Drucksache - DS/2130/III  

 
 
Betreff: Ohne Kita - Keinen Arbeitsplatz
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90 Die GrünenB'90 Die Grünen
Verfasser:Hauser-Jabs, ChristineHauser-Jabs, Christine
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
23.02.2011 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

Ich frage das Bezirksamt:

 Ich frage das Bezirksamt:

 

1.       Wie viele Frauen in unserem Bezirk werden von der Erwerbstätigkeit ausgeschlossen, weil sie für ihre Kinder keinen Kitaplatz finden?

 

2.       Was hat das Bezirksamt unternommen, um ausreichend Kitaplätze zu schaffen?

 

3.       Wie begründet das Bezirksamt die jetzige Mangelsituation?

 

Nachfragen:

 

1.       Wie viele Frauen sind berlinweit von dieser indirekten Gefährdung eines Frauenarbeitsplatzes betroffen?
 

2.       Wie wird sich die derzeitige Situation als vermehrtes Armutsrisiko insbesondere bei alleinerziehenden Müttern auswirken?

 

Beantwortung: BezStR’in Frau Herrmann

 

Zu Frage 1: Die letzte Legislaturperiode zeichnete sich durch einen Kita- und Schulplatzvernichtungsprogramm im Land Berlin aus. Durch unrealistische Bevölkerungsprognosen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist von einem Kinderzahlenrückgang ausgegangen worden. Außerdem zwang das Sarazzinische BUW-Prinzip die Bezirke, ihre Bildungsorte massiv zu verdichten, die Kinderzahlen von Kitas und Schulen zu erhöhen und die dadurch freiwerdenden Gebäude an das Land abzugeben. Als dann auch noch auf der Bundesebene das Elterngeld eingeführt wurde - worüber wir uns alle sehr gefreut haben und das war auch erfolgreich, um dann das System zu implodieren. Laut Kita ??? (02:50) haben Eltern mit Kindern unter drei Jahren bzw. bei notwendiger sprachlicher Förderung unter zwei Jahren einen Anspruch auf einen Kitaplatz, wenn sie wegen Erwerbstätigkeit, Ausbildung, Studium, Umschulung oder Weiterbildung einschließlich Teilnahme an einer Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit oder Arbeitssuche die Betreuung nicht selbst übernehmen können.

 

 

Zu Frage 2: Aufgrund der angespannten Kitaplatzsituation im Bezirk haben wir einen Elternservice eingerichtet, bei dem platzsuchende Eltern durch eine Mitarbeiterin des Jugendamtes ein freier Platz nachgewiesen wird. Durch regelmäßige Trägerabfrage und Kontaktaufnahme zu einzelnen Kitas konnten wir fast alle Kinder bis April 2010 gut vermitteln. Gegenwärtig sind aber alle Kapazitäten ausgeschöpft. Es können keine freien Plätze für Kita unter drei Jahren im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mehr angeboten werden. Aber genau diese Plätze sind im Bezirk besonders nachgefragt, weil die meisten Eltern nach der Elternzeit – und hier, ich erweitere ein wenig die Frage - Mütter und Väter schnellstmöglich in ihren Beruf, ihr Studium, etc. zurückkehren wollen.

Derzeit – da komme ich noch zu – derzeit sind ca. 130 Familien bei uns bekannt, mit steigender Tendenz, die aktuell oder in Kürze einen Platz benötigen, um wieder arbeiten zu können, aber nicht versorgt werden können. Das bedeutet, dass jeweils ein Elternteil der 130 Familien sein Kind betreuen muss, aber nicht zwangsläufig die Frau, und damit entweder von Erwerbstätigkeit ausgeschlossen ist oder an deren Vorbereitung Ausbildung, Arbeitssuche, etc. gehindert wird. Wir gehen davon aus, dass von denen bis 2015 fehlen im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg rund 1.600 Kitaplätze. Davon können wir nach der jetzigen Lage ausgehen, dass ca. 30% der fehlenden Plätze in Familien reinwirken, die auf Arbeitssuche sind bzw. Arbeit haben oder studieren und nicht mehr in ihre Berufe bzw. ihr Studium zurückkehren können. Das würden rund 500 Familien bei uns im Bezirk sein bis 2015. Und ich finde, das ist eine deutliche Zahl. Und ich sagte: Tendenz steigend.

Was haben wir bisher unternommen? Wir haben im Januar 2007, hat das Jugendamt gemeinsam mit dem Schulamt und der Stadtplanung die AG Babyboom gegründet. Davon habe ich mehrfach im Jugendhilfeausschuss und auch hier berichtet. Wir konnten so tatsächlich 1.000 neue Plätze schaffen. Hätten wir uns auf die immer noch nicht realen Zahlen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung verlassen, hätten wir 1.000 Plätze nicht schaffen müssen, weil wir immer noch nicht klare Zahlen haben, sondern wir müssen als Bezirk inzwischen selber uns die Statistiken und die Zahlen erarbeiten. Es tut mir leid, auch wenn Sie mit dem Kopf schütteln, aber das ist sogar Thema im Abgeordnetenhaus, weil es in der Tat Realität ist. Und das Abgeordnetenhaus im Hauptausschuss, in dem Unterausschuss Bezirke sich Gedanken darüber macht, wie man die Bezirke, die agieren müssen, eigentlich basiskorrekt hier finanziert, aber auf Antrag nicht der Regierungsfraktion. Und das muss ich auch noch mal deutlich sagen. Und das ist eben genau der Punkt, der bedauerlich ist.

 

Zu Frage 3: Wir kommen weiterhin dazu, dass wir die Senatsverwaltungen immer und immer wieder darüber informiert haben, sie haben es auch gelesen. Das Abgeordnetenhaus wird weiterhin nicht mit der konkreten Situation konfrontiert. Die Antworten der Senatsverwaltung für Jugend entsprechen weiterhin nicht der Realität. Man wird, der Fachkräftemangel, der eklatant ist, wird bestritten. Der Platzmangel, den wir haben, wird nicht angegangen. Wir haben versucht, eine Senats-AG zu gründen auf unsere Initiative hin, habe ich auch berichtet. Es passiert nichts. Was also sollen wir tun? Und ich kann Ihnen sagen, wir können nichts mehr tun. Das möchte ich hier noch mal sehr deutlich sagen.

Das heißt also, die berufstätigen Frauen und Männer kommen in der Tat bei uns im Bezirk zunehmend in die Situation, nach der Elternzeit und das ist wichtig, nach der Elternzeit, also ab dem ersten Lebensjahr ihres Kindes keinen Kitaplatz mehr zu finden. Rundherum sind die Bezirke ebenfalls zu. Und das muss uns einfach noch mal deutlich werden. Es ist nicht, wir haben nichts getan, man hat noch Platz, man kann noch verdichten, der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat nicht nur einen normalen Kita-Mangel, sondern in der Tat einen eklatanten Kita-Notstand, den wir nicht lösen können.

 

Zu Nachfrage 1: Berlinweit, da muss ich etwas vorsichtiger sein, weil die Senatsverwaltung uns darauf keine Antwort geben konnte in der schnelle der Zeit. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat berichtet, dass berlinweit bis 2015 15.000 Kitaplätze fehlen. Wir haben 2011. Das ist also nicht mehr allzu weit hin. Rechnen wir ebenfalls mit einer Quote von 30%, wären das 1.000 Frauen und Männer. Vielleicht ist die Quote ein wenig geringer, ich hoffe, dass die Senatsverwaltung jetzt in diese Richtung uns auch die Zahlen liefern wird, aber es ist nicht die Senatsjugendverwaltungverwaltung, die letztendlich da auch noch mal einspringen muss, sondern ich glaube, da ist es jetzt in der Tat auch die Senatsverwaltung, die für Frauenfragen zuständig ist und für Arbeit.

 

Zu Nachfrage 2: Das Armutsrisiko ist dadurch natürlich enorm erhöht, weil besonders alleinerziehende Frauen darauf angewiesen sind, einen Kitaplatz zu finden. Finden sie keinen, können sie eben nicht ihre Männer zur Beaufsichtigung heranziehen. Herr Glatzel, das ist sehr bedauerlich. Das heißt also die Frage, sind hier alleinerziehende Frauen, analog ist es zu sehen für alleinerziehende Männer, das kommt dann richtig. Das heißt also, das Armutsrisiko für Frauen und Männer, die alleinerziehend sind, aber in dem Fall eindeutig mehr für Frauen, weil da das Armutsrisiko höher ist, wird sich massiv verschärfen.

Und ich darf noch eine Bemerkung machen, weil ich auch gefragt worden bin, wie letztendlich die Erzieher in den Kitas, ob man da nicht einen Fachkräftemangel sozusagen damit ausgleichen können. Da kann ich Ihnen sagen, auch das wird schwierig, weil auch hier gefragt worden ist, welche Möglichkeiten haben wir? Ich sage Ihnen, das wird verdammt schwierig, weil der neue Tarifvertrag des Landes Berlins ErzieherInnen so schlecht eingruppiert, dass es äußerst schwierig wird, Männer tatsächlich dazu zu bekommen, diesen Beruf auch zu ergreifen und es ist auch ein Abbau von Frauenarbeitsplätzen, weil Frauen gerne auch diesen Beruf halbtags ausüben möchten, das sind nicht alles Vollzeitstellen. Das kann man aber nur machen, wenn man ergänzende Hilfe beim Jobcenter beantragt. Ich danke Ihnen.

 

Herr Hehmke

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, geben Sie mir Recht in der Einschätzung, dass bei aller Mangellage doch im Rahmen der Umsetzung des Konjunkturpakets, welches ja wiederum in der Schwerpunktsitzung dann auch durch den Berliner Senat steuerbar war und im Rahmen des Bundesprogramms zum Ausbau der U3-Plätze doch im ganz gewichtigen Maße auch durchaus durch den Senat gewollt dieser Ausbau hier sichergestellt werden konnte und die Platzzahl maßgeblich erhöht werden konnte oder in Kürze erhöht wird, ohne dass damit, das muss ich auch zugeben, diesen Mangel gänzlich abgeholfen werden kann?

 

BezStR’in Frau Herrmann

Herr Imke, ich weiß, dass Sie gerne die Bundesmittel als Senatsmittel verkaufen. Es sind eindeutig Bundesmittel ja, aber der Senat hat da nur mäßig gesteuert, das muss ich an der Stelle auch sagen. Gerade beim U3-Programm hätten wir es uns sehr gewünscht, wenn man sich genau die Bezirke anschaut mit den Kitas, wo der Bedarf für U3 ganz besonders stark ist und erhöht ist. Und genau das ist nicht passiert. Man hat nach Gießkannenprinzip verteilt. Es ist schön für Steglitz, Zehlendorf, ich gönne jedem Steglitzer und jeder Zehlendorferin ihren Kitaplatz für U3, aber man hat eben genau diese Mittel nicht konzentriert in die Bezirke einfließen lassen, die es am meisten benötigt haben und von daher kann ich sagen gute Idee, Steuerung mangelhaft.

 

Frau Noa

Ja, Frau Vorsteherin, sehr geehrte Damen und Herren, wie bewertet das Bezirksamt denn vor dem Hintergrund dessen, was gerade ausgeführt wurde, die Tatsache, dass zumindest mir bekannt, mindestens einer Elterninitiativ-Kita nicht gestattet wird, ihre Plätze deutlich aufzustocken?

 

BezStR’in Frau Herrmann

Ja Kollegin, wenn  man wüsste, wie viel Kitas der Bezirk hat, dann wüsste man, dass das nicht zweitrangig ist, weil wir haben 233 Kitaträger. Also, wenn eine Kita nicht aufstocken kann und ich kenne eine Kita, die nicht aufstocken kann, da ist es in der Tat die Kita-Aufsicht die sagt geht nicht, weil wir nicht genug Freiflächen drum rum haben. So, d. h. also, man muss, dann stellen sie eine schriftliche Anfrage und dann wird es beantwortet, aber da ist irgendeine Kita, jedenfalls die Kitas, die ich kenne, wo wir nicht aufstocken können, haben die Freigabe letztendlich von der Kita-Aufsicht nicht bekommen. Wenn Sie etwas anderes wissen, bin ich sehr froh, dann werden wir uns das genau angucken.

Wir haben aber noch ein Problem mit den Mieten. Das dürfen wir auch nicht vergessen, weil im Kita-Kostenblatt gibt es Pauschalfinanzierung. Das heißt, wir waren ja vorhin bei dem Mietthema, man kann es ja so oder so auch mal betrachten, d. h. wir können zum Teil werden wir und sind dabei, Kitaplätze zu verlieren, weil die Träger die Miete nicht mehr zahlen können, weil die Pauschalsumme, die sie für Miete bekommen über Kostenblatt so gering ist, dass sie nicht mal mit dem Vermieter mehr sprechen müssen, weil von 2,00 EUR eine Erhöhung auf 8,00 EUR auch für eine Kita nicht möglich ist. Das heißt also, wir haben sukzessive zum Kita-Ausbau parallel dabei noch die Situation, dass die Kitaplätze abgebaut werden, weil eben die Mietpreisentwicklung, natürlich auch bei den Gewerbemieten, im Bezirk so eklatant rasend schnell geht, dass die Senatsverwaltung da auch nicht hinterher kommt. Wir haben einen Antrag gestellt, dass die Miete extra bezahlt wird, besonders in den Innenstadtbereichen, wo wir eben gerade mit den Mietpreisen Probleme haben. Auch da keine positive Antwort.

 

 
 

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