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Drucksache - DS/1160/V
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Halter*innen werden nur dann vorab kontaktiert, wenn sicher ist, dass die Halter*in bereit und in der Lage sein wird, nach Aufforderung ihr Fahrzeug sofort selbst wegzufahren und so die Gefährdung schneller beendet werden kann als durch eine Umsetzung. Ein hinterlegter Zettel mit der Handynummer der Fahrer*in/Halter*in ist dazu regelmäßig nicht ausreichend. Das Ordnungsamt kooperiert dabei mit der entsprechenden Leitstelle der Polizei. Doppelstrukturen sind zu vermeiden.
Begründung:
Dieser Antrag bekennt sich im Wesentlichen zu den bereits geltenden, verbindlichen Regeln. Auch in Friedrichshain-Kreuzberg ist es verboten, durch rücksichtsloses Falschparken andere, meist schwächere Verkehrsteilnehmer*innen zu gefährden oder zu behindern. Das Falschparken scheint jedoch zunehmend als Kavaliersdelikt zu gelten. Radspuren werden zu Parkplätzen umfunktioniert, selbst wenn sie mit grüner Farbe deutlich erkennbar sind. Auch Busspuren dienen gern als bequeme Parkmöglichkeit. Gehwegvorstreckungen und sogar Behindertenparkplätze werden oft genug missachtet. Auch Baustellen werden schmerzbefreit zugeparkt. Mittlerweile müssen sogar ganze Buslinien aufgrund von Falschparker*innen zeitweise aufgegeben werden.
Dazu tragen einige Faktoren bei zum Beispiel die bundesweit viel zu geringen Bußgelder, die grundsätzliche Duldung mancher Verstöße wie das zweite-Reihe-Parken („Berliner Linie“ von 1978) und nicht zuletzt die geringe Personalausstattung bei den Ordnungsämtern die dafür sorgt, dass außerhalb von Parkraumbewirtschaftungszonen meist ein viel zu geringer Kontrolldruck herrscht. Das zwingt die Mitarbeiter*innen leider dazu, bei der täglichen Arbeit Prioritäten zu setzen. Die Ordnungsämter haben unbestritten ein breites Aufgabenspektrum, die Überwachung des ruhenden Verkehrs ist nur eine ihrer vielen wichtigen Aufgaben.
Nach Angaben von Aktivist*innen und auch in Anfragen der BVV wird zum Thema Umsetzen oft eher pauschal behauptet, die Mitarbeiter*innen von Polizei und Ordnungsamt hätten ein Ermessen und müssten jeweils das mildeste Mittel wählen. Daher käme eine Umsetzung im Einzelfall oft angeblich nicht infrage – selbst wenn ein „Regelfall für das Umsetzen“ vorliegt. Auf jeden Fall müssten vor einer Umsetzung erst umfangreiche Ermittlungen durchgeführt werden, auch um die Halter*in bzw. Fahrer*in möglichst kontaktieren und ggf. dazu anhalten zu können, ihr Fahrzeug selbst wegzufahren. Dazu müssten dann sowohl telefonische Rücksprachen mit der Koordinierungsstelle im Ordnungsamt als auch mit der Leitstelle der Polizei gehalten werden. Die Wartezeiten auf Abschleppwagen seien teilweise enorm. Mitunter treffe man auf Autos, nach denen gefahndet werde. Die Bearbeitung dauere in solchen Fällen sehr lange. So lange könnten die Mitarbeiter*innen keinen anderen, mindestens genauso wichtigen Aufgaben nachgehen.
Die oben genannten Fälle stellen bereits jetzt Regelfälle dar, in denen nach einer auch für die Ordnungsämter verbindlichen Geschäftsanweisung der Polizei umgesetzt werden müsste.[1] Leider ist eine Umsetzung im Regelfall bisher nicht die Regel. So droht auch notorischen Falschparker*innen, die durch ihr Verhalten andere behindern oder gefährden, regelmäßig nur ein „Knöllchen“ – wenn überhaupt. Das wird von ihnen entsprechend eingepreist.
Eine Pflicht zu umfangreichen Ermittlungen der Halter*in bzw. Fahrer*in vor Anordnung der Umsetzung besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Mitarbeiter*innen des Ordnungsamts nicht. Umsetzungen könnten allenfalls dann im Einzelfall unverhältnismäßig sein, wenn die Halter*in bzw. Fahrer*in ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerung dazu veranlasst werden kann, ihr Fahrzeug selbst zu entfernen. Selbst ein angebrachter Zettel mit der Handynummer reicht aufgrund der ungewissen Erfolgsaussichten und nicht abzusehenden weiteren Verzögerungen nicht aus. Es muss also offensichtlich sein, dass das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug mit Sicherheit von der Halter*in/Fahrer*in selbst schneller entfernt wird als es im Rahmen einer Umsetzung möglich wäre. Das ist praktisch nie der Fall. Wenn Mitarbeiter*innen des Ordnungsamtes schon nicht verpflichtet sind, vor dem Umsetzen bei einer gut sichtbar hinterlegten Handynummer anzurufen, kann von ihnen erst recht nicht verlangt werden, zuvor erst aufwendig die Halter*in zu ermitteln, damit diese vielleicht kontaktiert werden kann und ganz eventuell irgendwann ihr Fahrzeug selbst wegfährt. Soweit das im Regelfall praktiziert wird, ist das ein bürger*innen-freundlicher Service, der bei Falschparker*innen jedoch nicht gerechtfertigt ist.
Andere, vermeintlich mildere Maßnahmen wie etwa das Schreiben von „Knöllchen“ haben kaum nachhaltige Effekte und sind von vornherein ungeeignet, um eine konkrete Behinderung oder Gefährdung wirksam zu beenden. Daher sind sie kein milderes Mittel im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Es kommt darauf an, dass die Gefährdung und Behinderung im konkreten Fall schnellstmöglich beendet wird. Dazu ist es unerheblich, zu wissen, wem das falsch geparkte Fahrzeug gehört. Ermittlungen dazu können ohne weiteres nach erfolgter Umsetzung gesammelt vorgenommen werden.
Deshalb können hier Prozesse vereinfacht und optimiert werden, indem auf unnötige Ermittlungsmaßnahmen verzichtet wird. Auch vermehrte Kooperationen mit Abschleppdiensten (etwa in den Abendstunden) oder die Anschaffung bezirkseigener Abschleppwagen können zu einer effektiveren Umsetzung beitragen. Daher muss die Umsetzung von Falschparker*innen auch in Xhain zum Regelfall werden. Nur so können Gefährdungen und Behinderungen der schwächsten Verkehrsteilnehmer*innen schnell, wirkungsvoll und nachhaltig beseitigt werden und bei den Verkehrsteilnehmer*innen generalpräventive Effekte erreicht werden.
Da es in den letzten Wochen vermehrt zu Irritationen kam, unter welchen Voraussetzungen falsch geparkte Fahrzeuge durch das Ordnungsamt umgesetzt werden können, dürfen oder müssen ist es notwendig, als BVV diesen klarstellenden Beschluss zu fassen.
BVV 27.02.2019 Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:
Überweisung:
Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Verkehr und Immobilien Ausschuss für Wirtschaft und Ordnungsamt, Eingaben und Beschwerden Ausschuss für Personal, Haushalt und Investitionen, Rechnungsprüfung, Verwaltungsmodernisierung und IT (federführend)
PHI 24.09.2019 Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Antrag wird abgelehnt.
BVV 25.09.2019 Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:
Der Antrag wird abgelehnt.
[1]Siehe die aufschlussreichen FAQ der Polizeipräsidentin in Berlin, Bußgeldstelle zu Kraftfahrzeug-Umsetzungen: https://www.berlin.de/polizei/aufgaben/bussgeldstelle/kfz-umsetzung/
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