Drucksache - DS/1480/IV  

 
 
Betreff: Armut im Alter in Friedrichshain-Kreuzberg
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPDSPD
Verfasser:Hehmke, AndyHehmke, Andy
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
17.12.2014 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg schriftlich beantwortet     

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Welche Erkenntnisse hat das Bezirksamt hinsichtlich der Entwicklung von Armut bei der Bevölkerungsgruppe 60plus in unserem Bezirk?

 

  1. Wie sind die Zahlen beim Bezug von Grundsicherung im Alter im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg seit Beginn der Einführung (Anzahl der BezieherInnen und Durchschnittshöhe der Bezüge)?

 

  1. Welche Erkenntnisse gibt es zur Verschuldung von älteren Menschen im Bezirk?

 

Nachfragen:

 

  1. Welche Erkenntnisse gibt es zur Verdrängung älterer Menschen aus dem Bezirk wegen steigender Mieten?

 

  1. Welche Erkenntnisse gibt es zur Entwicklung von Altersarmut bei Personen mit Migrationshintergrund?

 

 

 

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin                                                                      19.12.2014

Bezirksstadträtin für Finanzen, Facility Management,

Weiterbildung und Kultur

 

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

1. Welche Erkenntnisse hat das Bezirksamt hinsichtlich der Entwicklung von Ar­mut bei der Bevölkerungsgruppe 60plus in unserem Bezirk?

 

 

Berlinweit ist die Armutsgefährdungsquote[1] der 60-Jährigen und Älteren seit 1996 von 9,3 % auf 5,4% im Jahr 2006 zurückgegangen und steigt seither wieder stetig an (2012: 9,0 %)[2]. r die 60-Jährigen und Älteren aus Friedrichshain-Kreuzberg sind vom Amt für Statistik folgende Quoten übermittelt worden. Armutsgefährdungsquote 60-Jähriger und Älterer, Friedrichshain-Kreuzberg[3]

 

Jahr

2005-2007

2008

2009-2010

2011

2012

2013

Quote

nicht er­mittelt[4]

17,9 %

nicht er­mittelt4

15,9 %

16,5 %

16,3 %

 

Ein weiterer Indikator für Armutslagen im Alter ist die Entwicklung der Grundsicherung im Alter nach dem 4. Kapitel SGB XII, die für den Bezirk nachfolgend dargestellt wird (vgl. Frage 2).

 


2. Wie sind die Zahlen beim Bezug von Grundsicherung im Alter im Bezirk Fried­richshain-Kreuzberg seit Beginn der Einführung (Anzahl der BezieherInnen und Durchschnittshe der Bezüge)?

 

Grundsicherung im Alter[5], Anzahl der Bezieher/innen, durchschnittlicher Bruttobedarf und durchschnittlicher Nettoanspruch[6] seit Einführung des SGB XII in Friedrichshain-Kreuzberg

 

Jahr

2005

2007

2009

2011

2013

Bezieher/innen

2.339

2.858

2.893

3.039

3.299

Quote

nicht ermit­telt [7]

9,7 %

9,9 %

10,7 %

11,4 %

durchschn. Bruttobedarf/ Monat

647,2 ?

777,0 ?

675,2 ?

678,3 ?

715,9 ?

durchschn. Nettoanspruch/ Monat

301,9 ?

353,5 ?

376,7 ?

402,6 ?

418,4 ?

 

3. Welche Erkenntnisse gibt es zur Verschuldung von älteren Menschen im Be­zirk?

 

Der Anteil der 60-Jährigen und Älteren, die Schuldnerberatung in Berlin nachfragen, be­trägt 12,5 % (Auswertung zum 2. Halbjahr 2013 durch die Senatsverwaltung für Ge­sundheit und Soziales)[8] und liegt damit unter dem Bevölkerungsanteil der 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung (25 % zum 31.12.2013). Somit sind ältere Menschen unter­repräsentiert in den Schuldner- und Insolvenzberatungen.

 

Die Entwicklung der Ver- und Überschuldungssituation wird unregelmäßig durch die Se­natsverwaltung für Soziales analysiert. Der letzte Bericht hierzu erschien.

Insgesamt hat sich seit Einführung der statistischen Dokumentation (1999) die Zahl der festen Klient/innen bis zum Jahr 2008 fast verdoppelt.

 

Mit Abstand häufigste Auslöser einer Überschuldungssituation waren Arbeitslosigkeit (23 %) und eine "unwirtschaftliche Haushaltsführung" (19 %), gefolgt von Trennung, Schei­dung oder Tod des Ehepartners (12 %) und Erkrankung bzw. Sucht (11 %).

Die durchschnittliche Schuldenhöhe je beratene Person lag 2008 bei 32.000 ?.

 


Nachfragen:

 

1. Welche Erkenntnisse gibt es zur Verdrängung älterer Menschen aus dem Bezirk wegen steigender Mieten?

 

Aktuelle Daten zur Verdrängung einkommensschwacher älterer Menschen aus dem Be­zirk liegen zur Zeit nicht vor. Seit 2009 ist die bezirkliche Senior/innenbefragung nicht mehr aktualisiert worden.

 

In der bezirklichen Senior/innenplanung 2010 - 2015 wurde auf der Grundlage der Aus­wertung der Befragung 2009 zum Handlungsbereich "Entwicklung der Mieten" u. a. fol­gendes festgehalten:[9]

 

"Unabhängig von neuen Strategien zum Wohnen für ältere und alte Menschen ist angesichts der zukünftig zu erwartenden finanziellen Situation der Zielgruppe im Bezirk besonderes Augenmerk auf die Frage der Bezahlbarkeit von senioren­freundlichem Wohnraum zu richten. Die derzeitigen Entwicklungen auf dem Woh­nungsmarkt in Friedrichshain-Kreuzberg müssen - wie im Land Berlin generell - diesbezüglich mit Sorge betrachtet werden. [.] Aus Mietersicht stellt sich in Friedrichshain-Kreuzberg aktuell lediglich die Lage bei Wohnungen im oberen Preissegment als positiv dar, denn hier überwiegt das Angebot die Nachfrage. Im unteren Preissegment finden sich im Bezirk nicht nur zu wenige Wohnungen, sondern gemessen am Bedarf wird auch in den kommenden Jahren weiterhin ein Unterangebot an Mietwohnungen im unteren Preissegment bestehen. [.] Anga­ben der befragten älteren und alten Menschen im Bezirk zu Umzugsabsichten und Umzugsgründen lassen erkennen, dass die Miethöhe ein treibender Faktor für die Befragten ist, die einen Umzug beabsichtigen."

 

Aktuell muss in Berlin von einer "Schließung des Mietwohnungsmarktes" gesprochen werden: während sich das Gesamtangebot an Mietwohnungen seit 2007 um etwa die Hälfte verringert hat (von 208.000 auf 122.000), steigt das Angebot an Eigentums-woh­nungen im gleichen Zeitraum um fast das Dreifache an (von 50.000 auf 133.000). [10]

 

Zugleich steigen die Mieten deutlich an - am stärksten in einfachen Wohnlagen (um 20 % seit 2006). Dabei gehört Friedrichshain-Kreuzberg zu den Bezirken mit der höchsten Mietsteigerungsdynamik und dem größten Verdrängungsdruck auf einkommensschwa­che Haushalte. Weite Teile des Bezirks erreichen ein überdurchschnittliches bis stark überdurchschnittliches Niveau der Angebotsmieten (mehr als 50 % bzw. mehr als 75 % über dem Berliner Median).[11]

 

Angesichts dieser Marktlage ist davon auszugehen, dass vor allem ältere Menschen und mobilitätseingeschränkte Menschen so lange wie möglich in ihrer Wohnung verbleiben chten, auch wenn sie mit Mieterhöhungen konfrontiert werden. Sie werden dafür ver­mutlich erhebliche Einschränkungen in der alltäglichen Lebenshrung in Kauf nehmen, die sich auf ihre Teilhabemöglichkeiten am Gemeinwesen auswirken. Inwiefern sich dies auch auf die Situation bzgl. Überschuldung auswirkt (2008 betrugen die durchschnittli­chen Mietschulden ca. 4.000 ?) müssen aktuelle Auswertungen zeigen.

 

 

 

2. Welche Erkenntnisse gibt es zur Entwicklung von Altersarmut bei Personen mit Migrationshintergrund?

 

Diesbezügliche Daten liegen dem Bezirk nicht routinemäßig vor, sondern sind in der Re­gel aus Sonderauswertungen bzw. Veröffentlichungen der Daten verarbeitenden Behör­den (z. B. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales) zu erhalten.

 

Aktuell liegen dem Bezirk im Wesentlichen folgende Informationen zu dieser Frage vor:

  • Die Grundsicherungsquoten im Alterr Menschen nicht deutscher Staatsangerig­keit waren im Jahr 2009 in Friedrichshain-Kreuzberg mit ca. 24 % mehr als dreimal so hoch wie die entsprechenden Werte für die herkunftsdeutsche Friedrichshain-Kreuz­berger Bevölkerung (7,3 %)[12]
  • Das mittlere monatliche persönliche Haushaltsnettoeinkommen in Friedrichshain-Kreuz­berg betrug 2012 für Menschen mit Migrationshintergrund 700 ? und für Men­schen ohne Migrationshintergrund 1.125 ?.[13]
  • Grundsätzlich "ist das Armutsrisiko von Menschen mit Migrationshintergrund in Berlin mit 27,2 % (Stand: 2012) knapp doppelt so hoch wie das der Berliner Gesamtbevölke­rung."[14]
  • Unter den 10 Berliner Planungsräumen mit den höchsten Quoten der Grundsicherung im Alter sind alleine 5 aus dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg:[15]

 

Grundsicherungsquoten im Alter, Friedrichshain-Kreuzberg, Pla­nungsräume

 

PLR

Quote

Mehringplatz

20,45 %

Lausitzer Platz

22,20 %

Askanischer Platz

22,70 %

Oranienplatz

26,27 %

Wassertorplatz

28,63 %

 

Diese Planungsräume verfügen über überdurchschnittlich hohe Anteile von Menschen mit Migrationshintergrund.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Jana Borkamp

Bezirksstadträtin

 


[1]               Anteil der Personen mit einem bedarfsgewichteten Pro-Kopf-Einkommen unterhalb 60 % des durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens (Median) in Berlin

[2]               Quelle: Sozialbericht Berlin Brandenburg 2013, S. 21

[3]               Quelle: Sonderauswertung des Amtes für Statistik auf der Grundlage des Mikrozensus, 17.12.2014

[4]               aufgrund zu geringer Fallzahlen für bezirksbezogene Berechnungen

[5]               Quellen:

Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (2011), Zur sozialen Lage älterer Menschen in Berlin, Berlin

Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (2014), Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII in Berlin Datenüberblick, Stand 31.12.2013, Berlin.

Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, Referat Gesundheits- und Sozialberichterstattung, Gesundheits- und Sozialinformationssystem Berlin: http://www.gsi-berlin.info/index.asp 

[6]               Der Bruttobedarf eines Leistungsempfängers ist die Gesamtsumme folgender Beträge: Regelsatz, Unterkunft/Heizung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Mehrbedarf(e). Der Nettoanspruch ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Bruttobedarf und dem angerechneten Einkommen.

[7]               Bevölkerungszahlen vor dem Datenstand 31.12.2006 sind nur über eine persönliche Anfrage an das Amt für Statistik zu erhalten. Die Antwort des AfS ging nicht vor der Frist zur Beantwortung der MA beim Bearbeiter ein.

[8]               http://www.berlin.de/sen/soziales/themen/schuldnerberatung/

[9]               Zum Download unter: www.berlin.de/gesundheit-fk

[10]               Quelle: Dr. Andrej Holm (HU Berlin): Vortrag auf der Fachtagung "(K)ein Zuhause im Kiez?" der ZiK gGmbH, 25.11.2014: http://www.zik-ggmbh.de/aktuelles/meldungen/20141126.php

[11]               Quelle: IBB Wohnungsmarktbericht 2013, www.ibb.de

[12]               Quelle: Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz (2011), Zur sozialen Lage älterer Menschen in Berlin, Berlin

[13]               Quelle: Mikrozensus 2012, Sonderauswertung des Amt für Statistik Berlin-Brandenburg

[14]               Quelle: Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (2013), Handlungsorientierter Sozialstrukturatlas 2013. Berlin

[15]               ebenda

 
 

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