Drucksache - DS/0556/V  

 
 
Betreff: EA024 - Geruchsbelästigende und ggf. gesundheitsschädigende Immissionen Revaler Straße 31-32, 10245 Berlin
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Einwohner*inEinwohner*in
   
Drucksache-Art:Einwohner*innenanfrageEinwohner*innenanfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
13.12.2017 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

 

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Welche Maßnahmen können seitens der Bewohner zusätzlich ergiffen werden, um die bestehenden Beeinträchtigungen der Lebens- und Wohnqualität nachhaltig auszuräumen?

 

  1. Neben der eindeutigen und mittlerweile auch offiziell bestätigten Geruchsbelästigung wurde bislang kein Nachweis erbracht, dass die vorhandenen Immissionen keine Gefahr für die Gesundheit der Anwohner darstellen. Wie kann sichergestellt werden, dass dies nicht der Fall ist?
     
  2. Ist es in diesem Zusammenhang seitens der öffentlichen Hand geplant, belastbare Messungen durchzuführen und labortechnisch auswerten zu lassen?
     
  3. Entsprechen die nachweisbaren Immissionen der genehmigten Betriebsbeschreibung der Unternehmungen?
     
  4. Falls ja, wie kann es sein, dass in direkter Nachbarschaft Wohungsneubauten genehmigt wurden?

 

Erläuterung: Seit über 2 Jahren werden in der Umgebung der Firmen Nickert und Finitec, Revaler Straße 31-32, regelmäßig beißende chemische Gerüche seitens der benachbarten Anwohnern wahrgenommen. Trotz Beschwerden bei Bezirksbürgermeisterin, Bezirksstadträtin und Umweltamt hat sich die Situation seither nicht verbessert. Obwohl den Unternehmungen zwischenzeitlich Auflagen seitens des Umweltamtes auferlegt wurden, ist das Maß der Belästigung nicht zurückgegangen.

 

 

Beantwortung: BezStRin Frau Herrmann

 

Ich beantworte Ihre Anfragen, Ihre drei Fragen und Ihre zwei Nachfragen zusammenhängend und möchte zur ersten Ihrer Fragen erläutern, dass das Umwelt- und Naturschutzamt bereits tätig geworden ist. Ich werde nachher in meinen Ausführungen noch mal eingehen, was wir öffentlich-rechtlich bereits unternommen haben in diesem Zusammenhang.

Da Ihre Frage sich aber darauf bezieht, was Sie als Bewohnerinnen und Bewohner zusätzlich tun können, möchte ich mich bei der Beantwortung der Frage 1 darauf konzentrieren.

 

zu Frage 1: Also Sie haben die Möglichkeit, zusätzlich im Wege der Unterlassungsklagen zivilrechtliche Abwehransprüche gegen die Betreiber geltend zu machen. Die einschlägigen Normen sind die §§ 862, 906 und 1004 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB.

Diese besagen im Wesentlichen: Bei Beeinträchtigungen des Eigentums, des Nachbarn oder sonstigen Drittbetroffenen durch Immissionen ermöglicht insbesondere der Abwehranspruch auf Beseitigung bzw. Unterlassung gemäß der angesprochenen Paragraphen, die beeinträchtigenden Immissionen zu unterbinden.

Hierzu ist es allerdings erforderlich, dass Eigentum oder Besitz wesentlich durch Immissionen beeinträchtigt sind. Dies betrifft insbesondere die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Geräuschen, Rauch, Ruß, Wärme, Erschütterungen und ähnliches. Sind diese Einwirkungen wirklich wesentlich besteht ein zivilrechtlicher Abwehranspruch und das müsste man dann ggf. vor Gericht durchsetzen.

 

zu Frage 2: Nach den bisherigen Erkenntnissen des Umwelt- und Naturschutzamtes handelt es sich hier vor Ort wesentlich um Ozon für die Geruchsbelästigung. Wie Sie vielleicht alle wissen, es handelt es sich um Druckerei-Veredelungsbetriebe vor Ort und dieses Ozon tritt aus den Betriebshallen aus und erreicht dann eben auch die Wohnhäuser. Es ist so, dass die Belästigungen nach Einschätzung des Umwelt- und Naturschutzamtes aber keine Gesundheitsgefahr …, mit keiner Gesundheitsgefahr verbunden sind.

Dies erfolgt vor allen Dingen aus folgenden Tatsachen: Das Erste ist, innerhalb der Hallen ist für die Sicherheit für den Arbeitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin, LAGetSi abgekürzt, zuständig. Und das LAGetSi war bereits vor Ort und hat dort Untersuchungen durchgeführt. Unser Umwelt- und Naturschutzamt hat nachgefragt und die Aussage vom LAGetSi erhalten, dass keine Maßnahmen ergriffen worden sind.

Also ist davon auszugehen, dass, wenn innerhalb für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Gesundheitsgefahr besteht wenn das austritt und dann auch noch verdünnt, auch keine Gesundheitsgefahr bestehen kann für die Anwohnerinnen und Anwohner. Das het aber nicht, dass man nicht immissionsschutzrechtlich was machen kann. Da geht es nicht um die Frage gesundheitsschädigend, sondern Belästigung.

 

zu Frage 3: Da möchte ich Ihnen auch noch deutlich machen, weil ich glaube, dass der Vorgang hier nicht allen vertraut ist, dass das Umwelt- und Naturschutzamt bereits tätig geworden ist und hat immissionsschutzrechtlich eine Vorsorgeanordnung getroffen, die allerdings noch nicht rechtskräftig ist. Und bei so einer Vorsorgeanordnung haben wir Auflagen gemacht und diese Auflagen gegenüber dieser Druckerei-Veredelungsbetriebe beinhalten im Wesentlichen das Geschlossenhalten von Türen und Fenstern und auch Luken und ähnliches und die Vorlage und dann eben auch, wenn es notwendig ist, stere Umsetzung eines entsprechenden Lüftungskonzeptes.

Diese Vorsorgeanordnung ist nicht nur einfach so getroffen worden, sondern mit dem Thema sofortige Vollziehung. Für die, die nicht im Rechtswesen inbegriffen sind, das bedeutet, dass also diese Maßnahmen sofort zu vollziehen sind und dass man nicht, wenn man Widerspruch einlegt, erst darauf warten muss, bis das Gericht vielleicht in einem oder in zwei Jahren entschieden hat.

Allerdings ist jetzt die Rechtslage momentan diese, dass der Anwalt, mit dem es auch ein Gespräch gegeben hat im Umwelt- und Naturschutzamt, bereits angekündigt hat, gegen die Anordnung Widerspruch einzulegen. Der hält das also schon für nicht zumutbar, Fenster und Türen zu schließen und er hat auch angekündigt, gegen die sofortige Vollziehung vorzugehen. Das darf man auch machen um die eben aufschiebende Wirkung zu haben. Aber da haben wir noch keine Rückmeldung. Wir werden erst vor …, also wir werden allerdings noch vor Weihnachten wissen, ob auch gegen die sofortige Vollziehung vorgegangen werden wird. Wenn das der Fall ist, dann geht das Ganze zum Verwaltungsgericht und dann wird darüber entschieden.

Und für das Vorgehen, ich weiß nicht Herr Schöninger, inwiefern Sie diese Maßnahmen, die das Umwelt- und Naturschutzamt getroffen hat, ob Ihnen die auch bekannt sind. Also das Umwelt- und Naturschutzamt hat mit den bei uns bekannten Anwohnerinnen und Anwohnern, die sich beschweren, das sind über 30, die wurden in Kenntnis gesetzt, auch über die Maßnahmen, die wir getroffen haben und es hat mehrere Gespräche gegeben.

Sollte sich im ganzen Rechtszuge herausstellen, dass die Problemlage mit dieser Vorsorgeanordnung nicht gelöst werden kann, dann müssten Ermittlungen nach der Geruchsimmissionsschutzrichtlinie GIRL erfolgen. Und das wäre dann im Zweifel der nächste Schritt. Jetzt lassen Sie uns aber erst mal abwarten, ob wir mit der Vorsorgeanordnung bzw. der sofortigen Vollziehung weiterkommen.

 

zu Nachfrage 1: Es ist erstens so, dass die Betriebe nach Immissionsschutzrecht keiner Genehmigung bedürfen. Sie unterliegen den Bestimmungen § 22 Bundesimmissionsschutzgesetz und nach diesem rechtlichen, nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ist es immissionsschutzrechtlich so, dass die nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen so zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden müssen. Und das zeigt auch, dass es also auch nicht eine statisch fixe Sache ist, sondern nach dem Stand der Technik und der Stand der Technik kann sich ja auch weiterentwickeln oder verändern.

Und es ist dann eben so, das hatte ich, denke ich, vorhin schon ausgeführt, dass es Voraussetzungen und Umwelteinwirkungen gibt, die man unterbinden kann. Da kommt dann aber nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, gibt es ein paar Schwellen, die nennen erhebliche Nachteile, erhebliche Belästigung. Also es geht am Ende auch immer um die Frage der Zumutbarkeit. Das ist jetzt nicht so, dass Sie grundsätzlich keine Immissionen in einer Stadt ertragen müssen. Es geht immer um die Frage Zumutbarkeit.

 

zu Nachfrage 2: Sie haben bei der 5. Frage, finde ich, einen ganz zentralen Knackpunkt getroffen. Wir hatten das in einer Umweltausschusssitzung auch schon mal angesprochen, warum wurden diese Wohnungsbauten genehmigt?

Also ich habe ja schon ein bisschen ausgeführt, wie das immissionsschutzrechtlich mit den Anlagen ist und dem Stand der Technik und dass es nichts Statisches ist, sondern was Dynamisches. Es ist aber eben auch so, dass in diesem Fall, wir hatten das im Umweltausschuss erläutert unter dem Thema Veränderung der Bauordnung, die es 2005 gegeben hat, und da gab es eine große Änderung, nicht mehr die umfassende Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu bescheinigen. Und der Bauherr muss jetzt eigenverantwortlich die Einhaltung von solchen Vorschriften sicherstellen, die die Bauaufsicht dann eben auch in ihren Händen hat.

Und ggf. sind von anderen Behörden vom Bauherr Genehmigungen einzuholen. Das hat zur Folge, dass z.B. das Umwelt- und Naturschutzamt nicht mehr in allen Bauvorhaben zu Immissionsfragen beteiligt wird im Vorhinein. Und das kann in der Praxis dann dazu führen, dass es also zu Bauvorhaben kommt und zu heranrückender Wohnbebauung, wie das in dem Fall auch ist, der immissionsschutz­rechtlich zu Konflikten führt in der Region. Also es gibt da , das ist ja bei Ihnen auch der Fall, die Druckerei war ja vor der Wohnbebauung in dem Fall da oder die Druckerei-Veredelungsbetriebe und wenn Sie sich jetzt mal da die Sachanlage angucken, ein ganz, ganz bekannter Fall aus einem anderen Bezirk, aus dem Bezirk Pankow, das war der Knaack-Club, vielleicht können sich noch einige von Ihnen an diese Debatte erinnern. Und der Knaack-Club war eben auch da und dann gab es Wohnungen und es gab Lärmbeschwerden. Und das Ganze, dieser ganze Konflikt ist dann auch vors Gericht gegangen und in diesem Fall war das dann eben so, dass so eine Lösung nach dem Immissionsschutz eben vorher nicht, dieser Konflikt wurde vorher eben nicht abgesehen. Es ging dann vor Gericht und im Nachgang wurde dann in diesem Fall eine Betriebsuntersagung des Knaack-Clubs durch das Gericht angeordnet. Also den Knaack-Club gibt es da jetzt nicht mehr.

Und das ist eben auch ein Punkt, auf den ich noch mal hinweisen wollte. Ich bedanke mich für Ihre Anfrage und ich denke, Sie und die anderen Anwohnerinnen und Anwohner werden weiterhin mit dem Umwelt- und Naturschutzamt im Austausch sein. Ich wollte schon noch mal betonen, dass wir hier also auch als Behörde tätig geworden sind und nicht einfach zugucken. Danke.

 

 

 
 

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