Drucksache - DS/0841/VII  

 
 
Betreff: Bebauungsplan 11-14a-1 - frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung; Arbeitstitel: Carlsgarten
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:BezirksamtBezirksamt
Verfasser:BzStR Stadt 
Drucksache-Art:Vorlage zur KenntnisnahmeVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
22.08.2013 
22. Sitzung in der VII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
VzK PDF-Dokument

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

Das Bezirksamt hat beschlossen:

 

a)   das Ergebnis der Auswertung der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 Abs. 1 BauGB im Bebauungsplanverfahren 11-14a-1.

 

Anlage 1:              räumlicher Geltungsbereich

Anlage 2:              Auswertung und Ergebnis

 

b)              entsprechend dem vorher genannten Ergebnis das Bebauungsplanverfahren 11-14a-1 weiterzuführen und die Behörden, die Fachverwaltungen des Senats bzw. des Bezirks, den Nachbarbezirk Treptow-Köpenick und die Nachbargemeinde gemäß § 4 Abs. 2 BauGB zu beteiligen.

 

c)              mit der Durchführung des Beschlusses zu b) den Fachbereich Stadtplanung zu beauftragen.

 

d)              die Vorlage in der beiliegenden Fassung der BVV zur Kenntnis zu geben.

 

Begründung:

Unterrichtung über den Stand des laufenden Bebauungsplanverfahrens nach Durchführung der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit in Vorbereitung der Beteiligung der Behörden, der Fachverwaltungen des Senats bzw. des Bezirks, des Nachbarbezirks Treptow-Köpenick und der Nachbargemeinde gemäß § 4 Abs. 2 Baugesetzbuch

 


              Anlage 1

Räumlicher Geltungsbereich

des Bebauungsplanes 11-14a-1

 

für das Gelände zwischen der Bahnanlage von S-Bahnhof "Berlin-Karlshorst" nach
S-Bahnhof "Berlin-Wuhlheide", Am Carlsgarten und Treskowallee im

 

Bezirk Lichtenberg, Ortsteil Karlshorst

 

 

 

 

ohne Maßstab

 

 

Ziel des Bebauungsplanes

 

Ausschluss von Vergnügungsstätten und bordellartigen Betrieben im Kerngebiet


              Anlage 2

 

Auswertung und Ergebnis der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit

gemäß § 3 Absatz 1 Baugesetzbuch

 

 

Die Öffentlichkeit ist gemäß § 3 Abs. 1 Baugesetzbuch möglichst frühzeitig über die allgemeinen Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung zu unterrichten.

 

Die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit fand in der Zeit vom 25. März bis einschließlich 24. April 2013 in den Räumen des Fachbereiches Stadtplanung statt. Die Öffentlichkeit ist am 22.03.2013 über eine Anzeige in der Berliner Zeitung, davon in Kenntnis gesetzt worden. Des Weiteren ist die Pressestelle informiert worden und es erfolgte in allen Bürgerämtern ein entsprechender Aushang.

 

Die beabsichtigte Planung wurde anhand folgender Informationsmaterialien dargelegt:

-        Bebauungsplanvorentwurf,

-        Begründung zum Bebauungsplan

 

4 Bürger und Bürgerinnen haben während dieser Zeit Einsicht in die Planung genommen. Es wurden mündlich keine Anregungen geäußert.

 

Es gingen 2 schriftliche Anregungen bzw. Hinweise ein:

 

  1. Bürgerverein Berlin-Karlshorst e.V.

 

Anregung:              Die Zielstellung des Planverfahrens wird ausdrücklich unterstützt. Vergnügungsstätten und bordellartige Betriebe seien auszuschließen, weil sie die Weiterentwicklung des grünen Stadtteils Karlshorst zu einem attraktiven Wohnort vor allem für Familien mit Kindern stören.

 

Auswertung Stapl:              Die Anregung wird zur Kenntnis genommen.

 

 

  1. Weiss Glimm Gutwin Rechtsanwälte Partnerschaft Erlangen in Vertretung der BM Brezel GmbH (Grundstückseigentümer)

 

Anregung:              Für den Ausschluss von Vergnügungsstätten und bordellartigen Betrieben im Kerngebiet könne gemäß § 1 Abs. 9 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) nur das Vorliegen eines besonderen städtebaulichen Grundes die Voraussetzung sein. Ein besonderer städtebaulicher Grund könne jedoch nicht der Schutz der ungestörten Entwicklung des Ortsteilzentrums Karlshorst zu einem Zentrumsbereich mit vorwiegend Einzelhandel- und Dienstleistungs- sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen sein.

             

              Antragsteller hätten in Kerngebieten grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung jeglicher Art und Größe von Vergnügungsstätten.

             

              Gerade weil das Ortsteilzentrum Karlshorst in städtebaulicher, funktionaler und gestalterischer Hinsicht deutliche Defizite aufweist, sei nicht nachvollziehbar, dass durch Vergnügungsstätten eine Störung des Ortsteilzentrums Karlhorst eintreten soll. Die bloße Befürchtung sei für einen Ausschluss von Vergnügungsstätten nicht ausreichend.

 

              Es sei offenkundig, dass die Bebauungsplanänderung (Ausschluss von Vergnügungsstätten u.a.) nur vorgenommen werde, um die wirtschaftliche Nutzung eines Teils des zu errichtenden Anwesens auf dem Grundstück der Mandantschaft als Spielhalle zu verhindern. Es fehle deshalb die städtebauliche Erforderlichkeit für die Bebauungsplanänderung; die beabsichtigten Festsetzungen seien eine "Negativplanung" und deshalb unwirksam. Festsetzungen würden vorgeschoben, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken.

 

              Die Inhalte des Bebauungsplanes seien mit Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren. Der Ausschluss von Vergnügungsstätten bedürfe einer besonderen Rechtfertigung, welche auch den Gleichheitsgrundsatz beachten muss. Dieser läge hier nicht vor.

 

 

Auswertung Stapl:              Der Anregung wird nicht gefolgt.

                                         

Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 der BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Darunter fallen Vergnügungsstätten, für die demnach kein besonderer städtebaulicher Grund vorliegen muss.

 

Bordellartige Betriebe fallen unter § 1 Abs. 9 BauNVO, da sie eine bestimmte Art der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen darstellen. Bordellartige Betriebe sind demnach eine bestimmte Art eines Gewerbebetriebes nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO. Bordellartige Betriebe dürfen demnach nur bei Vorliegen von besonderen städtebaulichen Gründen i.S.d. § 1 Abs. 9 BauNVO ausgeschlossen werden.

 

Auf den Ausschluss von bordellartigen Betrieben soll in diesem Bezirksamtsbeschluss nicht näher eingegangen werden, da die Anregung des Vertreters des Eigentümers nur auf die Vergnügungsstätten abzielt.

 

Vergnügungsstätten können und dürfen zwar gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO Bestandteil eines Kerngebietes sein, machen aber nicht sein Wesen aus und können deshalb gemäß § 1 Abs. 5 der BauNVO ausgeschlossen werden, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Insofern ist der Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung jeglicher Art und Größe von Vergnügungsstätten nur in Kerngebieten gegeben, in denen die Vergnügungsstätten nicht ausgeschlossen wurden.

 

Ziel des Bebauungsplanes ist es, das Ortsteilzentrum Karlshorst zu stärken und die 2009 dahingehend beschlossenen städtebaulichen Leitlinien des Bezirkes umzusetzen. Es handelt sich bereits im Bestand um einen Zentrumsbereich mit vorwiegend Einzelhandel- und Dienstleistungs- sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen, deren Fortbestand und Weiterentwicklung städtebauliches Ziel ist.

 

Der Ausschluss von Vergnügungsstätten ist durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt. Es entspricht einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung auswirken können (sog. Trading-Down-Effekt, vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.09.2008 - 4 BN 9.08 - BauR 2009, 76). Die maßgebliche Umgebung ist dabei nicht auf das Plangebiet beschränkt, sondern es sind auch negative Auswirkungen jenseits der Grenzen des Plangebiets zu berücksichtigen. Durch die Ansiedlung von Vergnügungsstätten in einem zentralen Versorgungsbereich sind Trading-Down-Effekte regelmäßig zu erwarten. Der Begriff "Trading Down" beschreibt einen typischen Entwicklungstrend eines Stadtteilzentrums vom vollständigen Angebot mit pulsierendem Leben hin zu zunehmenden Leerständen und ausbleibender Kundschaft. Das Bundesverwaltungsgericht hat mehrfach entschieden, dass die Verhinderung eines "Trading-Down-Effekts" besonderer städtebaulicher Grund i. S. des § 1 Abs. 9 BauNVO und damit auch ein "einfacher" städtebaulicher Grund sein kann. Damit kann auch der Ausschluss von Vergnügungsstätten (und bordellartigen Betrieben) in Kerngebieten gerechtfertigt werden. Ein "Trading-Down-Effekt" liegt vor, wenn es auf Grund der Verdrängung des traditionellen Einzelhandels und eines Rückgangs der gewachsenen Angebots- und Nutzungsvielfalt durch Vergnügungsstätten zu einem Qualitätsverlust von Einkaufsstraßen und -zonen kommt.

 

Die geplante städtebauliche Funktion des OTZ Karlshorst würde durch die Zulassung von Vergnügungsstätten und bordellartigen Betrieben beachtlich gestört. Bisher sind Vergnügungsstätten wie beispielsweise Spielhallen im Umfeld des OTZ Karlshorst i.d.R. nicht vorhanden. Die "Leitlinien für das OTZ Karlshorst" definieren den Zentrumsbereich als einen Bereich mit vorwiegend Einzelhandel- und Dienstleistungs- sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Dieser Zustand soll weiterentwickelt werden.

 

Ein weiteres vorrangiges Ziel sei der Erhalt und die Förderung des innerstädtischen Wohnens in unmittelbarer Nachbarschaft (Wohnpark Carlsgarten), was ebenfalls den Ausschluss von Vergnügungsstätten zugunsten einer weitgehenden Störungsfreiheit der Wohnfunktion und der Vermeidung von negativen Einflüssen auf das Quartiermilieu rechtfertigt. Da besonders bei Vergnügungsstätten in den Abend- und Nachtstunden mit erhöhtem Publikumsverkehr gerechnet werden muss, sind diese Nutzungen im Eingangsbereich des Wohnparkes Carlsgarten nicht gebietsverträglich.

 

Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung des Verfassers der o.g. Stellungnahme, das Bezirksamt habe den Bebauungsplan nur aufgestellt, um die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks mit Spielhallen zu verhindern. Dies würde voraussetzen, dass eine planerische Festsetzung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen, oder eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um eine in Wahrheit auf bloße Verhinderung gerichtete Planung zu verdecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.1972 - 4 C 8.70 - BVerwGE 40, 258; Urteil vom 16.12.1988 - 4 C 48.86 - BVerwGE 81, 111; Beschluss vom 18.12.1990 - 4 NB 8.90 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 47). Es ist einer Gemeinde nicht verwehrt, wie im vorliegenden Fall des Grundstückes Treskowalle 115,  auf einen Bauantrag mit der Aufstellung eines Bebauungsplans zu reagieren und damit auf die Bewahrung einer vorhandenen Situation abzuzielen bzw. eine unerwünschte Entwicklung in geordnete Bahnen zu lenken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 NB 8.90 - DVBl. 1991, 445). Es ist ebenso anerkannt, dass eine Gemeinde ihre planerische Tätigkeit auf diejenigen Bereiche beschränken darf, in denen ein planerischer Handlungsbedarf besteht. Der Gleichheitsgrundsatz ist gewahrt, da der Ausschluss von Vergnügungsstätten für einen bestimmten Bereich (der im übrigen über das Grundstück Treskowallee 115 hinausgeht) und nicht für Personen gilt. Alle Grundstückseigentümer im Geltungsbereich der Festsetzung sind betroffen.

 

Sonstige Änderungen nach der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung:

Bisher sollten im Bebauungsplan 11-14a-1 Vergnügungsstätten und bordellartige Betriebe ausgeschlossen werden. Nunmehr soll der Begriff "Bordelle" ergänzt werden. Da nach der geltenden Rechtssprechung der Begriff Bordell eine Nutzung sui generis (eigener Art) bezeichnet und ein Bordell nach den mit der BauNVO 1990 einhergehenden Änderungen den Gewerbebetrieben aller Art nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO 1990 und nicht den Vergnügungsstätten nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 1990 zuzuordnen ist, soll er separat aus Gründen der Rechtsklarheit in der Festsetzung genannt werden.

Die ergänzte Festsetzung TF 1 lautet nunmehr wie folgt:

"Im Kerngebiet sind die in § 7 Absatz 2 Nr. 2 der Baunutzungsverordnung genannten Vergnügungsstätten sowie Bordelle und bordellartige Betriebe nicht zulässig."

 

Ergebnis: Beibehaltung des B-Planvorentwurfs, Ergänzung der textlichen Festsetzung TF 1.

 

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Bezirksparlament Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen