Information der Amtsärztin informiert (Anlage 2).
Diese schriftliche Information wird über die jeweils verantwortlichen
Amtsleitungen geleitet, die gegen Unterschrift die Information allen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bezirksverwaltung Lichtenberg zukommen
lassen müssen. Gleichzeitig wird diese Information auch im Intranetangebot des
BA Libg. zur Verfügung gestellt. Zusätzlich
wird es ein noch zu terminierendes Veranstaltungsangebot, durchgeführt von der
Amtsärztin, geben. Externes weiteres Verfahren Es werden
mit LogIT und dem Bürgeramt (Bürgertelefon) Verhandlungen geführt, inwieweit
eine Service-Hotline (Internet und Telefon) für den Fall einer Pandemie
technisch, organisatorisch und personell abgesichert eingerichtet werden kann. Anlage 2 zum
BA-Beschluss Nr. 017/2008 vom Pandemieszenario für
Lichtenberg Ausgangssituation Es gilt als wahrscheinlich, dass es in absehbarer Zeit zu einer erneuten weltweiten Influenza-Epidemie (Pandemie) kommen wird. Eine solche Pandemie könnte durch Veränderung des sich derzeit ausbreitenden Vogelgrippevirus A (H5N1) entstehen. Die wenigen menschlichen Infektionen mit diesem Virus wurden durch sehr engen Kontakt mit erkranktem Nutzgeflügel erworben. Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist nach Angaben der WHO bislang nicht nachgewiesen. Jedoch ist im Rahmen weiterer Veränderungen der sich momentan ausbreitenden H5N1-Stämme eine langsame oder auch plötzlich auftretende Anpassung an den Menschen mit besserer Übertragbarkeit jederzeit möglich. Der nächste Pandemiestamm kann sich überall auf der Welt entwickeln, jedoch halten Experten China oder den Fernen Osten als Ausgangspunkt für eine neue Pandemie am wahrscheinlichsten. Eine Einschleppung nach Deutschland wäre bei einer neuen Pandemie nicht aufzuhalten, selbst eine fast komplette Schließung der Grenzen mit Reduktion des Reiseverkehrs um 99,9% würde nach Schätzungen nur eine Verzögerung von 1-2 Monaten bewirken. Einmal in Deutschland angekommen, würde es voraussichtlich 2-3 Wochen dauern, bis Erkrankungsfälle in allen dicht besiedelten Regionen des Landes auftreten würden. Sichere Angaben zum Ausmaß und der Ausbreitung einer Pandemie in Berlin sind im Voraus nicht möglich, da sie sehr stark von den Eigenschaften eines neuen Pandemievirusstammes abhängig sind. Die diesem Plan zu Grunde gelegten Schätzungen basieren auf Berechnungen des Robert Koch-Institutes (RKI) sowie amerikanischen und britischen epidemiologischen Modellen. Insgesamt ist in einem Stadtstaat wie Berlin aufgrund der engeren Besiedlung und der größeren Mobilität im Vergleich zu ländlichen Gegenden mit einer schnelleren Ausbreitung und evtl. auch höheren Erkrankungsrate zu rechnen. Bei den derzeit in den Wintermonaten auftretenden menschlichen Influenzaepidemien liegt die Erkrankungsrate zwischen 5-10%. Bei einer Pandemie halten Experten eine Erkrankungsrate von 10-50% für wahrscheinlich. Eine Influenza-Pandemie würde in einer oder mehreren Wellen von ca. 2-4 Monaten Dauer Berlin erfassen. Die bei einer solchen Pandemie zu erwartenden Erkrankungs- und Todesfälle sind außer von der Erkrankungsrate auch von der Aggressivität des Pandemievirusstammes abhängig. So würden bei einer Erkrankungsrate von 10% mit einem weniger aggressiven Virusstamm (Sterblichkeitsrate (Fatalitätsrate): 0,37%, entsprechend der Influenza-Pandemie 1958) etwa 1.250 Todesfälle in Berlin auftreten. In Lichtenberg wären das 95 Todesfälle. Bei einer Erkrankungsrate von 50% mit einem aggressiveren
Stamm (Fatalitätsrate: 2,5%, entsprechend der Pandemie 1918) wären dagegen
42.500 Todesfälle in Berlin zu erwarten. In Lichtenberg wären das 3230
Todesfälle. Die Fatalitätsrate bei den wenigen humanen Erkrankungen mit H5N1 ist nach bisherigen Erkenntnissen höher und liegt derzeit bei etwa 50%. Eine derart hohe Sterberate wird bei den bisherigen Hochrechnungen nicht berücksichtigt, da sie von Experten für einen neuen Pandemievirusstamm für sehr unwahrscheinlich gehalten wird. Auswirkungen auf das
Gesundheitssystem Eine Influenza-Pandemie wird selbst bei günstigen Szenarien zu erheblichen Belastungen des Gesundheitssystems sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich und in weiteren Bereichen der Gesellschaft führen. Analog zu den Berechungen des RKI mit Bevölkerungszahlen von 2001, die auf dem Modell von Meltzer basieren (Fluaid, www2a.cdc.gov/od/fluaid/), wird es bei einer ersten Pandemiewelle in Berlin abhängig von der Erkrankungsrate zu 246.000 bis 863.000 zusätzlichen Arztbesuchen, 7.400 bis 24.600 zusätzlichen Krankenhausaufenthalten und 1.970 bis 6.600 zusätzlichen Todesfällen kommen. Für Lichtenberg habe ich die nachfolgenden Tabellen errechnet. Die zugrundeliegenden Annahmen sind: Zahl der Lichtenberger Bürger knapp 259.000 (1.9.2006), Arztbesuche bei 50 % der Erkrankten Hospitalisierungsrate der Erkrankten 1,45 % Sterblichkeitsrate (Fatalitätsrate) der Erkrankten 0,37 %. Diese Annahmen gehen auf die Erfahrungen der Hongkong-Pandemie von 1968 bis 1970 zurück. Tab. 1: Hochrechnung analog zu Annahmen des RKI für zusätzliche
Belastungen des Lichtenberger Gesundheitssystems im Rahmen verschiedener
Pandemieszenarien
Tab. 2: Zusätzliche Belastung des Lichtenberger
Gesundheitssystems im Rahmen einer Pandemie Erkrankungsrate 30 %
Bei einer angenommenen Erkrankungsrate von 30 % und der Annahme, dass in 1/3 der Fälle Risiken für einen schweren Krankheitsverlauf vorliegen, werden in Berlin mindestens 339.000 Patienten nach Meinung von Experten eine rasche Therapie mit antiviralen Mitteln benötigen. In Lichtenberg würde das auf 25.900 Patienten zutreffen. Alle oben genannten Berechnungen vernachlässigen den möglichen Einfluss von Therapie- und Prophylaxemaßnahmen durch antivirale Medikamente und/oder Impfungen. Diese würden voraussichtlich zu einer Verminderung der oben genannten Zahlen führen. Die Größenordung der Reduktion der Erkrankten ist schwer abzusehen und wird nach Expertenmeinung maximal 30% betragen. Therapie- und Prophylaxemaßnahmen würden wahrscheinlich zu einer Abflachung und Verbreiterung einer Pandemiewelle führen. Ein suffizienter Impfstoff wäre voraussichtlich erst für
eine 2. oder 3. Welle verfügbar. Pandemieauswirkungen Eine besondere Rolle spielt die Aufrechterhaltung einer adäquaten Gesundheitsversorgung sowie der öffentlichen Ordnung und der Infrastruktur. Essentielle Dienstleistungen wie die Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln, Energiestrukturen, die Kommunikation und Information, das Transportwesen und die innere und äußere Sicherheit sind durch pandemiebedingten Personalausfall gefährdet. Die Hongkong-Pandemie von 1968 bis 1970 brachte in der ersten Welle Winter 1968 / 1969 eine Erkrankungsrate der Bevölkerung von 30 %, in der zweiten Welle Winter 1969 / 1970 von 50 % mit sich. In der alten Bundesrepublik lag die geschätzte Gesamtmortalität (Sterblichkeit) bei 130.000. Sie betraf vorwiegend junge Erwachsene. Die damaligen Auswirkungen in einigen Bundesländern waren lt. Presseberichten:
Um ähnliche Verhältnisse wenigstens teilweise zu verhindern, sind u. a. präventive personalwirtschaftliche Maßnahmen unerlässlich. Beispiele für eine Checkliste Personal
In einem Workshop der Stadt Mülheim an der Ruhr unter der Moderation der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz des BBK wurden (nach der Veröffentlichung des nationalen Influenzapandemieplanes Dezember 2004) folgende Pandemieauswirkungen erörtert. Zugrundegelegt wurden wiederum die Erfahrungen aus der Hongkong-Pandemie von 1968 bis 1970. Die wesentlichen Ergebnisse waren:
Aufgaben der
Gesundheitsämter Die Gesundheitsämter nehmen nach dem Infektionsschutzgesetz zentrale Aufgaben wahr:
Zur Sicherstellung einer zeitnahen Reaktion entsprechend den fachlichen Verantwortlichkeiten des Amtsarztes gem. IfSG ist die Einrichtung einer 24 Stunden-Rufbereitschaft zu gewährleisten. In der interpandemischen Phase ist die Information und fachliche Einweisung der Krisen- und Katastrophenstrukturen durch die örtlichen Gesundheitsämter besonders wichtig. Bestehende Katastrophenschutzpläne müssen entsprechend überprüft und angepasst werden. Im Pandemiefall werden Krisenstäbe auf bezirklicher Ebene gebildet, in denen infektiologischer Sachverstand vertreten sein soll. Bezirke Die Berliner Bezirke richten bei Bedarf eigene Katastrophenstäbe ein, die sich in ihrer Struktur an den Vorgaben der „Ausführungsvorschriften über die Zusammenarbeit bei der Katastrophenvorsorge und –bekämpfung im Land Berlin (AV Kat)“ orientieren. Der Stab gewährleistet die Sicherstellung aller im Bezirk zu lösenden Aufgaben. Der Amtsarzt oder Vertretung ist Teil des Stabes. Bei einer Massenimpfung der Berliner Bevölkerung ist diese Stabsorganisation um den Stabsbereich Personaleinsatz entsprechend zu erweitern. Influenza-Pandemie Checkliste für die
Entwicklung eines lokalen Pandemieplans für Berliner Behörden[1]
Allgemeine
seuchenhygienische Maßnahmen Bei gehäuftem Auftreten von Influenzaerkrankungen sollen im Alltag verstärkt grundlegende hygienische Regeln beachtet werden, z.B. das Vermeiden von Anhusten und Anniesen sowie Händereichen. Bei einer größeren Epidemie können einzelne Maßnahmen (z.B. Verbot von Großveranstaltungen) die Verbreitung des Erregers verlangsamen und damit die gesellschaftlichen und medizinischen Belastungen reduzieren. Seuchenhygienische Maßnahmen, um die Ausbreitung einer von Mensch zu Mensch übertragbaren Infektion zu reduzieren, können unterschieden werden in Maßnahmen für die Allgemeinheit und Maßnahmen für Kranke und Kontaktpersonen. Expositionsschutz der Bevölkerung Im Fall einer beginnenden Pandemie wird die Bevölkerung
durch Funk, Fernsehen, Merkblätter, Aushänge und vorbereitete
Pressemitteilungen auf allgemeine Maßnahmen, die Möglichkeiten des
Expositionsschutzes und einfach anzuwendende Hygieneregeln hingewiesen werden,
wie u.a.
Absonderung von Ansteckungsverdächtigen Über gegebenenfalls erforderliche Absonderungsmaßnahmen bei einem bestehenden Infektionsverdacht mit Influenza entscheiden die Amtsärzte. Absonderungsmaßnahmen sind nur solange angebracht, wie man noch eine Eingrenzung und damit eine Zurückdrängung der Infektion erreichen kann. Isolierung von Kranken Krankenhäuser (Aufnahmekrankenhäuser) müssen sich auf eine ordnungsgemäße Isolierungsbehandlung Erkrankter vorbereiten. Hierzu werden in Zusammenarbeit mit den Bezirken Schulungs- und Fortbildungsmaßnahmen geplant und durchgeführt. Im Pandemiefall ist ein möglichst langer Verbleib der Erkrankten im Alten- und Pflegeheim anzustreben. Dabei sind alle notwendigen allgemeinen und speziellen hygienischen Anforderungen zu erfüllen. Versammlungsverbote Auf der Basis des Infektionsschutzgesetzes können Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen verboten werden, wenn dadurch die Verbreitung einer übertragbaren Krankheit verhindert werden kann. Auch eine Schließung von Kindergärten und Schulen kann je nach Situation sinnvoll sein. Schutzausstattung, -maßnahmen Für die Mitarbeiter der Gesundheitsämter ist bei der Ermittlung von Kontaktpersonen und der Festlegung von weiteren seuchenhygienischen Maßnahmen an einer Einsatzstelle das Tragen einer angemessenen persönlichen Schutzausrüstung erforderlich. Je Bezirk sollte eine Bevorratung mit Schutzkleidung für den voraussichtlich Bedarf von mindestens acht Wochen erfolgen. Für das Personal der Krankenhäuser sowie für Mitarbeiter der Rettungs- & Sanitätsdienste, des Krankentransports, der ambulanten Pflegedienste und sonstiger medizinischer Bereiche werden für pflegerische, ärztliche und sonstige medizinische Tätigkeiten persönliche Schutzausstattungen eingesetzt. Der Schutz des Personals mit fünf Komponenten – hygienische Händedesinfektion, Schutzkittel, Atemschutz, Schutzbrille und Schutzhandschuhen – bietet bei einer kontinuierlichen Anwendung einen hohen Schutz. Die Anwendung von Atemschutzmasken unterliegen speziellen Regelungen. Diese sind im Internet unter www.baua.de nachzulesen. Für eine entsprechende Vorsorge sind die jeweiligen Arbeitgeber verantwortlich. Auch hier wird eine Bevorratung für den voraussichtlichen Bedarf für mindestens acht Wochen empfohlen. Eine staatliche Bevorratung mit Atemschutzmasken ist nicht vorgesehen. Quellen Rahmenplan Influenza-Pandemie des Landes Berlin, Musterplan „Influenza-Pandemie“ für die Bezirke
im Land Berlin, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Dr. Wein [1] Hinweis: Diese Aufgabenliste dient als Planungshilfe und erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit. Sie ist den lokalen Gegebenheiten und den
strukturellen Besonderheiten entsprechend anzupassen. |
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