Drucksache - DS/0118/IV  

 
 
Betreff: Fremdenfeindliche Beleidigung
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDUCDU
Verfasser:Taskiran, ErtanTaskiran, Ertan
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
29.02.2012 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 

Den Zeitungsberichten zufolge wurde eine Schulkasse der E.O-Plauen Grundschule mit überwiegend aus Schülern mit Migrationshintergrund auf dem Wege zu einem Ausflug am Rosenmontag, 20. Februar 2012 in Anwesenheit von zwei Pädagogen in S-Bahn fremdenfeindlich beleidigt.

Welche Erkenntnisse liegen dem Bezirksamt vor?

 

 

Gemeinsame Beantwortung mit DS/0116/IV

 

Beantwortung:  Herr Dr. Beckers

 

Herr Taskiran: Sehr geehrter Vorsteher, meine Damen und Herren, liebe Gäste, ich frage das Bezirksamt:

 

Frage 1: Zeitungsberichten zufolge wurde eine Schulklasse der E.O.-Plauen-Grundschule mit überwiegend aus Schülern mit Migrationshintergrund auf dem Wege zu einem Ausflug am Rosenmontag, 20. Februar, in Anwesenheit von zwei Pädagogen in der S-Bahn fremdenfeindlich beleidigt. Welche Erkenntnisse liegen dem Bezirksamt vor?

 

Gleich meine Nachfragen:

 

Nachfrage 1: Ob das Bezirksamt eine Zunahme von solchen Fremdenfeindlichkeiten im Vorfeld beobachtet?

 

Nachfrage 2: Unbeschadet zur Frage 1: Hat das Bezirksamt Präventivmaßnahmen mit der Polizei, Verkehrsunternehmen und Schulen vereinbart oder festgelegt, um solche Übergriffe einzudämmen?

 

Nachfrage 3: Gibt es im Bezirk für Pädagogen eine Schulung oder eine Handreichung, wie in derartigen Fällen zum Schutz der Schüler reagiert werden muss?

 

Nachfrage 4: Hat der Bezirksbürgermeister persönlich betroffenen Schüler und Pädagogen angesprochen und ihnen seine Betroffenheit zum Ausdruck gebracht und ihnen Hilfe angeboten?

 

Vorsteherin: Danke Herr Taskiran und gleich auch noch Herr Sengül bitte. Rassistische Beleidigung in der S-Bahn.

 

Herr Sengül: Sehr geehrte Frau Vorsteherin, liebe Gäste, ich frage das Bezirksamt:

 

Frage 1: Welche Kenntnisse hat das Bezirksamt zu dem Vorfall vom Montag, 20. Februar, bei dem eine Klasse der Kreuzberger E.O.-Plauen-Grundschule in der S-Bahn mehrfach rassistisch beleidigt wurde?

 

Frage 2: Aus welchen Gründen wurden die beleidigenden Personen nicht festgenommen? Ist es inzwischen gelungen, die rassistischen Personen zu ermitteln und Anzeige zu erstatten?

 

Frage 3: Welche Konsequenzen hat die Bahn aus dem Vorfall gezogen bzw. gab es Konsequenzen für die offensichtlich falsche Handlungsweise des Bahnpersonals?

 

Und die Nachfragen:

 

Nachfrage 1: Wie bewertet das Bezirksamt den Vorfall und die unterbliebene Unterstützung des Bahnpersonals?

 

Nachfrage 2: Welche Auswirkungen hatte der Vorfall auf die betroffenen Schüler und Lehrer? Wurde die Tat in der Klasse noch  mal aufgearbeitet?

Danke.

 

Vorsteherin: Herr Dr. Beckers bitte.

 

Herr Dr. Beckers: Ja, sehr geehrte Frau Vorsteherin, sehr geehrter Herr Taskiran, sehr geehrter Herr Sengül, ich beantworte Ihre beiden mündlichen Anfragen wie folgt und ich würde ganz gerne die Frage von Herrn Taskiran, die Frage 1 und die Frage 1 und Frage 2 von Herrn Sengül gemeinsam beantworten, weil es da einen sehr starken inhaltlichen Zusammenhang gibt.

 

Zu Frage 1 / 1 und 2:  Nach Rücksprache mit der Schulleiterin und der schriftlichen Meldung des Vorfalls an das Schulamt ergibt sich nachfolgender Sachverhalt zum genannten Vorfall: Am Dienstag, dem 20.02., befanden sich um ca.11.30 Uhr 12 Schülerinnen und Schüler einer 5. Klasse der E.O.-Plauen-Grundschule im Alter von 10 bis 11 Jahren in der S-Bahn, um am Rosenmontag gemeinsam etwas Schönes zu unternehmen und sie wurden von zwei Pädagogen der E.O.-Plauen begleitet. Während der Fahrt vom Ostbahnhof zum Alexanderplatz wurden sie Opfer rassistischer Beschimpfung übelster Art durch einen Mann im Alter von etwa 40 Jahren und einer Frau. Erst begann die Frau sich leise rassistisch zu äußern. Anlass dafür war vermutlich die Anwesenheit der Kinder der E.O.-Plauen-Grundschule. Anscheinend war das für den Mann der Anlass, sich nun ebenfalls, aber unüberhörbar und viel lauter in niederträchtiger, grober und verletzender rassistischer Art zu äußern. Obwohl der Zug voll mit Reisenden gewesen ist und zumindest die Äußerung des Mannes für viele der Anwesenden zu hören gewesen war, bezog keiner der Fahrgäste eine Position dagegen, niemand bewies Zivilcourage.

Nach Einfahren des Zuges in den Alexanderplatz wandte sich einer der beiden Pädagogen an den Zugführer mit der Bitte, nicht weiterzufahren, sondern das Sicherheitspersonal zu holen, damit der Rassist festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt werden kann. Der Zugführer sah sich nicht in der Lage im Bahnhof stehenzubleiben, verwies an die Bundespolizei und fuhr mit dem Rassisten weiter. Der Pädagoge wandte sich anschließend an einen Bundespolizisten auf dem Bahnhof, der dann empfahl Anzeige gegen Unbekannt zu stellen, was dann auch durch die Schulleitung erfolgte. Bisher liegen der Schulleitung keine Hinweise vor auf das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen. Aufgrund der Tatsache, dass der S-Bahnfahrer nicht anhielt, konnten die Rassisten nicht festgehalten werden und erkennungsdienstlich behandelt werden, so dass es sehr zweifelhaft ist, ob da jemals noch etwas herauskommt.

 

Zu Frage 3: Welche Konsequenzen hat die Bahn aus dem Vorfall gezogen bzw. gab es Konsequenzen für die offensichtliche falsche Handlungsweise des Bahnpersonals?

Eine Stellungnahme, welche Konsequenzen die Bahn aus dem Vorfall gezogen hat oder ob eine Entschuldigung erfolgte, nein anders herum: Eine Stellungnahme, welche Konsequenzen die Bahn aus dem Vorfall gezogen hat oder eine Entschuldigung erfolgte bisher nicht, weil sie ihrer Aussage nach, die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen hat.

 

Kommen wir zur Nachfrage 1 von Herrn Sengül.

 

Zu Nachfrage 1: Wie bewertet das Bezirksamt den Vorfall und die unterbliebene Unterstützung des Bahnpersonals?

Das Bezirksamt ist entsetzt, dass derartige rassistische Beschimpfungen in dieser Stadt in aller Öffentlichkeit vorkommen, sich niemand der Anwesenden zumindest verbal schützend vor die Kinder stellte und der Eindruck entsteht, dass der S-Bahn ein Fahrplan wichtiger sein könnte, als die Verfolgung rassistischer Übergriffe auf ihre Fahrgäste. Zu prüfen ist, ob dieser Eindruck der Realität entspricht, was ich nicht hoffe. Aus diesem Grund wird das Bezirksamt nächsten Mittwoch gemeinsam mit der Schulaufsicht, der Schulleiterin der E.O.-Plauen und den Pädagogen ein klärendes Gespräch mit dem Vorstand der S-Bahn GmbH führen. Ziel des Gespräches ist es auch, sich anhand dieses Vorfalls über die Wirksamkeit des Präventionskonzepts, was es hoffentlich bei der S-Bahn überhaupt gibt, das weiß ich noch nicht, zu informieren. Gegebenenfalls muss dieses Konzept, von dem ich hoffe, dass es besteht, dahingehend verändert werden, damit dem Rassismus sofort entschieden Einhalt geboten werden kann und dazu gehört selbstverständlich auch einen Zug anzuhalten, nicht weiterfahren zu lassen, damit solche Personen sofort erkennungsdienstlich auch behandelt werden können, damit dann eine Anzeige überhaupt eine Chance auf Erfolg haben kann. Ich denke, das ist verständlich und eigentlich sollte das normal sein.

 

Zu Nachfrage 2: Welche Auswirkungen hatte der Vorfall für die betroffenen Schüler und Lehrer? Wurde die Tat in der Klasse noch mal aufgearbeitet?

Der Vorfall wurde und wird immer noch mit den Schülerinnen und Schülern pädagogisch und schulpsychologisch aufgearbeitet. Nach bisherigen Erkenntnissen aus den Gesprächen haben die Schülerinnen und Schüler die rassistischen Äußerungen nicht gänzlich in ihrer menschenverachtenden Bedeutung verstanden. Vermutlich, weil sie dafür bisher gar nicht sensibilisiert waren, was vielleicht auch ein gutes Zeichen ist für das Zusammenleben an der Schule, der E.O.-Plauen, und für das Zusammenleben im Bezirk ist.

 

Jetzt komme ich zu den Nachfragen, die ich versucht habe, eben mal so ganz auf die Schnelle mitzuschreiben.

 

Zu Nachfrage 1 (Herr Taskiran): Sie haben gefragt, ob das Bezirksamt eine Zunahme beobachtet. Wie Sie wissen, haben wir ja eine Stelle unterstützt, die rassistische Vorfälle im Bezirk, insbesondere erfasst und aufnimmt, und dort gibt es in der Tat eine Zunahme rassistischer Übergriffe, insbesondere in der Scheidelinie Frankfurter Allee in dem nördlichen Teil Friedrichshain und, sage ich mal, den etwas südlicheren Teil Friedrichshain. Eine Zunahme rassistischer Vorfälle gesamt Berlin, die über diese Dinge, diese Messung nicht verfügen, kann ich im Augenblick nicht bestätigen, das weiß ich nicht. Aber ich werde mit der S-Bahn vor allen Dingen noch mal sprechen, ob die irgendwie überhaupt eine Statistik führt. Das wäre für mich ja auch mal ganz interessant und ich denke auch für die Bezirksverordneten zu wissen, wie ein, wie die S-Bahn überhaupt mit solchen Dingen bisher umgegangen ist, ob sie überhaupt sensibilisiert ist dafür. Wie gesagt, das steht noch aus. Das konnte ich bisher in der Kürze der Zeit auch nicht in Erfahrung bringen.

 

Zu Nachfrage 2 (Herr Taskiran): Die Präventionsmaßnahmen: Es gibt selbstverständlich Präventionsmaßnahmen. Es gibt zum Beispiel auch die Möglichkeit, eine Kooperation mit den Eltern von den Schülern, wenn rassistische Vorfälle dann geäußert werden, dann in einem Projekt auch mitzuteilen. Wie weit diese Dinge dann mit Handlungsanleitungen verbunden sind, kann ich Ihnen auch noch nicht sagen. Ich gehe aber davon aus, dass auch die Pädagogen geschult sind im Umgang mit Rassismus. Wie weit es dann, das zeigt ja auch hier dieses Beispiel der E.O.-Plauen, es ist innerhalb von wenigen Tagen auch sofort gemeinsam mit einem Träger, einem Verein, der sich glaube ich da auch recht gut mit auskennt, dieses Thema behandelt worden.

 

Zu Nachfrage 3 (Herr Taskiran): Zu Ihrer Frage 3, ich hoffe, ich bin noch richtig, Pädagogen Handreichung. Meines Erachtens gibt es das, weiß ich aber nicht, muss ich auch nachschauen.

 

Zu Nachfrage 4 (Herr Taskiran): Angebote Gespräch, Bürgermeister sagten Sie. Das ist jetzt erst mal Aufgabe des Schulstadtrates. Das sehe ich jetzt auch als meine Aufgabe und Sie müssen jetzt verzeihen, ich habe, es ist gerade ein paar Tage her und ich wollte nicht gleich am ersten Tag sozusagen auf die Schule zugehen. Erst mal muss es da glaube ich auch ein paar Klärungen stattfinden, bevor gleich das Bezirksamt vielleicht dort Einzug hält, aber wir sind im Gespräch mit der Schule und mit den Schülern und ich gehe davon aus, wir werden, in welcher Form auch immer, aber in geeigneter Form, auf die Schule zugehen und ihnen dann auch noch mal unsere Solidarität Ausdruck verleihen. Aber erst mal, für mich ist erst mal wichtig, überhaupt das mit der S-Bahn zu klären, weil so etwas kann ja wieder vorkommen und ich möchte nicht noch einmal dann die Situation haben, dass der Zugführer da irgendwo behauptet, er habe den Fahrplan dort einzuhalten und diese schwerwiegenden rassistischen Äußerungen, die dort gefallen sind, die ich jetzt hier eigentlich ungern wiederholen würde, was da gesagt wurde, aber ich sage mal Stichworte „Ausschwitz“, „Juden“ und „Türken“, um vielleicht mal deutlich zu machen, welche Dimension das gehabt hat. Das ist etwas, was wir glaube ich hier an dieser Stelle dann auch nicht dulden dürfen. Soweit.

 

Vorsteherin: Gibt es Nachfragen? Bitteschön.

 

Herr Dr. Lenk: Herr Dr. Beckers nur kurz direkt noch mal eine Nachfrage: Ist denn nun eigentlich die Handlungsweise des Fahrers ein Verstoß gegen existierende Regularien in solchen Situationen oder hat der ein Ermessensspielraum und kann insofern nicht belangt werden oder wie sieht das sozusagen formell aus durch die Bestimmungen, die die S-Bahn den Fahrern gibt?

 

Vorsteherin: Danke Herr Lenk.  Herr Beckers.

 

Herr Dr. Beckers: Also nach den Telefonaten, die wir bisher geführt haben, ist es so: Ein Zugführer kann bei Gefahr in Verzug natürlich sofort die Fahrt unterbrechen und wenn eine Straftat stattfindet natürlich sofort auch, damit der Straftäter dingfest gemacht werden kann. Also er hat ein Ermessen und ich denke in dem Fall hat er das Ermessen nicht ausgeübt.

 

 

 

 
 

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