Drucksache - DS/0199/IV  

 
 
Betreff: Kein Personal für den Bezirk mehr?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90 Die GrünenB'90 Die Grünen
Verfasser:Riester, PaulaRiester, Paula
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
25.04.2012 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 

1.      Wie viel Personal (in absoluten Zahlen und %) müsste der Bezirk nach dem aktuell vorliegenden Vorschlag des Senats/der Koalition in den nächsten Jahren abbauen?

 

2.      Wie ist diese Berechnungsgrundlage entstanden und orientiert sie sich am konkreten Personalbedarf der Bezirke?

 

3.      Inwiefern sind dem Bezirksamt andere Berechnungsgrundlagen bekannt, die jedoch nicht herangezogen wurden?

 

 

Nachfragen:

 

4.      Welche Auswirkungen hätten Personalkürzungen in dieser Höhe für den Bezirk?

 

5.      Welche Abteilungen/Ämter des Bezirksamtes wären von den Kürzungen besonders betroffen?

 

 

 

 

Beantwortung: Herr Dr. Schulz

 

Zu Frage 1: Wie viel Personal die Bezirke voraussichtlich abbauen werden sollen oder müssen? Ich beziehe mich dabei auf eine Tabelle, die ergänzend zu der Vorlage zum Unterausschuss Bezirke nachgereicht worden ist. Nach dieser Tabelle müsste Friedrichshain-Kreuzberg bis 2016 193,8 Vollzeitäquivalente abbauen. Das wäre in Prozentzahl ausgedrückt, bezogen auf die gegenwärtig 1.776 Vollzeitäquivalente 10,9%. Wenn man aus diesen 1.776 Vollzeitäquivalente allerdings die Mitarbeiter herausrechnet, die für einen Stellenabbau überhaupt nicht in Frage kommen, entweder weil sie nicht dafür zur Verfügung stehen oder von Dritten bezahlt werden, nämlich Jobcenter, Personalüberhang, Altersteilzeit, Freizeitphase und natürlich auch den Bereich der regionalisierten Aufgaben, die wir für ganz Berlin und nicht nur für den Bezirk tun, dann würde das einen prozentualen Stellenabbau von etwas mehr als 13% bedeuten.

 

Zu Frage 2: Die Berechnungsgrundlage hat ja überhaupt erst mal als Ausgangspunkt eine Personalzielzahl. Die Personalzielzahl selbst ist in den Koalitionsgesprächen zwischen der SPD und CDU entwickelt worden und steht deswegen auch in der Koalitionsvereinbarung. Die Größenordnung von 20.000, das ist diese personale Zielzahl, bedeutet bezogen auf die gegenwärtigen Vollzeitäquivalenten von 20.000 …, 21.457, dass eben 1.457 Vollzeitäquivalente bis 2016 abzubauen wären. Diese Zahl selbst ist nicht unter irgendwelchen Sachabwägungen entstanden, sondern offenkundig nach Äußerung verschiedener Teilnehmer und Teilnehmerinnen, dass man gerechnet hat, die durchschnittliche Fluktuationsrate in den Bezirken ist 1,8%, multipliziert mit vier Jahren ergibt etwa eine Größenordnung dann von 1.450 Vollzeitäquivalente. So ist man dann auf die Zahl 20.000 gekommen. Also keine sachliche Erwägung.

Darüber hinaus hat man auch festgelegt und jetzt reden wir über das Berechnungsmodell, wie dieser Stellenabbau auf die Bezirke verteilt werden soll, hat man auch festgelegt und auch in der Koalitionsvereinbarung verankert, dass als Bezugspunkt die Einwohnerschaft genommen wird. Also wie man auf diese Schnapsidee nun kommen kann, nachdem wir 1990 das Richtwertmodell aufgegeben haben im Land Berlin, ist sage es mal diplomatisch, weil es schlichtweg unbefriedigend war, dass man da nun wieder zurückgegriffen hat, das ist mir unverständlich. Entweder war es schon sehr später Abend, wo eine Teilamnesie dann bei den Teilnehmern war oder man hat vielleicht auch ein bisschen zu viel getrunken gehabt.

Das Modell ist dann anschließend in der AG Personal, in der ich dann auch mitgewirkt habe bis vergangenen Montag, ergänzt worden um weitere Merkmale der Herausrechnung. Ich nannte schon einige, Personalüberhang, Jobcenter, Freizeitphase, Altersteilzeit und dann die regionalisierten Aufgaben. Nach dieser Berechnung wären wir an vierter Stelle gewesen, hätte bedeutet ein Stellenabbau von 60 Stellen bis 2016. Hat aber auch gleichzeitig bedeutet, dass aus meiner Sicht, war mein Eindruck, dass die Bezirke, die doch sehr tonangebend sind, in einer relativ schlechten Rangfolge waren. Daraufhin wurde noch ein weiteres Merkmal eingefügt, Stückkostenbetrachtung. Dahinter steckt sozusagen die Addition der Mengen der externen Produkte und dann das Verhältnissetzen dieser Mengen zwischen den Bezirken. Und da hat man es dann endlich geschafft gehabt, dass dann die Bezirke u.a. dann Friedrichshain-Kreuzberg auf den elften Rang gelandet waren.

Das Ganze hat niemals eine …, auch nicht eine Sekunde Thema gehabt, bilden wir damit den Personalbedarf der Bezirke insgesamt und des bezirksindividuellen Personalbedarfs ab, die auch sehr unterschiedlich sind. Es gibt eben Bezirke, die haben aufgrund ihrer strukturellen Situation sehr viel HZE-Mittel und damit auch viel Personal in dem Bereich usw., usw.. Das hat niemals eine Rolle gespielt. Das finde ich auch im höchsten Maße unverständlich, weil damit nicht nur ein hohes Maß an Willkür entstanden sind bei der Feststellung der Personalzielzahl wie bei dem Modell zur zwischenbezirklichen Verteilung der Stellen bis 2016, sondern hat dann natürlich auch große Ungerechtigkeiten in der Verteilung zwischen Bezirken hervorgerufen.

 

Zu Frage 3: Ja, es gab eine andere Berechnungsgrundlage, die ist vertreten worden von meinem Kollegen Herrn Komoß, Marzahn-Hellersdorf, und von mir, nämlich eine KLR basierte Betrachtung. Das liegt ja völlig auf der Hand. Seit dem Jahr 2000 rechnen wir nicht mehr mit Stellen. Das tut mir wirklich leid, das ist ein völliger Anachronismus, dass der noch vielleicht als Steuerungsgröße bei den Abgeordneten oder bei bestimmten Abgeordneten da ist, verstehe ich einfach nicht mehr. Wir haben erweiterte Teilkosten. In den erweiterten Teilkosten sind direkte Personalkostenbuchung und dann haben wir Gemeinkosten wo sozusagen die Personalkosten der internen Produkte, also der Verwaltung, der Verwaltung vor allem, dann dort hineingerechnet werden. Und den Stellenplan, den Sie kennen aus dem Haushaltsplan, das ist auch nur noch ein nachrichtlicher Anhang. Ansonsten keinerlei Bedeutung, keinerlei Steuerungsfunktion.

Das wäre natürlich naheliegend gewesen, in die KLR reinzuschauen, ein KLR basiertes Modell zu machen. Dazu hat Herr Komoß auch ein Modell vorgeschlagen und das zugrunde zu legen. Das hätte zumindest im Ansatz etwas mit der Leistungsfähigkeit und mit dem guten oder schlechten Wirtschaften eines Bezirksamtes zu tun gehabt. Das Modell ist abgelehnt worden. Auch nicht aus fraglichen Gründen, sondern damit, dass in der Koalitionsvereinbarung als Bezugsgröße eben die Einwohner stehen.

 

Zu Nachfrage 1: Also ich kann ja eigentlich zurückgreifen auf sehr viele Untersuchungen und Bewertungen und Beurteilungen aus den letzten zwei Jahren, wo sich im Übrigen alle zwölf Bezirksämter auch einig waren, dass ein weiterer substantieller Abbau von Stellen die Bezirksämter funktions- und arbeitsunfähig machen. Das war ja auch mit ein Motiv und ein Ergebnis, warum wir uns gegen das Personalbedarfskonzept aus dem Sommer 2010 gewendet haben. Das einherging, dass sozusagen bezogen auf die Anzahl der altersbedingten freiwerdenden Stellen nur einem relativ geringen Einstellungskorridor zuließ und damit klar war, dass aufgrund dieser immer stärker werdenden Raten von freien Stellen, die durch altersbedingtes Ausscheiden der Mitarbeiter entstehen, die Bezirke regelrecht ausgedünnt werden und in den nächsten sieben bzw. acht Jahren ein Drittel ihres gesamten Stellenpersonals verloren haben.

Diese Einschätzung teile ich weiter. Wenn ein Bezirk wie Friedrichshain-Kreuzberg 200 Stellen bis 2016 abzubauen hätte, dann hätten wir enorme Einbußen in der Qualität der Verwaltungsarbeit. Ich bin mir absolut sicher, dass wir in verschiedenen Bereichen die Funktions- und Arbeitsfähigkeit verloren hätten und ich glaube, dass in vielen Bereichen dann eine vernünftige Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr machbar wäre. Das sage ich nur mal in aller Deutlichkeit.

An dieser Stelle will ich auch noch mal appellieren, weil wir als Einzelbezirk im Konzert der zwölf Bezirke in einer relativ schwierigen Situation sind. Wir haben ja im Moment eine Situation, wo ein Kreisvorsitzender von Friedrichshain-Kreuzberg versucht, in der SPD linke Inhalte zu suchen und ich appelliere wirklich an Sie, ich appelliere wirklich an Sie, weil Sie die führende Kraft in dieser Koalition sind und auch im Abgeordnetenhaus sind. Sie müssen nicht lange suchen nach einem linken Inhalt. Überzeugen Sie Ihren Kandidaten, dass er sich für den Erhalt der Selbstverwaltung der Bezirke einsetzt. Und das er sich dafür einsetzt, dass dieser wahnsinnige Abbau von Stellen und damit das Kaputtmachen der Bezirke nicht zustande kommt.

Ja, ich werde Sie in ein paar Monaten fragen, was er da getan hat.

 

Zu Nachfrage 2: Da habe ich herangezogen sozusagen, bei welchen Fachbereichen oder Fachämtern durch altersbedingtes Ausscheiden Stellen frei werden und habe die einfach mal in eine Rangfolge gebracht. Das Jugendamt würde bis 2016 durch altersbedingtes Ausscheiden 54 Stellen verlieren. Das Schul- und Sportamt würde bis 2016 26 Stellen verlieren. Das Tief- und Landschaftsbauamt würde 24 Stellen verlieren. Das Gesundheitsamt würde bis dahin 20 Stellen verlieren. So und dann sage ich noch als letztes: Facility Management, ist ja auch immer ein wichtiges Thema, beliebtes Thema hier in der Diskussion, Kommunalpolitik 16 Stellen. Jetzt lasse ich mal die weiteren weg.

Also an dieser Verteilung der Stellen und das ist ein …, jetzt Stellen die frei werden, sozusagen durch keine Steuerung mehr aufzuhalten, weil sie sozusagen die demografische Entwicklung Rechnung tragen, wird glaube ich klar, dass wenn man das durchführen sollte, diese Ämter einfach ihre Arbeit nicht mehr machen würden. Und deswegen denke ich, sollten wir uns darauf verständigen, alle Möglichkeiten, die wir haben und das sind ja sehr unterschiedliche Möglichkeiten, auch an Einwirkungen und Einflussnahme auf die Abgeordneten, die letztendlich das entscheiden müssen, Einfluss zu nehmen, dass das nicht entsteht. Nicht nur für Friedrichshain-Kreuzberg. Es sind auch andere Bezirke betroffen, von denen ich auch prognostiziere, dass die sich über diesen Stellenabbau letztendlich ihre Verwaltung kaputtsparen werden.

 

Herr Jöstig-Schüßler: Das waren ja jetzt eine Unmenge an Informationen, die gekommen sind. Ich will doch noch mal an eine Stelle erst mal nachfragen: Ich habe hier die rote Nummer vor mir liegen, also das Ergebnis der AG Personal, von dem Sie ja gesprochen haben und da heißt es, dass auf der Sitzung am 05. April 2012 die AG Personal einhellig bzw. einstimmig zu der Auffassung gelangt ist, … Ja, genau. Die kommt auf jeden Fall. Dass die Ergebnisse nahe zu der Auffassung kommen, dass die angestrebten 20.000 Vollzeitäquivalente mit einer Zahl von 1.457 Vollzeitäquivalente auf die Bezirke entsprechend umgelegt werden. Das heißt also, die Frage ist, ob Sie also auch diese Zahl von 20.000 Maximum Vollzeitäquivalente für die Bezirke entsprechend akzeptiert haben? Und ob Sie daraus, jetzt ableitend die Frage, ob Sie sozusagen nur Kritik haben an dem System, wie diese 1.457 Vollzeitäquivalente dann auf die Bezirke umgelegt werden?

 

Zu Nachfrage 3: Es ist eine Abstimmung gemacht worden, nicht förmlich, aber sozusagen mit Blick auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, das war das Verteilermodell. Zu den 20.000 gab es eine kritische Diskussion, zu der ich auch meine Haltung vertreten habe und insoweit nicht nur zu dem Verteilermodell, sondern auch meine tiefe Skepsis zu den 20.000. Ich stelle Ihnen gerne mein Schreiben an den Stadtsekretär Feiler zur Verfügung, in der ich die Begründung liefere, warum ich nicht mehr an der Personal AG teilnehme.

 

Herr Jösting-Schüßler: Jetzt habe ich eine etwas einfachere Nachfrage. Es wird ja davon gesprochen, das haben Sie ja auch in Ihrer Antwort jetzt gerade gesagt, dass dieser Stellenabbau über die gesamte Legislaturperiode erfolgen soll. Können Sie denn sagen, ob also der Stellenabbau noch Einfluss haben wird auf den von uns schon beschlossenen Doppelhaushalt 2012/2013 oder ist davon auszugehen, dass der Stellenabbau dann in den Jahren 2014 bis 2016 erfolgen soll?

 

Zu Nachfrage 4: Das kann ich Ihnen mit Sicherheit nicht sagen und muss ja jetzt als Nichtteilnehmer der AG Personal jetzt auch, bin ich jetzt auch angewiesen auf die sehr spärlichen Informationen, die da aus dieser AG herausgehen. Also ich kann Sie da nicht an irgendwelche Herrschaftspflichten partizipieren lassen. Meine Einschätzung von der bisherigen Diskussion ist, dass gemeint ist 2013 bis 2016, also vier Jahre und damit sozusagen einen Abbaukorridor zu bilden über diese vier Jahre und ich habe das auch einmal für unseren Bezirk mal kurz abgeschätzt: wenn man da zusammennehmen würde die Summe aller freiwerdenden, durch altersbedingtes Ausscheiden freiwerdender Stellen und dann die Differenz bildet zu der für uns vorgesehene Stellenabbau, dann komme ich auf etwa 17 Stellen plus die wir frei besetzen könnten, dividiert durch die vier Jahr würde bedeuten, dass wir pro Jahr vier Stellen besetzen können mit dem Zugewinn der Personalautonomie, und damit würden wir bei diesem Modell schlechter sein, bei dem sowieso schon schlechten Personalbedarfskonzept aus dem Sommer 2010. Nach dem Konzept hätten wir eine größere Stellenanzahl über Außeneinstellungen hineinnehmen können als nach diesem Modell und dem was uns übrigbleibt. Aber… wir wissen das im Moment noch nicht, wie das im Einzelnen gehen soll. Klar ist, weil offenkundig im Hintergrund ein Berichtsauftrag des Abgeordnetenhauses existiert, dass die Senatsfinanzverwaltung bis Juni 2012 die entsprechenden Regularien vorlegen will.

 

 
 

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