Drucksache - DS/0663/V  

 
 
Betreff: Menschenwürdige Unterbringung einer 6-köpfigen Familie auf 34 Quadratmetern?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:FDPFDP
Verfasser:Heihsel, MarleneHeihsel, Marlene
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
28.02.2018 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg schriftlich beantwortet     

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. lt es das Bezirksamt für akzeptabel, wenn eine sechsköpfige Geflüchteten-Familie mit einem festen Aufenthaltsstatus seit März 2017 in einer 34 qm großen Wohnung wohnen muss?
     
  2. lt es das Bezirksamt für angebracht in Anbetracht dessen, dass die Wohnungsbaugesellschaften nach Aussage der jetzigen Vermieterin den Umzug in eine 4-Zimmer-Wohnung wegen Überbelegung ablehnen , die Familie weiterhin wissentlich bei menschenunwürdigen Verhältnissen in einem Zimmer wohnen zu lassen?
     
  3. Gibt es im Bezirk freie 4-Raum-Wohnungen in Immobilien der städtischen Wohnungsbaugesellschaften, die mit Wohnberechtigungsschein bezogen werden können?

 

Nachfragen:

 

  1. Welche Anstrengungen wurden vom Bezirksamt unternommen, der genannten Familie zu helfen, deren Fall dem Amt mindestens seit Juni 2016 bekannt ist?
     
  2. Gibt es für solche Fälle eine Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Behörden (Bezirk, Land, Sozialamt, Wohnungsaufsicht, EJF, LAF, sonstige)?

 

 

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin                

Abt. Arbeit, Bürgerdienste, Gesundheit und Soziales

Stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat

 

 

Ihre Anfrage wird beantwortet wie folgt:

 

Vorbemerkung:

 

Bezugnehmend auf den Titel der mdl. Anfrage ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei einem privatrechtlichen Mietverhältnis zwischen Vermieterin und Mieter nicht um eine „Unterbringung“ handelt. Unbestritten sind 34 qm für eine 6 köpfige Familie weder bei einer tatsächlichen Unterbringung über das Sozialamt oder das LAF noch bei einem regulären Mietverhältnis als haltbarer und angemessener Zustand zu erachten. Die Tatsache, dass ein Mietvertrag einer 6köpfigen Familie für eine 1-Zimmerwohnung wegen des für beide Vertragsseiten offensichtlichen Tatbestands der Überbelegung überhaupt nicht zustande kommen würde, macht deutlich, dass auch die besonderen Umstände des Einzelfalls zu würdigen sind, welche zu der genannten Wohnsituation geführt haben. Eine differenzierte Betrachtung ist bei einem konkreten Einzelfall, der pauschaliert in die BVV getragen wird und der dem Datenschutz unterliegt, schwierig. Den Angaben aus den Fragestellungen ist dennoch zu entnehmen, um welchen in der Abt. ArbBüDGesSoz bekannten Vorgang es sich handelt.

 

1. Hält es das Bezirksamt für akzeptabel, wenn eine sechsköpfige Geflüchteten-Familie mit einem festen Aufenthaltsstatus seit März 2017 in einer 34 qm großen Wohnung wohnen muss?

Natürlich hält es das Bezirksamt grundsätzlich nicht für akzeptabel, wenn eine 6köpfige Familie- ganz unabhängig von ihrer Nationalität und ihrem Status- in einer 34qm großen Wohnung lebt.

 

Wird eine angemietete Wohnung aus Gründen wie z.B. Familiennachwuchs oder Familienzusammenführung zu klein, liegt es in der Verantwortung des Mieters selbst, sich auf Wohnungssuche zu begeben.

 

Sollten die Selbsthilfekräfte des Betroffenen eingeschränkt sein, kann durch Beratung bei dem zuständigen behördlichen Sozialdienst des Sozialamtes, Gesundheitsamtes oder Jugendamtes geklärt werden, welche Unterstützung notwendig und möglich ist. Hierbei geht es sowohl um die Verbesserung der Ausgangssituation auf dem Wohnungsmarkt als auch um die Berücksichtigung eventueller besonderer sozialer Schwierigkeiten oder Bedarfslagen des Familiensystems.

 

Im vorliegenden Fall ist die Prüfung des Hilfe- und Unterstützungsbedarfs und die Reaktion auf deren Ergebnis mustergültig unter Einbezug aller relevanter Stellen erfolgt. Ein Versäumnis der Kolleginnen und Kollegen ist nicht zu erkennen.

 

2. Hält es das Bezirksamt für angebracht – in Anbetracht dessen, dass die Wohnungsbaugesellschaften nach Aussage der jetzigen Vermieterin den Umzug in eine 4-Zimmer-Wohnung wegen Überbelegung ablehnen –, die Familie weiterhin wissentlich bei menschenunwürdigen Verhältnissen in einem Zimmer wohnen zu lassen?
 

Das Mietvertragsverhältnis zwischen Mieter und Vermieterin ist Bestandteil des Bürgerlichen Rechts. Das Bezirksamt ist an dieser Vertragsform nicht beteiligt und „lässt niemanden wohnen“.

 

Während die benannte Wohnsituation zum Einen ein Verfahren wegen Überbelegung nach sich zieht, erfolgt in solchen Fällen die unter 1.beschriebene Prüfung der Situation.

 

Überbelegung nach §7WoAufG Bln fällt in die Zuständigkeit der bezirklichen Wohnungsaufsicht. Sollte bei vermuteter Überbelegung infolge einer Besichtigung des entsprechenden Mietobjekts die Überbelegung einer Wohnung festgestellt werden, wird der betroffene Mieter schriftlich dazu aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist mitzuteilen, welche Maßnahmen bezüglich der Überbelegung getroffen werden. Wird die unzulässige Benutzung nicht unterlassen, so kann die Wohnungsaufsichtsbehörde Anordnungen zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands treffen. Aufgabe der Wohnungsbehörde ist es, zunächst zu versuchen, den Verfügungsberechtigten, den Besitzer oder Bewohner durch gütliche Einwirkung zur Abhilfe zu veranlassen. Ein Verfahren zur Überbelegung kann von Amts wegen eingestellt werden, wenn der Mieter, ggf. mit professioneller Unterstützung, nachweislich neuen Wohnraum sucht.  

 

Die Aussage der jetzigen Vermieterin der Familie kann nicht nachvollzogen werden. Sie entspricht nicht den Erfahrungen bei der Vergabe von Wohnraum bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Denkbar wäre lediglich, dass die Wohnfläche der Wohnung so klein ist, dass eine Belegung mit 6 Personen eine Überbelegung im Sinne des Wohnungsaufsichtsgesetzes bedeuten würde.

 

3. Gibt es im Bezirk freie 4-Raum-Wohnungen in Immobilien der städtischen Wohnungsbaugesellschaften, die mit Wohnberechtigungsschein bezogen werden können?
 

Bei der jetzigen Fluktuation auf dem Wohnungsmarkt wäre eine Datenerhebung bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften eine Momentaufnahme, die nach wenigen Stunden überholt ist. Die Städtischen Wohnungsbaugesellschaften vergeben mindestens 50 % ihrer frei werdenden Wohnungen an WBS- Inhaber. Es gibt keine Beschränkung auf Sozialwohnungen.

 

 

Nachfragen:

 

1. Welche Anstrengungen wurden vom Bezirksamt unternommen, der genannten Familie zu helfen, deren Fall dem Amt mindestens seit Juni 2016 bekannt ist?

 

Aus datenschutzrechtlichen Gründen können hierzu keine weiteren Angaben gemacht werden. Auf die Antwort zur Frage 1 wird verwiesen. Es wird zudem empfohlen, sich diesbezüglich und hinsichtlich eines aktualisierten Sachstands im Hinblick auf die Wohnverhältnisse an die Vermieterin selbst bzw. direkt an die Familie zu wenden.

2. Gibt es für solche Fälle eine Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Behörden (Bezirk, Land, Sozialamt, Wohnungsaufsicht, EJF, LAF, sonstige)?

 

In allen Fällen gehen die zuständigen bezirklichen Sozialdienste professionell und in gebotener Kooperation mit weiteren Bereichen des Bezirksamtes, ggf. auch mit externen Einrichtungen vor. Problemlagen von Bürgerinnen und Bürger werden einzelfallbezogen und bedarfsorientiert bearbeitet.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Knut Mildner- Spindler

 

 
 

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