Kleine Anfrage - KA/0089/VIII  

 
 
Nummer:KA/0089/VIIIEingang:30.05.2017
Eingereicht durch:Pohle, Robert
Weitergabe:30.05.2017
Fraktion:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenFälligkeit:13.06.2017
Antwort von:BzBm/PersFinWiKultBeantwortet:13.06.2017
Parlament:Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von BerlinErledigt:13.06.2017
  Fristverlängerung:
 
Betreff:Offener Brief der flüchtlingspolitischen Initiativen an den neuen Berliner Senat
Anlagen:
KA 0089-VIII Anlage  
   

Kleine Anfragen Eingangstext

Einzelne Forderungen aus dem Offenen Brief der flüchtlingspolitischen Initiativen an den neuen Berliner Senat vom 02. Mai 2017 richten sich an die Berliner Bezirksämter (offener Brief: siehe Anlage).

 

Das Bezirksamt wird um folgende Auskunft gebeten:

 

  1. Für wie viele Geflüchtete, die in Sammelunterkünften des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) leben, war das Bezirksamt zum letzten Stichtag leistungsrechtlich zuständig?
  2. Was konkret unternimmt das Bezirksamt, um obdachlos gewordene Geflüchtete, für die es leistungsrechtlich zuständig ist und die in einer Unterkunft Hausverbot erhalten haben, in eine neue Unterkunft oder Wohnung zu vermitteln?
  3. Welche Möglichkeiten haben wohnungslose Geflüchtete, für die das Bezirksamt leistungsrechtlich zuständig ist, sich über die sachlichen Bedingungen in der Unterkunft oder deren Betreiber zu beschweren?
  4. Wie geht das Bezirksamt mit bekannt gewordenen Beschwerden um?
  5. Mit welchen Maßnahmen unterstützt das Bezirksamt die folgenden Forderungen der Initiativen:
    • „Sofortige und danach regelmäßige Gespräche zwischen Verantwortlichen von Bezirk und Senat und den Initiativen zu aktuellen Problemen
    • Erfahrungen aus der direkten Arbeit mit Geflüchteten in die politischen Entscheidungen miteinzubeziehen und Kritik von unserer Seite zu nutzen, um konstruktive Lösungen für bestehende Probleme zu finden“ (Offener Brief, S.10)?
  6. Was konkret unternimmt das Bezirksamt, um unbegleitete minderjährige Geflüchtete (umF) in bezirklicher Obhut in den Jugendhilfestandards entsprechenden Wohneinrichtungen unterzubringen?
  7. Welchen Herausforderungen begegnet es dabei?
  8. Was möchte das Bezirksamt zu den im Brief von den flüchtlingspolitischen Initiativen benannten Forderungen des Weiteren bemerken?

 

Kleine Anfragen Antworttext

Das Bezirksamt wurde um folgende Auskunft gebeten:

 

  1. Für wie viele Geflüchtete, die in Sammelunterkünften des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) leben, war das Bezirksamt zum letzten Stichtag leistungsrechtlich zuständig?
     
  2. Was konkret unternimmt das Bezirksamt, um obdachlos gewordene Geflüchtete, für die es leistungsrechtlich zuständig ist und die in einer Unterkunft Hausverbot erhalten haben, in eine neue Unterkunft oder Wohnung zu vermitteln?
     
  3. Welche Möglichkeiten haben wohnungslose Geflüchtete, für die das Bezirksamt leistungsrechtlich zuständig ist, sich über die sachlichen Bedingungen in der Unterkunft oder deren Betreiber zu beschweren?
     
  4. Wie geht das Bezirksamt mit bekannt gewordenen Beschwerden um?
     
  5. Mit welchen Maßnahmen unterstützt das Bezirksamt die folgenden Forderungen der Initiativen:
    „Sofortige und danach regelmäßige Gespräche zwischen Verantwortlichen von Bezirk und Senat und den Initiativen zu aktuellen Problemen“

Erfahrungen aus der direkten Arbeit mit Geflüchteten in die politischen Entscheidungen miteinzubeziehen und Kritik von unserer Seite zu nutzen, um konstruktive Lösungen für bestehende Probleme zu finden (Offener Brief, S. 10)
 

 

  1. Was konkret unternimmt das Bezirksamt, um unbegleitete minderjährige Geflüchtete (umF) in bezirklicher Obhut in den Jugendhilfestandards entsprechenden Wohneinrichtungen unterzubringen?
     
  2. Welchen Herausforderungen begegnet es dabei?
     
  3. Was möchte das Bezirksamt zu den im Brief von den flüchtlingspolitischen Initiativen benannten Forderungen des Weiteren bemerken?

 

 

Das Bezirksamt teilt Folgendes mit:

 

zu 1.:

Mit Stichtag vom 01.06.2017 war das Amt für Soziales Lichtenberg für 360 Personen zuständig.

 

zu 2.:

Das LAF ist zuständig für die durch sie betriebenen vertragsgebundenen Unterkünfte. Ein Hausverbot wird bei groben Verstößen gegen die jeweilige Hausordnung erteilt. Sollte es zu einem Hausverbot kommen, wird für Leistungsempfänger, für die das Bezirksamt Lichtenberg zuständig ist, eine andere Unterkunft gesucht.

 

zu 3.:

Das Amt für Soziales verfügt über eine Heimbegehung. Darüber hinaus ist das LAF (Ansprechpartner für vertragsgebundene Unterkünfte) für die Qualitätssicherung in den eigenen Unterkünften zuständig.

 

zu 4.:

Es erfolgen vor Ort Besuche beim Betreiber einer Unterkunft und es wird geprüft, ob die Mindeststandards eingehalten werden. Ggf. werden Auflagen erteilt, die in einer zeitlichen Frist zu beheben sind. Erfolgt die Beseitigung von gravierenden Mängeln nicht, kann dies zu einem Belegungsstopp führen. In diesem Fall geht eine entsprechende Information an alle Bezirksämter.

 

 

 

zu 5.:

Es bedurfte in Lichtenberg nicht der Umsetzung der im offenen Brief gestellten Forderungen, um regelmäßige Gespräche mit dem Senat, Senatsdienststellen, Unterkunftsträgern oder Ehrenamtsinitiativen zu führen. Im Bezirksamt fanden und finden entsprechende Koordinierungsrunden statt. Seit Januar 2016 tagt regelmäßig die AG Flüchtlinge mit den Amtsleitungen und den Unterkunftsbetreibern. Zu inhaltlichen Schwerpunkten werden Fachleute, Träger und Initiativen hinzu geladen. Zusätzlich finden zu aktuellen Problemen Gespräche mit allen Verantwortlichen unter Leitung des Bezirksbürgermeisters statt.

Entsprechende Festlegungen und deren Umsetzung werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bezirksamtes kontrolliert. Darüber hinaus sind diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch vor Ort in den Unterkünften, führen Kontrollen durch und sprechen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern und dem Personal.

 

Zu 6.:

Das Bezirksamt hat schon seit dem Jahr 2015 eigene Anstrengungen unternommen, um Betreuungsplätze für unbegleitete minderjährige Geflüchtete (umF) zu schaffen sowie geeignete Unterstützung für unbegleitete und begleitete jugendliche Geflüchtete zu sichern. So war das Jugendamt mit verschiedenen Trägern der freien Jugendhilfe im Gespräch und hat dafür geworben bzw. dazu beraten, zusätzliche Betreuungsplätze einzurichten. 2015/2016 sind so 114 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen worden. Ebenfalls 2015 hat das Bezirksamt mit weiteren bezirklichen Akteuren und mit Unterstützung der Transferagentur für Großstädte einen Strategietag durchgeführt und intensiv vor- und nachbereitet, mit dem über Projekte und Maßnahmen zur Förderung von jugendlichen Geflüchteten in Ausbildung und Beruf beraten wurde. In der seit April 2016 arbeitenden Jugendberufsagentur Lichtenberg werden geeignete Angebote und spezifische Projekte für diese Personengruppe vorgehalten.

 

Die Zuweisung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten in die Betreuungszuständigkeit des Jugendamtes erfolgt über den Senat (SenBJF) in der Funktion als Landesjugendamt. Grundlage ist das in Verantwortung der SenBJF durchgeführte Clearing. Das Jugendamt sucht nach der Zuweisung das Gespräch mit den Jugendlichen, erfragt die konkrete Bedarfslage und die aktuelle persönliche Situation. Unmittelbar danach wird eine entsprechend geeignete Einrichtung für den Jugendlichen gesucht. Es gibt Vorkennenlerngespräche der Jugendlichen in den entsprechenden Einrichtungen.

Grundlage für die Suche ist eine gute Kenntnis der Träger und Angebote. Alle vom Jugendamt beauftragten Träger verfügen über eine Betriebserlaubnis durch den Senat. Die Betriebserlaubnis wird auf Grundlage der Arbeitskonzeption des Trägers erteilt. Hier ist der erforderliche Jugendhilfestandard für die Einrichtung festgeschrieben. Für das Jugendamt bietet dies die Sicherheit der Gewährleistung der erforderlichen Qualitätsparameter.

In der Arbeit mit den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sind die Fachkräfte des Jugendamts zeitnah mit der ersten Hilfekonferenz vor Ort in den Einrichtungen. Sie nehmen aufmerksam die Arbeitsatmosphäre wahr, sind im regen Kontakt mit den Mitarbeitern und zugleich nah an den betreuten Jugendlichen.

Im Vorfeld der Schaffung neuer Betreuungsplätze für unbegleitete minderjährige Geflüchtete steht das Jugendamt den Trägern mit seinem Wissen um Bedarfslagen, Erfahrungen und zu erwartenden Herausforderungen zur Verfügung.

zu 7.:

Die größte Herausforderung besteht derzeit in der Beschaffung von geeigneten Unterkunftsplätzen. Das Angebot liegt in Berlin aktuell hinter den Bedarfen zurück. Die Träger müssen intensiv nach geeignetem Personal suchen. In allen Berliner Bezirken wird die Übernahme von zugewiesenen Betreuungsfällen durch fehlende Plätze erschwert bzw. eingeschränkt. Nur weil die im Bereich arbeitenden Fachkräfte des Jugendamts gut und intensiv mit den Trägern vernetzt sind, gelingt eine Unterbringung häufig in dem erforderlichen Zeitrahmen.

Besonderes Augenmerk gilt der Suche nach Plätzen entsprechend § 13 Abs.3 SGB VIII (Ausbildung und Unterbringung als ein verbundenes Angebot).

Problematisch ist zudem das Alter der Bedarfsgruppe. 80 90 % der Jugendlichen sind zwischen 16 - 17 Jahre alt. Einige von diesen Jugendlichen lehnen den Umzug aus dem Clearing in Jugendhilfeeinrichtungen ab. Der dort erlebte Freiraum würde in einer Einrichtung der Jugendhilfe eingeschränkt, Regeln und Normen sind strenger.

Eine weitere Herausforderung sind manchmal auch ehrenamtliche Vormünder, weil Ihnen häufig das Wissen über gesetzliche Vorgaben und die Wirkmechanismen der Jugendhilfe sowie Erfahrungen im Umgang mit Behörden fehlen.

 

zu 8.:

Die flüchtlingspolitischen Initiativen haben bei der Ankunft, der Unterbringung und darauffolgenden, notwendigen Maßnahmen, wie Spendenverteilung, Freizeitangebote, persönliche Betreuung von Geflüchteten usw. Außerordentliches geleistet und eklatante Problemlagen benannt und sich für deren Beseitigung engagiert eingesetzt. Daraus erwachsen auch die im Offenen Brief benannten Forderungen. Die flüchtlingspolitischen Initiativen sind ein wichtiger Teil der kritischen Öffentlichkeit, die den Zuwanderungsprozess begleiten sollen.

 

Das Bezirksamt als Teil der öffentlichen Verwaltung ist mit seinen ebenfalls engagierten  Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestrebt, dass die Ausnahmesituation, die mit dem Zuzug tausender Geflüchteter entstanden ist, beendet wird und die eigentliche Integrationsarbeit mit Hilfe der Regeldienste und den zahlreichen Projekten in den Institutionen und bei freien Trägern ihre volle Wirkung entfalten kann.

 

 

 
 

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