Drucksache - DS/0189/IV  

 
 
Betreff: Keine Asylschnellverfahren auf dem Willy-Brandt-Flughafen!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90 Die Grünen/DIE LINKEVorsteherin
Verfasser:1. Lenk, Dr. Wolfgang
2. Amiri, Reza
Jaath, Kristine
Drucksache-Art:ResolutionResolution
   Beteiligt:SPD
   PIRATEN
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
25.04.2012 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Beschlussvorschlag

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die BVV Friedrichshain-Kreuzberg lehnt das Asylschnellverfahren (sog. „Flughafenverfahren“) sowie die Inhaftierung von schutzsuchenden Flüchtlingen zur Durchführung von Asylverfahren aus menschenrechtlichen und humanitären Gründen ab. Die Länder Berlin und Brandenburg fordern wir auf, keine Internierungsanstalt (sog. „Gewahrsamseinrichtung“) für Asylschnellverfahren auf dem neuen Berliner Großflughafen in Betrieb zu nehmen. Asylsuchenden muss grundsätzlich ein Antragsverfahren in Freiheit und auf regulärem Weg ermöglicht werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, an allen deutschen Flughäfen auf die Inhaftierung von Schutzsuchenden und das Asylschnellverfahren zu verzichten. Es darf für keinen Flüchtling eine faktische Entziehung der Freiheit ohne eine sorgfältige richterliche Entscheidung geben.

 

Im Asylschnellverfahren ergeht innerhalb von zwei Tagen eine Entscheidung, ob ein Asylantrag „offensichtlich unbegründet“ ist oder die Einreise erlaubt wird. Im Falle einer Ablehnung bleiben den Flüchtlingen nur drei Tage, Klage beim Verwaltungsgericht zu erheben und einen Eilrechtsschutz zu beantragen. Den Asylsuchenden wird so keine ausreichende Zeit für einen substanziierten Vortrag ihrer Fluchtgründe gewährt. Dies ist besonders problematisch bei traumatisierten Asylsuchenden, die, verstärkt durch die Umstände ihrer Flucht, noch gar nicht zur Ruhe gekommen sind.

 

Immer wieder hat die Eile des Verfahrens zu gravierenden Fehlentscheidungen geführt. So wurden zwei Deserteure aus Eritrea nach Rückkehr in ihr Herkunftsland in einem Geheimgefängnis inhaftiert, während die nachträgliche gründliche Überprüfung des Falles beim Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Asylgründe anerkannte. Fälle wie dieser zeigen: Ohne ein sachgemäßes Beschreiten des Rechtsweges wird es immer wieder zu der inhumanen Praxis kommen, dass Asylsuchende abgeschoben und damit in Lebensgefahr gebracht werden, obwohl die Klage gegen die Ablehnung ihres Asylantrags noch anhängig ist.

 

Die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg versuchen sich mit dem Hinweis auf die

rechtliche Zuständigkeit des Bundes aus der Verantwortung zu stehlen. Fakt ist aber auch, dass der Regierende Bürgermeister von Berlin dem Aufsichtsrat der Betreibergesellschaft, Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH, vorsteht und somit als Bauherr die Errichtung einer Gewahrsamseinrichtung ablehnen könnte. Die Erfahrung zeigt eindeutig: Wo kein Internierungslager auf dem Flughafengelände existiert, werden keine Asylschnellverfahren

durchgeführt. Dies gilt für die meisten deutschen Flughäfen. In Berlin-Schönefeld werden jährlich gegenwärtig zwei bis vier solcher Schnellverfahren durchgeführt.

 

Am neuen Willy-Brandt-Flughafen soll nun Platz für die Inhaftierung von jährlich 300 asylsuchenden Flüchtlingen geschaffen werden, einschließlich Kindern jeden Alters und allein reisenden Minderjährigen, die dem Asylschnellverfahren unterzogen werden. Schönefeld würde nach Frankfurt a.M. der zweite deutsche Flughafen an dem das hoch umstrittene Verfahren exzessiv praktiziert würde.

 

Die BVV schließt sich dem Protest zahlreicher Menschenrechtsorganisationen, Flüchtlingsräte, Kirchen und anderer Engagierter an und betrachtet dieses Vorhaben als inhuman und eklatante Verletzung der Menschenrechte. Vor allem das Vorhaben das Schnellverfahren auch bei Kindern und allein reisenden Minderjährigen anzuwenden, ist mit dem im Grundgesetz verbrieften staatlichen Auftrag zum Schutz des Kindeswohls nicht zu vereinbaren. Wir lehnen diese Praxis ab und fordern den Senat auf, sich bei der Bundesregierung für eine ersatzlose Streichung des Asylschnellverfahrens (§ 18a Asylverfahrensgesetz) einzusetzen. In Berlin und Brandenburg müssen alle Schutzsuchenden die Möglichkeit erhalten, ihren Asylsantrag in Freiheit und mit ausreichender Vorbereitungszeit für ihre Anhörung stellen zu können.

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert, dieses Begehren dem Senat gegenüber darzustellen.

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Stadtbezirk Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin

Postanschrift

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Postfach 35 07 01
10216 Berlin

Barrierefreiheit

Rollstuhlgerecht Behindertenparkplatz Fahrstuhl WC nach DIN 18024

Barrierefreiheit Erläuterung der Symbole

Mehr Hinweise zur Barrierefreiheit bekommen Sie über folgende Datenbanken: