Drucksache - DS/1128/VII
Die Bezirksverordnetenversammlung hat beschlossen:
Die BVV empfiehlt dem Bezirksamt sich bei den zuständigen Stellen des Landes für eine Änderung der Berliner Bauordnung dahin gehend einzusetzen, dass bei der Errichtung von Einzelhandelsbetrieben ab 800 qm vom Errichter obligatorisch für die Öffnungszeiten öffentlich zugängliche und kostenlos nutzbare, barrierefreie Toilettenanlagen mit vorzusehen sind. Diese sollen nach dem Vorbild großer Fach- und Möbelmärkte dem Eingangsbereich zugeordnet werden. Ferner sollen für Senioren geeignete Sitzgelegenheiten im Eingangsbereich verpflichtend vorgesehen werden.
Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:
Das Bezirksamt hat sich zur Beantwortung der Drucksache an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt gewandt. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt beantwortet das Anliegen der BVV wie folgt:
Die Bauordnung für Berlin (BauO Bin) stellt keine Qualitätsanforderungen, sondern Mindestanforderungen und fordert daher keine Toilettenräume für Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume eine Brutto-Grundfläche bis 800 m² haben. Eine Toilettenforderung wird für kleinere Verkaufsstätten als überzogen angesehen, da kleinteiliger Einzelhandel mit solchen Ausstattungen nicht belastet werden sollte. Dies gilt auch für die geforderten Sitzgelegenheiten im Eingangsbereich.
An Verkaufsstätten, deren Verkaufsräume und Ladenstraßen eine Brutto-Grundfläche von insgesamt mehr als 800 m² haben und die gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 4 BauO Bln Sonderbauten sind, können im Baugenehmigungsverfahren besondere Anforderungen gestellt werden. Daher können nach § 52 Abs. 1 Nr. 17 BauO Bln auch öffentlich nutzbare Toiletten gefordert werden. Dies geschieht für Verkaufsstätten im Größenbereich zwischen 801 m² und 2000 m² jedoch nur im Einzelfall, weil man von einer nur kurzfristigen Aufenthaltsdauer der Kunden ausgeht. Vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft könnte man jedoch ermessenssteuernd durch Einführung einer Ausführungsvorschrift Einfluss nehmen, damit im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens regelmäßig Toiletten in Verkaufsstätten dieser Größenordnung eingefordert werden. (Anmerkung: Das BA bezieht bereits heute diesen Sachverhalt in seine bauaufsichtliche Entwicklungspraxis ein.)
Für Verkaufsstätten mit mehr als 2000 m² Brutto-Grundfläche der Verkaufsräume und Ladenstraßen (größere Verkaufsstätten) sind auf Grund der Ausführungsvorschriften zu § 52 der Bauordnung für Berlin (AV Mustervorschriften) im Baugenehmigungsverfahren die Anforderungen der Muster-Verkaufsstättenverordnung der Bauministerkonferenz heranzuziehen, die jedoch keine Regelungen über Toiletten enthält. Eine Toilettenanforderung für den Neubau dieser größeren Verkaufsstätten könnten in Form einer Betriebsvorschrift in die Verordnung über den Betrieb von baulichen Anlagen (Betriebs-Verordnung - BetrVO) aufgenommen werden, auch wenn die Betreiber bereits heute schon aus Wettbewerbsgründen ein angemessenes Toilettenangebot für alle Kunden - und nicht nur für ältere Menschen - bereitstellen.
Bevor erwogen werden kann, ob durch Einführung ermessenssteuernder Regelungen dem Anliegen der Lichtenberger BVV entsprochen werden kann, hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt eine Abfrage an die Bauaufsichtsbehörden aller Bezirke veranlasst, um zunächst zu eruieren, wieviel Prozent der genehmigten Discounter Lidl, Aldi, Edeka, Rewe, Netto, etc. eine Verkaufsfläche von mehr als 800 m² aufweisen. Über das Ergebnis der Abfrage und die beabsichtigte weitere Verfahrensweise werde ich Sie zu gegebener Zeit informieren.
Zusätzlich weist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt darauf hin, dass - soweit Kundentoiletten für Verkaufsstätten bauordnungsrechtlich gefordert oder vom Betreiber bereitgestellt werden - gemäß § 51 Abs. 3 Satz 9 BauO Bln mindestens ein Toilettenraum für Menschen mit Behinderungen geeignet sowie barrierefrei erreichbar und nutzbar sein muss.
Bauordnungsrechtliche Vorschriften, die der Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dienen, sind allerdings nicht geeignet, um Betreiber baulicher Anlagen zur Bereitstellung von für Seniorinnen und Senioren geeigneten Sitzgelegenheiten im Eingangsbereich von Verkaufsstätten zu verpflichten.
Unabhängig von dieser Einschätzung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird das Bezirksamt auch künftig in Gesprächen mit Bauherren dieses Thema ansprechen und versuchen, in dieser Angelegenheit Einvernehmen zu erzielen.
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