Drucksache - DS/0687/VII  

 
 
Betreff: Keine Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners mit Bioziden in Lichtenberg
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:UmweltBezirksamt
   
Drucksache-Art:Dringliche BeschlussempfehlungVorlage zur Kenntnisnahme (Abb.)
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
21.03.2013 
18. Sitzung in der VII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
19.09.2013 
24. Sitzung in der VII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
Dringl. BE Umwelt PDF-Dokument
VzK (Abb.) PDF-Dokument

Der Ausschuss für Umwelt empfiehlt der Bezirksverordnetenversammlung:

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

Ergebnis der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im Bezirk Lichtenberg 2013

 

Ausgangssituation

 

2013 beschloss die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales der zunehmenden Verbreitung des Eichenprozessionsspinners (EPS) und einer damit einhergehenden möglichen Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung mittels Biozid Einsatz entgegenzuwirken. Hierzu wurden den Bezirken finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, auf die die Bezirke jedoch nur bei der Bekämpfung des EPS mit dem Biozid NeemProtect (Azadirachtin A / Margosa-Extrakt) zurückgreifen konnten. Wie auch in der Pressemitteilung des BA Lichtenberg vom 14.03.2013 mitgeteilt, hatte sich das Bezirksamt Lichtenberg aus Gründen des Natur- und Artenschutzes gegen den Einsatz von Bioziden und für die mechanische Bekämpfung entschieden.

 

So lag Anfang 2013 keine Risikobewertung für Biozid-Produkte mit dem Wirkstoff Margosa-Extrakt und damit auch keine abschließende Beurteilung bezüglich ihrer Vertretbarkeit für Mensch und Umwelt vor. Mögliche Schäden durch das Einbringen des Wirkstoffs auf Fauna und Flora sowie eventuelle Langzeitfolgen waren (und sind bis heute) ungeklärt.

Das betrifft vor allem Zielarten des Naturschutzes, wie Amphibien und Reptilien, die besonders empfindlich reagieren. Hauptleidtragende sind jedoch die unzähligen Insektenarten, deren Lebens- und Nahrungsraum Bäume (insbesondere Eichen) darstellen, von denen einige wie der Heldbock (Cerambyx cerdo) oder der Eremit (Osmoderma eremita) aufgrund ihres starken Rückgangs inzwischen ebenfalls geschützt sind. Diese beiden Arten wurden im Süden des Bezirkes mehrfach nachgewiesen, die tatsächliche Verbreitung ist jedoch unbekannt. Fatal ist hierbei, dass das Biozid nicht selektiv auf die Raupen des EPS sondern auch auf alle weiteren Larven von ansässigen saugenden und beißenden Insekten wirkt. Auch eine Beeinflussung der Nahrungskette ist denkbar bzw. wahrscheinlich, da sich viele andere Arten von Insekten und deren Larven ernähren.

 

Im Gegensatz zur Bekämpfung mit Bioziden / Insektiziden wirkt die mechanische Beseitigung der Nester selektiv nur auf den EPS. Laut der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales sollte es sich hierbei um die teurere Methode handeln, wobei die Bekämpfung mittels Biozid wahrscheinlich vergleichbar arbeitsaufwändig (und damit teuer) sein dürfte (siehe Pressemitteilung vom 14.03.2013). Bei Abwägung der Kosten-/Nutzen-Frage sollte bedacht werden, dass das Auftreten des EPS, wie bei anderen Schmetterlingen auch, stark von den klimatischen Bedingungen im Winter / Frühjahr abhängt und somit die Entwicklung der Population Schwankungen unterworfen sein kann. Das BA Lichtenberg hatte sich aus diesem Grund darauf eingestellt, die Entwicklung des EPS im Bezirk genau zu beobachten (z. B. an aus dem Vorjahr befallenen Bäumen) um bei Befall flexibel reagieren und im Bedarfsfall den EPS mechanisch bekämpfen zu können.

 

Entwicklung des EPS 2013

 

Wie bereits erwartet hat der lange Winter im Frühjahr 2013 zu einer verzögerten Entwicklung der Bäume und somit auch des EPS geführt, so dass sich der aktive Bekämpfungszeitraum ebenfalls weiter in das Jahr hinein (Anfang Mai - normalerweise bereits ab April) verlagerte.

 

Mit Beginn des Falterflugs (lt. Pflanzenschutzamt ca. 28 .KW) endete der aktive Bekämpfungszeitraum gegen den Eichenprozessionsspinner (EPS) 2013. In dieser Zeit kooperierten das Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt, das Umwelt- und Naturschutzamt sowie weitere Ämter und Institutionen in Lichtenberg eng miteinander, so dass Hinweisen zum Auftreten des EPS möglichst schnell nachgegangen und im Bedarfsfall auch mechanisch bekämpft werden konnte.

 

Insgesamt gab es neun Nachweise des EPS (siehe Tab.1 im Anhang), wobei der erste Nachweis am 03.06.2013 beim Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt einging.

 

In drei Fällen wurde aufgrund der Lage der befallenen Bäume und einer damit einhergehenden möglichen Gefährdung der Bevölkerung (Schule, Parkanlage, Wohngebiet) der EPS mechanisch bekämpft. Die hierbei entstandenen Kosten belaufen sich auf 1172,15 ?, wobei in einem Fall die Beseitigung durch eigenes Personal (1 AK 2 h) erfolgte. Eine Rücksprache mit dem Gesundheitsamt Lichtenberg ergab, dass 7 Personen in der vom EPS befallenen KGA "Stallwiese" gesundheitliche Beschwerden hatten und sich 3 von Ihnen in ärztliche Behandlung begeben mussten.

 

Neben dem Befall der KGA war dem Gesundheitsamt auch der Befall in der Kita am Carlsgarten (der durch eine Schädlingsbekämpfungsfirma beseitigt worden ist) bekannt. Insgesamt betrachtet kamen zum EPS 2013 in Lichtenberg nur sehr wenige Nachweise, so dass sich der Befall bis auf wenige Gebiete wie in den Jahren zuvor in Grenzen hält (Abb.1).

 

Im Bereich des Hegemeisterweges wurde durch die Berliner Forsten in Eigenverantwortung der EPS mittels Biozid behandelt. Hier hatte das Umwelt- und Naturschutzamt zuvor auf die naturschutzrechtlichen Rahmenbedingungen insbesondere in Hinblick auf das Vorkommen von Orchideen in diesem Bereich aufmerksam gemacht. Eventuelle Folgen dieses Einsatzes für das Ökosystem Wald am Hegemeisterweg bleiben abzuwarten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                          Abb.1: EPS Nachweise in Lichtenberg 2013

                                          Bildquelle: MagicMaps (bearbeitet)

 

Fazit

 

Das Ergebnis nach dem offiziellen Ende des Bekämpfungszeitraums zeigt, dass sich die Entscheidung des BA, auf den Biozid-Einsatz und die damit einhergehenden möglichen Folgen für Flora und Fauna (siehe Pressemitteilung des BA zum EPS) zu verzichten, bewährt hat. Ein Einsatz von Biozid in Lichtenberg hätte bei dem sehr geringen Befall durch den EPS in keinem Verhältnis zu den wahrscheinlichen Folgen für die Pflanzen und Tiere gestanden.

Es bleibt abzuwarten wie das Ergebnis der berlinweiten Bekämpfung des EPS (auch mit Biozid in anderen Bezirken) ausfällt und welche Konsequenzen daraus für die kommende Saison 2014 gezogen werden.

 

 

 

Anhang

 

 

Tab.1: Vorkommen des EPS in Lichtenberg 2012 und 2013

Jahr

Ort

Erfassungsdatum

Bekämpfung durch BA

2012

Köpenicker Allee 216, Nähe KGA

 

ja

 

Neustrelitzer Str.32-34, Spielplatz

 

ja

 

Lehndorffstr. Heiligenberger Str. Spielpl.

 

ja

 

Hohenschönhauser Weg, entlang Wasserbecken

 

 

 

Traberweg zw. Wildenstein-und Eginhardstr.

 

 

 

Mellenseestr. 62 ggü PP

 

 

 

KGA Stallwiese

 

 

 

Dorfstr. 3 Falkenberg

 

 

 

Falkenberger Ch 51 und 52, BNr. 113, 116

 

 

 

Carlsgarten, An der Karlshorster Heide

 

ja

 

KGA Biesenhorst II Str. Am Heizhaus

 

ja

2013

Rüdiger Str./Siegfriedstr.

03.06.2013

 

 

KGA Stallwiese Parz.115,118,125

10.06.2013

 

 

Carlsgarten

10.06.2013

 

 

Kita Carlsgarten

10.06.2013

 

 

Atzpodienstr. Schule

10.06.2013

ja

 

Hegemeister Weg 9

13.06.2013

 

 

Welsestr.

13.06.2013

 

 

Park Randowstr.

13.06.2013

ja

 

Mellenseestr. 1, Dolgenseestr.

15.06.2013

ja

 

 

 
 

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