Drucksache - DS/2256/III  

 
 
Betreff: Nazidemo in Kreuzberg und keiner weiß es?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90 Die GrünenB'90 Die Grünen
Verfasser:Riester, Paula 
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
25.05.2011 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

Ich frage das Bezirksamt:

 

1. Wann wurde das Bezirksamt über die Nazidemo, die am 14. Mai in Kreuzberg stattfand, informiert?

 

2. Falls keine vorherige Information erfolgte, wie begründet dies die Senatsinnenverwaltung und der Polizeipräsident?

 

3. Gab es im Nachgang Gespräche zwischen dem Bezirksamt, der Senatsinnenverwaltung und dem Polizeipräsidenten und wenn ja, zu welchem Ergebnis kamen diese?

 

 

Nachfragen:

 

1. Wie setzt sich das Bezirksamt dafür ein, dass Ort und Zeitpunkt von Demos in Zukunft vorher öffentlich bekannt sind?

 

2. Wie beurteilt das Bezirksamt insgesamt die Tatsache, dass die Nazis eine Kundgebung in Kreuzberg abhalten konnte, bei der es zu gewalttätigen Übergriffen gegen Passanten kam?

 

Beantwortung: Herr Dr. Schulz

 

 

Zu Frage 1: Das Bezirksamt ist nicht von der Polizei informiert worden über die Nazi-Demo. Es ist auch nicht informiert worden durch die Senatsinnenverwaltung. Das Bezirksamt musste sich wie viele engagierte Bürgerinnen und Bürger sachkundig machen über die Presse. Auch noch mal vielen Dank an die Printmedien, die nach meiner Erinnerung dann am 14. Mai, also am gleichen Tag dann Hinweise gegeben hatten im geringen Umfang, weil auch dort der Informationsstand begrenzt war.

 

Zu Frage 2: Die Begründung kennen wir auch nicht genau. Es hat ja dann eine Diskussion gegeben in dem Innenausschuss am 23.05. und wir haben zur Vorbereitung dieser Antwort auf die mündliche Anfrage die Senatsinnenverwaltung angeschrieben. Die Antwort liegt vor. Immerhin ist die noch rechtzeitig und schnell gekommen. Da steht aber letztendlich nur, dass die Fragestellung, die wir vorliegen haben von Frau Riester und die sich auf den Polizeieinsatz am 14.05. bezieht, dass die grundsätzlich nicht nur die Senatsverwaltung für Inneres und Sport beantwortet wird, weil im parlamentarischen Kontrollgremium das Abgeordnetenhaus ist und für die Polizei der Ausschuss für innere Sicherheit und Ordnung das Abgeordnetenhaus zuständig ist. Und weiterhin wird darauf verwiesen, dass die den Polizeieinsatz am 14.05. betreffenden Fragen von dem zuständigen Staatssekretär, Herrn Freise, ausführlich in dieser 79. Sitzung beantwortet worden wäre und deshalb um Verständnis gebeten wird, dass aufgrund allgemein zugänglicher Quellen, wie z. B. das Inhaltsprotokoll der Sitzung, verwiesen wird. Dieses allgemein zugängliche Protokoll liegt allerdings bis zum heutigen Tag noch nicht vor, so dass ich daraus leider nichts zitieren kann. Ich muss insoweit hilfweise auf die Presse erneut zurückgreifen, die einige Hinweise gegeben hat, was die Motive sein könnten. Als Motiv wurde offenkundig genannt, dass man mit der Geheimhaltungstaktik verhindern wollte, gewalttätige Gegendemonstranten. Nun finde ich das ein bisschen widersprüchlich, denn man hält geheim die Nazi-Demo um vermutete gewalttätige Gegendemonstranten sozusagen nicht entstehen zu lassen, während man gleichzeitig die Einschätzung hat zur Nazi-Demo, die ist nicht gewalttätig und deswegen genehmigen wir sie. Das halte ich für einen Widerspruch. Ich konnte mir auch bisher noch keiner erklären.

Es gibt für mich einen zweiten Widerspruch: Wir sind alle eingeschworen auf eine Kampagne: Nicht wegschauen. Und Geheimhaltungstaktik bedeutet, die Voraussetzung für nicht wegschauen, die überhaupt nicht zustande kommen lassen. Wenn ich nicht wegschauen will, muss ich auch wissen, wo ich auch als Gegendemonstrant meine Meinung formulieren kann. Ich habe auch den Eindruck von der rechtlichen Seite. Das ist jedenfalls meine bisherige Sichtweise gewesen, dass zu einem Demonstrationsrecht auch das Recht auf Gegendemonstration gehört. Und auch von dieser Seite glaube ich, gibt es keine wirkliche Erklärung für diese Geheimhaltungstaktik.

 

Zu Frage 3: Von mir ist ganz offiziell der Innensenator angeschrieben worden, auch mit Hinweis darauf, dass wir bei anderen Gelegenheiten eigentlich eine sehr vernünftige Informationskultur haben und warum das in diesem Falle nicht so ist und ob das sozusagen die weitere Zukunft sein soll, dieser Brief ist noch nicht bis heute beantwortet. Insoweit kann ich Ihnen auch nicht sagen, ob Herr Körting möglicherweise sagt, ja, ich bleibe doch bei meiner Position entgegen meinem Staatssekretär, dass ich eine Woche oder einen Tag oder drei Tage vor einer Demonstration der Nazis dann auch die entsprechenden Gremien informieren werde. Warten wir es ab.

 

Zu Nachfrage 1: Wir können uns als Bezirksamt nur dafür einsetzen, dass diese Geheimhaltungsstrategie aufgegeben wird, indem wir versuchen, ein vernünftiges Gespräch mit der Senatsinnenverwaltung zu bekommen, dass wir unsere Argumente, die dagegensprechen gegen diese Geheimhaltungsstrategie und drei hatte ich genannt. Man sich dort auseinandersetzt und ich glaube auch, die Diskussion im Innenausschuss im Abgeordnetenhaus war wichtig gewesen, dort möglicherweise eine Sensibilisierung bei Polizei und Senatsinnenverwaltung zu erreichen, dass das eine völlig abstruse und destruktive Strategie wäre, wenn so weiter verfahren werden sollte.

 

Zu Nachfrage 2: Die Demonstration von Neonazis in Kreuzberg, das ist eine einzige Provokation. So, wie es eine Provokation ist, dass es zu dieser Geheimhaltungsstrategie gekommen ist und damit viele Kreuzbergerinnen und Kreuzberger, viele Friedrichshainerinnen und Friedrichshainer die Möglichkeit geraubt wurde, dort zu demonstrieren. Ich denke, auch mit Blick auf das, wie es abgelaufen ist, dass in Kreuzberg die Diskussion über Neonazis, über ihr Auftreten und dass man da etwas dagegen tun muss, wacher geworden ist. Viele Menschen merken, das ist nicht ein Thema, dass sich irgendwo nur Lichtenberg, Marzahn oder sonst wo abspielt, sondern hier auch mitten in unserem Kiez, in unserem Bezirk auftreten kann und es hat auch gezeigt, mit welcher Schonungslosigkeit diese Demonstranten gegen andere dann vorgehen. Ich glaube, das war auch ein ganz wichtiger Warnschuss, dass man hier sich zusammenschließt und bei weiteren Vorkommnissen und der Zeitpunkt, wo Deutschland, 30.06. ist ja hier schon genannt worden, mit entsprechenden starken Präsenz in der Öffentlichkeit oder an diesen Orten dann Flagge zeigt und nicht wegschaut.

 

Herr Hehmke: Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Dr. Schulz, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Mich würde noch interessieren, gibt es denn für solche kurzfristig bekannt werdenden  Ereignisse eine verabredete Informationsstrategie zwischen den Mitgliedern des Bezirksamtes und wenn ja, wie sieht die aus bzw. wie hat die funktioniert am besagten Tag?

 

Zu Nachfrage 3: Ja Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, wir haben jetzt keine dokumentierte oder kodifizierte Verabredung, aber sozusagen eine, so Informationskultur nannte ich das, dass mein Referent von der Direktion 5, von der Leitung der Direktion 5 oder des Abschnitts regelmäßig informiert wird über angemeldete Demonstrationen. Das ist sozusagen ohne groß an die Glocke zu hängen, sozusagen ein Informationsaustausch gewesen, so dass, wenn es von Bedeutung gewesen ist, ich das dann über den Ältestenrat oder anderen Gremien dann weitergeben konnte. In diesem Falle war definitiv nichts, kein Hinweis, keine Andeutung, gar nichts.

 

Herr Lüdecke: Zur ersten Nachfrage sagten Sie, dass Sie auf die vernünftige Argumentation mit der Landesebene abstellen, abzielen. Kann ich daraus entnehmen, dass bisher eine solche vernünftige Argumentation mit der Landesebene nicht stattgefunden hat oder ist daraus zu schließen, dass es dort keinen vernünftigen Ansprechpartner gibt, so dass sich bei der nächsten Gelegenheit da endlich Veränderungen herbeigefügt werden müssen?

 

Zu Nachfrage 4: Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass ich das Schreiben an den Hausherren, den Innensenator Herr Körting, abgeschickt habe, aber leider noch keine Antwort, aus der ich ihn jetzt zitieren könnte.

 

 

 
 

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