Drucksache - DS/0546/V  

 
 
Betreff: Das bezirkliche Vorkaufsrecht - ohne Recht und Aber!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDUCDU
Verfasser:Husein, TimurHusein, Timur
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
08.11.2017 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Wie viele Grundstücke, bei denen der Bezirk das Vorkaufsrecht ausgeübt hat, befinden sich im Gebiet einen Bebauungsplans?

 

  1. Wer (Bezirk, Land, Wohnungsbaugesellschaft etc.) muss Schadensersatz an die Erst-Käufer zahlen, wenn das Kammergericht endgültig entscheidet, dass es rechtswidrig ist, das bezirkliche Vorkaufsrecht auszuüben, wenn sich das betreffende Grunstück im Gebiet eines Bebauungsplanes befindet?

 

  1. Wird Bezirksstadtrat Florian Schmidt die Ausübung des bezirklichen Vorkaufsrecht einstellen, solange das Kammgericht nicht endgültig über die Rechtmäßigkeit des bezirklichen Vorkaufsrecht im Gebiet eines Bebauungsplans entschieden hat?

 

 

Beantwortung: BezStR Herr Schmidt

 

zu Frage 1: Von den zehn Grundstücken, an denen der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg das Vorkaufsrecht ausgeübt hat, befindet sich eines im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Dieses sowie weitere sechs Grundstücke, d. h. insgesamt sieben Grundstücke befinden sich im Ortsteil Kreuzberg und damit im Geltungsbereich des Baunutzungsplans von 1960. Zusammen mit der Bauordnung von 1958 und förmlich festgestellten Baufluchtlinien gilt der Baunutzungsplan ebenfalls als qualifizierter Bebauungsplan. Dazu noch später mehr.

 

zu Frage 2: Hat ein Dritter durch ein rechtswidriges Verwaltungshandeln einen Schaden erlitten, ist eine Amtshaftungsklage gegen die juristische Person zu richten, die den entsprechenden Verwaltungsakt erlassen hat. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist dies das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Im Falle einer Verurteilung zum Schadensersatz wäre landesintern zu klären, ob diese Kosten vom Bezirkshaushalt oder wegen der gesamtstädtischen Bedeutung der Ausübung des Vorkaufsrechts vom Senat getragen werden.

Stellen Sie doch die Frage dann gleich noch mal.

 

zu Frage 3: Am 26.04.2017 wies das Landgericht Berlin die Ausübung des Vorkaufsrechts an drei Grundstücken in Berlin-Schöneberg zurück. Es handelt sich um ein nicht rechtskräftiges Urteil erster Instanz. Aktuell haben verschiedene Medien das Thema erneut aufgegriffen, ohne dass ein neuer Informationsgehalt gegeben wäre. Im Unterschied zur Berichtserstattung im April 2017 wird nun jedoch das Vorkaufsrecht als wackelnd bezeichnet und auf die intensive Vorkaufspraxis im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg verwiesen - interessant.

Um Verunsicherungen bei Mieter*innen, Eigentümer*innen und Kaufinteressenten vorzubeugen ist es wichtig, dass das Bezirksamt hierzu Stellung nimmt, auch in der BVV und gegenüber ihrer Parteien. Vielen Dank also an Sie, Herr Husein, für Ihre mögliche Anfrage.

Aus Sicht des Landes Berlin sprechen gute Gründe dafür, dass die Rechtsauffassung des Landgerichts unzutreffend ist, weshalb das Land Berlin Berufung gegen das Urteil eingelegt hat. Diese Sichtweise teilt auch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Das Gericht vertritt hierbei die Auffassung, dass nach § 26 des Baugesetzbuches kein Vorkaufsrecht besteht, wenn das Grundstück in einem Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt und entsprechend dessen Ziel und Zwecken bebaut ist und genutzt wird. Der Bezirk hingegen geht davon aus, dass es hierauf nicht ankommen kann, wenn der Bebauungsplan überhaupt keine Aussagen zu sozialen Erhaltungszielen trifft.

In West-Berlin wurde, wie schon gesagt, in der Nachkriegszeit flächendeckend ein Baunutzungsplan eingeführt, der formaljuristisch auch als B-Plan betrachtet wird. Tatsächlich handelt es sich aber um einen vorbereiteten Bauleitplan. Sollte sich die Auffassung durchsetzen, dass somit in ganz West-Berlin das Vorkaufsrecht im Milieuschutzgebiet ausgeschlossen ist, wäre dies ein politischer Skandal von enormer Tragweite, der eine gespaltene Stadt zurücklassen würde.

Eine gesetzliche Neuregelung auf Landes- und Bundesebene wären die Folgen. Das Instrument des Vorkaufsrechts könnte hierdurch allenfalls zeitweise in West-Berlin ausgesetzt werden. Ich rechne jedoch nicht damit, dass es soweit kommt. Aber der Kampf um eine bezahlbare Mieterstadt hat viele Hürden zu nehmen und wir würden auch diese nehmen. Machen Sie sich und auch allen anderen hier also keine falschen Hoffnungen.

Mit einem klärenden Urteil rechne ich nicht vor Mitte 2018 und eine weitere Berufungsinstanz ist nicht ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund sieht das Bezirksamt Friedrichhain-Kreuzberg im Einklang mit dem Berliner Senat keinen Anlass, auf die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verzichten.

 

Herr Husein: Danke, Herr Stadtrat Schmidt. Ich frage, bei welchen Grundstücken wurde gegen das Vorkaufsrecht Widerspruch eingelegt bzw. ist Klage anhängig und falls das Kammergericht oder andere Instanzen entscheiden, dass das Vorkaufsrecht rechtswidrig ist, um welche Schadensersatzsumme handelt es sich dann? Dankeschön.

 

zu Nachfrage 1 und 2: Ich werde Ihnen schriftlich hierzu das sagen, was ich Ihnen sagen kann und was wir sagen dürfen. Da chte ich um Verständnis bitten, aber es ist tatsächlich auch so, dass ich das alles nicht auswendig weiß jetzt.

 

Herr Heihsel: Mich würde interessieren, wenn es jetzt doch zu dem unrealistischen Fall käme, dass das Landgericht doch recht hätte und der Bezirk dann wahrscheinlich millionenschwere Schadensersatzforderungen bezahlen muss, werden Sie dann persönlich Konsequenzen ziehen?

 

zu Nachfrage 3: Schauen Sie, das mit dem Vorkaufsrecht ist Ihnen und auch dem Vorredner nicht lieb, das weiß ich. Und Sie versuchen es auch immer wieder, auf die persönliche Ebene zu bringen. Sie sagen immer, Herr Schmidt macht das, Herr Schmidt macht das. Aber schauen Sie sich doch mal um, das hier … all die wollen das, die Menschen in Berlin wollen das.

 

 

 

 
 

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