Drucksache - DS/1569/IV  

 
 
Betreff: "Betreute Arbeit"
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPDSPD
Verfasser:Leese-Hehmke, AnitaLeese-Hehmke, Anita
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
25.02.2015 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg schriftlich beantwortet     

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Welche aktuellen Diskussionen und Lösungsansätze gibt es im Bezirk im Zusammenhang mit "Betreuter Arbeit" für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen?
     
  2. Welche Überlegungen zur Finanzierung unabhängig von (den bereits von vornherein gedeckelten) PEP-Mitteln gibt es vom Bezirksamt sowie den Trägern im Bezirk?
     
  3. Wie bewertet das Bezirksamt eine solche Finanzierung über § 75 Abs. 4 SGB XII?
     

Nachfragen

 

  1. Wie bewertet das Bezirksamt das in Reinickendorf (seit 10 Jahren existierende) Modellprojekt der "flexiblen Arbeitsstätte"?
     
  2. Welche zukünftigen Überlegungen bzw. Planungsschritte verfolgt das Bezirksamt zu diesem Thema?

 

 

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin                      27.02.15

Soziales, Beschäftigung und Bürgerdienste             

SozBeschBüD Dez

 

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

  1. Welche aktuellen Diskussionen und Lösungsansätze gibt es im Bezirk im Zusammenhang mit "Betreuter Arbeit" für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen?

 

  1. Welche Überlegungen zur Finanzierung unabhängig von (den bereits von vornherein gedeckelten) PEP-Mitteln gibt es vom Bezirksamt sowie den Trägern im Bezirk?

 

3.              Wie bewertet das Bezirksamt eine solche Finanzierung über § 75 Abs. 4 SGB XII?

 

Wie im Psychiatriebeirat am 17.2.2015 erörtert, hat eine Arbeitsgruppe "betreute Arbeit" seit Herbst 2013 im Rahmen der Erarbeitung einer Psychiatrieplanung für den Bezirk ein Projekt "betreute Arbeit" entwickelt, um den nicht gedeckten Bedarf an betreuter Beschäftigung und Arbeit zukünftig besser absichern zu können.

Solche Beschäftigungsmöglichkeiten werden bisher als so genannter Zuverdienst, finanziert aus Zuwendungen des Psychiatrieentwicklungsplan (PEP), angeboten.

Diese Angebote reichen berlinweit nicht aus, die Nachfrage zu befriedigen. Dafür müssten die PEP-Mittel in Verantwortung des Landesbeauftragten für Psychiatrie aufgestockt werden.

Insofern beschäftigt die Problematik nicht nur unseren Bezirk sondern auch viele andere Bezirke. In mehreren Bezirken (Tempelhof-Schöneberg, Spandau, Steglitz-Zehlendorf) wurden inzwischen zwecks Angebotserweiterung Vereinbarungen zur Organisation von "betreuter Arbeit" mit jeweils unterschiedlichen Trägern geschlossen.

Dem Bezirksamt wurde seitens der Arbeitsgruppe "betreute Arbeit" im Juli 2014 ein Vertragsentwurf von fünf Trägern der psychosozialen Versorgung vorgelegt, um Leistungen betreuter Arbeit in Friedrichshain-Kreuzberg für den Personenkreis psychisch kranker und/oder suchtkranker Erwachsener anbieten zu können.

Die Leistungen sollten auf folgender Rechtsgrundlage vereinbart werden:

"Auf der Grundlage des Berliner Rahmenvertrages gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII für Hilfen in Einrichtungen einschließlich Diensten im Bereich Soziales (- BRV -) in der Fassung vom 01. Januar 2005, zuletzt geändert am 01. März 2007 (Berücksichtigung der Leistungstypen, Stand 01.03.2007) hier insbesondere: Berliner Rahmenvertrag Kapitel IV; Absatz 13.7: " Erfordert der Bedarf einzelner Hilfeempfänger Leistungen, die durch einen Leistungstyp und Maßnahmevergütungen nicht abgedeckt sind, so gilt § 75 Absatz 4, SGB XII." (Vertragsentwurf als Grundlage des Expertengesprächs am 11.7.2014)

Das Bezirksamt teilt durchaus die Bedarfseinschätzung für ein solches Angebot durch die Arbeitsgruppe "betreute Arbeit". Das Bezirksamt vertritt die Position, dass ein solches Angebot betreuter Beschäftigung ein wichtiges tagesstrukturierendes, psychisch kranke Menschen stabilisierendes Angebot sein kann, das auch geeignet ist, bei entsprechender Förderung Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen und damit im Sinne von Rehabilitation einen Rechtskreiswechsel im Leistungsbezug vom SGB XII zum SGB II zu unterstützen.

Das Bezirksamt hat sich dennoch nach Abwägung der folgenden Überlegungen nicht dafür entschieden, analog drei anderer Bezirke eine Einzelvereinbarung nach § 75 (4) SGB XII für betreute Arbeitsprojekte abzuschließen, da es dafür die rechtliche Grundlage nicht gegeben sieht.

Der Grund für den Wunsch nach einer bezirklichen Vereinbarung zu "Betreuter Arbeit" ist die nicht ausreichende Finanzierung von zuwendungsfinanzierten Zuverdienstprojekten. Dieser Sachverhalt wurde auch von den Trägern aus der AG "betreute Arbeit" auf einem ersten Treffen mit dem Träger der Sozialhilfe (hier Bezirk) am 11.7.2014 so dargestellt. (vgl. Protokoll des Expertengesprächs am 11.7.2014)

Die Verantwortung zur Schaffung zusätzlicher und hinreichender betreuter Arbeitsplätze für den Personenkreis im Rahmen des Zuverdiensts liegt bei der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales.

Auch die Zuständigkeit zu einer Vereinbarung über ein neues Leistungsangebot "betreute Arbeit" liegt bei der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales.

Für Berlin ist geregelt, dass das Land Berlin örtlicher und überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist, während die Bezirke keine selbständigen Träger der Sozialhilfe sind. Sie nehmen lediglich alle Einzelangelegenheiten der Sozialhilfe in eigener Zuständigkeit und Verantwortung als Bezirksaufgabe wahr.

Der Träger der Sozialhilfe (vertreten durch die für Soziales zuständige Senatsverwaltung) schließt demnach mit den Trägern von Einrichtungen Vereinbarungen nach

§ 75 SGB XII für Einrichtungen und Dienste für behinderte Menschen und Wohnungslose ab. Der Träger der Sozialhilfe (Bezirksämter von Berlin) ist dann zur
Übernahme der vereinbarten Vergütungen für die vereinbarte Leistung verpflichtet.

Die Regelung des §75 (4) SGB XII -  " Ist eine der in Absatz 3 genannten Vereinbarungen nicht abgeschlossen, darf der Träger der Sozialhilfe Leistungen durch diese Einrichtung nur erbringen, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist."  - ist für den absoluten Einzelfall gedacht und nicht dafür bestimmt, dass sich der nicht selbständige Träger der Sozialhilfe (hier Bezirk) pauschal mit einer Reihe von Trägern für eine prospektive Zahl von Fällen vereinbart, weil sich der Träger der Sozialhilfe (hier Land) nicht vereinbart hat.

Im Vergleich zur Organisation "betreuter Arbeit" über Zuverdienst ginge mit dem von der Arbeitsgruppe "betreute Arbeit" angestrebten Weg über eine Vereinbarung auch der niedrigschwellige Zugang für Klienten zur Leistung verloren, da das Konzept vorsieht, dass ein solches Angebot für Klienten des Personenkreises nach § 53 ff SGB XII durch Feststellung der Zughörigkeit zum Personenkreis und Bescheinigung der Notwendigkeit der Maßnahme durch den Sozialpsychiatrischen Dienst des Bezirkes oder durch eine ärztliche Stellungnahme der entlassenen Klinik organisiert würde.

Zudem teilt das Bezirksamt aus einer weiteren Überlegung den vorgeschlagenen Weg der Vereinbarung als Bezirk nicht.

Bisher haben sich drei Bezirke in Berlin vereinbart, es war zum Teil schwer bis unmöglich, sich ein verlässliches und bewertbares Bild über die konkrete Organisation "betreuter Arbeit" in den jeweiligen Bezirken zu verschaffen. Eine weitere bezirksindividuelle Vereinbarung würde ggf. der Diversität der Berliner Bezirke Rechnung tragen können, aber den seit einiger Zeit in Berlin laufenden und von Friedrichshain-Kreuzberg aktiv unterstützten Bemühungen um eine Geschäftsprozessoptimierung in der Leistungsorganisation nach dem SGB XII zuwider laufen.

Es erscheint also geboten, nach einer berlinweiten einheitlichen Lösung zur Organisation von ausreichend Angeboten betreuter Arbeit zu suchen. Weil das Bezirksamt hier Handlungsbedarf beim Land Berlin sieht, hat es sich an die zuständige Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales gewandt, um eine landesweite Regelung und Lösung im Sinne einer besseren Bedarfsdeckung zu erreichen. Das Bezirksamt strebt in erster Linie eine Erhöhung der Zuwendungsmittel im Rahmen von PEP an. Damit würde auch der unkomplizierte niedrigschwellige Zugang gesichert.

Für den Fall, dass der Bedarf an Beschäftigung/Arbeit landesweit so hoch eingeschätzt würde, dass er über zuwendungsfinanzierte Angebote nicht gedeckt werden kann, sollte über einen neuen Leistungstyp verhandelt werden.

Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat aufgrund der Initiative von Friedrichshain-Kreuzberg zugesichert, dazu bis Mitte April eine Verständigung zwischen den Abteilungen Soziales und Gesundheit herbeizuführen und auf der Beratung der Bezirksstadträte für Gesundheit und Soziales zu berichten.

In einer ersten Antwort wurde die Auffassung des Bezirks geteilt, dass der §75 SGB XII nicht geeignet ist, zu Sondervereinbarungen für ein Beschäftigungsangebot zu kommen, zugleich wurde eingeschätzt, dass eine Leistungsvereinbarung durch das Land wiederum nicht so niedrigschwellig wäre, wie es hier aber geboten erscheint und zuwendungsfinanziert über PEP auch gegeben ist. Deshalb wäre es das Beste, hier zu einer Aufstockung zu kommen.

Zu den Nachfragen:

1. Wie bewertet das Bezirksamt das in Reinickendorf (seit 10 Jahren existierende) Modellprojekt der "flexiblen Arbeitsstätte"?

2. Welche zukünftigen Überlegungen bzw. Planungsschritte verfolgt das Bezirksamt zu diesem Thema?

 

Das Bezirksamt hat in der Beratung des Psychiatriebeirats am 17.2.15 den Hinweis auf ein solches Angebot in Reinickendorf aufgenommen und zugesagt, sich darüber ein Bild zu machen, um es in weitere Überlegungen mit einzubeziehen. Dies war aufgrund der Kürze der Zeit und der Erkrankung des zuständigen Fachbereichsleiters noch nicht möglich. Das Bezirksamt wird zeitnah dazu berichten.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Knut Mildner- Spindler

 

 
 

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