Häufig gestellte Fragen zur Regulierung des Cannabisverkaufs

Nach Beschluss der Bezirksververordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg vom 28.11.2013 ist das Bezirksamt damit beauftragt, „gemeinsam mit Experten/innen, Beratungsstellen und Anwohner/innen, die nötigen Schritte einzuleiten, um durch eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten in lizensierten Abgabestelle(n) am Görlitzer Park, den negativen Auswirkungen der Prohibition und des dadurch entstehenden Schwarzmarktes entgegen zu treten.“ (Zitat aus der Drucksache DS/0807/IV).
Auf dieser Seite finden Sie Antworten auf einige wichtige Fragen, die uns immer wieder zu dem Projekt gestellt werden.

Cannabis ist illegal – wie soll so etwas also möglich sein?

Das deutsche Betäubungsmittelgesetz (BtMG) sieht vor, dass für wissenschaftliche Zwecke oder für im öffentlichen Interesse liegende Fragen eine Ausnahme vom Verbot des Handels mit illegalen Drogen möglich ist. Das Bezirksamt hat daher beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Antrag auf Erlaubnis des regulierten Verkaufs von Cannabis gestellt.
Auf ähnliche Weise wurde vor 25 Jahren ein Modellprojekt zur Abgabe von Heroin realisiert: nach einem Aufschlag der Stadt Hamburg und einem abgelehnten Antrag der Stadt Frankfurt am Main – bundesweit und international ein Vorbild mit dem Frankfurter Weg der Suchtprävention – wurde von der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 1998 ein Modellversuch zur ärztlich kontrollierten Diamorphinvergabe vereinbart und realisiert – mit überzeugendem Ergebnis, das u. a. in Berlin zur Einrichtung einer ersten Diamorphin-Ambulanz (2013) geführt hat.
Es geht also – aber dazu muss man sich auf den Weg machen.

Warum will das Bezirksamt illegale Drogen legalisieren?

Das Bezirksamt will nicht illegale Drogen im Sinne eines freien Marktes legalisieren, sondern den Handel mit Cannabis kontrollieren und regulieren – das heißt entscheiden, wer was in welcher Menge kauft.
Denn der Weg des reinen Verbots von Drogen ist gescheitert. Junge Menschen lassen sich nichts verbieten – und: je mehr Verbote, desto mehr Übertretungen. Das Drogenverbot kostet den Staat viel Geld: auf sieben Euro, die für polizeiliche Maßnahmen ausgegeben werden – die ganz überwiegend in der Aufnahme von Anzeigen zur Strafverfolgung gegen Menschen wegen des Besitzes von Cannabis zum Eigengebrauch bestehen – kommt in Deutschland nur ein Euro, der in konkrete Suchtpräventionsarbeit gesteckt wird. Dieses Missverhältnis auf der Ausgabenseite steht in Widerspruch zu den Wirkungen: wir wissen, dass Suchtprävention wirkt, wohingegen die reine Repression nicht ausreicht und erhebliche Kapazitäten bei den Strafverfolgungsorganen der Justiz und der Polizei bindet.
Sowohl über 100 deutsche Strafrechtsprofessoren als auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter sprechen sich daher – wie es auch zahlreiche andere namhafte Expertinnen und Experten im Bundestag bereits getan haben – für eine Überprüfung des BtMG aus.
Werfen wir doch einmal einen Blick auf die aktuellen Zahlen: in Berlin rauchen 12 % der 15- bis 17-Jährigen Tabak. Ein genau so hoher Anteil dieser Altersgruppe konsumiert nach den Ergebnissen des Epidemiologischen Suchtsurvey für Berlin Cannabis, obwohl es illegal ist! Cannabis ist aus heutiger Sicht ein Sucht- und Genussmittel, für das es – im Gegensatz zu Alkohol und Tabak – keinerlei differenzierten Jugendschutz gibt.
Das reine Verbot von Cannabis scheint aber ungeeignet und unangemessen, um den Konsum von Drogen in einer modernen und aufgeklärten Gesellschaft in den Griff zu bekommen.

Wird mein Kind durch die Regulierung des Cannabisverkaufes zum Cannabiskonsum verführt?

Nein – im Gegenteil. Die Regulierung wird durch ein engmaschiges Netzwerk an Präventions- und Hilfsmaßnahmen begleitet. Dabei stehen die Risiken des Cannabiskonsums auf die Gesundheit junger Menschen im Mittelpunkt – und nicht die jugendgefährdende Strategie des “nichts sehen – nichts hören – nichts sagen“, wie sie aus der Verbotspraxis des Betäubungsmittelrechts resuliert.
Zugleich sprechen wir uns dafür aus, dass ein stärker regulierter Umgang auch für den Konsum anderer legaler und illegaler Drogen (Opiate, Ecstasy und zahlreiche andere bestimmte und unbestimmte Sucht- und Rauschmittel) entwickelt und angewendet wird. Denn “Regulierung” ist nicht gleichzusetzen mit “Legalisierung”, sondern setzt ein differenziertes, setting- und substanzbezogenes, ausgewogenes Verhältnis der 4 Säulen der Bekämpfung des Drogenmissbrauchs voraus.
Der Bezirk will also ein integriertes Konzept, das nicht zwischen “illegalen” und “legalen” Drogen unterscheidet, sondern junge Menschen und Erwachsene, die Suchtmittel auf ungesunde Weise nehmen, davon abbringt – zumindest aber zu einem risikobewussten Konsum befähigt.

Wo wird der "Coffeeshop" denn entstehen?

Es sollte keinen “Coffeeshop“ im engeren Sinne geben. Wir wollten Cannabisfachgeschäfte einrichten, in denen Bürgerinnen und Bürger – die sich vorher anonymisiert registriert haben – Cannabis in abgepackten und fest geregelten Höchstmengen von zertifizierten Anbietern und in kontrollierter Reinheit erhalten. Zugleich soll es qualifizierte Beratung und Hilfsangebote für die Bevölkerung geben. Das Mindestalter zur Teilnahme wird nicht unter 18 Jahren liegen. Preise werden betriebswirtschaftlich kalkuliert. Sollten Überschüsse erwirtschaftet werden, müssen diese durch die Betreiber der Cannabisfachgeschäfte in das Projekt – und damit zum Beispiel auch in die Suchtprävention – investiert werden. Das Projekt muss über die gesamte Laufzeit wissenschaftlich begleitet und bewertet werden.

Wie soll denn so der Drogenhandel im Görlitzer Park überhaupt ausgetrocknet werden?

Ein auf einen Bezirk begrenzter regulierter Verkauf wäre allenfalls ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Langfristig und bezogen auf Berlin wird eine solche Strategie nur dann aufgehen, wenn sich auch das Land Berlin auf diesen Weg macht – auf den Weg, um mit anderen Großstädten wie Frankfurt oder Hamburg die Bundesrepublik Deutschland zu einem der Länder zu machen, in denen den Konsumierenden von Cannabis und anderen Drogen nicht mit dem Strafrecht gedroht wird, sondern mehr in wirksame und nachhaltige Präventionsstrategien investiert wird.